Vietnam – Allgemeines, Reisetipps, Historisches und mehr

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Name

Der offizielle deutsche Name lautet Sozialistische Republik Vietnam, auf vietnamesisch lautet der Name Cộng hoà Xã hội Chủ nghĩa Việt Nam. Die Kurzform lautet Vietnam – und das in nahezu allen Sprachen. Viet bezeichnete einst die Volksstämme der Region, während Nam „Süden“ bedeutet. Der Name als solches tauchte zuerst im 16. Jahrhundert auf und wurde im 20. Jahrhundert schliesslich zum Landesnamen. „Vietnam“ wird häufig im Englischen wie im Deutschen als ein Wort geschrieben, aber man sieht auch sehr häufig die korrektere Schreibweise – „Viet Nam“.

Fläche & Bevölkerung

Anklickbare Karte Vietnams
Anklickbare Karte Vietnams

Vietnam ist mit rund 330,000 km² in etwa so groß wie Deutschland ohne Mecklenburg-Vorpommern oder, um in der Region zu bleiben, rund 10% größer als die Philippinen.

In Vietnam leben rund 90 Millionen Menschen – das sind rund 10 Millionen Einwohner mehr als Deutschland (die Zuverlässigkeit dieser Zahl ist allerdings nicht gegeben, da der letzte Zensus 1999 stattfand). Die Bevölkerungsdichte ist mit rund 280 Menschen pro Quadratkilometer verhältnismäßig gross. Weite Landstriche sind allerdings recht spärlich besiedelt, was bedeutet, dass einige Regionen, zum Beispiel das Mekong-Delta, sehr dicht besiedelt sind. Das Bevölkerungswachstum ist sehr moderat – 2014 lag es bei rund 1,1 Prozent.

Man geht davon aus, dass es insgesamt 54 Volksgruppen in Vietnam gibt. Vietnamesen stellen mit rund 86% den grössten Anteil, gefolgt von ethnischen Chinesen, Thai, Cham, Khmer etc. Erwähnenswert ist an dieser Stelle die hohe Zahl im Ausland lebender Vietnamesen: Geschätzte 4 Millionen Vietnamesen leben ausserhalb des Landes, davon rund 1,8 Millionen in den USA und rund 100,000 in Deutschland.

Religion

Vietnam ist ein sozialistisches Land, und das bedeutet, dass Religionszugehörigkeit bei Volkszählungen keine grosse Rolle spielt und Zahlen damit unzuverlässig sind. Das bedeutet allerdings nicht, dass Religion nicht praktiziert werden darf und wird. Am verbreitetsten ist – seit jeher – der Buddhismus, wobei die Mahayana-Strömung („Großes Fahrzeug“) am häufigsten anzutreffen ist. Aufgrund der kolonialen Vergangenheit gibt es jedoch auch eine grosse Zahl von Katholiken, gefolgt vom Caodaismus – einer in Vietnam „erfundenen“ Religion, die Elemente verschiedenster Religionen vereint und so nur von Vietnamesen praktiziert wird.

Zeitzone

Vietnam hat die gleiche Zeitzone wie Thailand, Westindonesien oder Krasnojarsk – UTC (Greenwich-Zeit) + 7 Stunden. Vietnam ist Mitteleuropa damit 6 Stunden (Winterzeit) und 5 Stunden (Sommerzeit) voraus.

Sprache

Im Gegensatz zu den angrenzenden Ländern schreibt man in Vietnam dieser Tage mit dem lateinischen Alphabet. Das war nicht immer so – bis in die 1920er hinein war es üblich, Vietnamesisch in der Schriftsprache Chữ Nôm wiederzugeben. Dies sind im wesentlichen chinesische Schriftzeichen, wobei jedoch zahlreiche Schriftzeichen hinzugefügt wurden, die es so nur im Vietnamesischen gab. Chu Nom zum Beispiel wird in Schriftzeichen 𡨸喃 geschrieben, aber das erste Schriftzeichen gibt es nur im Vietnamesischen und kann von Chinesen nicht gelesen werden (die Lesung kann jedoch erraten werden). Chinesische Schriftzeichen sieht man noch immer in Vietnam – zum Beispiel in Tempeln.

Vietnamesisch gehört zur austroasiatischen Sprachfamilie und ist im wesentlichen eine Silbensprache. Allerdings wurde die Sprache einem sehr grossen Einfluss von China unterworfen – unter anderem aus diesem Grund gibt es im Vietnamesischen 6 verschiedene Tonlagen bei Vokalen (wie zum Beispiel auch im Kantonesischen). Wie auch im Chinesischen sind Höhe und Verlauf der Tonhöhe sinnentscheidend – es gibt unzählige Wörter, die, so man sie wirklich nur mit lateinischen Buchstaben schreiben würde, exakt gleich geschrieben werden würden – wäre da nicht die Tonhöhe.

Das lateinische Alphabet als solches ist jedoch nicht auf die Wiedergabe verschiedener Tonhöhen ausgelegt – aus diesem Grunde gibt es im Vietnamesischen unverhältnismässig viele diakritische Zeichen. Accent acute (é) und accent aigu (è), ein Punkt unter einem Vokal (), ein Haken über einem Vokal () oder eine Tilde über einem Vokal () geben allesamt verschiedene Tonhöhen/Tonverläufe wieder. Doch damit nicht genug: Es gibt nicht nur die 5 Vokale a/e/i/o/u, sondern auch noch die Vokale ă, â, ê, ô, ơ, ư und y – diese Vokale können ebenfalls allesamt mit den bereits erwähnten accents und anderen diakritischen Symbolen kombiniert werden. Es gibt also 12 Vokale mit jeweils 6 verschiedenen Tonhöhen / Tonverläufen – macht 72 verschiedene Buchstaben allein für Vokale. Dementsprechend entstehen Wörter wie Chữ Nôm (siehe oben) oder Việt Nam. Bei Konsonanten gibt es nur ein diakritisches Zeichen – das đ,aber zahlreiche Konsonanten und Konsonantenkombinationen werden völlig anders ausgesprochen als im Deutschen oder Englischen: So wird gi wie ein weiches „s“, tr wie „tsch“ oder c wie ein „g“ (wie in „gestern“) gesprochen.

Fazit: Was die Aussprache anbelangt, ist Vietnamesisch für Mitteleuropäer ein echter Alptraum. Die richtige Tonhöhe und -dauer zu lernen erfordert sehr viel Ausdauer – doch tut man das nicht, kommt man über ein paar Floskeln nicht hinaus. Da es jedoch unzählige Lehnwörter aus dem Chinesischen gibt, haben es Kenner chinesischer Schriftzeichen ein kleines bisschen einfacher. Das „Nam“ in „Vietnam“ zum Beispiel wird als Schriftzeichen (Süden) geschrieben. Das Zeichen wird im Vietnamesichen Nam, in Mandarin nán, im Kantonesischen naam, im Koreanischen nam sowie im Japanischen nan gelesen – so kann man sich schnell Eselsbrücken bauen, um Wörter zu lernen. Was bei der Tonlage leider nicht weiterhilft…

Mit den Eigenarten der vietnamesischen Sprache haben übrigens auch Vietnamesen zu kämpfen: Die Aussprache der englischen Sprache zum Beispiel ist für viele Vietnamesen eine harte Nuss – und obwohl es zumindest in den Städten viele Vietnamesen gibt, die etwas Englisch sprechen, so ist die Aussprache im Vergleich zu zahlreichen anderen Ländern in der Region für ungeübte Ohren oftmals gewöhnungsbedürftig.

Reiseinfos

Vorwort

Vietnam hat bekanntermassen eine bewegte, leidensvolle Geschichte: Erst stand es unter permanenten Einfluss Chinas, dann wurde es mit brutaler Hand von Frankreich regiert, kurzzeitig von Japan besetzt, und schliesslich nach heftigen Kämpfen diverser Mächte zweigeteilt. In den 1960ern führte die Zweiteilung letztendlich zum hinlänglich bekannten Vietnam-Krieg. Nach der Wiedervereinigung des Landes infolge des Sieges von Nordvietnam wurde das gesamte Land sozialistisch. Und das ist es auch noch heute. Wie auch in China verfolgte man jedoch auch in Vietnam seit den 1980ern eine Politik der wirtschaftlichen Öffnung. Das geschah und geschieht weniger brachial als in der Volksrepublik China, aber Vietnam wird zurecht seit Jahren als einer der Tigerstaaten angesehen. Doch Vietnam ist und bleibt sozialistisch, und wie es aussieht, wird sich das so schnell nicht ändern.

Vietnam hat ausserordentlich viel zu bieten: Von traumhaften Küsten bis hohen Bergen, wuchernden Großstädten bis malerischen Bergdörfern, eine hervorragende Küche und vieles mehr. Allerdings braucht man Zeit, das Land zu erkunden – schliesslich liegen der Norden und Süden des Landes über 1,500 km entfernt.

Visa

Die meisten Nationalitäten benötigen ein Visum für Vietnam – das schliesst auch Deutsche, Schweizer und Österreicher mit ein. So dies nicht ein Reisebüro organisiert, gibt es zwei Möglichkeiten, an ein Visum zu gelangen:

  1. Man sucht die vietnamesische Botschaft im eigenen Land (gern auch woanders, zum Beispiel in Bangkok) auf und beantragt dort ein Visum
  2. Man beantragt online ein sogenanntes visa upon arrival. Das kostet zwischen 15 und 20 US$, und man erhält hernach ein amtlich bestätigtes Schreiben, Dieses muss man dann bei der Einreise nebst gültigem Reisepass und zwei Passphotos beim „Visa upon arrival“-Schalter vorlegen. Nach ein paar Minuten Bearbeitungszeit (das kann freilich schnell länger dauern, wenn schon viele andere Reisende dort warten) bezahlt man schliesslich 45 US$ (Gebühr für ein Visum für einmalige Einreise, gültig einen Monat) und bekommt sein Visum in den Pass geklebt. Man kann die Gebühr in US-Dollar bezahlen.
Vietnamesisches Visum - gültig einen Monat
Vietnamesisches Visum – gültig einen Monat

Geld

Gezahlt wird in Vietnam mit dem đồng (Dong) – das internationale Kürzel für die Währung ist VND und das offizielle Symbol das Zeichen (d mit einem waagerechten Strich unter dem d und quer durch die obere Hälfte), wobei man dieses Symbol kaum antrifft. Ein Dong bestand früher mal aus 10 hào und die wiederum aus jeweils xu, doch diese Einheiten wurden von der Inflation dahingerafft.

200'000 Dong-Schein
200’000 Dong-Schein

Auch Münzen gibt es mittlerweile eigentlich nicht mehr – nur noch Geldscheine in den Einheiten 1’000, 2’000, 5’000, 10’000, 20’000, 50’000, 100’000, 200’000 und 500’000 Dong. Anfang 2015 war ein Euro gut 25’000 Dong wert – was bedeutet, dass der größte Geldschein (500’000 Dong) zwar nach sehr viel klingt, jedoch lediglich 20 Euro wert ist. Aufgrund des niedrigen Preisniveaus kann es allerdings dennoch schwierig werden, mit einem 500’000 Dong-Schein zu bezahlen.

Das Jonglieren mit den grossen Zahlen erfordert anfangs etwas Übung. Hinzu kommt, dass nicht selten aus Bequemlichkeit die letzten drei Nullen weggelassen werden. Wenn man jemanden nach dem Preis fragt, und die Antwort lautet „one hundred“, dann sind damit in Wirklichkeit natürlich 100,000 Dong gemeint. Nach anglo-amerikanischer Sitte wird bei geschriebenen Preisen ebenfalls abgekürzt – mit K. 25 K Dong sind entsprechend 25,000 Dong.

In größeren Städten gibt es reihenweise Geldautomaten, die in vielen Fällen neben den gängigen Kreditkarten auch Cirrus-Karten akzeptieren. Je nach Bank wird eine mehr oder weniger hohe Gebühr fällig. Bei Kreditkarten sollte man vorher schauen, ob der Automat auch wirklich zum Beispiel Visa akzeptiert – etliche Automaten akzeptieren überhaupt keine Kreditkarten oder wenn ja dann nur ausgewählte. Ansonsten kann man auch bei etlichen Banken sowie in vielen Hotels Geld tauschen. Es lohnt sich dabei allerdings, die Kurse und Gebühren zu vergleichen. In etlichen größeren Städten werden mitunter auch US-Dollar akzeptiert – Anfang 2015 rechnete man mit 20’000 Dong pro Dollar.

Abseits der großen Städte kann es schwer sein, einen Geldautomaten zu finden – man sollte sich von daher lieber mit genügend Bargeld ausstatten. Geld tauschen ist ausserhalb von Banken und Hotels auch möglich, aber hier sollte man natürlich Vorsicht walten lassen. Prinzipiell gilt, wie in allen anderen Ländern auch: Wenn das Angebot / der Umtauschkurs zu verlockend klingt, sollte man die Finger von lassen.

Preise

Die Preise liegen in Vietnam auf sehr niedrigem Niveau – vergleichbar mit Thailand oder den Philippinen. In zahlreichen Backpacker-Hostels in Hanoi kann man für ca. 160,000 Dong übernachten. Essen kann man auf der Strasse – für 20’000 Dong und mehr. Eine Fahrt mit dem Bus in und um Hanoi kostet 7’000 Dong (ob man 20 km fährt oder nur einen), ein Taxi kostet um die 14’500 Dong pro Kilometer. Der Eintritt in zahlreiche Sehenswürdigkeiten kostet 20’000 Dong. Man kann trotzdem schnell mehr Geld lassen: In etwas gehobeneren Restaurants kostet ein Hauptgericht meistens 100’000 Dong und mehr. Und: Touristen berechnet man gern schnell etwas mehr. Viele Taxis haben zwar Taximeter, aber die sind nicht selten frisiert. Und da vielerorts Preise nicht ausgeschildert sind, wird auch dort gern etwas mehr verlangt.

Vietnam ist ein Paradies, was Souvenirs anbelangt. Seide und Keramik zum Beispiel sind unschlagbar günstig. Kaffee hingegen erstaunlich teuer. So Preise nicht ausgeschildert sind, lohnt es sich durchaus, etwas zu feilschen. Wenn man jedoch das Gefühl hat, über den Tisch gezogen zu werden, sollte man dies auch kundtun – das klappt in der Regel. Vorsicht bei ungewollten Dienstleistungen wie Schuheputzen oder Verkäufern, die zum Beispiel Süssigkeiten auf der Strasse anbieten („Probieren sie! Kostet nichts!“). In der Regel werden danach – für das vietnamesische Preisniveau zumindest – horrende Summen verlangt.

Wer nicht viel benötigt, in Strassenrestaurants isst und sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegt, kann leicht mit 10 Euro pro Tag zurechtkommen. Man kann aber auch die Kosten schnell auf 100 Euro und mehr hochtreiben – wobei das jedoch in Vietnam schon relativ schwierig ist. Mit 30 bis 50 Euro kann man allerdings sehr bequem leben und reisen.

Anreise

Von Deutschland kann man direkt nach Vietnam fliegen – Vietnam Airlines fliegt vom Flughafen Frankfurt am Main direkt nach Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt. Der Flug dauert gute 11 Stunden. Aus der Schweiz oder Österreich oder anderen Städten in Deutschland muss man mindestens ein Mal zwischenlanden. Es gibt dabei unendlich viele Möglichkeiten – man kann über Paris fliegen oder über Moskau, über Japan, Thailand, Singapur, Südkorea, Dubai, Qatar usw. Hin- und Rückflüge kosten meist um die 700 Euro herum, aber je nach Saison kann es auch etwas billiger oder teurer werden.

Die zwei grossen internationalen Flughäfen sind Tan Son Nhat International Airport bei Ho-Chi-Minh-Stadt sowie Noi Bai International Airport bei Hanoi, wobei der Flughafen von Ho-Chi-Minh-Stadt ab 2020 verlegt werden soll. Die Anbindungen nach Ostasien sind hervorragend, und seit 2004 gibt es sogar Direktverbindungen in die USA.

Im Terminal von Noi Bai (Hanoi Airport)
Im Terminal von Noi Bai (Hanoi Airport)

Vietnam hat Landesgrenzen mit China, Laos und Kambodscha. Mit all diesen Ländern gibt es Grenzübergänge – insgesamt 18 (wobei sich diese Zahl freilich schnell ändern kann). Die meisten Grenzübergänge befinden sich entlang von Strassen, aber es gibt auch einen Grenzübergang für die Schiene: Zwei Mal wöchentlich fährt ein Zug von Hanoi nach Peking. Es gab auch noch eine Direktverbindung mit dem Zug von Haiphong (nahe der Bucht von Halong) bis nach Kunming in China, aber die Verbindung existiert seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Ansonsten bleibt nur der Bus, aber die Fahrten können lange dauern. Eine Fahrt mit dem Bus von Hanoi bis nach Vientiane dauert rund 24 Stunden und kostet rund 30 Euro.

Sehr transparent: Taxipreisausschilderung in Hanoi
Sehr transparent: Taxipreisausschilderung in Hanoi

Im Land kommt man recht gut mit Bussen und Zügen voran, wobei das Bahnnetz nicht sehr ausgeprägt ist. Es gibt eine direkte Bahnverbindung von Hanoi bis HCMC (Ho-Chi-Minh-City) – die Fahrt dauert fast anderthalb Tage. Es gibt verschiedene Klassen im Zug – von Sitzen bis hin zu Schlafwagenabteilen. Für eine einfache Fahrt zahlt man von Hanoi bis HCMC rund 55 Euro (Sitz) bis 90 Euro (Schlafwagenplatz). Aufgrund der grossen Entfernungen entscheiden sich jedoch viele Reisende für das Flugzeug – das Inlandnetz der Vietnam Airlines ist gut ausgeprägt. Zudem gibt es auch noch Überlandbusse, die zum Teil mehr als einen Tag unterwegs sind. In Großstädten kommt man mit Bussen und Taxis voran. Busse sind sehr billig – in Hanoi bezahlt man zum Beispiel pro Fahrt 7’000 Dong – egal, wie weit man fährt. Bezahlt wird im Bus – dort gibt es jeweils einen Kassierer, der übrigens auch dafür verantwortlich ist, Plätze zuzuteilen: Sind mehr Menschen als Sitze vorhanden im Bus, bestimmt der Kassierer, wer aufstehen muss, um älteren Leuten Platz zu machen. Ein sehr löbliches System. Wer einmal das Taxisystem durchschaut hat, kommt auch damit hervorragend herum. Es gibt allerdings sehr viele schwarze Schafe. Ein Taximeter ist noch kein Garant dafür, dass man nicht zu viel berechnet wird. Etliche Taxis fahren mit frisierten Taximetern (sobald man das bemerkt, sollte man aussteigen – oder einen Preis aushandeln – wir entschieden uns einmal für letzteres, und das funktionierte recht gut). Es gibt grössere Taxiunternehmen, wie zum Beispiel Taxi Group in Hanoi – einfach auf solch ein Taxi warten, und man kann sich sicher sein, nicht ausgenommen zu werden.

In Vietnam gibt es zudem viele Cyclo – Fahrradtaxis, bei dem die Passagiere ganz vorn, also vor dem Fahrer, auf einer kleinen Sitzbank sitzen. Das sollte man durchaus mal erleben, aber den Preis sollte man im Voraus aushandeln. Für eine Stunde sollte man mit rund 4 Euro rechnen (im Sommer, wenn es richtig heiss wird, etwas mehr) – aber nur, wenn man allein fährt. Ansonsten wird es etwas mehr. Vor allem in Touristengegenden berechnen Cyclo-Fahrer aber auch gerne wesentlich mehr.

Essen & Trinken

Die vietnamesische Küche als solche ist eigentlich schon Grund genug, das Land zu besuchen: Es gibt sehr viel frisches Obst und Gemüse, Fleisch und Fisch – und Kräuter, die das ganze wundersam abrunden. Von dieser fantastischen Mischung kommt bei den von Vietnamesen zum Beispiel in Deutschland betriebenen Asia-Imbissbuden höchstens ein Prozent an. Soll heissen, wer ein Mal bei einem Asia-Imbiss gegessen hat, weiss leider gar nichts über die vietnamesische Küche. Viele Vietnamesen beginnen den Tag mit einer stärkenden Nudelsuppe namens Phở (Pho) – eine klare Nudelsuppe mit breiten Reisnudeln und Fleisch (oft Rindfleisch), serviert mit frischen Kräutern (das kann zum Beispiel Koriander sein, aber auch andere Kräuter sind üblich und je nach Gegend und Laden unterschiedlich).

Pho-Nudelsuppe mit Quay
Pho-Nudelsuppe mit Quay

Dazu werden Limetten und Chilies gereicht, die man sich optional in die Suppe mischen kann. Pho wird nicht selten zusammen mit quẩy (quay) (gebackene Brotstangen) gegessen. Pho findet man an allen Ecken und Enden – in Restaurants, aber auch in Strassengarküchen – und wer das Gericht nicht probiert hat, war nicht in Vietnam. Nicht überall schmeckt Pho zwangsläufig gut – die Suppe lebt und stirbt mit der Art, wie die Suppe gemacht wird, dem Fleisch und den Kräutern. Es lohnt sich auf jeden Fall, in der Unterkunft nachzufragen, wo Vietnamesen in der Gegend ihr Pho essen. Für eine Schale Suppe zahlt man rund 1 bis 2 Euro umgerechnet.

Sehr zu empfehlen: Frisch gepresste Säfte
Sehr zu empfehlen: Frisch gepresste Säfte

Eine weitere, über die Grenzen Vietnams hinaus bekannte Spezialität sind Gỏi cuốn – „rohe Frühlingsrollen“, bei denen die frischen Zutaten in eingeweichtes Reispapier gewickelt und mit einem Dipp genossen werden. Letzterer ist meist sauer-scharf und mit gehackten Erdnüssen abgerundet. Das schöne an diesem Gericht ist die Schlichtheit: Prinzipiell kann man fast alle Zutaten verwenden, und so lange man das runde, vietnamesische Reispapier zur Hand hat, geht alles ganz einfach. Ich sollte vielleicht jedoch hinzufügen, dass ich die besten Goi cuon in meinem Leben nicht etwa in Vietnam, sondern im benachbarten Laos gegessen habe… Mehr zum Thema Goi Cuon und wie man sie zubereitet siehe hier (Englisch).

Die einstigen Kolonialherren – Franzosen – haben in Vietnam ihren Einfluss hinterlassen, so dass man dort – erstaunlich für diesen Teil der Welt – auch ganz gutes Brot findet. Das kann man zum Beispiel in Form eines Bánh mì, ein vietnamesisches Sandwich, geniessen: Französisches Brot, serviert mit typisch vietnamesischen Zutaten. Normalerweise sehr günstig und sehr schmackhaft. Auch an Süßigkeiten, mal mehr, mal weniger exotisch, mangelt es nicht in Vietnam.

Das schöne am Essen in Vietnam ist die Tatsache, dass die Lebensmittelindustrie als solche noch nicht richtig existiert. Supermärkte gibt es kaum – alles wird frisch auf Märkten eingekauft, kaum etwas ist tiefgefroren, und die meisten Sachen haben keinen langen Weg hinter sich vom Hersteller zum Teller. Die Sachen sind frisch, und das schmeckt man. Restaurants gibt es zwar etliche, vor allem in den Großstädten, doch Garküchen auf der Strasse und fliegende Händler sind noch immer sehr verbreitet. Es ist freilich etwas riskanter für Reisende mit nervösem Magen, dort zu essen, aber da gibt es wesentlich riskantere Länder als Vietnam. Übrigens gibt es in Vietnam auch reichlich Exotisches – in Restaurants und Garküchen gibt es mitunter auch Gerichte, in denen Insekten, Frösche, Schlangen, Hunde usw. die Hauptrolle spielen.

Straßengarküche - gehören einfach zu Vietnam
Straßengarküchen – gehören einfach zu Vietnam

Auch bei Getränken hat Vietnam viel zu bieten. Aufgrund des grossen Obstangebotes gibt es – wie überall in der Region – überall frische Obstsäfte in allen möglichen Variationen. Die üblichen weltbekannten Erfrischungsgetränke gibt es freilich auch. Zudem ist Vietnam berühmt für seinen Kaffee – schliesslich baut man im vietnamesischen Hochland auch Kaffee an. Dieser wird in einer besonderen, einfachen Konstruktion aufgebrüht, ist meistens sehr stark (beinahe schon dickflüssig, ähnlich wie in Laos) und oft mit Zucker oder ähnlichem gesüsst. Vietnamesische Kaffeesorten tragen zudem oft eine an Schokolade erinnernde Note. Vietnam ist sogar nach Brasilien der zweitgrösste Kaffeeproduzent der Welt, aber vietnamesischer Kaffee ist trotzdem kaum ausserhalb des Landes zu finden. Der indonesische Kaffee Kopi Luwak – bestehend aus von sogenannten Fleckenmusangs gefressene und dann halb verdaut wieder ausgeschiedene Kaffeebohnen – ist als solcher ebenfalls in Vietnam zu finden. Dort heisst er cà phê Chồn beziehungsweise auf Englisch Weasel Coffee und ist, wie sollte es anders sein, teurer als üblicher Kaffee. Geschmacklich kann man davon halten, was man will – dem Autor dieser Seiten, seines Zeichens bekennender Kaffeeliebhaber – liegt jedenfalls nicht allzu viel daran, zumal man auch nicht wissen kann, wie der Kaffee wirklich entstanden ist (es gibt mittlerweile auch synthetisch hergestellte Sorten sowie „Katzenkaffee“ aus grösseren Farmen, in denen die Tiere … nun ja, wie Hühner gehalten und gestopft werden.

Hat Substanz: Vietnamesischer Kaffee
Hat Substanz: Vietnamesischer Kaffee

Wie auch im Nachbarland Laos kommen auch in Vietnam Bierliebhaber auf ihre Kosten. Die bekannteste Exportmarke heisst 333 (Ba-ba-ba), aber die sieht man in Vietnam erstaunlicherweise relativ selten. Häufiger sieht man da eher schon Beer Hanoi oder Beer Saigon. Ein besonderes Phänomen ist jedoch Bia hơi – ein leichtes Faßbier mit rund 3% Alkoholgehalt. Bia Hoi ist keine Marke sondern wird in vielen verschiedenen Orten produziert. Aufgrund der meist hohen Temperaturen ist die Leichtigkeit durchaus willkommen und das Bier vom Typ Lager durchaus erfrischend. In Hanoi bezahlt man zudem für ein Glas Bia hoi gerade mal um die 5,000 Dong, also lediglich 20 Cent.

Vietnam produziert auch Rotwein – teilweise wird jener aus einer Trauben-Maulbeeren-Kombination hergestellt. Persönlich habe ich zwei Sorten getestet, und leider waren beide Sorten eher kaum geniessbar. Auch an höherprozentigen Spirituosen mangelt es nicht – so gibt es zum Beispiel verschiedene Variationen von Reisschnapps. Erwähnt werden sollte hier Nep Moi – ein knapp 40%iger Wodka auf Klebreis-Basis, mit dem man interessante Cocktails mixen kann (schmeckt auch pur, aber das muss jeder selbst wissen).

Vietnamesische Topographie, Natur und Klima

Vietnam befindet sich im Osten der Indochinesischen Halbinsel und sieht auf der Karte aus wie ein langgestrecktes „S“. Die Form wird gern als „Bambusstange mit zwei Reisschalen“ beschrieben, und das trifft den Punkt durchaus, da es sowohl im Norden als auch im Süden sehr fruchtbare Flussebenen gibt, in denen unter anderem sehr viel Reis angebaut wird. Vietnam hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von rund 1,650 Kilometern (von Dänemark bis Italien quasi), hat jedoch auf halber Höhe eine Ost-West-Ausdehnung von gerade mal 50 Kilometern. Im gesamten Osten sowie im äussersten Südwesten grenzt Vietnam ans Meer – die teilweise stark zergliederte Küste ist insgesamt rund 3’250 Kilometer lang.

Im Norden grenzt Vietnam an die Volksrepublik China, im Westen an Laos sowie im Südwesten an Kambodscha. Während die Grenze mit Laos mehr oder weniger unumstritten ist, gab es in der Vergangenheit Grenzschwierigkeiten mit Kambodscha sowie sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart offene Dispute mit China. Mehr dazu siehe auch Geschichte Vietnams.

Karstlandschaft im Roter-Fluss-Delta bei Yen Duc
Karstlandschaft im Roter-Fluss-Delta bei Yen Duc

Vietnam kann in mehrere stark ausgeprägte Regionen unterteilt werden. Der Süden wird vom fruchtbaren Mekong-Delta geprägt. Das Delta wächst alljährlich bis zu 80 Meter ins Meer hinaus und liegt maximal 3 Meter über dem Meeresspiegel. Das Delta wird von unzähligen Flüssen durchzogen und ist aufgrund der Topographie ideal für den Anbau von Reis. Im äussersten Süden dominieren hingegen Mangrovenwälder. Der Norden wiederum, von der Hauptstadt Hanoi bis hin zum Golf von Tonkin erstreckt sich das Delta des Roten Flusses – auch dieses Delta wächst rasant – man schätzt, bis zu 100 Meter im Jahr – ins Meer hinaus und ist ideal für den Reisanbau. Die Gegend entlang der Grenze zum nördlichen Nachbarn China wird hingegen von schroffem Bergland dominiert. Dort, im Yunnan-Bergland an der Grenze zu China, befindet sich auch der höchste Gipfel von Vietnam – der 3’144 Meter hohe Fansipan. Jener ist gleichzeitig der höchste Gipfel der gesamten indochinesischen Halbinsel.

Wie alle anderen Länder der indochinesischen Halbinsel auch kämpft man in Vietnam mit dem rasanten Raubbau an der Natur. Weite Teile des Hochlandes im Norden sowie im Zentrum der Insel waren von nahezu unberührten Wäldern bedeckt – diese sind so abgelegen, dass man dort selbst im Jahr 2010 noch eine neue Säugetierart (genannt Saola, eine kleine Rehart) entdeckte. Nun bemüht man sich seit vielen Jahren auch in Vietnam darum, die Natur zu schützen, doch während der Anteil der bewaldeten Fläche in den letzten Jahren zugenommen hat, hat der Anteil von Primärwäldern in erschreckendem Tempo abgenommen. Während es laut Schätzungen der FAO im Jahr 1990 noch rund ca. 4’000 km² Primärwald gab, waren es im Jahr 2010 nur noch weniger als 1’000 km². Nun kann man Wälder wieder aufforsten, doch vor allem in diesen Breiten gilt: Primärwald, sprich ursprünglicher Wald, braucht viele Jahrhunderte, um so zu sein wie er vor dem Eingreifen des Menschens war.

Im Jahr 2015 gab es in Vietnam insgesamt 30 Nationalparks, die insgesamt eine Fläche von 10’438 Quadratkilometer einnehmen – das ist so ziemlich genau die Hälfte von Sachsen-Anhalt. Allein 11 Nationalparks befinden sich dabei im Mekong- oder Roter-Fluss-Delta. Der grösste Nationalpark, der Yok Đôn National Park ist über 1’000 Quadratkilometer gross und befindet sich im südlichen Teil der Landesmitte. Auch in diesem Park spielen Wälder eine grosse Rolle – sowie die zahlreichen vom Aussterben bedrohten Tierarten wie Tiger, Leoparden, Elefanten und so weiter.

Die enorme Nord-Südausstreckung des Landes sowie die enormen Höhenunterschiede sorgen natürlich für sehr verschiedene Klimatypen. Auf den höchsten Gipfel des Landes im Nordosten kann im Winter durchaus Schnee fallen, und die Hauptstadt Hanoi weist grosse Unterschiede zwischen Sommer und Winter auf: Die Durchschnittstemperatur im Januar liegt dort bei ca. 16 Grad, und die Wintermonate sind verhältnismässig trocken. Im Sommer steigt die Durchschnittstemperatur auf knapp 30 Grad, mit ergiebigen Niederschlägen bis zu 300 mm pro Monat (zum Vergleich: In Berlin fallen gerade mal 500 mm pro Jahr). Ganz anders hingegen HCMC (Ho Chi Minh City) im Süden: Die Durchschnittstemperatur liegt dort selbst im Januar bei 26 Grad. Der heisseste Monat ist der April, und die Monate Mai bis Oktober sind extrem niederschlagsreich, während von Januar bis März nahezu kein Niederschlag fällt. Das Klima ist somit subtropisch bis tropisch, wobei man jedoch jeweils die Höhenlage berücksichtigen sollte. Von August bis in den Dezember hinein ist Taifunsaison, wobei es gelegentlich vorkommt, dass ein extrem starker Taifun das Land direkt trifft.

Vietnamesische Geschichte – kurzer Überblick

Vietnam hat eine lange und bis vor wenigen Jahren sehr kämpferische Geschichte hinter sich. Besiedelt ist die Region bereits seit der Steinzeit, und man nimmt an, dass die Menschen im heutigen Vietnam bereits ab dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung wussten, wie man Reis anbaut – damit waren die Vietnamesen zusammen mit ein paar wenigen anderen Völkern in verschiedenen Gegenden der Welt Vorreiter bei der Landwirtschaft. Das erste Königreich des Volkes der Việt hiess Van Lang und wurde um das Jahr 500 vor unserer Zeitrechnung gegründet, und es sollte die nächsten 300 Jahre Bestand haben, was teils der geographischen Lage Vietnams zu verdanken war – jene erschwerte eine Eroberung des Gebietes. Im Jahr 211 v.u.Z. war jedoch Schluss damit – ein General der Qin-Dynastie aus dem heutigen China eroberte grosse Teile des heutigen Vietnams und gründete das Königreich Nam Việt (Nam = Süden, Viet = Name des Volkes). Jenes erstreckte sich vom heutigen Nordvietnam bis hin zur Mündung des Perlflusses (dort befindet sich auch Hongkong). Einerseits handelte es sich dabei um ein vietnamesisches Königreich – andererseits stammte der Herrscher aus China, weshalb sich Historiker nicht ganz einig darüber sind, ob man diese Epoche als Fremdherrschaft bezeichnen kann oder nicht.

Chinesische Schriftzeichen findet man noch immer häufig - vor allem, wenn es um Religion geht
Chinesische Schriftzeichen findet man noch immer häufig – vor allem, wenn es um Religion geht

Im Jahr 111 v.u.Z. eroberte die zunehmend erstarkende chinesische Han-Dynastie das Nam Viet-Reich und läutete damit über 1’000 Jahre chinesische Fremdherrschaft ein. Es kam in den folgenden Jahrhunderten zu einigen bemerkenswerten Aufständen – so zum Beispiel unter der Führung der Trưng-Schwestern im Jahr 40 u.Z. und von Lady Triệu im Jahr 225. Diese Aufstände dauerten zwar jeweils ein paar Jahre an, waren aber letztendlich nicht von Erfolg gekrönt. So blieben weite Teile des heutigen Vietnams Bestandteil wechselnder chinesischer Dynastien. Chinesische Schriftzeichen wurden „importiert“, ebenso der Buddhismus. In der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends wurde das heutige Vietnam 安南 Annan (= „Sicherer Süden“) genannt. Der Name wird auch heute noch für den mittleren Teil Vietnams benutzt. Die vietnamesische Aristokratie hatte sich mit den chinesischen Machthabern schnell arrangiert, und so änderten sich die Verhältnisse kaum. Bis zum Jahr 939 u.Z., als der vietnamesische General Ngô Quyền eine Reihe erfolgreicher Schlachten gegen die Süd-Han-Dynastie mit einem genialen Trick zu einem für Vietnam ruhmreichen Ende führte: Er liess in einem Fluss nahe der berühmten Halong-Bucht Pfähle mit Eisenspitzen in das Flussbett treiben. Bei Flut lagen die Spitzen gerade so unter Wasser. Die Flotte der chinesischen Armee wurde in den Fluss gelockt – und bei Ebbe geradezu aufgespiesst.

Mit kurzen Unterbrechungen blieb Vietnam bis zum Einrücken Frankreichs ab 1858 quasi unabhängig und politisch relativ stabil. Vietnam war zu jener Zeit ein Königreich, stark konfuzianistisch und buddhistisch geprägt, mit dem König als oberste Autorität. Interessanterweise konnten die Posten der lokalen Herrscher nicht vererbt werden – sie wurden jeweils vom König als Ehre an die Nachfolger übertragen. Das Vietnam jener Zeit stimmte nicht mit den heutigen Grenzen überein. Vor allem im heutigen Zentral- und Südvietnam entstanden und verschwanden zahlreiche Königreiche, aber der Nordteil begann ab dem 10. Jahrhundert, nach Süden zu expandieren. Ein grösserer Teil des heutigen Südvietnams blieb jedoch lange Zeit Bestandteil des Königreiches der Khmer.

Im Laufe des zweiten Jahrtausends sollte es häufiger zu einer Spaltung des Landes kommen. So begann 1627 ein langer Krieg zwischen den Trịnh im Norden und den Nguyễn im Süden – unter anderem mit Kanonen aus Portugal, welches ab dem 16. Jahrhundert recht aktive ins südost- und ostasiatische Geschehen eingriff. Beide Seiten konnten den Krieg letztendlich nicht gewinnen, und so war das Land ab 1672 zweigeteilt und wurde zum Spielball europäischer und asiatischer Mächte: So versorgte Portugal zum Beispiel den Süden mit Waffen und Holland den Norden. 1786 kam es zu einer grossen Schlacht zwischen dem Süden und dem damals vom heutigen China unterstützten Norden. Die Schlacht begann mit einem Überraschungsangriff während der für Vietnamesen wichtigsten Feiertagen – den Tết (Tet) Neujahrstagen. Die später gegen die Amerikaner geführte Tết-Offensive hatte somit ein berühmtes historisches Vorbild.

Im Jahr 1858 griff Frankreich erstmals das heutige Vietnam an, aber der erste Angriff im Norden misslang. Man versuchte es erneut nahe der heutigen Ho-Chi-Minh-Stadt und setzte erstmal Fuss in Südvietnam. Die neue Kolonie nannte man Cochinchina. Bis 1887 hatte man auch Nordvietnam erobert. Wenig später kamen das heutige Kambodscha und Laos hinzu – das gesamte Gebiet wurde schliesslich in Französisch-Indochina umbenannt. Die folgenden Jahrzehnte wurden unruhig und läuteten allmählich das Ende des Feudalismus ein. Es gab zahlreiche, zum Teil sehr lang anhaltende Aufstände gegen die Besatzer – zuerst mit dem Ziel, das alte Königreich wiederherzustellen – und später mit dem Ziel, eine neue, unabhängige und moderne Republik zu gründen. Später, in den 1930ern, entstanden die ersten kommunistischen Parteien, die schnell die Fühler Richtung Sowjetunion aus. Die französischen Kolonialherren waren indes nicht zimperlich und liessen zahlreiche Widerstandskämpfer hinrichten. Von Anfang an war Nguyễn Ái Quốc, später bekannt als Ho Chi Minh dabei. 1940 überrannten die kaiserlichen japanischen Truppen das Land, doch Japan liess die Franzosen des Vichy-Regimes vorerst an der Macht.

1945 entstand nach Abzug der Japaner ein Machtvakuum, infolgedessen Ho Chi Minh im Norden die Demokratische Republik Vietnam ausrief. Im Süden Vietnams hingegen wurde 1949 der von den Franzosen und Amerikanern protegierte, quasi-unabhängige Staat Vietnam ausgerufen. 1946 entwickelte sich der Kampf gegen die Kolonialherren im Norden zum Ersten Indochinesischen Krieg, der bis zur Niederlage der Franzosen bei der Schlacht von Dien Bien Phu in Nordvietnam im Jahr 1954 andauerte. Bei der anschliessenden Genfer Konferenz, bei der auch das vorläufige Schicksal Koreas besiegelt wurde, beschloss man die dauerhafte Teilung Vietnams in den von China und der Sowjetunion unterstützten, kommunistischen Norden sowie der von den Amerikanern unterstützten Republik Vietnam im Süden. Beide Seiten gingen wohl nicht gerade zimperlich mit ihren Gegnern um. Eine grosse Landreform und politische Säuberung nach sowjetischem und chinesischem Vorbild kostete Schätzungen zufolge hunderttausenden Menschen im Norden ihr Leben, aber auch im Süden waren politische Gegner ihres Lebens nicht sicher. Nur ein Jahr nach dem Ende des Ersten Indochinesischen Krieges begann so 1955 der Zweite Indochinesische Krieg – wie auch in Korea ein Stellvertreterkrieg zwischen Kommunisten und Antikommunisten, ausgetragen auf dem Rücken der Landesbevölkerung.

Die USA unterstützte den antikommunistischen Süden zwar seit Anfang der 1950er Jahre, aber im 1964 begann die USA, offen in den Konflikt einzugreifen. Auslöser war ein Vorfall im Golf von Tonkin, bei dem ein amerikanisches Kriegsschiff von Torpedobooten Nordvietnams angegriffen wurde. Man begann, massiv amerikanische Truppen an den Kriegshandlungen zu beteiligen. Im Jahr 1968 waren bereits über eine halbe Millionen amerikanische Soldaten im Land. In jenem Jahr versuchte Nordvietnam während der sogenannten Tet-Offensive die Oberhand zu gewinnen – nicht nur an der Front, sondern auch durch Guerilla-Taktiken tief im Innern Südvietnams. Ebenfalls 1968 geschah das Mỹ Lai-Massaker, verübt von amerikanischen Soldaten, bei dem bis zu 500 Zivilisten, Kinder mit eingeschlossen, grundlos niedergemetzelt wurden. Infolgedessen wendete sich die Meinung zum Vietnam-Krieg in Amerika erheblich: Stimmen, den Einsatz zu beenden, wurden lauter. Da ein sofortiger Rückzug jedoch einer Niederlage gleichgekommen wäre, zog man sich etappenweise zurück: Truppen wurden reduziert, und man verlegte sich darauf, die südvietnamesische Armee so zu unterstützen, dass sie die Landesverteidigung selbst bewältigen kann. Diese Taktik sollte man später auch im Irak, Afghanistan usw. verfolgen. 1973 wurde beim Vertrag von Paris beschlossen, den Krieg in Vietnam zu beenden. Ausgehandelt wurde das Abkommen von Henry Kissinger und dem Politbüro-Mitglied Lê Đức Thọ. Beiden wurde aufgrund des ausgehandelten Vertrages im selben Jahr der Friedensnobelpreis zugesprochen – doch Lê Đức Thọ lehnte ihn ab, weil seiner Meinung nach der Krieg noch immer nicht beendet war. Recht hatte er – weniger der Süden noch der Norden hielten sich an den Vertrag.

"Hanoi Hilton" (Hỏa Lò Gefängnis) - hier wurden auch abgeschossene US-Piloten interniert
„Hanoi Hilton“ (Hỏa Lò Gefängnis) – hier wurden auch abgeschossene US-Piloten interniert

Die USA zogen sich 1973 gänzlich zurück aus Vietnam, doch Südvietnam war zu schwach, um dem fortwährenden Ansturm der Kommunisten, sowohl aus dem Norden als auch durch die sogenannten Viet Cong, der kommunistischen Bewegung im eigenen Land, standzuhalten: Saigon fiel am 30. April 1975, und so wurde Vietnam unter kommunistischer Herrschaft wiedervereinigt. Der Zweite Indochinesische Krieg hat tiefe Narben hinterlassen – in Vietnam, aber auch in den USA. Bekannt wurde der Krieg unter anderem auch dafür, dass alle schmutzigen Register gezogen wurden – der Einsatz von Napalm und Agent Orange sind nur zwei Beispiele. Schätzungen über vietnamesische Opfer gehen weit auseinander und reichen von knapp einer Million bis zu 3 Millionen Menschen. Über 50’000 Amerikaner kehrten nicht lebend zurück, und auch die in den Krieg hineingezogenen Nachbarn Laos und Kambodscha hatten hunderttausende Tote zu beklagen.

Selbst nach der Wiedervereinigung kam Vietnam nicht vollständig zur Ruhe. Zum einen stellte sich heraus, dass die sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Nord- und Südvietnam nicht ohne weiteres überbrückbar sind. Zudem litt das Land unter den Folgen des Krieges sowie den Folgen des anhaltenden Wirtschaftsembargos. Als es Ende der 1970er immer öfter zu Übergriffen auf vietnamesische Dörfer durch die Roten Khmer im Nachbarland Kambodscha kam, beschloss Vietnam, der Gefahr ein Ende zu setzen und in Kambodscha einzumarschieren. Vietnam hatte keine grosse Mühe, die Roten Khmer aus Phnom Penh und grossen Teilen Kambodschas zu vertreiben und blieb bis 1979 im Land, wodurch es jedoch noch weiter von der Weltöffentlichkeit isoliert wurde. Der Einmarsch passte auch der Volksrepublik China nicht, die auf Seiten Kambodschas stand, und so kam es zum Sino-Vietnamesischen Krieg. Der Krieg begann mit dem Einmarsch chinesischer Truppen im Februar 1979. Nach knapp einem Monat war er auch schon zu Ende, ohne dass sich irgendetwas geändert hatte, aber trotzdem verloren zehntausende Menschen in diesem Krieg ihr Leben.

Politische Repressalien sowie die desolate Wirtschaftslage veranlassten nach dem Vietnamkrieg hunderttausende Vietnamese, aus dem Land zu fliehen. Die meisten von ihnen versuchten ihr Glück mit dem Boot – vorläufiges Ziel waren Malaysia, die Philippinen, Hong Kong, Singapur usw. Die Flüchtlinge wurden unter dem Begriff boat people bekannt und lösten eine humanitäre Krise aus, da es zum einen sehr viele Flüchtlinge auf einmal waren und zum anderen unzählige Flüchtlinge die Überfahrt nicht überlebten. Zehntausende Vietnamesen flohen in die USA. Es gab zudem einen regen Austausch von Studenten und Vertragsarbeitern zwischen Vietnam und den sozialistischen Brüderländern, allen voran die DDR, wobei es sich bei diesen nicht um Flüchtlinge handelt. Viele Vietnamesen in der DDR verloren nach der Wiedervereinigung in Deutschland ihre Arbeit, und es kam zu unrühmlichen Fällen von seelischer und körperlicher Gewalt gegen Vietnamesen, und doch entschieden sich die Meisten, in Deutschland zu bleiben.

In den 1980ern war Vietnam stark von wirtschaftlicher und militärischer Hilfe aus der Sowjetunion angewiesen. Die Wirtschaft kam nicht in die Gänge, so dass die kommunistische Regierung 1986 beschloss, die Zügel etwas zu lockern. Diese neue Maxime, ganz im Geiste von Perestroika, nannte man Đổi Mới (Doi Moi) und hatte das Ziel, eine sozialistische Marktwirtschaft zu etablieren. Diese Politik, die nun auch Privatunternehmen und eine Abkehr von den grossen Agrargenossenschaften bedeutete, zeigte durchaus Erfolge – Vietnam wurde aufgrund seiner hohen Wachstumsraten oft als Tigerstaat bezeichnet. Das soll jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Vietnam nach wie vor im festen Griff einer einzigen Partei ist. Und obwohl sich das Land mehr und mehr für die Aussenwelt öffnet, gibt es keine Garantie dafür, dass Doi Moi auf Ewigkeiten weitergehen wird.

Mehr zum Lesen: Interessante Links

  • www.visaonlinevietnam.com: Hier kann man sein Visum für Vietnam vorbestellen – geht schnell und kostet 18 Dollar (das Visa selbst kostet dann an der Grenze nochmal 45 Dollar).
  • www.seat61.com/Vietnam.htm: Alles, was man über das Reisen mit der Bahn in Vietnam wissen muss, findet man beim „Man in Seat 61“ (Englisch und nicht nur über Vietnam – eine hervorragende Seite schlechthin, wenn es um Bahnreisen geht).
Nach Macao

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