Albanien (Shqipëria) – Allgemeines, Reisetipps, Historisches und mehr

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    Allgemeines

    Landesname

    Republika e Shqipërisë (wörtl.: Albanische Republik). Die Kurzform lautet Shqipëria (Albanien). Der Name an sich leitet sich vom Wort „Shqiptonjë“ ab – das bedeutet „Adler“. Albaner bezeichnen sich quasi selbst als die Adlersöhne. Spätestens seit Karl May ist deshalb auch in Deutschland der Begriff Shkipetaren geläufig.

    Eigentlich überall ausserhalb Albaniens ist das Land unter dem Namen „Albanien“ bekannt. Das stammt von dem einstigen Illyrerstamm der Albanoi ab. Ob das wiederum vom vorkeltischen Wort „Alb“ (daher auch „Alpen“), vom indogermanischen „alb“ (weiß, daher auch „Albino“) oder woandersher kommt, scheint nicht ganz klar zu sein. Im Mittelalter war der Begriff „Illyrien“ mehr verbreitet.

    Fläche & Bevölkerung

    Anklickbare Karte von Albanien

    28’748 km² (etwas kleiner als die Mark Brandenburg).

    3,563 Millionen * (2005, geschätzt); eine Millionen mehr als in Brandenburg. Tendenz steigend, obwohl immer noch viele auswandern. Mindestens genauso viele Albaner wohnen im Ausland – namentlich in Kosova, Mazedonien, Griechenland, Deutschland, Italien, USA usw.

    Albanien hat eine der homogensten Bevölkerungen Europas. Allerdings scheint es keine jüngeren Zensusergebnisse zu geben. Geschätzte 95% sind ethnische Albaner, des weiteren gibt es griechische (im Süden), mazedonische (am Prespa-See) und andere Minderheiten wie Vlachen, Serben und Roma.

    Religion

    Auch hier gibt es keine zuverlässige Zahlen. Bis 1990 war die Religionsausübung strikt verboten; Albanien war der einzige offiziell atheistische Staat. Neuere Schätzungen ergeben folgendes: Moslems: 70%, Albanisch-Orthodoxe: 20%, Römisch-Katholisch: 10%.* Das Christentum ist wohl momentan im Aufwind. Für Viele scheint die Religion keine grosse Rolle zu spielen. Verschleierte Frauen sieht man so gut wie gar nicht, es gibt Schweinefleisch und Alkohol usw.

    Zeitzone

    wie Deutschland. Auch mit Sommerzeit.

    Sprache

    Albanisch, welches eigentlich Shqip heisst. Albanisch zählt zur indoeuropäischen Sprachfamilie, aber es bildet eine eigene Untergruppe, zu der nur Albanisch zählt. Allerdings weist Albanisch hilfreicherweise viele Fremdwörter auf – vor allem aus dem Lateinischen, aber auch aus dem Griechischen, Türkischen und slawischen Sprachen.

    Im Albanischen gibt es zwei Geschlechter (männlich und weiblich), eine sehr komplexe Pluralbildung, bestimmte und unbestimmte Grundformen, keinen echten Verbinfiniv usw. Eine Besonderheit ist die Reihenfolge: Während in den meisten europäischen Sprachen gilt: (Artikel) + Adjektiv + Substantiv, heisst es in Albanien Substantiv + Artikel + Adjektiv, z.B. malet e larta (Berge-die-hohen). Auch bei Ortsnamen gibt es zwei Grundformen, die beide benutzt werden: z.B. sind Kukës und Kukësi (das Kukës) korrekt.

    Es gibt zwei Hauptdialekte, wobei sich diese Unterteilung auch kulturell und politisch auswirkt. Im Norden und im Kosovo (albanisch: Kosova) spricht man Gegisch (Gheg), im Süden Toskisch (Tosk). Ein Dialekt des Toskischen gilt heute per Gesetz als Standardsprache. Einen wesentlichen Unterschied stellen Nasallaute dar, die es im Toskischen so nicht gibt. Viele Gheg-Sprecher fühlen sich von den Tosken benachteiligt (das versicherten mir jedenfalls einige Nordalbaner).

    Seit 1908 werden ausschließlich lateinische Buchstaben benutzt (vorher mal Arabisch, mal Griechisch). Praktischerweise wird genau so gelesen, wie geschrieben wird – mit einer Ausnahme (ë). Betont wird oft, aber nicht immer die vorletzte Silbe. Es gibt nur zwei diakritische Zeichen, aber auch wichtige Buchstabenkombinationen (die als eigener Buchstabe gewertet werden) und weitere Buchstaben, die anders als im Deutschen gelesen werden:

    • C (c) wird wie das deutsche „z“ gelesen.
    • Ç (ç) wird wie „tsch“ in [ Kutsche ] gelesen.
    • Dh wird wie das stimmhafte enlische „th“ ( ð ), also wie in [ that ], gelesen.
    • Ë (ë) wird wie ein schwa ( ə ), also wie das [ e ] in [ Blume ] gelesen. Exotischerweise gibt es das aber auch als stimmhafte Variante, was ähnlich dem [ ö ] gelesen wird. Am Wortende wird es oft gar nicht gelesen. Auch bei Wörtern wie [ Kukës ]: Man sagt nur [ Kuks ].
    • Gj ähnlich dem englischen [ j ] ( ʤ ) in [ jet ].
    • Q (q) klingt ein bißchen wie ein [ tch ].
    • Th wie das stimmlose englische [ th ] ( θ )
    • X (x) Oft benutzt, wird gelesen wie ein [ ds ]
    • Xh wird wie ein stimmhaftes [ dsch ], z.B. wie in [ Gin ], gelesen. Klingt aber etwas weicher als das [ gj ], so zumindest mein Eindruck.
    • Y (y) wird stets wie ein deutliches [ ü ], z.B. wie in [ über ], gelesen.
    • Zh ist dem [ xh ] ähnlich, aber wesentlich weicher – ähnlich dem zweiten [ g ] in [ Garage ].

    Einige Wörter sind leicht erkennbar (z.B. heisst Bahnhof auf Albanisch „Stacioni Trenit“), andere wie [ ju lutem ] (…,bitte!) oder [ Lamtumirë ] für [ tschüs ] kommen einem erstmal, nun ja, Albanisch vor. Englisch ist wenig hilfreich – zumindest ausserhalb der Hauptstadt. Wesentlich hilfreicher sind Italienisch und Deutsch.

    Reiseinfos

    Vorwort

    Je weniger man über einen Ort hört, desto reizvoller erscheint er mir. Und Albanien gehört, zumindest in Europa, definitiv zu diesen Orten. Eine Reise nach Albanien war schon immer geplant, aber erst 2005 kam ich wirklich dazu. Um das Bild vom Balkan ein klein wenig zu erweitern. Und die Reise hat sich gelohnt – es ist wahrhaftig ein faszinierender Ort mit sehr netten Bewohnern.

    Visa

    EU-Bürger und die meisten anderen Nationalitäten auch benötigen kein Visum – der Reisepass reicht. Allerdings wird bei der Einreise eine Gebühr von € 10 erhoben – zu zahlen sofort und in Euro. Man sollte nicht darauf bauen, dass die Grenzer wechseln können. Bei der Ausreise wird ebenfalls eine Gebühr von 10 Euro fällig – aber nur pro Fahrzeug. Wer anderweitig ausreist, zahlt nichts. Wie überall sollte der Pass noch mindestens drei Monate gültig sein.

    Geld & Kosten

    Die albanische Währung nennt sich Lek (Plural: Lekë), aber auf den Scheinen steht nur noch „Leke“. Der Lek ist seit etlichen Jahren äusserst stabil, die Inflation scheint sehr gering zu sein.

    Neuer albanischer 100 Leke-Schein
    Neuer albanischer 100 Leke-Schein

    Der durchschnittliche Kurs liegt bei ca. € 1 = 120 Leke. Es gibt Münzen zu 5, 10, 20 und 50 Leke sowie Banknoten zu 100, 200, 500, 1000 und 5000 Leke. Zumindest vom 1000 Leke-Schein gibt es zwei Versionen: Eine von vor 1995 (riesengross, passt in kein Portemonnaie) und eine neuere. Beide sind gültig, aber der ältere scheint langsam ersetzt zu werden. Die Ein- und Ausfuhr albanischen Geldes ist verboten. Das bedeutet auch, dass man ausserhalb Albaniens kein albanisches Geld bekommt.

    Es gibt Geldautomaten, die alle gängigen Kreditkarten, Maestro und Cirrus akzeptieren. Allerdings sind die noch sehr selten gesät. Wechselstuben gibt es ausserhalb der Hauptstadt ziemlich selten. In der Provinz ist man gelegentlich auf Hotels angewiesen – mancherorts mangelt es an (geöffneten) Banken.

    Preise

    Albanien ist freilich im Durchschnitt sehr billig. Allerdings gibt es noch (?) wenige Reisende und damit ein mangelndes Angebot. In der Provinz ist man z.B. gelegentlich mangels Alternativen auf ein Hotel angewiesen, das 30 Euro pro Nacht kostet. Andererorts bezahlt man dann eben nur 5. Essen kann man für 1 bis 3 Euro. Ein guter Espresso, und den gibt es witzigerweise selbst im kleinsten Provinzcafé (erneute Invasion Italiens!?) kostet ab 40 Leke aufwärts. Bei den Transportmitteln variiert der Preis stark – je nachdem, ob man mit dem Zug (tren, am billigsten), dem Bus (autobus, etwas teurer), dem Minibus oder einem Taxi fährt. Eine Fahrt mit dem Minibus von der Hauptstadt nach Shkoder zum Beispiel kostet 300 Leke. Grob überschlagen sollte man mit mindestens 20 Euro pro Tag rechnen – es sei denn, man ist in einer Provinzstadt mit sehr begrenzten Übernachtungsmöglichkeiten.

    Anreise

    Mit Bus, Flugzeug oder Schiff. Es gibt direkte Flugverbindungen von Deutschland, Österreich usw. Mangels Nachfrage ist die Auswahl aber vergleichsweise gering. Ansonsten ist die günstigste Variante, zumindest im Sommer, wahrscheinlich ein Flug nach Kerkyra (Korfu) in Griechenland. Von dort ist es nur ein Katzensprung nach Sarandë in Südalbanien – es fahren Fähren. Asserdem gibt es zahlreiche weitere Fährverbindungen, die meisten von Durrës nahe der Hauptstadt nach Italien – z.B. nach Bari und Ancona.

    Natürlich gibt es direkte Busse von Deutschland und anderswo, aber dies dürfte die anstrengendste Variante sein. Albanien ist nicht an das internationale Schienennetz angeschlossen. Zwar gibt es eine Trasse von Podgorica in Montenegro nach Shkodër, aber die wird ausschließlich von Güterzügen benutzt. Ansonsten gibt es direkte Busse von Griechenland, dem Kosovo (z.B. von Prizren nach Tirana, drei Busse am Tag, Fahrpreis € 15, Abfahrt 7 Uhr, 8 Uhr und 21 Uhr ab Prizren), Mazedonien, Montenegro und sogar Minibusse von Dubrovnik.

    Grenzübergänge

    Es gibt zwei Grenzübergänge nach Montenegro: Der grössere von beiden heisst Han i Hotit zwischen Shkodër und Podgorica nördlich des Scutari-Sees, der kleinere ist der bei Muriqan zwischen Shkodër und Ulcinj.

    Zwei Grenzübergänge gibt es zum Kosovo, wobei der Übergang bei Morine zwischen Prizren und Kukës am praktischsten ist – nicht nur wegen der Nähe zu grösseren Städten, sondern auch wegen der guten Strassen dorthin. Weitere Übergänge sind angeblich in Planung.

    Nach Mazedonien gibt es drei Übergänge. Zwei davon liegen am Ohrid-See. Am praktischsten dürfte wohl der Übergang zwischen Pogradec und Sveti Naum sein, da zumindest von der mazedonischen Seite reguläre Linienbusse zur nächsten Stadt fahren.

    Es gibt auch mindestens drei Übergänge nach Griechenland, wobei diese Zahl noch erhöht werden soll.

    Essen und Trinken

    Nicht ganz überraschend bietet Albanien die typische Balkan-Nahrung: Viel gegrilltes Fleisch. Darunter viel Hammel- und Lammfleisch. Mish qengji ne furre z.b. ist im Ofen geschmortes Lammfleisch und durchaus empfehlenswert. Der osmanische Eninfluss ist bei Gerichten wie shish qe bab (Schisch Kebab, Schaschlik) oder Qofte (Köfte, scharf gebratene Buletten) unverkennbar. Salate und anderes gibt es auch, als Beilage gibt es am häufigsten bukë (Brot) aber auch schon mal Kartoffeln (bwz. Pommes Frites) und/oder Bohnen. Wem das zuviel Fleisch ist, kann auch Spaghetti mit Butter bestellen – das wird mit ein bißchen Käse bestreut, ist sehr schlicht aber auch lecker. Ansonsten sind italienische Restaurants inkl. Pizzerien schwer im kommen.

    Und wenn der Ort noch so heruntergekommen aussehen mag: Es gibt überall authentischen Espresso. Aus hochmodernen Espressomaschinen. Bier gibt es auch – das verbreitetste nennt sich Birra Tirana. Gibt es aus der Flasche und vom Fass. Letzteres war ungeniessbar, aber das kann auch an mangelnder Reinigung oder Überlagerung gelegen haben. Allgegenwärtig ist das lokale Feuerwasser genannt Raki – in der Türkei ein Anisschnaps, kennzeichnet es in Albanien jegliche Form von Gebranntem. Eine Besonderheit ist der Raki Mani, gebrannt aus Maulbeeren. Wer den probiert, sollte mit Alkohol vertraut sein: Jener hat um die 80% (zumindest der, der mir serviert wurde). Natürlich mangelt es in Albanien nicht an Cola, Limonaden und Mineralwasser.

    Nach Kroatien Nach Bosnien-Hercegovina Nach Montenegro Nach Kosovo Nach Mazedonien Nach the poor town Shkoder with its splendid fortress Nach Kukes in seiner grandiosen Umgebung In die Hauptstadt Tirana Zurück zur Startseite von Tabibito.de

    Geographie

    Albaniens Topographie, Natur und Klima

    Berge dominieren in Albanien
    Berge dominieren in Albanien

    Zwar ist Albanien nur so groß wie die Mark Brandenburg, doch das mag man kaum glauben, wenn man das Land von Ost nach West durchquert – Berge dominieren, und es dauert etliche Stunden, 100 km zurückzulegen. An der Küste sieht es anders aus. Das Land wird im Norden, Süden und Osten vom Dinarischen Faltengebirge geprägt – dazu zählen die Bjeshkët e Namuna (auch: Albanische Alpen) im Nordosten, mehrere kleinere Gebirgsketten im mittleren Teil Ostalbaniens sowie das nach Griechenland reichende Epirus-Gebirge im Südosten. In all diesen Gebirgen findet man zahllose Berge, die die 2000 m überragen. Den höchsten Berg des Landes, den 2,764 m hohen Maja e Korabit (Mazedon.: Golem Korab), teilt sich das Land mit Mazedonien. Im Westen, entlang der gut 350 km langen Adriaküste, erstreckt sich eine rund 200 km lange, aber nur maximal 60 km breite Schwemmebene, zum Teil bestimmt durch Sümpfe und Lagunen.

    Die Topgraphie erlaubt Stromgewinnung aus Wasserkraft. Zu diesem Zweck wurde z.B. der Drin auf weiten Strecken aufgestaut. Der Drinit të Zi (Schwarzer Drin) kommt vom Ohrid-See, der Drinit të bardhë (Weißer Drin) aus Montenegro. Beide fliessen bei Kukës zusammen und werden ab dort aufgestaut. Wie die meisten anderen albanischen Flüsse auch, münden sie schließlich in die Adria. Albanien hat zudem Anteil an den drei grössten Seen des Balkans: Den Liqeni i Shkodrës (Schkodra bzw. Skutari-See) im Nordwesten sowie den Liqeni i Ohrit & Liqeni i Prespa (siehe Ohrid) im mittleren Osten.

    Rund ein Drittel des Landes ist bewaldet – hauptsächlich die Bereiche zwischen den Bergkämmen und der Küste. Das Klima im Westen des Landes ist mediterran, also sehr warm im Sommer und mild und feuch im Winter. Nach Osten hin wird es zunehmend kontinentaler. Natürlich wird es mit zunehmender Höhe kälter. Schnee in den Bergen ist damit keine Seltenheit.

    Geschichte

    Geschichte – kurzer Überblick

    Natürlich ähnelt die Geschichte Albaniens der der umliegenden Länder bis weit in die Neuzeit. Nur die Hauptakteure sind etwas anders. Besiedelt wurde der gesamte Balkan inklusive Albanien zunächst von den Illyrern. Griechen gründeten zudem Kolonien wie z.B. Butrint oder Appolonia entlang der Küste. Im 3 Jhd. v.u.Z. begannen die Römisch-
    Illyrischen Kriege, infolgedessen Albanien ins Römische Reich eingegliedert wurde. Grund war das starke Illyrerreich unter Königin Teuta rund um das heutige Shkodër. Zusammen mit benachbarten Gebieten bildete Albanien schliesslich die Provinz Illyrien.

    395 u.Z. kam es zur Teilung des Römischen Reiches. Der Norden des heutigen Landes ging dabei an das Weströmische Reich, der Süden fiel an das Oströmische Reich. Die Folgen sind noch heute sichtbar: Im Norden dominieren bei den Christen die Katholiken, im Süden die Orthodoxen. Nach dem 6. Jahrhundert siedelten sich Slawen in der Region an. Allerdings hatten sie weit weniger Einfluss – die heutigen Albaner sind keine Slawen, sondern stammen direkt von den Illyrern ab (im Gegensatz zu den Mazedoniern). Allerdings zeugen heute slawische Ortsnamen, z.B. Pogradec, von der Besiedlung.

    Von für die Bevölkerung verheerenden Vökerwanderungen und Kreuzzügen blieb Albanien nicht verschont. 1344 geriet Albanien unter serbische Herrschaft, wurde aber nach der Niederlage der Serben 1389 vom Osmanischen Reich vereinnahmt. Teile des Nordens wurden wenig später von Venetien erobert. Eine glanzvolle Rolle spielte der Volksheld
    Skenderbeu (auch: Skënderbeg), der im 15. Jahrhundert zahlreiche Schlachten gegen die Osmanen schlug – und alle gewann. Erst 1478 war der Widerstand gebrochen und ganz Albanien unter osmanischer Kontrolle. Doch gerade das bergige Hinterland war schwer zu kontrollieren. Eine eigene albanische Identität schälte sich mehr und mehr heraus – inklusive der albanischen Sprache.

    Staatsmännische Paranoia: Einer von zahllosen Bunkern
    Staatsmännische Paranoia: Einer von zahllosen Bunkern

    Die Osmanen sollten über 400 Jahre lang bleiben. Viele Albaner flohen zu Beginn nach Italien, noch heute gibt es dort albanische Dörfer, und mehr als die Hälfte der Verbliebenen konvertierten zum Islam. Die Albanische Liga von Prizren versuchte gegen Ende des 19. Jahrhunderts, ein vereintes Albanien zur Unabhängigkeit zu führen. 1912, nach dem Ersten Balkan-Krieg, konnte Albanien endlich seine Unabhängigkeit proklamieren, doch die Größmächte beschlossen 1913, daß Kosova und vorwiegend albanisch besiedelte Gebiete im Nordwesten Mazedoniens
    Serbien zuzuschlagen seien.

    Der deutsche Wilhem Prinz zu Wied wurde Regent des Fürstentums, konnte sich aber nicht durchsetzen. Im Ersten Weltkrieg wurde Albanien teilweise von Österreich-Ungarn, Italien, Griechenland und französischen Truppen besetzt. 1920 fand der für Albanien bedeutende Kongress von Lushnja statt – Albanien wurde wieder unabhängig, doch die Italiener zogen sich nur widerwillig zurück. Chaotische Jahre folgten. Der Nordalbaner Ahmed Zogu wurde 1925 zum Führer des Landes und krönte sich drei Jahre später zum König. Aber schon 1939 okkupierte Italien unter Mussolini erneut Albanien. 1943 folgten die Deutschen. Aber es gab bemerkenswerten Widerstand seitens albanischer Partisanen (und Kollaborateure – in Albanien traf ich auf einen ehemaligen Dolmetscher der Wehrmacht). 1944 konnte sich das Land schließlich aus eigener Kraft befreien.

    Unter den vielen Partisanengruppen gingen die Kommunisten unter Enver Hoxha als stärkste Kraft hervor. Die Opposition wurde ausgeschaltet und Säuberungsaktionen forderten zahlreiche Opfer. Außenpolitisch hielt man sich erst an Jugoslawien, dann an die Sowjetunion unter Stalin und nach dessen Tod an die VR China. Nach Mao’s Tod war es auch damit vorbei. Albanien igelte sich ein. Keiner kam ins Land herein und keiner heraus. Der Geheimdienst hatte das Land fest im Griff. Rund 600’000 Betonbunker wurden überall im Land errichtet, denn man befürchtete eine jugoslawische Invasion (siehe Photo). Die Religion wurde verboten und Kirchen und Moscheen entweder zweckentfremdet oder zerstört. Albanien wurde zu einem vergessenen Land mitten in Europa.

    Enver Hoxha verstarb 1985; beerbt wurde er von Ramiz Alia. 1990 folgte die Wende und der Sturz des Regimes, aber man kam nicht richtig voran. Tausende Albaner flohen Richtung Albanien, viele von ihnen als boat people. 1992 übernahmen die Demokraten unter Sali Berisha die Macht. Der war allerdings nicht sehr erfolgreich und ging deshalb später in die Opposition. 1997 geriet Albanien seltenerweise weltweit in die Schlagzeilen. Durch ein Schneeballsystem verloren mehr als die Hälfte der Albaner ihre Ersparnisse. Es kam zum sogenannten Lotterieaufstand, der auf das ganze Land übergriff. Fast 750’000 Waffen wurden entwendet und das blanke Chaos brach aus. Die OSZE versuchte schließlich mit der albanischen Regierung, die Lage unter Kontrolle zu bringen.

    Seitdem geht es langsam aufwärts. Wirklich langsam. Im Jahr 2005 errang ein Bündnis unter der Führung der Demokraten nach verbissenem Wahlkampf den Sieg – der Gewinner war ein alter Bekannter: Sali Berisha. Viele Nordalbaner scheinen damit nicht glücklich zu sein – die Nordalbaner fühlen sich von den Südalbanern wohl übervorteilt. Fakt ist jedoch, das zum Beispiel Shkodër wesentlich ärmer aussieht als manch andere Stadt in Albanien. Das Land hat noch einen weiten Weg zu gehen, und die Ereignisse im Kosovo waren dabei bestimmt nicht hilfreich.

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