Szczecin (Stettin)

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Name

Szczecin. Wird in etwa „Schtschetchin“ gesprochen. Im deutschen Sprachraum ist die Stadt unter dem Namen Stettin bekannt. Bereits 1133 tauchte die Stadt unter dem Namen Stetin auf, der lateinische Name lautet schlicht und ergreifend Stetinum. Zum Ursprung des Namens gibt es zahlreiche Theorien – eine besagt, dass er vom Wort szczyt abstammen könnte – das bedeutet „(Berg)spitze“ aber auch Langschild.

Lage

Szczecin liegt im äussersten Nordwesten Polens und ist nur rund 120 km von Berlin (und ca. 10 km von der deutschen Grenze) entfernt. Der Grossteil der Stadt erstreckt sich am linken (West-) Ufer der Oder, aber Teile des alten und weite Teile des neuen Szczecin erstrecken sich auch auf den Oderinseln und dem Ostufer. Nördlich der Stadt beginnt das Stettiner Haff – dieses leitet bereits die Odermündung in die Ostsee ein. Die Oder bei Stettin ist weit verzweigt und selbst in der Stadt in mehrere Arme zergliedert. Gleich südlich der Stadt beginnt der langgezogene Nationalpark Unteres Odertal.

Kulturhistorisch gesehen liegt Szczecin im Zentrum von Hinterpommern.

Einwohner

Mit rund 420,000 Einwohnern ist Szczecin die siebentgrösste Stadt Polens und mit Abstand die grösste Stadt Hinterpommerns. Schon 1939 hatte die Stadt rund 382,000 Einwohner – die Zahl fiel auf 180,000 im Jahr 1950, als alle Deutschen vertrieben waren.

Stadtbild

Je nachdem von wo man in die Stadt fährt, sieht man als erstes oftmals kilometerlange Vorstädte und Randgebiete. Das Zentrum als solches beginnt am westlichen Ufer der Westoder, gegenüber der langgestreckten Oderinsel Lastadie (Łasztownia). Das Zentrum selbst liegt ein paar dutzend Meter oberhalb des Flusses.

Als erstes fällt auf, dass es keinen zentralen Marktplatz im eigentlichen Sinne gibt – dafür aber viele kleine Parks, breite Boulevards und grosse, runde Plätze. Das Zentrum ist eindeutig nicht mittelalterlich geprägt, sondern ähnelt eher Städten wie Paris – kein Zufall, denn beide Städte wurden vom gleichen Stadtplaner gegen Ende des 19. Jahrhunderts überarbeitet.

Dank der vielen Kirchen ist das Zentrum als solches gut abgegrenzt und erstreckt sich im wesentlichen zwischen der Westoder, dem Grunwaldzki-Platz (einst Kaiser-Wilhelm-Platz) und dem Zwycięstwa-Platz. Bahnhof und Busbahnhof liegen nebeneinander direkt an der Oder am Südende der Altstadt. Den ältesten Teil der Stadt findet man ebenfalls nahe der Oder gleich nördlich der breiten Trasa Zamkowa (Schloßstr ?) rund um das alte Rathaus und dem Pommern-Schloss.

Man sieht der Stadt die schweren Zerstörungen und Wirren der Zeit an – von der eigentlichen Altstadt sind fast nur noch die grossen Bauten erhalten geblieben, und auch die mussten erst aufwendig restauriert werden. Auffallend neben moderner Architektur ist die oftmals wuchtige norddeutsche Architektur, viel Jugendstil und riesengrosse Backsteinbauten wie man sie überall auch im nördlichen Deutschland und einigen anderen Städten Polens antrifft.

Geschichte

Das Berliner Tor (heute Hafentor)
Das Berliner Tor (heute Hafentor)

Die Gegend wurde schon früh vom ostgermanischen Stamm der Rugier besiedelt, welche jedoch schon im 8. Jhd. von einem westslawischen Stamm vertrieben wurden. Die Hügel am Westufer der Oder boten sich zur Besiedlung an. Man erbaute eine erste Wallanlage, später dann eine Burg. Pommern inklusive Szczecin wurde wahrscheinlich gegen Ende des 10. Jhd. erstmals von Polen erobert. Danach war die Stadt teilweise autonom, blieb jedoch lange Zeit heidnisch, bis sie jedoch von deutschen Geistlichen christianisiert wurde. Um das Jahr 1200 herum war Szczecin eine Zeit lang dänisch.

Nach und nach kamen deutsche Siedler nach Pommern, welches mit Szczecin mehr und mehr Macht erlangte. Ein Hafen wurde gebaut und ermöglichte damit die Aufnahme in die Hanse im Jahr 1278. Die Stadt festigte ihre Rolle als das Zentrum Pommerns immer mehr und gedieh damit zusehends. Dies wurde freilich teilweise gehemmt durch Pestepidemien im 15. Jahrhundert und anderen Rückschlägen.

Lange Zeit blieb die Stadt verschont während des 30-jährigen Krieges. Doch 1630 wurde sie schliesslich von Schweden genommen. 1676 belagerte Brandenburg die Stadt für zwei Jahre. Ein Jahr nach der gelungenen Belagerung mussten die Brandenburger jedoch wieder abziehen. Während des Nordischen Krieges wurde Szczecin sogar von Russland belagert. 1720 fiel die Stadt schliesslich an Preussen – auf längere Dauer.

Die Stadt entwickelte sich daraufhin prächtig. Von einem kurzen Zwischenspiel Napoleons abgesehen blieb es lange Zeit friedlich. 1843 wurde die Bahnstrecke nach Berlin eröffnet. Der Hafen wurde weiter ausgebaut – nach Bremen und Hamburg war der Stettiner Hafen in der ersten Hälfte des 20. Jhd. der drittwichtigste Hafen Deutschlands. 1944 wurde Stettin das Opfer katastrophaler Luftangriffe seitens der Alliierten – 90% der Altstadt und 70% der restlichen Stadt lagen danach in Asche. Im Juli 1945 wurde die Stadt seitens der Sowjetunion unter polnische Hoheit gestellt. Infolgedessen mussten fast 100,000 Deutsche die Stadt verlassen.

Szczecin spielte auch in Polen eine gewichtige Rolle – besonders als Hafenstadt. Eine Zeit lang galt der Stettiner Hafen als grösster Hafen des Ostseeraums. Doch die Stadt machte sich auch einen Namen als Zentrum des Widerstands und als eine der Keimzellen der Solidarność. 1985 nahm die Universität Szczecin den Lehrbetrieb auf. Seit der Wende in Polen 1990 hat das stark industrialisierte Szczecin mit zahlreichen Problemen zu kämpfen, da grosse Teile der Industrie zusammenbrachen. Doch verglichen mit den 1980ern hat die Stadt einen grossen Sprung bewältigt. EU-Gelder sorgen seit dem EU-Beitritt Polens für intensivere Bemühungen, das Kulturerbe der Stadt zu wahren.

Anreise

Szczecin ist hervorragend an das Schienennetz angeschlossen. Von Berlin kommt man in rund zwei Stunden in die Stadt mit dem Zug (mit dem Auto dauert es ähnlich lange – eine Autobahn geht bis Szczecin). Einige Züge am Tag fahren durch von Berlin – bei anderen muss man in Angermünde umsteigen. Tickets des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg können genutzt werden. Damit kostet eine Fahrt nur 16 €.

Es gibt auch diverse andere Direktverbindungen – so nach Warschau (knapp 6 Stunden), Wrocław (Breslau) (5 Stunden) über Poznań (2½ Stunden), Lübeck (5 h), Zakopane (14 h), Krakau (11 h) und sogar Amsterdam (9 h). Vom Busbahnhof gibt es ebenfalls zahlreiche Fernverbindungen.

An die Ostsee kommt man am besten mit dem Boot (fährt aber nicht immer) oder dem Zug nach Swinoujscie. Dauert allerdings knappe zwei Stunden da es nur Bummelzüge gibt.

In der Stadt kommt man mit der Strassenbahn bequem voran – allerdings liegt alles in Laufweite.

Sehenswertes

Szczecin hat wie die meisten polnischen Städte arg gelitten im Zweiten Weltkrieg. Von der einst preussisch geprägten Stadt mit Hanse-Vergangenheit blieb nicht viel übrig. Sehenswertes liegt versprengt hier und da im Stadtzentrum, durchsetzt mit mehr oder weniger attraktiver, modernerer Architektur. Westlich der Altstadt findet man jedoch noch gut erhaltene bzw. restaurierte Gründerzeit-Wohnviertel. Die nachfolgende Auswahl ist freilich unvollständig.

Sozialistischer Marktplatz, Rotes Rathaus und Schulgebäude
Sozialistischer Marktplatz,
Rotes Rathaus und Schulgebäude

Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, empfiehlt sich ein Blick auf die Altstadt von der Oder aus. Zahlreiche Kirchtürme zeigen sich dann, aber auch riesige Backsteinbauten – dabei besonders das Postamt sowie das Rote Rathaus an der belebten Dworcowa-Strasse, die vom Bahnhof in die Altstadt führt. Unterhalb des Rathauses liegt ein kleiner Park mit einem schönen Springbrunnen.

Post und Rathaus stammen eindeutig aus der gleichen Epoche – nämlich aus der Zeit um 1875. Übrigens sollte man unbedingt mal in die Post reinschauen – es gibt nur wenige Schalterhallen, die so schön aussehen. Auch ein Blick in das Rathaus – so gestattet – lohnt sich allemal.

Im Innenhof des Pommernschlosses
Im Innenhof des Pommernschlosses

Ein Gebäude fällt besonders auf im Stadtpanorama: das schneeweisse Zamek Książąt Pomorskich (Schloss der Pommerschen Fürsten), welches da erhaben auf einem Hügel thront. Der Komplex diente einst dem Gryfiten-Geschlecht als Herrschaftssitz. Vorher stand an der gleichen Stelle ein slawischer, heidnischer Tempel. Man begann mit dem Bau des Schlosses im 14. Jahrhundert, aber weite Teile sind später stark verändert worden. Leider wurde das Schloss ebenfalls im 2. Weltkrieg stark zerstört, aber das restaurierte Bauwerk kann sich sehen lassen. Der Grosse Innenhof mit seinem schönen Uhrenturm (siehe Photo, die barocke Uhr selbst stammt von 1693) wird heuer gelegentlich für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Die Flügel rund um den Innenhof beherbergen heute Museen, eine Oper, ein Restaurant und ein paar andere kulturelle Einrichtungen.

Parallel zum Grossen Innenhof erstreckt sich der schmale Längliche Münzhof mit dem Glockenturm, den man für Eintrittsgeld auch besteigen kann. So die Information im gleichen Hof geöffnet hat (als ich da war, wollte man mein Eintrittsticket sehen – und schickte mich deshalb erstmal zur – geschlossenen – Information). Die Restaurierung des Schlosses war 2007 bereits weit vorangeschritten aber noch nicht ganz fertig. Die nähere Umgebung des Schlosses ist übrigens auch einen Spaziergang wert.

Das alte, etwas windschiefe Rathaus
Das alte, etwas windschiefe Rathaus

Unterhalb des Schlosses Richtung Süden und nahe der Oder steht das Stary Ratusz (Altes Rathaus) etwas einsam und verloren. Und windschief. Teile des Gebäudes sind im Laufe der Zeit stark abgesackt. Das alte Rathaus riecht regelrecht nach Hanse – sowas kennt man aus Bremen, Lübeck, Stralsund, Riga und so weiter. Der Keller des Rathauses stammt noch aus dem 13. Jahrhundert. Der Rest ist eine Reproduktion des Rathauses wie es im 15. Jahrhundert aussah. Der gotische Bau beherbergt heute das Museum für Stadtgeschichte und im Keller ein feines Restaurant. Der Platz vor dem Rathaus wird momentan stark restauriert – hier entsteht das ganz, ganz alte Stettin ganz, ganz neu. Man findet hier rein zufällig auch zahlreiche Touristenorientierte Cafés und Restaurants. Freilich ist das Ergebnis des Open-Air-Museums durchaus sehenswert.

Frisch restaurierte Bauten am Alten Rathaus
Frisch restaurierte Bauten am Alten Rathaus

Es würde den Rahmen sprengen, hier alle Kirchen der Stadt aufzuzählen. Da wären die Erzkathedrale (auch Jacobikirche), die Garnisonskirche des Hl. Adalbert, die Hl. Herz Jesu-Kirche, die Peter- und Paulus-Kirche, die Johannes-Kirche usw usf. Szczecin war einst stark protestantisch geprägt, doch das hat sich freilich im erzkatholischen Polen geändert. Die meisten Kirchen sind durchaus interessant – nicht nur architektonisch, sondern auch historisch gesehen. Kenner norddeutscher einschliesslich berlinerischer Architektur werden aber diesbezüglich keine grossen Überraschungen erleben.

Zum ersten Mal hatte ich Stettin 1986 besucht. Ich kann mich nicht an allzu viel erinnern, aber die Stadt hinterliess keine positiven Eindrücke damals. Anders 2007 – offensichtlich hat sich sehr viel getan, und die Stadt ist auf dem Weg, ein sehr lohnenswertes Ausflugsziel zu werden.

Umgebung

Der oben erwähnte Nationalpark Unteres Odertal südlich Stettins sowie das Stettiner Haff und die Ostsee – genauer gesagt die Pommersche Bucht – sind definitiv einen Urlaub wert. Eine so weit verzweigte Flusslandschaft mit einer einzigartigen Flora und Fauna ist selten anzufinden in Europa.

Übernachtung

Nach langem Suchen gab ich irgendwann auf und stieg in einer Hotelkette ab – ein Ibis-Hotel. Das befindet sich gleich hinter dem Roten Rathaus an der Dworcowa-Strasse und damit mitten im Zentrum. Üblicher 3-Sterne-Standard in einem gesichtslosen Neubau für die für diese Kette gewöhnlichen 189 Zl pro Nacht. Es gibt freilich auch andere, meist ältere Hotels. Am besten bei der Touristeninformation in der gleichen Strasse nachfragen.

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