KyushuKumamotoAmakusa - die versteckten Inseln von Kumamoto

Amakusa – die versteckten Inseln von Kumamoto

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Präfektur: 熊本 Kumamoto

天草 Amakusa

4 von 5 Sternen: Definitiv sehenswert

Name:

Mit Amakusa ist prinzipiell die 天草諸島 Amakusa-Shotō (shotō = Inselkette) gemeint. Das Zeichen (ama) bedeutet eigentlich „Himmel“ und (kusa) bedeutet „Gras“, aber wie so oft bei japanischen Ortsnamen hat sich hier die Bedeutung der Schriftzeichen vom eigentlichen Namen irgendwann im Laufe der Zeit emanzipiert. Die gängigste Erklärung ist, das „Ama“ für „Meer“ (heute „umi“ gelesen) und „kusa“ eine uralte Lesung für das Schriftzeichen für „Tag“ beziehungsweise „Sonne“ ist. Amakusa ist damit das Land, in dem die Sonne im Meer versinkt.

Lage:

Die Inselkette liegt westlich von Kyushu in der Präfektur Kumamoto. Im Norden ist die Shimabara-Halbinsel (Präfektur Nagasaki) nur ein paar Kilometer entfernt, und im Süden grenzt die Inselkette an die Präfektur Kagoshima. Vom Stadtzentrum von Kumamoto sind es gute 80 Kilometer bis zum Stadtzentrum des gleichnamigen Hauptortes der Inseln.

Ansehen:

Die Landschaft als solche. Den aktiven und gefährlichen Vulkan Unsen auf der anderen Seite der Bucht. Die Kirchen der „versteckten Christen“. Die Burganlage Tomioka.

Amakusa – Beschreibung

Im Yatsushiro-Meer, im Westen der Präfektur Kumamoto, liegen die Amakusa-Inseln, eine Ansammlung von über 100 Inseln mit einer Gesamtfläche von fast exakt 1’000 Quadratkilometer, wobei rund 880 Quadratkilometer zur Präfektur Kumamoto und der Rest zur Präfektur Kagoshima gehört. Auf den Inseln leben rund 126’000 Menschen – und die werden immer weniger. Vor ein paar Jahrzehnten lebten hier noch mehr als eine Viertelmillion Menschen, und der Trend scheint nicht zu stoppen. Etliche Inseln wurden bereits zu unbewohnten Eilanden (siehe unten).

Weite Teile der Inselkette, vor allem die Tomioka-Halbinsel, die Südküste von Shimoshima sowie die Ostküste von Kamishima gehört seit 1956 zum 雲仙天草国立公園 Unzen-Amakusa-Nationalpark. Dieser knapp 30’000 Hektar grosse Nationalpark bietet eine unglaubliche spannende Mischung aus hochexplosivem Vulkanismus und einer fantastischen Inselwelt im Schatten des Vulkans. So nicht gerade eine Pandemie die Welt im Griff hat, besuchen bis über 15 Millionen Menschen diesen Nationalpark – das ist eine Menge, vor allem wenn man bedenkt, dass die Konkurrenz in Sachen Nationalparks in Kyushu gross ist.

Auf den Inseln gibt es einiges zu sehen – etliche Küstenabschnitte dieser typischen Schichtstufenlandschaft sind spektakulär, und es gibt viele kleine versteckte Buchten und Kliffe. In der Gegend wurde sogar bis zum Jahr 1975 unterirdisch sehr hochwertige Kohle abgebaut (genau wie auch auf der Insel Gunkanjima in der Nachbarpräfektur Nagasaki). Von einem alten Stolleneingang einmal abgesehen gibt es davon aber nicht mehr viel zu sehen. Eine weitere Attraktion der Inseln sind die Delfine – eine ganze Schule von rund 200 Indopazifischen Großen Tümmlern lebt in der Meeresstrasse zwischen Amakusa und der Shimabara-Halbinsel (und nein, diese Delfine werden nicht gejagt).

Eine Übersicht der grösseren Inseln von Amakusa gibt es hier:

Japanischer Name Lesung Fläche Bevölkerung Höchste Erhebung Präfektur
下島 Shimoshima 574 km² 68,000 526 m Kumamoto
上島 Kamishima 225,3 km² 21,000 682 m Kumamoto
大矢野島 Ōyanoshima 29,9 km² 12,000 229 m Kumamoto
維和島 Iwajima 6,4 km² 1,200 167 m Kumamoto
湯島 Yushima 0,5 km² 290 104 m Kumamoto
野釜島 Nogamajima 0,3 km² 274 89 m Kumamoto
野牛島 Yagyūjima 0,1 km² Unbewohnt 34 m Kumamoto
樋合島 Hiaijima 0,8 km² 220 43 m Kumamoto
永浦島 Nagaurajima 0,8 km² 150 41 m Kumamoto
前島 Maejima 0,4 km² 140 62 m Kumamoto
瀬島 Seshima 0,3 km² Unbewohnt seit 1955 54 m Kumamoto
中島 Nakajima 0,2 km² 4 43 m Kumamoto
高杢島 Takamokujima 0,1 km² Unbewohnt 138 m Kumamoto
樋島 Hinoshima 3,5 km² 1,100 233 m Kumamoto
御所浦島 Gosho-urajima 14 km² 1,800 442 m Kumamoto
牧島 Makishima 6 km² 320 168 m Kumamoto
横浦島 Yoko-urajima 1,1 km² 620 179 m Kumamoto
戸島 Toshima 0,5 km² Unbewohnt seit 1958 147 m Kumamoto
法ヶ島 Hōgashima 0,3 km² Unbewohnt seit 1955 50 m Kumamoto
大島 Ōshima 0,5 km² Unbewohnt seit 1974 58 m Kumamoto
戸馳島 Tobasejima 6,9 km² 1,200 77 m Kumamoto
下須島 Gesujima 4,7 km² 1,000 129 m Kumamoto
産島 Ubushima 1,9 km² Unbewohnt 262 m Kumamoto
横島 Yokoshima 0,83 km² 1 107 m Kumamoto
通詞島 Tsūjishima 0,6 km² 520 45 m Kumamoto
長島 Nagashima 90,8 km² 8,200 401 m Kagoshima
獅子島 Shishijima 17 km² 690 393 m Kagoshima
諸浦島 Shōrajima 3,8 km² 500 104 m Kagoshima
伊唐島 Ikarajima 3,7 km² 290 103 m Kagoshima
Blick vom Unzen-Vulkan (Nagasaki) auf die Amakusa-Inseln
Blick vom Unzen-Vulkan (Nagasaki) auf die Amakusa-Inseln

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天草市 Stadt Amakusa

Der Hauptort der Amakusa-Inseln ist die gleichnamige Stadt. Aufgrund der japanischen Gemeindestruktur nimmt diese jedoch fast das gesamte Gebiet der Ober- und Unterinsel sowie die Goshoura-Insel ein. In diesem Gebiet leben mit gut 75,000 Einwohnern die meisten der Inselbewohner. Damit ist Amakusa zudem die drittgrösste Stadt der Präfektur Kumamoto – aber das hat nicht viel zu sagen, denn das Stadtgebiet ist gross und die Bevölkerungsdichte mit 110 Menschen pro Quadratkilometer weit unter dem japanischen Durchschnitt.

Im Zentrum von Hondo-Shi
Im Zentrum von Hondo-shi

Der grösste Ort innerhalb von Amakusa und bis 2006 eine selbstständige Stadt ist 本渡市 Hondo-shi (Shi = Stadt) am Nordende der schmalen Meerenge, die die Ober- von der Unterinsel trennen. Hier leben knapp 40’000 Menschen – eine Kleinstadt also, und in der gibt es nicht allzu viel zu sehen.

Der Hauptort liegt direkt an der Meeresenge 本渡瀬戸 Hondo-Seto, welche die Ober- von der Unterinsel trennt. Die Meerenge ist so eng, dass man unweigerlich denkt, dass die beiden Inseln durch Menschenhand voneinander getrennt wurden, aber dies ist in der Tat kein Kanal, sondern eine natürliche Meerenge. Die war früher jedoch noch enger und so seicht, dass man während der Ebbe zu Fuss auf die gegenüberliegende Seite gelangen konnte. 1961 wurde die Meerenge auf 30 Meter Breite und 3 Meter Tiefe vergrössert – und 1980 auf 50 Meter und 4.5 Meter Tiefe.

Im Stadtgebiet von Hondo gibt es sonst leider nicht viel zu sehen. Historisch Interessierten und gläubigen Christen sei maximal ein Besuch des 天草キリシタン館 Christliches Museum Amakusa anempfohlen – sowie ein Besuch des 殉教公園 Märtyrerparks gleich nebenan, nebst Jesusstatue zwischen Palmen. Vom Museum hat man einen schönen Blick über die Stadt und die Meerenge.

Fährt man vom Stadtzentrum, das beiderseits des winzigen Machiyamaguchi-Flusses liegt, am Museum vorbei noch einmal 5 Kilometer nach Nordosten, kommt man zu einem der faszinierendsten Flughäfen Japans. Jawoll, diese nur 80 Kilometer Strasse von Kumamoto entfernt liegende Insel hat tatsächlich ihren eigenen Flughafen – den 天草空港 Amakusa Airport. Mehr dazu siehe unter Anreise. Der Flughafen wurde 2000 eröffnet und wird allein von der Amakusa Airline betrieben, die mehrheitlich der Präfektur Kumamoto gehört. Die Airline hat allerdings nur einen Piloten und eine einzige Maschine. Ist also das Flugzeug kaputt oder der Pilot krank, fallen alle Flüge aus, und das ist bereits mehrfach geschehen.

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崎津教会 Sakitsu-Kirche

Amakusa war aufgrund seiner abgelegenen Lage und der Nähe zum damals einzigen Aussenhandelsposten Japans, der Stadt Nagasaki, Heimat der sogenannten „versteckten Christen“, die hier unter jahrhundertelang in ständiger Angst vor Aufdeckung heimlich ihren Glauben fortführten (mehr dazu siehe unten). Von der christlichen Geschichte zeugen heute noch, unter anderem, mehrere Kirchen auf der Insel, von denen zwei Kirchen besonders reizvoll sind. Eine dieser beiden Kirchen ist die 大江天主堂 Ōe-Tenshudō (Ōe-Kirche). Diese weisse Kirche hebt sich schön vor den grünen Bergen ab und liegt unweit der Küste im Südwesten der Unterinsel. Diese romaneske Kirche war die erste Kirche, die in Amakusa nach Aufhebung des Christenverbots in der Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut wurde – und zwar von einem französischen Priester, zusammen mit japanischen Gläubigen. Der jetzige Bau stammt allerdings aus dem Jahr 1933. Im Jahr 2019 wurde die Kirche restauriert. Für Besucher steht die Kirche von 9 bis 17 Uhr offen, aber da sie aktiv genutzt wird, finden natürlich auch Taufen, Beerdigungen und Messen statt.

Bucht von Sakitsu nebst Kirche
Bucht von Sakitsu nebst Kirche

Keine 6 Kilometer entfernt, Richtung Südosten, und direkt am Wasser steht eine weitere katholische Kirche – die Sakitsu-Kirche. Diese Kirche steht am Ende einer kleinen Bucht direkt am Wasser, und der genaue Standort wurde ganz bewusst gewählt. Hier stand einst das Haus des Dorfältesten von Sakitsu, und dieser liess hier das 踏み絵 Fumie – „Bildertreten“ – praktizieren (mehr dazu siehe weiter unten). Ein katholischer Priester aus Frankreich, Halbourt, liess an diesem Ort im Jahr 1934 eine Kirche errichten. Der Vorgängerbau wurde im 19. Jahrhundert aus Holz gebaut. Der Altar befindet sich exakt an der Stelle, an der die Christen früher ihre Heiligenbilder mit Füssen treten mussten – wer sich weigerte, wurde nicht selten auf grausamste Weise zu Tode gefoltert.

Kirchturm und Eingang der Sakitsu-Kirche
Kirchturm und Eingang der Sakitsu-Kirche

Der Neubau sollte eigentlich ganz aus Beton errichtet werden, doch dem Priester und den Unterstützern des Vorhabens ging das Geld aus – weshalb die Kirche nun seit fast hundert Jahren zur Hälfte aus Beton und zur Hälfte aus Holz besteht. Während die Kirche ausserhalb zum Teil an gotischen Baustil erinnert, ist das Innere eher japanisch eingerichtet. So ist das Innere zum Beispiel mit Tatami-Matten ausgelegt, was etwas ungewöhnlich aussieht. Prinzipiell ist die Kirche für die Öffentlichkeit zugänglich, aber im Inneren herrscht Fotografierverbot. Die Kirche wird auch noch von der Gemeinde benutzt, weshalb sie gelegentlich bei Taufen, Beerdigungen und Messen verschlossen bleibt. Direkt neben der Kirche liegt der kleine Fischereihafen. Die schöne Bucht, der kleine Hafen und die Kirche direkt am Wasser sind ein einmaliger Anblick in Japan, weshalb durchaus viele japanische Touristen hierherkommen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die beiden Kirchen zum UNESCO-Weltkulturerbe geadelt werden – unter dem Thema der versteckten Christen (zu diesem Weltkulturerbe zählen auch zahlreiche Orte in Nagasaki).

Anreise

Mit dem eigenen Auto und einer Anreise von Kumamoto aus sollte man knapp 4 Stunden einplanen – es gibt keine Autobahnen in der Gegend, und aufgrund der Landschaft und der vielen Ampeln kommt man nicht zügig voran. Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, sollte über Hondo, dem Hauptort der Insel (siehe oben) anreisen. Vom dortigen Busbahnhof fahren Busse der Busgesellschaft 九州産交バス Kyushu-Sanko-Bus nach 新丸山 Shin-Maruyama (knappe Stunde), wo man in einen Bus nach 崎津教会入口 Sakitsu-Kyōkai-Iriguchi steigen kann (gut 10 Minuten). Der Bus hält in unmittelbarer Nähe der Kirche. Die gesamte Fahrt kostet 1,410 yen.

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隠れキリシタン Versteckte Christen

Japan ist reich an Religionen – und zu diesen zählt auch das Christentum. Allerdings zählen nur vergleichsweise bescheidene 1.5% zu dieser Religionsgemeinschaft – im Gegensatz zu Südkorea (fast 30%) oder auch Taiwan (4%). Dabei hat das Christentum in Japan eine lange Geschichte. Sie begann mit der Ankunft des im Auftrag des portugiesischen Königs reisenden Jesuitenpaters Francisco de Xavier, eingedeutscht auch unter dem Namen Franz Xaver bekannt, im Jahr 1549. Xavier war ausgesandt, um die Einwohner der portugiesischen Besitzungen zu missionieren – so weilte er vorher in Goa (Indien) und danach in Malakka (Malaysia). Dort traf er auf einen Japaner, der ihn dazu bewegten, weiter nach Japan zu reisen. Dieser Japaner hiess Xavier zufolge Anjiro (sein richtiger Name war allerdings Yajirō) und war ein Samurai auf der Flucht, da er in Japan wohl einen Mord beging. Besagter Yajiro wurde von Xavier getauft und wurde somit zum ersten Japaner christlichen Glaubens. Er wurde auch zu Xaviers Dolmetscher.

Xavier erreichte Japan im Hafen des heutigen Kagoshima auf der Insel Kyushu, von wo er nach Yamaguchi, dem Westende der Insel Honshu, reiste und dort eine erste christliche Gemeinde gründete. Von dort machte er sich schliesslich nach 2 Jahren zu Fuss auf eine Pilgerreise zum Kaisersitz in Kyoto, doch der Kaiser weigerte sich, Xavier zu empfangen. Schliesslich zog er, von anderen Jesuiten abgelöst, nach China, das damals allerdings keine Ausländer ins Land liess. So starb er, erst 46-jährig, auf einer kleinen Insel vor dem chinesischen Festland. 1622 wurde Xavier heiliggesprochen und ist nunmehr der Schutzpatron Indiens sowie aller Missionare und Seefahrenden.

Die Zeit war denkbar ungünstig für Missionarstätigkeiten – dies war die Sengoku-Zeit in Japan – die Zeit der kämpfenden Reiche. Das Land war quasi zersplittert. Das Blatt wandelte sich erst, als Oda Nobunaga, einer der drei Reichseiniger, im Jahr 1568 in Kyoto einmarschierte. Die buddhistischen Klöster und deren Mönche waren damals sehr machtvoll – für Oda Nobunagas Geschmack zu mächtig, und so hatte er anfangs ein offenes Ohr für die portugiesischen Missionare und erlaubte ihnen sogar, mitten in Kyoto ein Kolleg und ein Priesterseminar zu errichten. 4 Kinder (13 bis 14 Jahre) wurden damals sogar als „Botschafter“ zum Papst entsandt denen sie dann tatsächlich auch trafen. Diese „Tenshō-Gesandschaft“ verliess Nagasaki im Jahr 1582. Es sollte 8 Jahre dauern, bis sie von ihrer Weltreise zurückkamen, doch in der Heimat hatte sich in der Zeit vieles verändert: Als sie Japan verliessen, waren zahlreiche Lehnsherren den Christen wohlgesonnen, zumal man so Handel mit den „Barbaren aus dem Süden“, den Portugiesen treiben konnte, die unter anderem Feuerwaffen ins Land brachten. Die Zahl der bekennenden Christen in Japan war auf geschätzte 200’000 Menschen angewachsen. Doch nachdem Oda Nobunaga von einem seiner Generäle verraten wurde, kam Toyotomi Hideyoshi an die Macht. Dieser empfing auch eine Abordnung der Jesuiten und erlaubte ihnen erstmal weiterhin die Missionierung. Als er jedoch ein Jahr später, im Jahr 1587, erfuhr, dass die Stadt Nagasaki in den Händen der Jesuiten sei, begann er, die Portugiesen sowie die Christen als Gefahr anzusehen. So erliess er kurz darauf den „Bateren-Deportierungserlass“. „Bateren“ stammt vom portugiesischen Wort „padre“ (Pater) ab. Dieser Befehl besagte, dass alle christlichen Handlungen sowie jeglicher Handel mit den Portugiesen ab sofort verboten ist. Den vier Heimkehrern gelang es nicht, Toyotomi umzustimmen, und so bekamen sie harte Hand des neuen Herrschers zu spüren. Einer von ihnen starb jung an einer Krankheit, ein weiterer schwor unter Folter dem Christentum ab, ein weiterer starb bei der Folter den Märtyrertod und der letzte wurde nach Macao verbannt.

Kirche in Dejima, Stadt Nagasaki
Kirche in Dejima, Stadt Nagasaki

Bei Christen wurde hernach eine besonders perfide Foltermethode angewandt – das sogenannte 穴吊り Anatsuri, wörtlich übersetzt das „Lochhängen“. Das Opfer wurde dabei oft an nur einem Bein kopfüber über einer Grube aufgehängt. Man umwickelte dabei den Leib mit einem Seil, um das Absacken der Organe zu verhindern, und man machte kleine Schnitte an der Schläfe sowie durchstach beide Ohren, damit sich kein Blut im Kopf staut. Damit wollte man verhindern, dass das Opfer relativ schnell dahinscheidet. Der Kopf wurde durch ein Loch in einem Brett gesteckt und befand sich so als einziger Körperteil in der Grube. In diesem Zustand wurde das Opfer dann malträtiert, bis es letztendlich dahinschied, oder bis der Geschundene aufgab und vom christlichen Glauben abschwor. Juliao Nakaura, ein japanischer Priester (und einer der vier oben genannten Gesandten), sowie zahlreiche portugiesische Priester wurden genauso zum Opfer dieser Foltermethode wie japanische Gläubige. Einige gaben jedoch auf – darunter auch der portugiesische Priester Cristóvão Ferreira, der fortan als Berater der japanischen Herrscher fungierte.

Grausame Bekanntheit erhielten auch die 26 Märtyrer von Nagasaki – 5 japanische Christen sowie spanische Seeleute. Diese waren in Japan notgestrandet und hofften mit Hinweis auf die Macht des spanischen Königreiches freizukommen. Sie erklärten Hideyoshi, dass Spanien mit Hilfe der Missionare so mächtig geworden war. Nicht zu unrecht witterte Hideyoshi die Gefahr und befahl die Kreuzigung der 26 – vorher wurden sie aber von Stadt zu Stadt getrieben, mit dem Aufruf an die jeweiligen Bewohner, die Christen zu misshandeln. Schliesslich wurden sie 1597 in Nagasaki öffentlich und auf grausamste Weise gekreuzigt.

Das sollten nicht die letzten Massaker bleiben. Auch Tokugawa Ieyasu, der Anfang des 17. Jahrhunderts Edo, das heutige Tokyo, zur Hauptstadt machte, sah in Ausländern und Christen eine Gefahr. Japan schottetete sich immer weiter ab – lediglich Nagasaki durfte von ausländischen Handelsschiffen angefahren werden. Anhänger des Christentums wurden mit der Todesstrafe belegt, und um Christen ausfindig zu machen, liess man sich einiges einfallen. So ersann man die Taktik des 踏み絵 fumie – des „Bildertretens“. Verdächtige und deren Familienangehörige wurden dabei aufgefordert, Darstellungen christlicher Symbolik, zum Beispiel Kreuzigungs- oder Marienbilder, mit Füßen zu treten. Wer sich weigerte, war des Todes. Diese perfide Methode hielt bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts an – erst dann wurde, unter grossem Druck von aussen, das Christentum wieder zugelassen.

Zuerst wurde das Christentum in Nagasaki, dem Tor zur Welt, wieder zugelassen. 1863 begann man dort, die Ōura-Kathedrale zu bauen – diese wird auch Basilika der sechsundzwanzig Märtyrer von Japan genannt und ist die älteste erhaltene Kirche Japans. Die Kirche wurde 1865 fertiggestellt – und nur wenige Tage später begehrte eine Gruppe von 15 Japanern Einlass. Sie erklärten den verdutzten französischen Priestern, dass sie „kakure kirisutan – versteckte Christen“ seien. Sie und ihre Ahnen hatten es tatsächlich geschafft, sich mehr als 250 Jahre der brutalen Verfolgung zu entziehen und trotzdem ihren Glauben aufrecht zu erhalten.

Aus historischen Gründen gab es besonders viele „versteckte Christen“ rund um Nagasaki, sowie auf den Amakusa-Inseln, die ja nur wenige Kilometer entfernt von der Shimabara-Halbinsel in Nagasaki entfernt liegen. Obwohl das Christentum jedoch 1873 endgültig legalisiert wurde, schaffte es die Religion nicht mehr, an die Erfolge des 16. Jahrhunderts anzuknüpfen. Dabei ist der Einfluss nicht zu übersehen – kirchliche Institutionen gründeten eine grosse Zahl auch heute noch sehr wichtiger Universitäten in Japan (darunter zum Beispiel die Sophia University. Einige christliche Schulen und Universitäten sind sehr elitär und werden selbst von Mitgliedern der kaiserlichen Familie durchlaufen.

Man findet zahlreiche Hinweise darauf, dass Familiennamen auf ehemalige versteckte Christen hindeuten – zum Beispiel 辻 (tsuji) – wegen des Kreuzes im Schriftzeichen, oder 出牛 Deushi (als Umschreibung für „deus“), aber das ist wenig wahrscheinlich: Die meisten Christen waren einfache Bauern, und die hatten bis Mitte des 19. Jahrhunderts keine Familiennamen. Ausserdem hätten es solche Namen der japanischen Inquisition nur zu einfach gemacht, Christen auszumachen.

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富岡城跡 Burgruine Tomioka

Fast die gesamte Ober- und Unterinsel von Amakusa gehört zur Verwaltungseinheit Amakusa Stadt – nicht aber der Nordwesten der Unterinsel, der eine eigene Verwaltungseinheit bildet – 苓北町 Reihoku-machi. Der Ort hat allerdings nur rund 7’000 Einwohner. Im Nordwesten fällt dabei eine Halbinsel mit einem sehr schmalen Isthmus auf – die Tomioka-Halbinsel. Eine exponierte Lage, zumal die Halbinsel von einem Hügel dominiert wird. Auf diesem Hügel hat man – verständlicherweise – eine Burg errichtet – die Festung Tomioka. Die gehört zum Typ Treppenburg (siehe Burgtypen) und ist eine Hügelburg, sprich der Bau thront auf einem Hügel. Besser kann eine Burg nicht liegen – der Zugang zur Halbinsel ist wie oben erwähnt sehr schmal, und von der Burg kann man ein sehr weites Gebiet überblicken. Die Burg als solche wurde 1602 bis 1605 errichtet – von Terazawa, Burgherr der prächtigen Festung Karatsu im Norden von Kyushu.

Eingang zur Burg Tomioka auf Amakusa
Eingang zur Burg Tomioka auf Amakusa

1637-38 wurde die Burg zum Schauplatz des Shimabara-Amakusa-Aufstandes. Auslöser des Aufstandes waren eine unbotmässige Erhöhung der Steuern, sowie die brutale Verfolgung von Christen, die in dieser Region siedelten. Die Armee der Aufständischen attackierte auch die Burgunterstadt und die Burg von Tomioka selbst – der damalige Burgherr schaffte es jedoch, die Aufständischen in die Flucht zu drängen. Trotzdem verlor er daraufhin sein Lehen, und er wurde vom Daimyō Yamazaki abgelöst. Der erweiterte die Burg, verlegte jedoch seinen Hauptsitz wenig später auf die Burg von Marugame. Das Lehen Amakusa war damit herrenlos und wurde unter direkte Verwaltung, 天領 tenryō genannt, des Bakufu von Edo gestellt. Suzuki wurde als Abgesandter nach Tomioka geschickt und befand, dass die Abgabenlast für die Bauern viel zu hoch sei und mindestens halbiert werden müsste. Er wurde jedoch nicht erhört und beging 1664 in seiner Residenz in Tokyo aus Protest Seppuku (Harakiri). Im Jahr 1670 wurde entschieden, dass Amakusa auf Dauer unter direkter Verwaltung stehen soll und eine Burg deshalb nicht vonnöten ist. Das Burginnere (der Hauptbau und das „ni-no-maru“, das zweite Burgrund) wurde aufgegeben, und das dritte Burgrund („san-no-maru“) wurde fortan als Verwaltungssitz benutzt.

Blick über den Burginnenhof Richtung Nagasaki
Blick über den Burginnenhof Richtung Nagasaki

Im Jahr 2005 wurde das Tomioka-Besucherzentrum auf dem Burgberg errichtet, und seitdem wurden Teile der Burg, darunter ein paar Yagura (Burgtürme) und Festungsmauern, liebevoll restauriert.

Die Anlage kann von 9 Uhr bis 17 Uhr besichtigt werden, der Eintritt ist frei. Am Mittwoch ist allerdings Ruhetag.

Anreise

Mit dem eigenen Auto und einer Anreise von Kumamoto aus sollte man knapp 4 Stunden einplanen – es gibt keine Autobahnen in der Gegend, und aufgrund der Landschaft und der vielen Ampeln kommt man nicht zügig voran. Wer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, sollte über Hondo, dem Hauptort der Insel (siehe oben) anreisen. Vom dortigen Busbahnhof fahren Busse der Busgesellschaft 九州産交バス Kyushu-Sanko-Bus nach 富岡港 Tomioka-Minato (Tomioka Hafen). Die Fahrt dauert knapp eine Stunde. Die gesamte Fahrt kostet 960 yen. Von der Bushaltestelle braucht man rund 20 Minuten zu Fuss bis zur Burg.

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Umgebung

Vor allem entlang der Nordküste der Amakusa-Inseln fällt der Blick immer wieder auf den massiven Berg auf der anderen Seite der Meerenge – den 雲仙岳 Unzen-dake mit 1,486 Metern Höhe. Dieser aktive Vulkan ist einer der gefährlichsten Vulkane Japans, und dort gibt es bekanntermassen etliche aktive Vulkane. 1792 löste der Kollaps eines Lavadoms einen gewaltigen Landrutsch sowie einen Tsunami aus. Der war zwar nur auf die Ariake-Bucht begrenzt, doch der Vorfall forderte damals geschätzte 15,000 Menschenleben – und das in einer traditionell nicht allzu dicht besiedelten Region. 1990 gab es ebenfalls einen grossen Ausbruch, der bis 1995 andauerte. Besonders verheerend war ein pyroklastischer Strom, der 1991 mit mehr als 100 Stundenkilometer die steile Flanke Richtung Süden herunterrollte. Da es genügend Vorwarnungen gab, waren die meisten Einwohner bereits evakuiert worden, doch 43 Vulkanologen und Reporter wurden von der glühend heißen Aschewolke überrascht und verloren ihr Leben. Dazu zählten auch die weltweit renommierten Vulkanologen Katia und Maurice Krafft.

Der hochexplosive Vulkan Unzen-Dake auf der anderen Seite der Meeresenge
Der hochexplosive Vulkan Unzen-Dake auf der anderen Seite der Meeresenge

Südöstlich der Amakusa-Inseln und bereits in der Präfektur Kagoshima liegt die Industrie- und Hafenstadt 水俣 Minamata, eine malerische Kleinstadt mit gut 20,000 Einwohnern und einer traurigen Geschichte. In den 1950ern leitete eine Chemiefabrik quecksilberhaltige Abwässer in die Yatsushiro-See, die Amakusa von der Insel Kyushu trennt. Jahrelang verzehrten die Einwohner so stark quecksilberbelastete Meerestiere, die in der Yatsushiro-See gefangen wurden – mit fatalen Folgen. Geschätzte 10,000 Menschen erlitten Quecksilbervergiftungen, und circa 3,000 Eiwohner starben einen qualvollen Tod – teils nach jahrzehnten schwerster Krankheitssymptome. Danach begann ein jahrzehntelanger juristischer Kampf um die Folgen dieser schleichenden Umweltkatastrophe sowie teilweise eine Stigmatisierung der Opfer. Die Symptome wurden fortan mit dem Namen 水俣病 Minamata-byō (-byō = Krankheit) klassifiziert. Immerhin führte der Kampf der Opfer und deren Angehörigen zu der Minamata-Konvention, die 2013 bei einer UN-Konferenz von rund 140 Ländern ratifiziert wurde. Darin verpflichteten sich die teilnehmenden Länder, den Gebrauch von Quecksilber weitestgehend einzustellen, beziehungswiese genauestens zu überwachen.

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Anreise

Seit 1966 ist Amakusa (genauer gesagt die Ober- und Unterinsel) mit dem Rest von Kyushu mittels 5 Brücken verbunden. Seitdem kann man dementsprechend einen Großteil von Amakusa mit dem Auto oder dem Bus erreichen. Allerdings ist dies die einzige Zugangsstrasse, und sie ist in der Regel einspurig und gut befahren, weshalb man dort vor allem in den Morgenstunden und am späten Nachmittag bzw. frühen Abend mit permanenten Staus rechnen muss. Für die 80 Kilometer von Kumamoto Stadt bis Hondo sollte man im Schnitt rund 3 Stunden einplanen.

Am bequemsten ist der Bus — der 快速あまくさ号 Kaisoku Amakusa-gō-Bus fährt vom Busbahnhof vor dem Hauptbahnhof von Kumamoto (Shinkansen-Bahnhof) nach Hondo. Das dauert normalerweise 2½ Stunden, wobei die Zeit oft wegen der Staus überschritten wird. Die einfache Fahrt kostet 2,280 Yen.

Seit 1899 gibt es eine Bahnlinie von Uto in der Präfektur Kumamoto bis nach 三角 Misumi, dem Eingang zu den Amakusa-Inseln. Die Linie ist gerade mal 25 Kilometer lang. Es gibt allerdings Direktverbindungen vom Hauptbahnhof Kumamoto bis Misumi – ein Mal pro Stunde fährt ein Bummelzug, der für die 36 Kilometer lange Strecke 53 Minuten braucht (760 yen). Das ist immerhin schneller als ein Auto.

Wer es eilig hat – die Fluglinie Amakusa Airlines (AMX) ist in Amakusa Hondo zu Hause und verbindet die Inseln mit Kumamoto und Fukuoka. Der Flug kostet (nur hin) 13,700 Yen von Fukuoka (35 Minuten) oder 8,000 Yen von Kumamoto (25 Minuten) – allerdings liegt der Flughafen von Kumamoto ziemlich ausserhalb, weshalb man letztendlich nicht allzu viel Zeit einspart. Achtung: Wenn das einzige Flugzeug der Airline kaputt oder der einzige Pilot krank ist, fallen alle Flüge aus!

Flugzeug der Amakusa Airline
Flugzeug der Amakusa Airline

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Übernachtung

Auf den Inseln gibt es verstreut ein paar Hotels und Pensionen – mal mehr, mal weniger teuer.

Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.

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tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

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