BlogFast 50% der japanischen Ehepaare sexlos

Fast 50% der japanischen Ehepaare sexlos

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Laut der jüngsten und nunmehr 9. Umfrage der JFPA1, der „Japan Family Planning Association (日本Nihon家族kazoku計画keikaku協会kyōkai)“, Webseite siehe hier, haben 48,1% der japanischen Paare keinen Sex mehr. Genauer gesagt definierte man „sexlos“ als „keinen Sex mehr seit mehr als einem Monat gehabt“. Befragt wurden 3000 Ehepaare in der Altersgruppe zwischen 16 und 49 Jahren – ältere Paare wurden also schon mal von der Umfrage ausgeschlossen. Allerdings beantwortete nur ein gutes Viertel der postalisch Befragten – man kann getrost davon ausgehen, dass Paare mit aktivem Sexleben eher antworten würden als jene ohne Sex.

Die erste Umfrage dieser Art fand 2004 statt – damals lag der Anteil der sexlosen Paare noch bei fast genau 32%, doch der Anteil stieg seitdem ununterbrochen. Die Gründe waren da verschiedener Natur. Bei den Frauen überwogen die folgenden Gründe:

22.6% – zu mühselig/lästig
20.8% – zu erschöpft von der Arbeit
13.2% – wegen Schwangerschaft/zeitnaher Entbindung

Bei den Männern wiederum sah man die Gründe wie folgt:

24.0% – Annäherungsversuche werden nicht erwidert
14.7% – Nach der Geburt irgendwie kein Interesse mehr
12.0% – zu mühselig/lästig

Wie immer lohnt sich hier der Vergleich: In Deutschland gab es eine etwas ähnlich lautende Befragung im Jahr 2020. Die zog auch unverheiratete Paare und Singles ein, aber sie unterschied dabei nach dem Beziehungsstatus. Dieser Umfrage zufolge (siehe hier) gaben 75% der verheirateten Paare an, mindestens ein Mal pro Monat Sex zu haben – die Zahl der quasi sexlosen Paare ist also signifikant geringer.

Für das Phänomen gibt es in Japan sicherlich noch eine ganze Reihe anderer Gründe. Zum Beispiel die Sorge von Paaren, von ihren Kindern gehört oder ertappt zu werden oder schlichtweg Zeitmangel, wenn die Arbeitszeiten zu verschieden sind. Es dürfte auch interessant sein, zu untersuchen, ob der steigende Anteil sexloser Ehepaare mit dem Anstieg der Ehepaare, bei denen beide werktätig sind, korreliert. Mein Instinkt sagt mir, dass das nicht der Fall ist, aber es ist gut möglich.

In der Tat habe ich den Eindruck, dass viele Ehepaare in meiner Umgebung (Eltern von Schulkameraden der Kindern und in der Nachbarschaft) vor allem nach der Geburt zu Zweckgemeinschaften mutierten, aber der Eindruck kann täuschen, denn das Thema Sexualität ist nach wie vor etwas, was der Großteil vermeidet, und öffentliche Kundgebungen von Zuneigung, wie Händchen halten oder ein einfacher Kuss, sind ebenfalls, wie eh und je, in Japan sehr unüblich.

Alles in allem ist die Zahl dennoch schockierend hoch — erst recht, wenn man bedenkt, dass hier nur unter 50-jährige befragt wurden.

  1. siehe hier
tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

3 Kommentare

  1. In meinen ersten Jahren in Japan Ende der 80er sagte mir jemand „In Japan bringt man zwei Sachen nicht mit nach Hause – Arbeit und Sex“. Und auch verheiratete Paare nutzen die allgegenwaertigen „Love Hotels“, nur um daheim keinen Laerm zu machen (Nachbarn, Nachwuchs, …).

  2. Das in Japanischen Betten flaute herrscht ist doch schon seit Jahren bekannt.

    Ich verstehe beim besten Willen nicht warum immer und immer wieder die Sau durchs Dorf getrieben werden muss, dass Japan Sexloss ist.

    Die Gründe sind seid jahrzehnten bekannt aber die Regierung macht einfach nichts dagegen.

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