Georgien (Sak’art’velo) – Allgemeines, Reisetipps, Historisches und mehr

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Allgemeines

Georgien (auf Georgisch საქართველო – Sakartwelo) erstreckt sich südlich des Kaukasus zwischen Russland und Türkei – mit Aserbaidschan und Armenien als östliche Nachbarn und dem Schwarzen Meer im Westen. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass die Regierung nicht das gesamte Territorium unter Kontrolle hat – mehr siehe unten. Das Land ist mit ca. 70’000 km² ziemlich genau so gross wie Bayern, hat aber nur 3,7 Millionen Einwohner (Bayern 12,5). Die meisten Georgier gehören der georgisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft an.

Georgien wurde schon vor Jahrtausenden von den Griechen gerühmt – man kannte die Region unter den Namen Colchis und Iberien (ob es Verbindungen mit dem Namen Iberien als Pseudonym für Spanien gibt ist wohl noch ungeklärt). Der Legende zufolge war die Region das Land des Goldenen Vlies. Mal war Georgien selbst eine Macht, mal Spielball der Ottomanen, Perser und seit dem 17./18. Jhd. auch zunehmend der Russen, bis es schließlich ganz von Russland vereinnahmt wurde. 1918 erklärte der ganze Südkaukasus seine Unabhängigkeit, was die Rote Armee aber 1920/21 zu beenden wusste. Zu jener Zeit war auch schon Jugashvili alias Stalin aktiv – er war Georgier und wird nachwievor in Georgien verehrt – man kann oft Bilder von ihm sehen, auch Strassen sind nach ihm benannt.

1991 sagte sich Georgien von der zerfallenden Sowjetunion los. Sofort brachen schwere Strassenkämpfe in Tbilissi aus und marodierende paramilitärische Banden zogen durchs Land. Gegen den Präsidenten wurde geputscht, bis der international angesehene ehemalige sowjetische Aussenminister Schewardnadse zum Präsidenten gewählt wurde.
Problematisch war die Beziehung zu den beiden autonomen Republiken Südossetien und Abchasien. Letztere entschied sich für Russland und gegen Georgien, was Georgien nicht akzeptieren konnte. Schwere Kämpfe brachen aus, georgischen Angaben zufolge mit russischer Militärhilfe für die Abchasier.

Hotel Iveria in Tbilissi - Notunterkünfte von Abchasien-Flüchtlingen
Hotel Iveria in Tbilissi – Notunterkünfte von Abchasien-Flüchtlingen

Im Herbst 1993 siegten die Abchasier nach blutigen Kämpfen. Schewardnadse hatte dabei noch Glück, da er sich noch in Abchasiens Hauptstadt Suchumi aufhielt, als sie fiel. Fast die Hälfte der Bevölkerung Abchasiens waren Georgier – eine gute Viertelmillion. Diese wurden nach der Niederlage aus Abchasien vertrieben und leben als IDP’s (internally displaced persons, also Flüchtlinge im eigenen Land) unter sehr schlechten Bedingungen. Abchasien hat jetzt nur noch knapp 300’000 Einwohner und ist von Georgien aus unter keinen Umständen bereisbar.

Noch immer hat die Regierung nicht das ganze Land unter Kontrolle. Teile Südossetiens und Swanetiens sowie das Pankisi-Tal an der tschetschenischen Grenze können nicht von der Armee kontrolliert werden – Pankisi wurde kürzlich sogar von den Russen bombardiert, da man tschetschenische Rebellen dort vermutet. Auch die autonome Provinz Achara im Südwesten rund um Batumi kocht ihr eigenes Süppchen.

Von diesen Problemen einmal abgesehen, erholt und stabilisiert Georgien sich allmählich – politisch wie wirtschaftlich. 1995 wurde erfolgreich eine neue Währung eingeführt, und der wirtschaftliche Aufschwung ist durchaus sichtbar.

Sprache

In Georgien spricht man Kartuli, eine Sprache, die zur Kartvelischen Sprachgruppe gehört – die wiederum ist Teil der kaukasischen Sprachfamilie. Das heisst, Georgisch hat rein gar nichts zu tun mit Turk-
oder indogermanischen Sprachen wie Russisch, Englisch etc. Man benutzt auch eine eigene Schrift (siehe oben neben der Flagge) mit 38 verschiedenen Zeichen. Zumindest ein paar Zeichen sollte man kennen, denn ausserhalb von Achara, wo fast alles auch in Russisch geschrieben steht, findet man meist nur Georgisch auf Speisekarten, Fahrplänen etc.

Russisch ist lingua franca in Georgien. Ich habe keinen getroffen, der nicht Russisch spricht. Es scheut sich auch keiner, Russisch zu sprechen. Englisch ist weniger, und Deutsch natürlich ganz selten verbreitet.

Natur & Klima

Berge, Berge, Berge…Im Norden der Kaukasus, im Süden die Likhi-Bergkette. Dazwischen ein breites Tal, welches am Schwarzen Meer beginnt und sich bis zum Kaspischen Meer hinzieht. Der Kaukasus ist gleichzeitig die Grenze zu Russland, hier befinden sich auch zahlreiche über 5000 m hohe Berge. Der Kaukasus schützt das Land vor den kalten Winden aus dem Norden, so dass es ausserhalb der Berge nur selten Frost gibt. Das Schwarze Meer sorgt für warme, feuchte Luft. Das meist subtropische Klima gestattet den Anbau von Zitrusfrüchten, Tee, Wein u.v.m. Im Kaukasus gibt es natürlich ausgedehnte alpine und subalpine Bereiche. Im Tal ist es auch im Sommer angenehm mit Temperaturen von knapp 30 Grad.

Reiseinfos

Georgisches Visum
Georgisches Visum

Deutsche und nahezu alle anderen brauchen ein Visum. Das gibt es z.B. bei der Botschaft (Heinrich-Mann-Str. 32 in 13156 Berlin, nur vormittags geöffnet!). Man muss nicht persönlich erscheinen – Antrag anfordern, selbigen dann mit Pass, Überweisungsbeleg und Rückeinschreiben sowie Passfoto an die Botschaft schicken. Die sind auch fix – auf dem Postweg dauert es ca. eine Woche. Oder, wenn man aus der Türkei einreist, kann man eins im Konsulat in Trabzon bekommen – on the spot (will heissen es wird sofort ausgestellt). In Trabzon bekommt man nur zwei Wochen gültige Privatvisa für einmalige Ein- und Ausreise. Kostet rund 60 USD (Achtung! Nur in Türkischen Lira bezahlbar!). Öffnungszeit von 10 bis 12 und 14 bis 16. Das gleiche Visum kostet in Deutschland ungefähr genauso viel. Man kann hier auch Transitvisa bekommen. Ist jeweils drei Tage gültig. Eins für zweimalige Ein- und Ausreise kostet lediglich 29 Euro.

Man kann mit Flugzeug (sehr teuer!), Schiff, Bus oder Bahn einreisen. Letzteres wegen Abchasien nur über Armenien. Es gibt zahlreiche Grenzen zu Russland (Vladikavkaz, Mineralnye Vody), Armenien (mind. zwei) und der Türkei. Die wichtigsten zur Türkei sind die bei Akhaltsikhe/Posof (Achtung, öffnet erst gegen 11 Uhr!!!) und Batumi/Sarp (24 h). Beachten: Zwei Stunden Zeitunterschied zur Türkei!. Batumi/Sarp ist die Grenze der offenen Hände – nicht schwach werden!!! Mehr siehe unter
Tag 4. Ansonsten sind Grenzübertritte, zumindest nach Armenien und in die Türkei, ziemlich unproblematisch.

Währung in Georgien ist der Lari, oft auch GEL abgekürzt. Ein Lari sind 100 Tetri. Der Kurs ist äußerst stabil, ein Euro für zwei Lari im Jahr 2003, im Jahr 2018 stand der Kurs bei drei Lari pro Euro. Geldautomaten gibt es (noch) so gut wie gar nicht – nur eins, zwei in Tbilissi. In Tbilissi gibt es auch advance cash auf Kreditkarten. Tauschen kann man überall im Land. Man sollte unbedingt eine Dollar-Reserve dabeihaben!
Übernachtungen sind, so man privat übernachtet, sehr billig – 5 bis 10 Euro. Ausserhalb Tbilissis sind Hotels auch sehr billig. Auch Essen und Trinken sowie Transportkosten sind nicht teuer. Mit 50 GEL pro Tag (bei hoher Mobilität) kommt man sehr gut aus.

Georgischer 2-Lari-Schein
Georgischer 2-Lari-Schein

Züge sind elendig langsam. Von Batumi bis Tbilissi (ca. 250 km) braucht der Zug gute 10 Stunden. Die Strassenverhältnisse sind meistens haarsträubend, besonders in Grenznähe. Leute mit schwachem Magen sollten dringendst Medikamente gegen Reisekrankheit mitnehmen. Busse gibt es reichlich und fast überall hin. Die meisten sind alte Ikarusse. Es verkehren auch sogenannte marshrutkas – das Pendant zum türkischen Dolmuş. Diese Sammeltaxis kosten im Stadtbereich meist 50 Tetri bis 1 Lari, zwischen den Städten sind sie zwar schneller aber auch teurer als Busse.

Angesichts der komplexen Sicherheitslage in Georgien (v.a. Nahe Abchasien, Tschetschenien, in Swanetien und Südossetien etc.) und der Tatsache, dass auch in Tbilissi selten zwar aber immerhin Ausländer entführt werden, mag es eine gute Idee sein, vor der Reise die Infos vom Auswärtigen Amt zu lesen:

http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/laenderinfos/
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Allgemein gesagt, ist Georgien leicht zu bereisen – mit einem leichten Unsicherheitsfaktor, da man als Westlicher sofort auffällt und Touristen sehr, sehr selten sind. Ich jedenfalls hab mich meistens recht sicher gefühlt. Die Leute sind alles in allem wahnsinnig gastfreundlich. In Tbilissi traf ich Leute, die wiederum Taschendiebe trafen – zum Beispiel in der Metro. Gerade in Verkehrsmitteln also besondere Vorsicht. Ich wurde nie übers Ohr gehauen – nicht in Restaurants, Bussen oder sonst wo. Ausländer zahlen auch keine höheren Preise – eine Sache, die nicht in jedem Land selbstverständlich ist. Insgesamt war ich in Georgien nur fünf Tage – auch wenn Georgien ziemlich klein ist, reicht das nicht vorn und nicht hinten. Wer also das Land wirklich erleben will, sollte nach Möglichkeit länger bleiben.

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