BlogNun ist es amtlich: Japan ist am Ende

Nun ist es amtlich: Japan ist am Ende

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Nichtsahnend lief ich neulich zu einem geschäftlichen Treffen, als am Ende der Gasse vor mir riesengroß 滅亡metsubō – „Untergang“ – geschrieben stand. Als ich aus der Gasse kam, sah ich, dass dies Teil eines Schriftzuges auf einem großen LKW war – der dort verkündete, dass Japan demnächst untergehen wird, verbunden mit der Aufforderung, dass Japan unbedingt die Produktion von Lebensmitteln verdoppeln müsse. Laut Aufschrift auf dem LKW kam diese unheilverkündende Nachricht von 覚者kakusha播磨屋Harimaya助次郎Sukejirō alias Ano Takuo der Erleuchtete, ein Reiscrackerhersteller der 5. Generation, mit Firmensitz im schönen Ort Toyooka in der Präfektur Hyōgo. Die Reiscracker sind in Japan relativ gut bekannt, und das Unternehmen macht damit mehrere Millionen Euro Umsatz im Jahr.

Doch was will Ano Takuo von uns? Nun, obige Nachricht ist nur eine von vielen, die der Herr der Reiscracker auf Tokyos Strassen schickt. Auf der Homepage seiner Firma sieht man zahlreiche andere Nachrichten:

 

Eine andere Nachricht lautet zum Beispiel, dass Japan die Strafe des Himmels treffen werde, wenn der jetzige Tennō weiterhin die Umweltprobleme ignorieren werde. Zudem wird der Tennō höchstpersönlich dazu aufgerufen, das von Ano verfasste Traktat zur Rettung der Menschheit auf der Homepage des Unternehmens gründlich durchzulesen. Nachrichten der vergangenen Jahre richteten sich gegen die Ausrichtung der Olympischen Spiele, bezeichneten Shinzo Abe als kompletten Idioten (in Verbindung mit der Problematik des kontaminierten Wassers am Kernkraftwerk von Fukushima) oder riefen junge Polizisten und Soldaten dazu auf, sich unter die Fittiche des Tennō zu begeben und die Kinder zu schützen.

Sehr krude Nachrichten also – und definitiv aus dem rechten, in Japan bedeutet dies kaisertreuen – Milieu mit einem Schuß zeitgenössischer Themen wie Umweltschutz. Auch die Werbepost von Harimaya, so der Firmenname, ist nicht ohne – hier bezeichnet sich der Firmenchef ganz bescheiden selbst als Erlöser.

Ano ist nicht der einzige Firmenchef, der sein Geschäft dazu nutzt, seine kruden Ansichten ungefragt an die Kunden zu verteilen – so ist auch Apa-Hotelkettenchefin Motoya Fumiko berühmt-berüchtigt – so liess sie in allen Zimmern ihrer Hotels rechtsradikale Lektüre auslegen. Ob es sich im Falle von Ano Takuo lediglich um einen veritablen Marketingtrick handelt oder ob er wirklich daran glaubt, was er auf den LKWs und seiner Firmenwebseite verbreitet, sei dahingestellt – im Zweifelsfall sollte man jedoch davon ausgehen, dass er es ernst damit meint. Und das ist natürlich gefährlich.

Offensichtlich ist die Werbung auf LKWs nicht reglementiert in Japan. Besonders häufig sieht man solche Fahrzeuge in Shibuya, Shinjuku und Akihabara, wo für die neuesten Girl- und Boybands geworben wird (manchmal sind die LKWs ein einziger riesiger Bildschirm). Doch vor allem die japanische Rechte hat schon immer Trucks dafür benutzt, ihre Nachrichten unters Volk zu bringen.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Was ich mich frage, wer nimmt als Kunden einen Reiscracker Hersteller mit einer solchen Message ernst? Er riskiert damit doch die Schädigung seines Unternehmens durch diese Behauptungen/Aussagen. Und sich selbst als Erlöser bezeichnen, wenn ich Aktionär wäre, würde ich mein Geld da schnellstens abziehen. Echt eigenartig.

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