ShikokuTokushimaTokushima - Heimat des Awa-odori

Tokushima – Heimat des Awa-odori

-

Lage von Tokushima
Region: 四国 Shikoku
Präfektur: 徳島 Tokushima

徳島 Tokushima

3 von 5 Sternen: Abstecher wert
Name:

徳島 (Tokushima). Wörtlich „Tugend“ und „Insel“. War vor vielen hundert Jahren der Name eines Lehens (Han),
das sich um das heutige Tokushima und die Insel Awaji erstreckte. Als Stadtname gibt es den Namen erst seit 1889 (davor: 名東郡 Myōdō-gun).

Lage:

Im Osten der Insel Shikoku am Delta des 吉野川 (Yoshinogawa). Bis Kōbe sind es ca. 120 km.

Ansehen:

Der alte Burghügel (heute Park). Ein Blick vom Bizan auf die Stadt. Im August: Das lebhafte Awa-Odori-Festival.

Tokushima – Beschreibung

Tokushima ist die Präfekturhauptstadt der gleichnamigen Provinz, wobei der Name durchaus auch auf die Stadt zutrifft: Ziemlich provinziell. Mit 265’000 Einwohnern ist die Stadt für japanische Verhältnisse ziemlich klein. Denkt man zumindest, wenn man im Stadtzentrum steht, doch ein Blick von einem der Berge offenbart die wahren Ausmasse dieser ziemlich zersiedelten Stadt.

Das Stadtzentrum an sich erstreckt sich hauptsächlich zwischen dem 城山 Shiroyama (Burgberg) und dem 眉山 (Bizan), einem weiteren kleinen Berg im Südwesten. Zwischen diesen Bergen verläuft eine Bahnlinie mit dem Bahnhof Tokushima in der Mitte sowie, im Zentrum parallel zur Bahnlinie verlaufend, der teilweise palmengesäumte 新町川 Shinmachigawa (Wörtlich: Neustadtfluss). Läuft man aus dem Bahnhof heraus, steht man erstmal auf der 元町商店街 (Motomachi-Einkaufsstrasse). Die führt über den Fluss bis hin zum 阿波おどり会館 (Awa-Odori-Gebäude).

Im Zentrum von Tokushima am Shinmachi-Fluss
Im Zentrum von Tokushima am Shinmachi-Fluss
Zentrum von Tokushima - vom Bizan aus gesehen
Zentrum von Tokushima – vom Bizan aus gesehen

Das Awa-Odori-Gebäude liegt bereits am Fusse des 277 m hohen 眉山 (Bizan), was soviel bedeutet wie „Augenbrauenberg“, da er, aus welcher Richtung man auch schaut, wie eine Augenbraue aussieht. Vom Awa-Odori-Haus fährt eine Seilbahn zur Spitze. Die Hin- und Rückfahrt kostet 1’000 ¥ Oben wie unten gibt es Getränke und Souvenirs en masse. Die Aussicht ist tags wie auch nachts lohnenswert. Auf dem Berg steht eine fremd wirkende Pagode (nach birmesischem Stil) sowie das モラエス館 (Moraes-Haus). Moraes war ein portugiesischer Dichter, der von 1854 bis 1929 lebte – seine letzten Jahre verbrachte er in Tokushima.

Zurück zum Burgberg auf der anderen Seite des Bahnhofs: Am Fusse des Burgberges sind noch Reste der Burg, nämlichst Wassergräben, Mauern und ein paar alte Nebenbauten erhalten. Diese sind im 徳島中央公園 (Tokushima chūō kōen – Zentralpark) zusammengefasst, welcher auch einen sehr schönen Garten beinhaltet. Tokushima war einst eine Burgunterstadt – auf dem lediglich 61 m hohen, aber steilen Burgberg stand die Festung 渭山城 (Isan-jō), die in kleinerer Form seit dem 14. Jahrhundert existierte. Während der Meiji-Restauration wurde die Feste leider nahezu vollständig geschliffen. Den Rest besorgte ein amerikanischer Bombenangriff 1945. Im Verlaufe dessen wurden ca. 2/3 der Stadt in Schutt und Asche gelegt.

Am ehemaligen Burgwall von Tokushima
Am ehemaligen Burgwall von Tokushima
Die Hauptattraktion: Das Awa-Odori-Festival
Die Hauptattraktion: Das Awa-Odori-Festival

Im August wird in Japan お盆 (O-bon) begangen – zu dieser Zeit (exakte Zeit variiert je nach Gegend) kehren die Ahnen zurück. Dies wird als freudiges Ereignis gefeiert. Sehr viele Japaner kehren, so sie in den Großstädten arbeiten, zu ihren Familien aufs Land zurück. Dort wird O-bon tanzenderweise begangen. Das gewaltigste O-Bon-Ereignis findet dabei alljährlich vom 12. bis zum 15. August in Tokushima statt. Es ist als 阿波踊り (Awa-Odori) im ganzen Land bekannt. Awa ist der alte Name der Provinz Tokushima, -Odori ist der Tanz. Vier Tage lang tanzen tausende Menschen im Yukata (leichter Sommerkimono) durch die Strassen der Stadt und singen dazu das よしこの (Yoshikono):

偉い奴ちゃ、偉い奴ちゃ、ヨイヨイヨイヨイ、踊る阿呆に見る阿呆、同じアホなら踊らな損々・・・
Erai yatcha, erai yatcha, yoiyoiyoiyoi, odoru ahō ni miru ahō, onaji aho nara odorana sonson…

bedeutet soviel wie „Tanzende Idioten, zuschauende Idioten – sind doch alle gleich, also warum nicht tanzen.“ Die „professionellen Gruppen“ (genannt „ren“ und gestellt von lokalen Firmen und Institutionen) ziehen getrennt vom Rest mit Trommeln, Shamisen und Flöten durch eine Art Sambadrom, wo nur zahlende Zuschauer auf den Rängen Platz finden (kostet zwischen 1,000 und 2,000 Yen, ist jedoch lange im Voraus ausgebucht).

Szene beim Awa-Odori
Szene beim Awa-Odori

Durch den Rest der Innenstadt ziehen semiprofessionelle Truppen und Gruppen von ausserhalb, denen man sich durchaus auch anschliessen kann. Die ganze Stadt brodelt dann – das Fest zieht alljährlich zehntausende (wenn nicht hunderttausende) Gäste an. Vier Tage lang wird getanzt – bis spät in die Nacht – wobei sich die Gruppen stets nach einem Tag abwechseln. Am letzten Tag treten schliesslich alle noch einmal an. Mehr siehe Videos unten (die ich 2007 aufgenommen habe):

Anreise

Der うずしお特急 (Uzushio Ltd Express) braucht nur eine gute Stunde bis Takamatsu, kostet dafür aber auch 3’270 ¥. Mit dem Bummelzug kostet die gleiche Strecke 1’410 ¥, dauert dann aber auch 2½ Stunden.

Nach Naruto kommt man mit dem Bummelzug – dauert eine gute halbe Stunde und kostet 350 ¥. Man kann auch Richtung Westen nach 阿波池田 (Awa-Ikeda) fahren – von dort kommt man weiter nach Kōchi. Mit Expresszügen dauert das gute zwei Stunden und kostet insgesamt fast 6,000 ¥. Auf Shikoku sind jedoch alle Strecken JR-Strecken – der Railpass kann also benutzt werden.

Gen Süden kommt man auch – bis 甲浦 (Kan-no-ura). Dauert fast drei Stunden und kostet 1,850 ¥. Ist eine schöne Strecke – mehrfaches Aussteigen lohnt sich, so zum Beispiel in Hiwasa.

Tokushima hat auch einen nahgelegenen Flughafen. Auch Busse sind freilich eine Option. Achtung: Während des Awa-Odori (12-15 Aug) sind sämtliche Flugzeuge und Schnellzüge von und nach Tokushima restlos ausgebucht! Rechtzeitig vorsorgen!

Übernachtung

Ich hatte Anfang Juli versucht, eine Übernachtung für die O-bon-Zeit zu reservieren – egal welche Preisklasse. Keine Chance: Zum Awa-odori ist alles weit vorher ausgebucht. Deshalb bin ich weitergefahren nach Hiwasa und habe dort übernachtet. Ansonsten – zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Hallo,

    ich wollte nur Anmerken, dass Moraes Geburtsdatum nach seinem Sterbedatum liegt (1954 bis 1929). Danke für die interessanten Artikel.

    Grüße aus Celle

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