BlogSaftige Japan-Railpass-Preiserhöhungen und andere Überraschungen

Saftige Japan-Railpass-Preiserhöhungen und andere Überraschungen

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Japan war lange Zeit bekannt für äußerst stabile Preise – viele Fahrpreise zum Beispiel hatten sich in den letzten Jahrzehnten, von kleineren Mehrwertsteueränderungen mal abgesehen, kaum geändert. Doch JR (Japan Railways), Japans ehemalige staatliche Bahngesellschaft und alleiniger Betreiber des Shinkansennetzwerkes, liess Mitte April eine dicke Katze aus dem Sack: Laut dieser Pressemitteilung plant man nämlich, die Preise für den beliebten Japan Railpass ab Oktober 2023 kräftig zu erhöhen. Demzufolge sollen sich die Preise wie folgt ändern:

Typ Jetziger Preis Neuer Preis Anstieg
JR Direktverkauf/Vertragshändler Railpass-Onlineverkauf
2. Klasse
(Ordinary Car)
7 Tage 29,650 33,610 50,000 69%
14 Tage 47,250 52,960 80,000 69%
21 Tage 60,450 66,200 100,000 65%
1. Klasse
(Green Car)
7 Tage 39,600 44,810 70,000 77%
14 Tage 64,120 72,310 110,000 72%
21 Tage 83,390 91,670 140,000 68%

Alle Preise in Japanischen Yen und für Erwachsene. Kinder zwischen 6 und 12 Jahren bezahlen die Hälfte.

Die durchschnittliche Steigerung liegt damit bei rund 70%, und das verdient durchaus das Prädikat „saftig“. Begründet wird der Anstieg unter anderem damit, das Railpass-Besitzer ab dann auch die schnellsten Shinkansen-Züge benutzen dürfen – den Nozomi-Express oder den Mizuho-Express zum Beispiel, der nur an sehr wenigen Bahnhöfen hält, sowie damit, dass der Railpass elektronisiert wird – bisher musste man immer den Bahnangestellten ein Stück Papier unter die Nase halten, doch ab dann soll man dann wie mit gewöhnlichen Tickets auch die üblichen Ticketschranken durchqueren können – das ist in der Tat einfacher und zeitsparender.

Die schnellsten und bisher nicht benutzbaren Shinkansen werden jedoch ein Aufgeld kosten – die Höhe wurde von JR noch nicht bekanntgegeben.

Warum macht JR das?

Ganz profan könnte man sagen „weil sie es können“. JR betreibt das mit Abstand größte Eisenbahnnetzwerk in Japan, inklusive aller Shinkansenlinien. Man steht eigentlich nur mit Flugzeuggesellschaften in Konkurrenz – und ein paar Buslinien, die allerdings bei vielen Reisenden natürlich weniger beliebt sind. Doch es gibt noch weitere, echte Gründe:

  1. Die Betriebskosten dürften für JR aufgrund der gestiegenen Energiekosten explodiert sein
  2. Shinkansen sind eigentlich ohnehin relativ gut ausgelastet – man ist nicht unbedingt darauf angewiesen, sie weiter zu füllen, indem man „billige“ Tickets verteilt
  3. Das Shinkansennetzwerk ist in den vergangenen Jahren beträchtlich gewachsen

 

Lohnt sich der Railpass ab Oktober überhaupt noch?

Mit den alten Preisen war der Japan Railpass ein „no-brainer“ – schon mit einer einfachen Hin- und Rückfahrt nach Kyoto hatte sich der Pass schon amortisiert. Mit den neuen Preisen wird es sicherlich besser sein, kurz seine Reiseroute durchzurechnen. Von Tokyo nach Osaka zum Beispiel bezahlt man rund 30,000 Yen für die Hin- und Rückfahrt – der 7-Tage-Pass hatte sich allein damit schon gelohnt. Wenn der Pass jedoch nun 50,000 Yen kostet, rechnet sich der Pass nicht mehr – ganz einfach.

Übrigens soll der JR-Railpass ab Oktober auch nicht mehr am Schalter erhältlich sein sondern nur noch Online (und über ausgewählte Zwischenhändler).

Für Ausländer, die nicht als Touristen in Japan weilen, ist der generelle, japanweite Railpass derweilen immer noch außer Reichweite. Wäre er zum Beispiel auch für mich verfügbar, wäre er in meinem Fall selbst mit dem kräftig gestiegenen Preis noch interessant – schließlich kann man damit mal ebenso einfach in den Shinkansen steigen und ganz weit weg fahren…

Viele Japan-Reisende werden sich wohl auch bei den Übernachtungsmöglichkeiten anpassen müssen, denn dort regelt momentan die enorme Anfrage den Markt auf ganz natürliche Art und Weise — die Preise ziehen vielerorts an. So sehr, dass viele Japaner in der Goldenen Woche, der ersten Maiwoche, darauf verzichten, nach Tokyo oder Osaka zu reisen.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

11 Kommentare

  1. Man muss fairerweise dazu sagen dass diese railpass tickets ultra guenstig waren/sind fuer auslaender, und ein normaler japaner ja das vielfache zahlen muss fuer fleiche gegenleistung. Prozentual scheint die erhoehung viel aber auch mit neuen preisen liegen die angebote immer noch unerreichbar fuer einheimische. Man kann also auch, wie des oefteren, auf hohem niveau jammern…

  2. Nicht nur JR erhoeht die Preise – auch die japanische Post hat vor ein paar Tagen Gebuehrenanhebungen fuer den Auslandsverkehr sowie ausgewaehlte Zusatzdienste im Inland angekuendigt:
    https://www.post.japanpost.jp/notification/pressrelease/2023/00_honsha/0425_01_02.pdf
    Die Gebuehren im Briefdienst ins Ausland waren seit 1994 (!) stabil, als die Gebuehr fuer den Standardbrief nach Europa von 120 auf 110 Yen gesenkt wurde. Sie steigt am 1.10.23 von 110 auf 140 Yen (also auf das Niveau von 1980…). Die Zahl der Luftpostzonen fuer Briefpost steigt von drei auf fuenf, und der Zuschlag fuer Einschreibebriefe steigt von 410 auf 460 Yen.
    Drucksachen, SAL und Pakete werden teils erheblich teurer. Wer also ein paar Leckerlis an Tante Erna zu Weihnachten schicken will, sollte das tunlichst vor dem 1.10. tun…

  3. Hallo,
    dann bin ich ja froh das ich für Mai geplant habe :-) und nicht wie die letzten Male im Oktober, in Zwei Wochen um die Zeit bin ich schon in Kyoto. Ist auch das erste mal das ich den Pass überhaupt brauche, die letzten beiden Male war ich vor allem um Kyoto und Tokyo unterwegs, und für Fahrten nach Osaka ( von Kyoto) oder Kamakura ( von Tokyo) hat es sich nicht gelohnt.

  4. Hallo,
    ich bin gerade wieder aus Japan zurück und freue mich, dass ich noch die günstigen Konditionen hatte :-) aber was meiner Erfahrung nach schon umgesetzt ist, ist dass das Ticket nicht mehr den Stationsmitarbeitern gezeigt werden muss, sondern dass es schon durch die Kontrollanlagen durchgezogen werden kann. Das erleichtert die Reise auf jeden Fall, noch praktischer wäre natürlich, wenn man es wie Pasmo/Suica auf das Lesegerät legen könnte. Wenn viel los ist, war es ein geradezu akrobatischen Akt, mit Gepäck im Lauf den Geldbeutel rauszuholen, die Karte einzustecken, durchzurauschen, Karte wieder zu nehmen, in den Geldbeutel zu stecken und diesen wieder zu verstauen. Natürlich ohne die Koffer zu verlieren und weder vor oder nach der Anlage im Weg zu stehen. Am Ende hatten wir Routine in dieser Choreographie, aber mit der Pasmo im Nahverkehr war es definitiv einfacher!
    Wird auch etwas mit den Reservierungen geändert? Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Wahlzüge häufig als ausgebucht in den Automaten erschienen, in der Realität aber dann halb leer waren. Wir vermuten, dass dadurch, dass die Reservierung nichts kostet, die Hemmschwelle zum vorläufigen Buchen, aber dann doch nicht wahrnehmen, sehr gering war. Eine Reservierungsgebühr würde das wahrscheinlich auch ein bisschen entzerren.
    VG
    Daniela

    • Einen Railpass im Format Pasmo/Suica oder der Tageskarten für Bus und U Bahn in Kyoto hätten wir uns im November 2022 auch gewünscht. Man muss gut aufpassen, dass man nicht versehentlich den Railpass wegwirft statt der Sitzplatzreservierung, gleiche Farbe, gleiche Größe. Ein Railpass, der wie eine normale Tageskarte ausieht hat nach 14 Tagen intensiven Gebrauchs ziemlich gelitten. Wir hatten schon Zweifel, ob die Karte überhaupt 14 Tage aushält.

      • Stimmt! Und ich hatte am Anfang der Reise noch über die Schilder gelächelt: „Japan Rail Pass cannot be replaced when lost, stolen or washed“ :-) Nach der ersten großen Verwirrung am Gate, weil ich die Reservierung in den Ticket-Schlitz gesteckt und nicht sofort den JR-Pass gefunden habe, war ich schon um einiges demütiger…

  5. Ja, Ende Dezember geht es wieder nach Japan und diese Preiserhöhung bringt jetzt die Planung etwas durcheinander. Naja, mal sehn. Ich habe diesmal wieder Begleitung seit den letzten 2 Besuchen. Für mich allein hatte letztes Mal noch ein Tokyo Wide Pass gereicht. Hatte sich trotz der kurzen Gültigkeit gelohnt.
    Laut meinen Infos funktioniert das mit dem JR Pass an den Ticketschranken aber schon ne Weile. Das ist für JR Pass Besitzer wirklich eine Erleichterung. Kenne das noch von dem einen Mal, wo ich auch schon über Neujahr in Japan war, da wars an einigen dieser bemannten Stationen echt voll.

    • Zumindest JR Hokkaido hat vor drei Jahren die Preise um ~20% erhoeht!!! :-o Ebetsu->Sapporo auf der Hakodate Honsen z.B. stieg von 370 auf 440 Yen, und das ganz ohne Ukraine-Krieg oder Klorona… :-o

  6. Das ist natürlich ungünstig. Wir machen eine typische „Golden Route“-Reise im Oktober ’24 (dieses Jahr ist nicht genug Urlaub übrig von der Arbeit) und würden den Pass natürlich in Anspruch nehmen. Aber mal schauen, ich kalkuliere dann ob es sich rechnet. Schließlich ist es von Tokyo, Kyoto, Osaka und Hiroshima eine weitere Reise. Bisher konnte ich der Vergangenheit darauf verzichten, da ich immer nur in Tokyo und Umgebung war. Danke für den Artikel!

  7. war jetzt endlich mal wieder in Japan und habe den maschinenlesbaren rail pass kennengelernt.

    Über die Vor- Nachteile der Handhabung hat Daniela schon geschrieben.

    Preis: nachdem JR nun genau weiß, wieviel die Touristen im Schnitt fahren und wieviel sie dabei sparen, haben sie sich gesagt Hoppla, die fahren im Schnitt (Zahlen mal so angenommen) für Yen 15,0000, rail pass 3 Wochen 6,0000, da können wir doch locker 10, 0000 nehmen. Digitalisierung, cui bono?

    Preiserhöhungen bei Hotels konnte ich nicht feststellen. 2 Beispiele APA Aomori Yen 6,600, Monterey Hanzomon
    Yen 8,000. Natürlich können die Preise am Wochenende leicht das Doppelte und mehr betragen. Bei dem jetzigen Kurs billiger als in Deutschland.

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