BlogNachteile einer internationalen Ehe: Bürokratie

Nachteile einer internationalen Ehe: Bürokratie

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Alle gemischten Ehepaare werden mir da mit Sicherheit zustimmen: Internationale Ehen haben (mindestens) zwei Nachteile:

  1. Das gegenseitige Besuchen der Verwandten ist mit hohem Aufwand (finanziell und zeitlich) verbunden. Erst recht, wenn man von verschiedenen Kontinenten stammt.
  2. Bürokratie. Egal wo man herkommt und worum es geht: Man hat es nicht mit der üblichen Bürokratie zu tun, sondern Bürokratie multipliziert mit mindestens Faktor 4.

Nach mehr als anderthalb Jahren ist es mal wieder Zeit, die Heimat zu besuchen. Dieses Mal mit Kind und Kegel. Rund um Weihnachten – man will ja seinem Kind schliesslich auch was bieten. Und da geht der Spass los. Japanische Kinder, egal wie alt, benötigen einen eigenen Pass. Aus Deutschland hatte ich in Erinnerung, das Kleinkinder im Pass der Eltern eingetragen werden – aber vielleicht ist das auch schon wieder anders.
Nun, den Pass haben wir noch nicht fertig, aber wenn wir uns jetzt nicht um Flugtickets kümmern, wird es gar nichts mehr. Bei der Reservierung müssen die Namen aller Mitreisenden angegeben werden. Ist auch nur ein einziger Buchstabe falsch, ist die Reservierung ungültig. Und der Name muss genau so eingegeben werden, wie er im (leider noch nicht fertigen) Pass steht.
Wo ist da das Problem, werden jetzt einige sicher denken. Nun ja: In japanischen Pässen erscheint der Name in dreifacher Ausfertigung: Kanji (Schriftzeichen), Kana (die japanischen Silbenalphabete) und mit lateinischen Buchstaben. Version 2 ist eindeutig – da gibt es sprachlich bedingt keine Diskussionen. Bei 1 und 3 sieht das schon anders aus. Eines der beiden Schriftzeichen im Nachnamen meiner Frau hat zum Beispiel zwei (gebräuchliche) Varianten: 淵 und 渕. Lesung und Bedeutung – alles gleich. Selbst die Familie ist sich nicht einig: Einige benutzen das erste (schwierigere) Zeichen, andere das zweite.
Aber ich schweife ab. Das potentielle Problem ist der Name meiner Tochter. Alia. Im Japanischen ありあ (ja, mit Hiragana – keine Kanji). Nach japanischen Regeln würde der Name im Pass mit „Aria“ transkribiert werden. Das möchten wir vermeiden – schliesslich ist ihr Name Alia, nicht Aria (auch wenn das in Japan quasi Wurst ist).
Also stöbert man ein bisschen nach im Internet und findet Horrormeldungen wie diese:
– Wer von den üblichen Transkriptionsregeln abweichen möchte, muss die Geburt des Kindes erst im Heimatland anzeigen. Das geht, über die Botschaft. Dauert aber etliche Monate und viele Nerven – alle diese Anmeldungen gehen, aus der ganzen Welt, nämlich an das gleiche Standesamt: Standesamt I in Berlin. Wenn die Registrierung durch ist, muss man die Geburtsurkunde ins Japanische übersetzen lassen, beglaubigen lassen … und mit etwas Glück erscheint dann der Name im japanischen Pass so, wie man es wünscht.
Aber wir brauchten das Flugticket. Mutigerweise habe ich also auf den Namen „Alia“ gebucht. Und das Reisebüro angerufen und gesagt „Was, wenn der Name korrigiert werden muss?“. „Dann muss die ganze Reservierung storniert werden… und wie die Buchungslage jetzt aussieht, werden Sie wohl nicht mehr neu buchen können!“.
Panik. Also habe ich das Passamt in meiner Gegend angerufen. Es wurde ein langes Gespräch, aber gottseidank war die andere Seite kompetent. „Also bei uns handeln wir das liberal. Sie müssen nur ein Extra-Formular ausfüllen, brauchen aber keine zusätzlichen Unterlagen. Und steht danach der Name erstmal, können Sie ihn später nicht mehr ändern. Aber „L“ statt „R“ ist in ihrem Fall in Ordnung.
Grosses Aufatmen, aber ich vertraue der Sache erst, wenn ich den Pass mit „Alia“ drin sehe. Kleine Randbemerkung dazu übrigens: Die Transkription in lateinischen Buchstaben darf keine Sonderzeichen wie „ö“ oder „ō“ enthalten. Letzteres ist aber eigentlich essenziell, denn es gibt Leute, die heissen 小谷 (Otani, kurzes „o“) und andere, die heissen „大谷“ (Ōtani, langes „o“). Interessanterweise dürfen letztere selbst entscheiden, wie sie im Pass transkribiert werden: „Ootani“, „Ohtani“ oder „Otani“ – letzteres ist aber nicht mehr eindeutig.
Die nächste Hürde hatte nichts mehr mit internationalen Ehen zu tun, sondern war einfacherer Natur: Ein Foto für den Reisepass machen. Bedingungen: Geradeaus schauen. Mund geschlossen. Keine Grimassen. Und das mit einem 20 Monate altem Kind. Selten so gelacht. Kind sieht Fotograf (mit Kittel und lauter Geräten). Kind denkt an Arzt. Und brüllt die ganze Bude zusammen. Nach 5 Minuten haben alle Parteien entnervt aufgegeben. Ende vom Lied: Foto zu Hause gemacht, Fotograf überreicht und auf seine Erfahrungen mit Photoshop vertraut.
Das Wort des Tages: 国際結婚 kokusai kekkon. „International – Ehe (Hochzeit)“. Allemal spannend.

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tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

13 Kommentare

  1. Da wünsche ich viel Erfolg bei dem Kampf und hoffe, dass dein Flug dann auch wirklich funktioniert.

    Aber warum machen die Fluggesellschaften (nur in Japan?) so einen Stress, ob die Schreibweisen der Namen nun 100 Prozent korrekt angegeben sind? Wäre das in Deutschland nicht egal, ob da „Stephan“ oder „Stefan“ steht? Ich erlebe es immer wieder, dass manche Leute mich mit PH schreiben und manche sogar „Steffen“ nennen.

  2. Das hat sicher alles mit der Achse des Bösen und der Tatsache, daß Japan nach wie vor Amerikas Schoßhündchen ist zu tun.
    Wenn man bedenkt, daß ich auf nationalen Flügen gar keine Identifikation benötige und ein Barcode auf meinem Telefondisplay genügt!!!

  3. Wir brauchten von unserem gerade einjährigen Sohn auch einen Pass um nach Japan einreisen zu dürfen. Heute ist er 4 Jahre und das Bild hat nicht mehr viel Ähnlichkeiten mit ihm. Soviel zum Sinn von eigenen Pässen.
    Eine schöne Variante ist auch von Japan nach USA und zurück zu fliegen. Wir haben ein „ü“ im Nachnamen. Das steht so im Pass aber auf dem Flugticket steht „ue“ oder nur „u“. Da ist manches Bodenpersonal auch überfordert.

  4. So sieht das aus. Gibt es noch ein Land, in welchem die Kinder keinen Pass benötigen, wenn sie ins Ausland verreisen? Selbst wenn es ein solches geben sollte, wird es dann schwierig eins zu finden, in welchem ein Kind ohne eigenen Pass einreisen darf.

    Martin kann ich nur zustimmen. In Deutschland ist ein Kinderreisepass sechs Jahre gültig und kann bis zum 12. Lebensjahr verlängert werden. Unsere Tochter war drei, mal sehen wie sie mit sechs aussieht.

    Und das mit dem Foto ist natürlich auch son ne Sache. Gott sei dank ist diesbezüglich unser Kind recht Kameraverliebt – also kein geschrei. Aber Madam posiert so gern und möchte auch immer recht hübsch aussehen. Wie Kinder zu einem biometrietauglichen Foto zu bewegen sind, hat sich der Erfinder wohl nicht wirklich überlegt. Zum verschenken sind solche Fotos jedenfalls nicht.

    In eigener Sache: Lass mal hören, wann du in der Gegend bist.

  5. Von D nach J braucht man auch einen Pass, den kann man aber nach 5 Minuten von der Passstelle gleich mitnehmen. Da dort nur die lateinische Schreibweise auftaucht, ist das auch recht problemlos. Aber mit den Regeln für die Passfotos ist man hier in Deutschland ähnlich streng. Das Bild unseres Einjährigen musste genau in die Standardschablone passen, welche aber für Erwachsene gedacht ist. Aufgrund des Kindchenschemas passt der Kopf dann aber nicht mehr komplett aufs Passbild.

    Ein größeres Problem war die Einreise nach Japan. Meine Frau durfte den Schalter für Japaner nutzen, während ich mit unserem Kleinen den Ausländerschalter nehmen musste. Blöderweise muss man bei der Registrierung beide Hände auf ein Lesegerät für die Fingerabdrücke legen und damit die Kamera auslösen, was ungefähr 10 Sekunden dauert, ohne dass man sich groß bewegen darf. Genug Zeit für so einen kleinen Wurm durch sämtliche Absperrungen auszubüchsen (Flughäfen sind spannend). Nach 3 Versuchen hat es dann aber mit dem Foto geklappt.

  6. interessante Erkenntnisse fuer unsere bevorstehende Japanreise sind hier zu lesen.
    Also von unserem 4 monatigen Sohn ein biometr.Foto zu machen, war schon eine Herausforderung und so nach ca. 35 Minuten bei einem SEHR geduldigen Fotografen erledigt. Aber dem Passbeamten zu erklären, es gehe nun mal nicht besser „biometrisch“, ein Baby sitzt eben nicht still und sieht nicht stets geradeaus (wenigstens waren die Ohren nicht mit Haaren bedeckt), war eigentlich der noch groessere Akt. Nun hat der Herr mit seinen gerade mal 7 Monaten bei der Einreise in Japan einen deutschen Reisepass, der tatsaechlich 5 Jahre gueltig ist. Macht echt Sinn, wo er doch heute schon wieder anders aussieht als auf dem Foto…..
    Bin ja mal gespannt wie er die Nummer mit dem „Handauflegen“ bewaeltigt, er greift naemlich gerne nach Sachen immer wieder, die er nicht fassen kann…..
    Und wo werde ich ihn wohl ablegen, wenn ich beide Hände „auflegen“ muss – halten die Grenzbeamten auch mal einen Säugling??
    Ich werd‘ aus den obigen Schilderungen meiner Frau schon mal erklaeren, dass sie nach der Abfertigung am Schalter fuer Japaner wohl ein bischen auf uns warten wird.
    Wenn noch jemand sachdienliche Hinweise hat – gerne, wir fliegen erst in 14 Tagen.

  7. Nach meinen Erfahrungen (durchaus im Plural) mit Flügen nach und in Europa ist es nicht kompliziert, wenn ein Buchstabe im Flugticket anders lautet als im Paß, insbesondere bei Kindern. Es wurde dann beim Check-In oder beim Boarding korrigiert.

    Eine andere Legende, die in Japan offenbar viel geglaubt wird, betrifft übrigens das angebliche Verbot, Flüge von Japan nach Europa und zurück in Europa zu buchen.

  8. Also ich habe Umlaute und Eszett im Namen und da ich den Flug damals nach Japan über British Airways gebucht habe einfach ue und ss geschrieben (also nicht wie in meinem Pass) und zu keiner Zeit überhaupt mitbekommen, dass dies evtl. Probleme bereiten könnte.

  9. Nun, was Unterschiede zwischen Schreibweisen auf dem Flugticket und im Pass anbelangt – fragt man 10 verschiedene Stellen, wird man wahrscheinlich zehn verschiedene Antworten erhalten. Ein „es könnte sein, dass Sie dann nicht mitfliegen können“ wäre aber schon genug, um vorsichtig zu sein: Ich habe keine Lust, wegen eines einzelnen Buchstabens a) mehrere tausend Euro für das Flugticket zu verlieren und b) lange im voraus geplante Heimatbesuche absagen zu müssen.

    @Thomas
    Was das erste anbelangt: Auf diese Aussage würde ich wirklich nichts verwetten, denn Security und Fluggesellschaften ändern nicht selten mal eben die Spielregeln. Bzw. die Durchführung selbiger. Denn gingen sie wirklich strikt nach Vorschrift, dürften sie jemanden mit abweichendem Namen wirklich nicht mitfliegen lassen.
    Die zweite Legende kenne ich auch – und weiss, dass es eine Legende ist. Ich suche auch immer in beiden Ländern nach Tickets. Dass ein JP-DE-JP bei einem deutschen Ticketbroker billiger war als bei einem Japanischen habe ich bisher noch nie erlebt. Auch dieses Mal: Preise bei japanischen Anbietern (ohne Steuern und Zulagen) ab € 400, bei deutschen ab € 1,000.

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