Batumi

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Batumi ბათუმი

Tag 4: Trabzon – Batumi. Hier geht die Reise weiter: Tag 5: Tbilissi

Aufstehen um 6:30 – nicht urlaubsgerecht, aber wir hatten viel vor. Nach einem kurzen Frühstück im Foyer auf zum Busbahnhof und ab halb neun mit einem kleinen Bus immer entlang der Küste nach Hopa. Dort um 12 angekommen, suchten wir gleich einen Bus nach Sarp an der Grenze, aber wir fanden nur einen Minibus. Der fuhr erstmal zu einer Tankstelle, zurück zum Busbahnhof, wieder zur Tankstelle usw. Irgendwann waren endlich genug Passagiere da und er fuhr los. Die Küste mit den bis ans Meer reichenden Bergen und den zahlreichen Buchten ist wirklich sensationell. Bis Sarp sind es 17 km, die Strasse ist so gross und modern wie eine Autobahn – nur völlig ohne Verkehr. Gegen ein Uhr stoppte das Dolmuş hinter einem Tunnel – direkt vor der Grenze.

Schwarzmeerküste nahe Hopa
Schwarzmeerküste nahe Hopa

Die sah unübersichtlich und verlassen aus. Irgendjemand zeigte uns aber den Weg. Die Ausreise aus der Türkei ging schnell. Dann ging es zu Fuss zur georgischen Seite. Station eins: Ein schwer bewaffneter russischer Soldat will unsere Pässe sehen und fragt auf Russisch, wo es hingehen soll. Martialisches Auftreten aber nett. Zweite Station: Ein sehr gut englisch sprechender Mann am Schalter kontrolliert unsere Pässe und fragt nach unserem ersten Eindruck von Georgien. Blöde Frage – sind ja erst 50 m im Land. Ansonsten sehr nett. Dachte ich. Dann plötzlich „3 Dollar“ pro Person. Wofür??? fragte ich. Für Computer lautete die Antwort. Und druckte eine Quittung aus. Offizielles Bestechungsgeld. Wie wir später erfahren haben, zahlt das wirklich jeder. Dritte Station: Eine nette Frau daneben, die die Pässe stempelt. Gottseidank hat sie das richtige Visum gestempelt… Vierte Station: Zoll. Formulare gabs nur auf Russisch und Georgisch. Flugs ausgefüllt, und keine Probleme – auch keine Gepäckkontrolle. Fünfte Station: Man deutet uns an, in ein Gebäude zu gehen. Dort sitzt eine dicke, haarige Frau und kontrolliert nochmals unsere Pässe. Funktion? Keine Ahnung! Dann heisst es „1 Dollar pro Person“. Aufgrund unserer heiklen Doppelvisa gebe ich ihr das Geld – aber nur einen Dollar für uns zwei. Und es reicht ihr. Später unterhalte ich mich mit anderen Backpackern, die natürlich die gleiche Frau vor sich hatten. Das Bestechungsgeld bei ihr nannten wir schliesslich „fat hairy woman toll“. Sechste Station: Soldaten am Tor. Bevor sie das Tor öffnen, wollen sie 5 Dollar. Ich sagte auf Russisch „Nichts da! Der Botschafter sagte, dass ist nicht nötig“. Der Soldat grinst nur und öffnet das Tor. Geht doch…war doch gar nicht so schlimm.
Noch bevor wir Geld tauschen können, werden wir zu einem Sammeltaxi, hier Marshrutka (nach dem deutschen Wort „Marschroute“) genannt, geschoben. Preis bis Batumi pro Person: Ein Dollar. Ist bestimmt sonst billiger, aber da wir noch kein georgisches Geld haben, willigen wir ein – ein Dollar ist ja auch nicht so extrem teuer. Erster Eindruck: In Georgien gibt es unendlich viele Kühe, und die haben eine stoische Ruhe. Sie lungern am Strassenrand herum, direkt auf der Strasse, in den Vorgärten – selbst am Strand. Ein Besitzer ist in der Regel nicht in Sicht, so dass ich mich fragte, wie die Leute ihre Rindviecher wiederfinden. Die Strassen sind sehr schlecht, und die Häuser sehen allesamt sehr russisch aus. Alles ist ein bisschen marode und verlassen – manchmal aber auch auf liebenswerte Art marode. Nach einer ganzen Weile kamen wir auf einem belebten Platz in der Stadt Batumi an. Das also ist Georgien – oder besser gesagt die Autonome Republik Adjarien – eine Republik mit einer eigenen Polizei und Paramilitär und einem Despoten, der wohl von der Bevölkerung sehr veehrt wird. Und viel Korruption und Vetternwirtschaft. Aber diese Dinge sieht man als Durchgangsreisender natürlich nicht so ohne Weiteres.

Nun stehen wir da und wissen nicht, wo wir sind. Die Strassenschilder, so vorhanden, sind leider nur auf Georgisch. Sieht aus, wie der zentrale Platz, aber wenn ich mir den Stadtplan im Lonely Planet ansehe, sieht der ganz anders aus…Jemand bemerkt, dass wir ziemlich verdattert dastehen. Und schickt sich an, uns zu helfen. Und zwar zwei Taubstumme! Sie scheinen mit dem Plan nichts anfangen zu können und gestikulieren wild. Ein weiterer gesellt sich hinzu. Da die Strassennamen in dem kleinen Stadtplan (Neueste Ausgabe!) oft nicht mehr stimmen, kommen wir nicht wirklich weiter, also frage ich einfach nur, wo der Hafen ist. Also doch da. Wir lösen uns aus dem Pulk und gehen Richtung Wechselstube. Eine bildhübsche, blonde junge Frau (Du bist doch bestimmt Model, oder!?) fragt uns mit einem Lächeln, ob wir klar kommen. Ich antworte auf Russisch, dass wir, bis auf die Tatsache, dass wir nicht wissen, wo wir sind, sehr gut klar kommen. Sie grinst und sagt „Na in Batumi, Georgien!“. Ach was. Sie versucht uns dann aber doch zu helfen, und ein weiterer, lustiger dicker Mann kommt hinzu und bringt endgültig Licht ins Dunkel. Wir unterhalten uns ein bisschen über Deutschland, und ich frage ihn, ob es seine Wechselstube sei. So können wir bei ihm gleich Geld wechseln. Der Mann ist wirklich sehr, sehr nett. Kaum haben wir Lari in der Hand, kommt ein bettelndes Kind, und draussen werden es immer mehr. Sie zerren sogar an unseren Sachen und umkreisen uns wie Satelliten. Erst ignoriere ich sie, dann sage ich „Geht nach Hause!“, aber es dauert eine ganze Weile, bis wir sie los sind.

Wir haben viel Zeit, bis der Nachtzug nach Tbilissi fährt, also gehen wir Richtung Strand. Viele schöne Häuser säumen den Weg dorthin, und ich beginne, diese Stadt für ihre Atmosphäre zu mögen. Bald kommen wir an einen Platz mit einem schönen Theater. Das photographiere ich, und sogleich kommen bewaffnete Männer mit schwarzen Uniformen auf mich zu und erklären, dass hier photographieren verboten ist. Von diesen Uniformierten sollen wir an diesem Tag noch sehr viele sehen.

Oriental Store - Der Orientalische Laden in Batumi
Oriental Store – Der Orientalische Laden in Batumi

Unterwegs kommen wir an einem wunderschönen Laden vorbei, dessen Interior sehr beeindruckend ist (siehe Photo). Dieser nennt sich „Orientalischer Laden“ und verkauft schlicht und einfach Lebensmittel. In Strandnähe kommen wir endlich zum Essen. Es gibt kein Menü, also belassen wir es bei den Pelmeni genannten, typisch russischen Teigtaschen. Zu zweit zahlen wir für alles mit Kaffee und Cola 13 Lari. Die Strandpromenade mit dem breiten Park davor ist wunderschön. Wir spazieren den Strand entlang und quer duchr die Stadt und beschliessen, zum Bahnhof zu fahren, um Fahrkarten zu holen. Der Bahnhof heisst Makhinjauri, was wohl „Häßlich“ bedeutet. Er liegt gleich am Strand, gute 5 Kilometer nördlich vom Stadtzentrum entfernt. Zahlreiche Busse und Marshrutkas fahren dorthin.

Bahnhof!? Ja, da steht ein Zug! Und davor eine Reihe von Imbissbuden. Und ein winziges Häuschen, an dem ein Fahrplan hing. Das wars…Gleich kam einer der Schaffner auf uns zu und fragte, ob wir schon Fahrkarten haben. Nein, sage ich, und er sagt „Braucht ihr nicht!“. Er führt uns zu einen der blau-weissen, typisch russischen Wagen und zeigt uns ein 2-Personen-Schlafwagencoupé. Pro Person 20 Lari. Später merken wir, dass es sein Dienstabteil ist und er so also ein paar Lari dazuverdient. Aber warum auch nicht, das Abteil ist so gut wie die anderen. Der Schaffner sagt, wenn wir zum Strand wollen, brauchen wir nur durch den Garten hinter dem Zug zum Strand zu gehen. Das machen wir auch, und eine Frau kommt aus einem Häuschen und schimpft wie ein Rohrspatz. Doch ein Privatgarten… Wir sagen, der Schaffner sagte das sei in Ordnung, und sie flucht und schimpft im breitesten Russisch, lächelt uns aber anschliessend an und entlässt uns zum Strand.

Markt in Batumi...Willkommen im Königreich Achara
Markt in Batumi…Willkommen im Königreich Achara

Auch am Bahnhof und der Strasse dorthin – überall Kühe. Da wir viel Zeit haben – der Zug fährt erst um 22:15 – fahren wir zurück zum Zentrum, schauen uns den Rest des kleinen Zentrums, die Kirchen und den lebhaften aber sehr ärmlichen Markt an und nehmen ein Bad im Schwarzen Meer…gleich hinter dem Zug. Der herrliche Sonnenuntergang stimmt uns aber skeptisch…August, abends halb acht schon Sonnenuntergang…das ist aber früh. So komme ich auf die Idee, die Uhrzeit zu überprüfen – vielleicht gibt es ja einen Zeitunterschied zur Türkei. Und tatsächlich – zwei Stunden! Es ist nun schon kurz vor 10! Und wir haben kein Abendbrot. Schnell kaufen wir etwas zu trinken, etwas Brot und zwei halbe Hühner. 5 Minuten nach dem Einsteigen fährt…nein, rollt… der Zug los – und zwar zu früh. Höchstgeschwindigkeit bestimmt unter 30 km/h. Und es rumpelt und wackelt gewaltig. Zudem hält der Zug an jedem Baum. An einem Baum…äh Bahnhof…stürmen hunderte Menschen den Zug und es wird sehr laut. Deshalb schliessen wir uns einfach im Abteil ein und schlafen irgendwann…

 

An- & Abreise

  • Von Trabzon nach Hopa fahren mehrmals am Tag Busse, sie brauchen gute drei Stunden und kosten etwas mehr als 4 €.
  • Vom kleinen Busbahnhof fahren manchmal auch Busse nach Sarp; Sammeltaxis (Dolmuş) fahren aber häufiger. Die Fahrt dauert etwa eine halbe Stunde und kostet ca. 1.50 €.
  • Am georgischen Grenzübergang warten Taxis und Marshrutkas (siehe Info’s zu Georgien). Die Marshrutkas kann man auch in Dollar bezahlen – kostet 1 Dollar pro Person. Normaler Preis ist wohl ein Lari. Die Marshrutkas fahren direkt ins Zentrum zum Tbilisis Moedani.
  • Ich habe erfahren, dass man, so man mit einem Bus über die Grenze fährt, gut an der Grenze abkassiert wird. Zu Fuss hält sich das in Grenzen, man kann einfach „Nein“ sagen. Es ist billiger und auch interessanter, mit dem Bus zur Grenze zu fahren und hinter der Grenze mit anderen Bussen oder Marshrutkas weiterzufahren!
  • Einmal pro Tag fährt ein Zug von Batumi nach Tbilissi. Platz im Schlafwagen um die 20 Lari. Abfahrt ist 22:15, aber man sollte eine halbe Stunde eher erscheinen. Ankunft in Tbilissi kurz vor 7 Uhr morgens. Im Zug gibt es kein Wasser und erst recht keinen Speisewagen. Bettzeug kann extra kosten.

Unterkunft

  • Im Zug. Das Geschüttele und die monotonen Geräusche sorgen für schnellen Schlaf…

2 COMMENTS

  1. @Tatia Späte Antwort, aber besser als nie… das war 2003, also schon eine Weile her. Es hat sich sicher viel geändert, nehme ich an.

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