Warszawa (Warschau)

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Name

Name:  Warszawa ist der polnische Name, das [sz] wird dabei wie ein [sch] ausgesprochen. Der Name stammt wahrscheinlich von einem Voksstamm, der hier einst siedelte. Im deutschen Sprachraum wird die Stadt schon immer Warschau genannt. Im Englischen lautet der Name Warsaw.

Lage

Vor dem Zweiten Weltkrieg und der Verschiebung Polens Richtung Westen lag die Stadt so ziemlich im Mittelpunkt des Landes – heute liegt sie dementsprechend in Ostpolen inmitten der Woiwodschaft Mazowsze (Masowien). Die Stadt erstreckt sich hauptsächlich am linken (westlichen) Ufer der Wisła (Weichsel), obwohl die Neustadt schon lange das Ostufer erreicht hat. Die Gegend um Warschau ist eine Tiefebene – man muss schon weit fahren, um einen kleinen Berg zu sehen.

Warschau liegt zwischen Berlin und Moskau – bis Berlin sind es rund 600 km, bis Moskau wesentlich mehr. Damit liegt die Stadt schon immer an einer bedeutenden Verkehrs- und Handelsachse.

Einwohner

Knapp 1,7 Millionen Einwohner – damit ist die Stadt unangefochten die Nummer 1 in Polen. Die Vororte eingerechnet leben rund 3 Millionen Polen in der Hauptstadtregion.

Stadtbild

Wie bereits erwähnt erstreckt sich der Hauptteil der Stadt am linken Ufer der Weichsel. Südlich des Zentrums zerschneidet die Bahnlinie Berlin-Moskau die Stadt von Ost nach West, wobei die Trasse im Zentrum unterirdisch verläuft. Parallel zur Bahnlinie findet man die breite al. Jerozolomskie (Jerusalem-Allee). Der unterirdische Bahnhof Warszawa Centralna an der Alleemarkiert das Herz des neuen, boomenden Zentrums mit zahlreichen Hochhäusern und vielen Baustellen. Die Stare Miasto (Altstadt) ist ein gutes Stück vom Zentralbahnhof entfernt – man muss erst die Jerusalem-Allee rund 1200 Meter Richtung Osten laufen und danach nach links in die Strasse Nowy Świat (Neue Welt) einbiegen – nun sind es nur noch gute 2 Kilometer bis zur kleinen Altstadt, deren Mitte durch den Rynek Starego Miasta (Altstadtmarkt) definiert wird. Man kann natürlich auch den Bus nehmen, aber die Nowy Świat, welche auf halbem Wege zur Krakowskie Przedmieście (Krakauer Vorstadtstr.) wird, sollte man mindestens ein Mal entlang gelaufen sein, denn schon hier findet man zahlreiche interessante Bauten.

Die Altstadt ist klar definiert und sehr kompakt. Überall rund um die Altstadt findet man kleine Häuserreste und Gedenktafeln, die an die tragische Geschichte Warschaus im Zweiten Weltkrieg erinnern. Alles in allem ist Warschau eine interessante Melange aus alt und neu – man sollte sich nicht von dem abschrecken lassen, was man vom Zug aus sieht.

Geschichte

Verglichen mit anderen polnischen Städten ist Warschau eine ziemlich junge Stadt. Erst 1281 wurde der Ort urkundlich erwähnt. 1334 wurde das Stadtrecht verliehen. Damals spielten Poznań und Kraków eine wesentlich wichtigere Rolle. Warschau wurde dereinst Hauptstadt des unabhängigen Herzogtums Masowien. Erst seit 1526 wurde Warschau polnisch. Bei der anschliessenden Union von Polen und Litauen wurde die Stadt aufgrund der zentralen Lage 1596 Hauptstadt von Polen-Litauen. Im 18. Jahrhundert, zwischen den drei Teilungen Polens (siehe Geschichte Polens), blühte die Stadt so richtig auf – während es mit Polen abwärts ging.

Überall zu finden: Gedenktafeln zum Widerstand
Überall zu finden: Gedenktafeln zum Widerstand

Ab dem 19. Jahrhundert wurde Warschau zur russischen Provinzstadt degradiert. Erst 1918, nach Beendigung des Ersten Weltkrieges, wurde Warschau wieder Hauptstadt des erneut unabhängigen Polens. Die Tragödie begann 1939. Als Hitler 1939 Polen angriff, gab es die ersten massiven Luftangriffe des Zweiten Weltkrieges auf Warschau. Die gaben den Einwohnern einen Vorgeschmack auf das, was da kommen wird. Von den rund 1,3 Mio Einwohnern vor Ausbruch des Krieges wurden geschätzte 700’000 ermordet. Die Hälfte davon waren Juden. Die wurden vor der Deportation in zwei Ghettos eingepfercht. 1943 probte man den Ghetto-Aufstand, der äusserst brutal niedergeschlagen wurde. Das Ghetto wurde komplett zerstört und nahezu alle Juden wurden ermordet. 1944 probten die Warschauer Polen den gut zwei Monate dauernden, sogenannten Warschauer Aufstand. Die Rote Armee war bereits zu hören, griff aber nicht ein, um die Aufständischen zu entsetzen. Man wartete schlicht die Niederschlagung des Aufstandes ab. Die Rache der Deutschen war fürchterlich: Hunderttausende verloren während und nach den Kämpfen ihr Leben, die Altstadt wurde systematisch in die Luft gesprengt. Nach Kriegsende war Warschau ein einziger Trümmerhaufen.

In einer gewaltigen Kraftanstrengung baute man zwischen 1946 und 1953 einen Teil der Altstadt wieder auf. Unter anderem benutzte man dazu Zeichnungen des berühmten Malers Canaletto – jener, der auch Dresden so oft in seiner alten Schönheit abbildete. Die Mühe wurde später belohnt: Die Altstadt wurde zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Ansonsten prägten die Nachkriegsjahrzehnte auf unterschiedliche Weise das Gesicht der Stadt – von stalinistischen Prachtbauten über glanzlosen Wohnungsbau der 60er, 70er und 80er bis hin zum Boom der Banken und Firmen ab 1990.

Anreise

Der Internationale Flughafen Okęcie liegt im Süden der Stadt und ist nicht allzu weit entfernt. Bus Nr 175 fährt von dort regelmässig über den Hauptbahnhof bis zur Altstadt.

Es gibt drei große Bahnhöfe – dies sind von West nach Ost Warszawa Głowna (Hauptbahnhof), Warszawa Centralna (Zentralbahnhof) und Warszawa Wschodnia (Ostbahnhof) am Ostufer der Weichsel. Wie oben bereits erwähnt ist Centralna am günstigsten, auch wenn selbiger ebenfalls weit vom Zentrum entfernt liegt. Die meisten der internationalen Züge halten in allen drei Bahnhöfen. Es gibt u.a. Direktverbindungen nach Minsk, Brest, Moskau, Kiew, Berlin, Brüssel, Prag, Budapest sowie zu allen polnischen Großstädten. Mehr dazu siehe Anreise Polen.

In der Stadt kommt man hervorragend mit Bus, Tramwaj (Strassenbahn) und Metro voran. Letztere ist allerdings nicht sehr weitläufig. Die Fahrkarten sind für alle gleich und kosten 2,40 Zł pro Fahrt.

Sehenswertes

Warschau hat sehr viele Gesichter, aber das schönste ist freilich dass der Stare Miasto (Altstadt). Man weiss nicht, wovor man mehr Ehrfurcht haben soll – vor der Schönheit der Altstadt oder der Tatsache, dass dieser Ort in den auch für Polen sehr schweren Nachkriegsjahren von Grund auf wiederaufgebaut werden musste. Die eigentliche Altstadt ist gerade mal 500 m lang und genau so breit. Halbkreisförmig angelegt, wird sie im Osten von der breiten Uferstrasse Wybrzeże Gdanskie (Gdansker Ufer) sowie ansonsten von der runden Burgmauer, einem Graben und davor der Strasse Podwale (Wallgraben) begrenzt. Vor allem die breite Festungsanlage Barbakan (=Wachturm), ein Bollwerk aus dem 15. bis 16. Jahrhundert, im Norden der Altstadt ist sehr eindrucksvoll.

An der Festungsanlage Barbakan
An der Festungsanlage Barbakan

Nördlich des Barbakan beginnt die ebenfalls recht kleine und eigentlich auch ziemlich alte Nowe Miasto. In der Altstadt gibt es viel zu sehen. Nähert man sich von Süden her der Altstadt, so steht man erstmal auf dem Plac Zamkovy (Schlossplatz). Dort findet man neben etlichen feinen Restaurants und Souvenirläden auch die Touristeninformation. In der Mitte des Platzes steht die Kolumna Zygmunta III. (Säule Sigmund des Dritten) – jener hatte Warschau einst zur Hauptstadt gemacht.

Blick von der Festungsanlage zur Neustadt
Blick von der Festungsanlage zur Neustadt

Wie es sich für einen Schlossplatz gehört, steht dort auch ein Schloss. Selbiges nennt sich schlicht und einfach Zamek Królewski (Königsschloss). Und kann durchaus als Juwel betrachtet werden. Wenn man in der Ausstellung sieht, wie das Schloss 1945 aussah (es sah quasi gar nicht mehr aus), so ist der geleistete Wiederaufbau, vollends beendet 1988, eine wahre Glanzleistung. Das betrifft eher das Innere, denn von aussen sieht das Schloss nicht allzu spektakulär aus – gemessen an anderen Schlössern.

Innenhof des Schlosses
Innenhof des Schlosses

Glücklicherweise konnte man Teile des Inventars vor der Zerstörung in Sicherheit bringen. Oben genannter Sigmund der Dritte residierte hier, und damals galt das barocke Warschauer Schloss als eines der schönsten Europas. Später wurde es vielseitig genutzt – als Parlament, Kadettenakademie usw.

Das prächtige Innere enthält das Schlossmuseum und allerhand Ausstellungen, die alle extra kosten. Das Wesentliche sieht man für 9 Zł. Am Sonntag ist der Eintritt frei – man kann allerdings einige Sachen dann nicht sehen. Reicht jedoch trotzdem, um schwer beeindruckt zu sein.

Im Warschauer Schloss: Faszination garantiert
Im Warschauer Schloss: Faszination garantiert

Der zentrale Rynek Starego Miasta (Altstadtmarkt) liegt nur 200 Meter nördlich des Schlossplatzes. Auf halbem Wege steht dazu noch die Archikatedralna św. Jana (Kathedrale des Hl. Johann) – ein schmucker gotischer Bau aus dem 14. Jhd. Am Markt reihen sich schöne Häuser aus der Blütezeit Warschaus im 17. und 18. Jahrhundert aneinander. Genau genommen wurde alles jedoch erst nach 1945 gebaut. Das Muzeum Historyczne Miasta Stołecznego Warszawy (Museum der historischen Stätten der Hauptstadt Warschau) am Platz zeigt eindrucksvoll, wie es am Markt nach 1945 aussah: Es gab schlichtweg nichts mehr. Die Rekonstruktion ist durchaus gelungen.

Sehr viel zu sehen gibt es an der vom Schlossplatz nach Süden abgehenden Krakowskie Przedmieście (Krakauer Vorstadtstr.). Als da wären einige Kirchen, Museen, die Universität und Paläste. Bei letzteren sollte man sich zumindest den Pałac Radziwiłłów (Radziwill-Palast) nicht entgehen lassen. Die Radziwills waren ein altes, einflussreiches Adelsgeschlecht. Sie verlegten später allerdings ihren Sitz nach Nyazvizh (Belarus) – damals Teil Polens. Heute dient der grosse Bau als Amtssitz des Ministerpräsidenten.

Das neue Warschau
Das neue Warschau

Die Krakauer Vorstadtstrasse ist der erste Teil des rund 4 km langen Szlak Królewski (Königspfad). Der verbindet das Warschauer Schloss mit dem Łazienkowski-Park und Palast im Süden der Stadt – dort gibt es auch einen botanischen Garten und das Chopin-Museum.

In Sichtweite des Radziwill-Palastes im Westen steht die Staatliche Oper. Ein paar Meter südlich findet man den pl. Józefa Piłsudskiego (Pilsudski-Platz) – dereinst war dieser Mann erfolgreicher Marschall und danach Diktator Polens zwischen den beiden Weltkriegen, bis er 1935 verstarb (siehe auch Geschichte Polens). Ganz ohne war Pilsudski gelinde gesagt nicht, so dass die Benennung eines Platzes nach dem Marschall im Herzen der Stadt durchaus eine streitbare Entscheidung ist. Westlich des Platzes schliesst sich ein grösserer Park an. Dahinter wiederum verläuft eine der Hauptverkehrsachsen der Stadt, die Marszałkowska (Marschall-Str.). Läuft man diese gen Süden entlang, kann man das neue, boomende Warschau sehen – glänzende Glas-Stahl-Hochhäuser und zahlreiche Baustellen, die auf mehr schliessen lassen.

Der Palast der Kultur und Wissenschaft
Der Palast der Kultur und Wissenschaft

Das monumentalste Bauwerk im neuen Warschau ist allerdings bereits etwas älter. Es handelt sich um den Pałac Kultury i Nauki (Palast der Kultur und Wissenschaften). Ein Geschenk Stalins an die gebeutelte Stadt. Ein echter „white elephant“, denn so ganz glücklich waren und sind die Warschauer nicht mit dem gigantischen Bau – mit 234 m Höhe immerhin das höchste Gebäude des Landes. So ziemlich die gleichen Giganten findet man auch mehrfach in Moskau, eine kleinere Ausgabe davon in Riga und anderswo. Der Bau beherbergt Konferenzsäle, Kinos, ein Technikmuseum und und und. Im 30. Stock gibt es zudem eine Aussichtsplattform.

Leider ist man dazu verfallen, den Bau als Träger von Werbebotschaften zu nutzen. Und so verunstalten gewaltige Werbeplakate Teile des Palasts. Sieht nicht gerade vorteilhaft aus. Der kleine Park vor dem Palast wird oft als Freiluftbasar genutzt. Auf der anderen Strassenseite sieht man den oberirdischen Teil des Zentralbahnhofs.

Die Mirow-Markthalle
Die Mirow-Markthalle

A propos Basar: Davon gibt es einige. Markthallen haben auch in Polen durchaus noch einen Platz, auch wenn sie zunehmend Konkurrenz von Supermärkten und Einkaufszentren auf der grünen Wiese bekommen. Wenn man vom Zentralbahnhof die al. Jana Pawła II. (Johann Paul II.-Allee) rund anderthalb Kilometer nach Norden läuft, sieht man rechterhand die Hala Mirowska (Mirow-Halle) – eine schöne Markthalle, die noch immer sehr lebhaft und einen Abstecher wert ist.

Dies sind bei weitem nicht alle Sehenswürdigkeiten Warschaus. Man findet an vielen Orten Gedenkplaketten des Warschauer Aufstandes, eine Synagoge (von vormals dutzenden), mehr Museen und so weiter. Wenn mich allerdings jemand fragt, was er in eins, zwei Tagen in Polen sehen sollte, würde ich wahrscheinlich nicht Warschau nennen. Da gibt es andere Städte mit mehr Atmosphäre. Wer allerdings mindestens eine Woche im Land weilt, sollte sich die vielschichtige Hauptstadt nicht entgehen lassen.

Übernachtung

Es gibt sehr viele Übernachtungsmöglichkeiten in Warschau. Bis vor kurzem mangelte es aber an interessanten Hostels á la Villa Helga in Bukarest oder Old Town Hostel in Vilnius. Das scheint sich geändert zu haben – ein internationales Hostel hat die Pforten eröffnet. Mit dem wahrhaft bescheuerten Namen Dizzy Daisy . Hatte jedoch noch keine Möglichkeit, es selbst auszuprobieren. Sollte aber leicht im Internet zu finden sein.

Im Zentralbahnhof gibt es eine Vermittlung von Unterkünften, die nicht immer geöffnet hat. Ansonsten hier noch ein konkreter Tipp: Das Pokoje Gościnne Feredacji Metalowcy (Gasthaus des Metallurgenverbandes) ist, bedenkt man die Lage und die Räumlichkeiten, kein schlechter Ort. Ein Doppelzimmer kostet gute 20 Euro – Bad ist allerdings im Flur. Das beste ist die Lage: Bis zur Altstadt sind es keine 500 Meter. Die Adresse: ul. Długa 29, Tel.: 022-832 4021, Fax: 022-635 5460.

WWW

  • www.e-warsaw.pl: Offizielle Seite der Stadt in zahlreichen Sprachen – darunter auch auf Deutsch. Scheint allerdings stellenweise maschinenübersetzt zu sein. Trotzdem brauchbar.
  • www.warsawtour.pl: Seite des Tourismusamtes – deutsche Version gibt es noch nicht. Dafür bietet die englische Version allerlei Infos und interessante Veranstaltungshinweise.

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