Reiseberichte

Route:

Berlin?
	Kiew?
		Odessa?
			Simferopol?
				Jalta?
					Dnepropetrowsk?
						Lviv?
							Ushgorod?
								Kosice?
									Olomouc?
										Liberec

Zeit: Sommer 2003

Tag 1: Berlin?Kiew

Der Zug fuhr kurz vor Mitternacht los und war eine �berraschung - ein richtig neuer Zug - nat�rlich in blau-gelb, den ukrainischen Farben, und innen mit einem penetranten T�rkispastell. Drei Betten pro Abteil und wenig Platz. Einzig die "Raucherabteile" an den Enden blieben von den typisch russischen Z�gen. Mit uns im Abteil eine sehr alte Frau, mit der wir aber gut klar kommen. Immerhin schnarcht sie nicht.

Durch Polen geht's z�gig voran - kurz nach 6 in Warschau, wenige Stunden sp�ter in Lublin. Es wird immer l�ndlicher und �rmlicher draussen. Kurz nach 13 Uhr dann die Grenze. Die polnische Grenze - schnell erledigt. Man h�rt ja wilde Geschichten von der ukrainischen Seite - aber: Lediglich die Oma (Ukrainerin auf Heimreise mit vier schweren Taschen) wird gefilzt, uns l�sst man ziehen, nachdem meine Begleiterin sich f�r 13 Euro zwangskrankenversichern muss.

Die Z�llnerin - eine recht dominant wirkende Frau, machte den Eindruck, sich l�nger mit uns besch�ftigen zu wollen - doch schon fuhr der Zug weiter und sie musste raus. Zwei Stunden Radstandumstellung plus eine Stunde Zeitverschiebung - schon war es nach 16 Uhr. Von nun an gings langsamer voran. Die D�rfer sehen ganz anders aus und sind weiter gestreut. In Kowel halten wir l�nger, also raus aus dem Zug. �berraschung: Ein nagelneuer, sch�ner Bahnhof. ich suche eine Wechselstube - nichts. Eine junge Frau fragt, ob wir Geld tauschen wollen. Schon. Aber kann man ihr vertrauen? Ich frage nach dem Kurs. Der ist in Ordnung. Also vorsichtshalber nur 10 Euro in 58 Griwna getauscht. Und weiter gehts. Kurz vor Mitternacht Ankunft in Kiew - p�nktlich auf die Minute. Ein blitzsauberer, grosser Bahnhof. Und - obwohl Mitternacht - noch viele Reisende. Da wir nicht wissen, wo wir �bernachten, irren wir erstmal ein bisschen im und um den Bahnhof herum. Und tauschen Geld. Der Reisef�hrer gibt �bernachtungstechnisch nicht viel her; U-Bahn usw. fahren auch nicht mehr.

Planlos vor dem Bahnhof stehen hilft immer. Ein Taxifahrer fragt auf Russisch, ob wir eine Unterkunft suchen. Und wieviel wir bezahlen w�rden. 200 Griwna zu zweit pro Nacht. Kurzer Anruf, kein Problem. F�r 20 Griwna f�hrt er uns hin - obwohl sehr nah, aber ich seh es als Vermittlungsgeb�hr. Ziemlich dunkle Ecke und ein grosses Wohnhaus - wer reinwill, muss an der Pf�rtnerin vorbei. Ein Mann wartet auf uns. Kurze Unsicherheit. Wer wartet dort in der Wohnung auf uns? Keiner. Man zeigt uns eine grosse, m�blierte Wohnung. Wow. Mit K�che, separatem Bad & Toilette, sogar Handt�cher f�r uns. Wir sollen in zwei Tagen eine Nummer anrufen, bevor wir losfahren, und davor den Schl�ssel im Flur verstecken. Wir zahlen, dann l�sst man uns allein. Faszinierend - theoretisch k�nnten wir die Wohnung verw�sten und dann abziehen, denn sie kennen uns gar nicht. Aber sie vertrauen uns blind, und das wollen wir freilich nicht missbrauchen.

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Tag 2: Kiew

Nachdem wir realisieren, dass wir in Kiew sind, gehts in die Spur. Kiew? Kl�ster. Altstadt. Was noch? Keine Ahnung. Also f�r 50 Kopinok mit der Metro ins Zentrum. In den Strassen tobt der Mob - es ist Feiertag und sehr gutes Wetter. Alle Verkehrsmittel und Pl�tze sind hoffnungslos �berf�llt. Sch�ne Stadt - vor allem die Michaelskirche bei blauem Himmel. Aber so richtig Lust auf Gro�stadt hab ich nicht.

Eines von Kiews famosen Kl�stern
Eines von Kiews famosen Kl�stern

Also nutzen wir den Tag und schauen uns so viel wie m�glich an - um am n�chsten Tag weiterzuziehen. Ziemlich geschafft landen wir vor Sonnenuntergang wieder am Bahnhof, um Fahrkarten zu kaufen - nach Odessa. Das geht auch fix, aber so grimmige Schalterbeamte hab ich selten gesehen. 7 Euro pro Person - Zugfahren ist hier wahrhaftig noch sehr billig. Danach Futtersuche in Wohnungsn�he - nichts. Nur Trinkstuben. Massenhaft. Isst denn hier niemand? Wir landen in einem leeren, zweifelhaften Café und bestellen Pizza, W�rstchen usw. Alles (!) aus der Mikrowelle. Die Pizza ist durchweg weich, maximal 10 cm breit und der Belag undefinierbar - einfach widerlich. Frustriert kaufen wir Wareniki - Teigtaschen, gef�llt mit Kraut, und saure Sahne - schliesslich haben wir ja eine K�che.

Nachts dann Feuerwerk auf Ukrainisch: Ein mal pro Minute steigen zwei B�ller auf und explodieren. Ein Auto neben dem Wohnblock ist recht sensibel - nach jedem B�ller springt kurz die Alarmanlage an. Diese seltsame Musik dauert eine halbe Stunde...

Erster Eindruck: So kosmopolitisch, so modern hatte ich mir das nicht vorgestellt. Kiew kann man einen gewissen Charme nicht absprechen. Und die Ukrainer - viele erscheinen sehr unfreundlich, andere sehr freundlich. Alles in allem ein angenehmes Klima und kein bisschen abenteuerlich - noch nicht mal die Grenze. Das ist zwar schade, spricht aber f�r die Ukraine.

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Tag 3: Kiew?Odessa

Fr�h aufstehen, Wohnung saubermachen, auf zum Bahnhof - und die Besitzerin der Wohnung anrufen, dass wir fahren. Was sind wir wieder nett. Schnell noch Marschverpflegung gekauft und auf den Zug aufgesessen. Der kommt von Moskau und f�hrt p�nktlich weiter - kurz nach halb zehn gehts auf nach Odessa. Wir wollten tags�ber fahren, um etwas von der Landschaft zu sehen. Das h�tten wir uns auch sparen k�nnen, denn die �ndert sich w�hrend der n�chsten zehn Stunden kaum. Immerhin - es ist Mai und alles bl�ht.

Wir sind zu zweit im Vier-Bett-Abteil, und das sollte sich auch nicht mehr �ndern. Das ist entspanntes Reisen - w�re da nicht die immer unertr�glicher werdende Hitze im Abteil. Irgendwo halten wir wieder l�nger, und wir steigen kurz aus. Ein Fehler, denn dutzende Verk�ufer best�rmen uns. Die H�lfte verkauft fettigen R�ucherfisch, die andere H�lfte Getr�nke. Der aufgef�delte Fisch schleift oft auf dem Boden - auch eine M�glichkeit der Panade. Die Anzahl der herumrennenden Verk�ufer �bersteigt die der aussteigenden oder gar etwas kaufenden Reisenden bei weitem - dies ist nicht Kiew. Dies ist ein ganz, ganz armer Ort und ein sehr hartes Gesch�ft.

Irgendwo zwischen Kiew und Odessa
Irgendwo zwischen Kiew und Odessa

Wieder mal p�nktlich kommen wir in Odessa an - gegen acht Uhr abends. Auf dem Bahnsteig und vor dem Bahnhof bieten viele ein Zimmer an - wir fragen, wo das ist, und man sagt uns "draussen im Wohnviertel". Das tun wir uns nicht an - denn wir wollen noch irgendwo essen und spazieren. Mit der Tram gehts ins Zentrum - erstes Hotel: Ausgebucht. Man verweist uns in das n�chstgelegene. Sieht sehr alt, erhaben und teuer aus. Trotzdem fragen wir nach dem Preis - 22 Euro f�r ein Doppelzimmer. Das klingt akzeptabel, zumal es schon sp�t ist. Das Zimmer ist ein Traum - es ist eigentlich eine Suite mit Riesenvorzimmer und Riesenbad - alles sehr sauber und sch�n.

Schnell gehts wieder raus aus dem Hotel zum Essen. Auf der Prachtmeile (Deribasiwska) der Stadt. Das Essen (typisch ukrainisches) ist wirklich gut und reichhaltig. Inkl. Getr�nke kommen wir hier auf 22 Euro - in Odessa kann man scheinbar schnell sein Geld ausgeben. Das ganze erinnert ein klein wenig an den Opernvorplatz in Jerevan - viel Neon, viele Open-air-Bars und Restaurants. Man f�hlt sich schnell wohl hier.

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Tag 4: Odessa

Nach einer Nacht in so einem Hotel muss man einfach gut gelaunt sein. Wir fragen an der Rezeption, ob wir unser Gep�ck unten lagern k�nnen, da unser Zug erst abends f�hrt. Es geht - sogar kostenlos. Noch ist Odessa nicht ganz wach, die Strassen sind leer, die Luft frisch. Wir sind begeistert - das Stadtzentrum ist schlichtweg sch�n. Ich h�tte kein Problem, in Odessa zu leben. Klar sind die Potemkin'schen Treppen, die Oper usw. sehr interessant - aber es geht um das Gesamtbild, und das ist bestechend. Dass Odessa eine Millionenstadt ist, mag man nicht glauben. Erst wenn man sp�ter die trostlosen banlieus sieht,erkennt man das reelle Odessa - vor dem man in der Innenstadt gern die Augen verschliessen m�chte.

Die ber�hmten Potemkinschen Treppen - verspiegelt
Die ber�hmten Potemkinschen Treppen - verspiegelt

Das Zentrum, die Treppen usw. - alles ist relativ schnell erlaufen. Wir machen Halt in einem italienischen Café um zu essen - und sind begeistert. Ein selten guter Italiener. Unterwegs h�lt uns ein Fernsehteam an - sie interviewen Odessa's Besucher. Auf Russisch. Als ich ihm sage, dass ich nicht so gut Russisch spreche, fl�chtet das Team - das nenne ich echten, investigativen Journalismus! Des laufens schon m�de und fertig von der Hitze, begeben wir uns am sp�ten Nachmittag zum Zug. Auf nach Simferopol. Allerdings nicht im "Kupe", sondern im Grossraum-Schlafwagen. Dadrin ist es richtig heiss, und das �ndert sich w�hrend der Fahrt auch nicht. Mit einigen Leuten kommen wir ins Gespr�ch, ein Kind hat einen Narren an uns gefressen und spielt permanent vor und mit uns.

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Tag 5: Simferopol?Jalta

"Plazkartnyi", also die Grossraumschlafwagen, sind auch komfortabel, aber die Hitze ist unertr�glich. Nach maximal zwei Stunden Herumd�sens kommen wir morgens um 8 in Simferopol an. Es ist schon wieder sehr warm. Erstmal einen Kaffee, dann schauen wir uns die Gegend um den Bahnhof an. Nicht sehr vielversprechend. Weiter gehts - zwei Stunden mit einem alten Trolleybus �ber die Berge nach Jalta. Die Hotelsuche geht schnell - aber es gibt nur noch Suiten. Wieviel? 24 Euro. Mit Klimaanlage sogar. Da wir todm�de sind, bleiben wir. Das Hotel - alt, sauber, gross, mitten im Zentrum mit sehr sch�nem Balkon. Nachmittags - auf zum Liwadija-Palast, dann irgendwie durchschlagen zum Schwalbennest. Dumm nur, dass man das zwar von der Bushaltestelle sehen kann, aber kein Weg ausgeschildert ist. Wir gehen die Richtung, bei der wir denken, dass sie richtig ist. Nach dreissig Minuten stellen wir fest, dass sie nicht richtig sein kann. Und kehren um, aber es wird schon dunkel. Pech gehabt.

Abends in ein Restaurant an der Promenade: Eine nervende Kombo spielt. Wir versuchen, einige Sachen zu bestellen. Gibt's alles nicht. Man empfiehlt uns stattdessen die teuersten Fischgerichte. Der Kellner ist echt dreist...Wir beschliessen, hier nicht zu essen. Der Name sollte erw�hnt werden: Jaila. Lieber links liegenlassen...wegen der schlechten Musik gibts noch ein Table Charge - wir zahlen somit f�r nur zwei Bier unglaubliche 5 Euro.

Das Schwalbennest am Schwarzen Meer
Das Schwalbennest am Schwarzen Meer

Wir gehen weiter, suchen ein georgisches Restaurant. Werden abgefangen von einer extrem enthusiastischen Kellnerin, die uns in ihr Restaurant locken will. Sie ist so begeisternd und lustig und zudem aufrichtig - wir zudem mindestens genauso hungrig - dass wir ihr folgen. Wir sind die einzigen G�ste, aber: Es spielt eine Drei-Mann-Kombo f�r uns. Das Essen ist wirklich Klasse - wir bereuen es nicht. Nach einem sehr reichlichen Mahl zahlen wir 105 Griwna (ca. 17 Euro...na ja, das ist Jalta), aber da der Service wirklich Klasse war, geben wir 115. Und jetzt kommts: Die Kellnerin kommt kurz darauf wieder und sagt, wir m�ssen uns geirrt haben. 105, nicht 115 Griwna. Wir sagen, das ist schon okay - wir sind sehr zufrieden. Sie freut sich wie ein kleines Kind - und rennt zur Band, um das Trinkgeld mit der Band zu teilen. Wow! So eine Bedienung trifft man selten. Der Name dieses wirklich guten Restaurants: Marina .

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Tag 6: Jalta?Dnepropetrovsk

Eigentlich m�ssten wir l�nger auf der Krim bleiben - es gibt noch soviel zu sehen. Aber wir wollen noch einen guten Freund in Dnepropetrowsk besuchen. Den habe ich am Vortag von Jalta angerufen. Und vergessen, dass man bei Ausw�rtstelephonaten eine 8 davorw�hlen muss. Jemand mit dem auch noch gleichen Namen war am anderen Ende, und ich versuchte, ihn zu �berzeugen, dass er der ist, der ich denke dass er es ist. Ist er aber nicht. Beim zweiten Anruf nennt er pl�tzlich meinen Namen und erkl�rt mir geduldig, was ich tun muss, um nach Dnepropetrowsk anzurufen.

Flach, flacher, n�rdliche Krim...
Flach, flacher, n�rdliche Krim...

Es geht mit dem Zug nach Dnepropetrowsk - entlang des Dnepr, der so sehr aufgestaut wurde, dass man das andere Ufer nicht sieht. Manchmal ist auf beiden Seiten des Bahndamms Wasser - endlich mal eine interessante Landschaft. Und endlich mal Wolken am Himmel!

Abends Ankunft in Dnepropetrowsk. Auch hier ein gigantisch grosser Bahnhof. Alles um den Bahnhof herum scheint aus der Stalinzeit zu kommen. Unser Freund holt uns mit dem Auto ab - mit hoher Geschwindigkeit und nicht angeschnallt (in ukrainischen St�dten nicht Pflicht) gehts den Karl-Marx-Prospekt entlang. Viele glitzernde Anzeigen und L�den - eine echte Gro�stadt. Ich bin etwas �berrascht.

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Tag 7: Dnepropetrowsk

Morgens kiloweise W�sche zur W�scherei bringen, dann zum Bahnhof, um die n�chsten Fahrkarten zu kaufen - bekommen wir aber nicht. Scheinbar ausverkauft. Dann Stadtrundgang - eine zweigeteilte Stadt. Einerseits Luxusl�den und Restaurants, andererseits auch viel Armut. Ansonsten aber ein sch�nes, gr�nes Stadtzentrum. Nachmittags geht es zur sogenannten Berguniversit�t - unser Freund unterrichtet dort Deutsch. Sch�ne Klassenr�ume und ziemlich motivierte Studenten. Ich �bernehme die Klasse f�r eine halbe Stunde und bereue es nicht. Solch aktive Studenten h�tte ich auch gern! (gut, hab ich ja manchmal auch hier).

Alte Raketen gegen neue Kirchen
Alte Raketen gegen neue Kirchen

Besuch im Panorama zur Befreiung Dnepropetrowsks von den Nazis - hier ist die Zeit stehengeblieben. Ein propagandistisch arg verzerrtes Loblied auf eine Schlacht von 2 gegen 1 - so waren jedenfalls die Zahlen. Die F�hrerin gibt sich auch M�he, ein bisschen auf Englisch zu �bersetzen. "Der Held, den sie da dr�ben sehen, lebt noch! Hier!"...oder: "Da oben, die beiden Flugzeuge - die beiden Piloten waren Br�der!" Es lebe die Rote Armee!

Abends dann Essen in einem netten Restaurant, danach ein Bier f�r unterwegs gekauft. In der Ukraine ist Bier ein echter Renner geworden - fast jeder hat jederzeit eine Flasche Bier in der Hand - selbst junge M�tter: an der rechten Hand den Nachwuchs, links die Gerstenkaltschale. Viel Bier=viele Flaschen=viel Gewicht. Also verkauft man Bier auch in Plastikflaschen - und damit sichs auch lohnt, selbst in 1-Liter und 2-Liter-PET-Flaschen. Da bekommt der Satz "Ich trinke nur noch eben schnell ein Bier" eine ganz andere Bedeutung.

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Tag 8: Dnepropetrowsk

Nochmal Stadtbummel - wir enden auf der "Klosterinsel". Es hat angefangen zu schneien - hunderte Pappeln sorgen f�r zentimeterdicke weisse Schichten. Ein Fest f�r Allergiker. Auf der Insel gibts richtig sch�nes Schaschlik - Erinnerungen an Armenien kommen hoch, denn dieses Schaschlik, also Gegrilltes in rauhen Mengen, findet man wohl in so ziemlich allen ehemaligen sowjetischen L�ndern, und so urspr�nglich und einfach es auch ist - es schmeckt hervorragend.

Gute alte Zeiten: In Parks abh�ngen und Schach spielen
Gute alte Zeiten: In Parks abh�ngen und Schach spielen

Nachmittags geraten wir in eine Art Talenteshow im Kulturpalast. Die Stimmung ist gut, und was auf der B�hne geboten wird, l�sst sich durchaus sehen und h�ren. Bis zum Schluss die Dnepropetrowsker Variante der Backstreet Boys auftritt - das muss freilich nicht sein. Abends treffen wir schliesslich einen amerikanischen Kollegen, mit dem man offensichtlich ebenfalls viel Spass haben kann. Nicht viele Ausl�nder sind in Dnepropetrowsk - nur eine kleine, eingeschworene Truppe, wie es scheint. Leider m�ssen wir nachts gegen 11 zum Bahnhof. Da wir kein Ticket f�r den direkten Zug nach Lwow bekommen haben, m�ssen wir erst nach Kiew. Die Tage in Dnepropetrowsk waren sch�n - fast wie "echter" Urlaub und richtig erholsam.

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Tag 9: Dnepropetrowsk?Kyiv?L'viv

Selten so gut im Zug geschlafen - es war angenehm k�hl und ruhig im Abteil. Obwohl man uns vorwarnte, dass dieser Zug oft unp�nktlich ist, kommen wir auf die Minute genau in Kiew an. Und kaufen sofort eine Fahrkarte nach Lwow, denn dahin wollen wir heute noch. Wir haben bis zur Abfahrt eine gute Stunde Zeit und essen Mittag in einem ukrainischen Fast-Food-Restaurant - will heissen, es gibt Borschtsch und Wareniki und Piroschki im Fast-Food-Stil. Und - es schmeckt richtig schlecht.

N�chste �berraschung: Wir teilen das Zugabteil mit zwei M�nnern. Ich bin allerhand an Ger�chen gewohnt, aber der Geruch der beiden �bersteigt jegliche Vorstellungskraft. Es riecht nach wochenlang nicht gewaschener Kleidung, kaltem Schweiss, Knoblauch, Alkohol und F�ssen. Genau so, nur um ein vielfaches st�rker. Es riecht regelrecht "sauer". Um das zu verst�rken, essen sie Potts�lze, trinken Wodka und Bier. Der Geruch geht nicht aus der Nase, auch nach f�nf Stunden ist er gleich penetrant. Ich versuche zu schlafen, aber das f�llt schwer - der Geruch verschwindet einfach nicht, und einer der beiden schnarcht wie ein Weltmeister. Wir wollen in den Restaurantwagen fl�chten - laut unserer Schaffnerin gibt es ein Buffetwagen. Auf dem Weg dorthin knallt uns die Zugbegleiterin des n�chsten Waggons die T�r vor den Kopf und br�llt uns umgehend an: "Was wollt ihr hier?" - "Zum Buffet". "Hat zu! geht weg"..."Aber unser Schaffner sagte, es gibt eins und es ist offen" - "Dieser Idiot! Macht, das ihr verschwindet!". Wow. Kein Buffet, ein stinkendes Abteil...Wir kommen gegen Mitternacht in Lwow an und sind richtig gl�cklich, diesen Zug verlassen zu k�nnen.

Am Bahnhof wartet ein deutscher Kollege unseres Freundes in Dnepropetrowsk auf uns. Wir machen uns bekannt und fahren mit dem Auto zu seiner etwas ausserhalb liegenden Wohnung in einem dunklen Viertel. Duschen ist leider nicht (w�re nat�rlich sch�n gewesen nach der anr�chigen Zugfahrt), denn in Lwow gibt's nur Wasser von 6 bis 9 morgens und abends.

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Tag 10: L'viv

Die Zeit, in der es Wasser gibt, bestimmt den Tagesablauf: Obwohl sp�t zu Bett, stehen wir um acht auf, um duschen zu k�nnen. Dann gemeinsames Fr�hst�ck. Vom Balkon Blick auf eine Kaserne: Es gibt wenig sch�neres, als beim Kaffeetrinken den Rekruten beim Morgenappell zuzusehen und zu wissen, dass man das hinter sich hat.

Wir schlagen uns mit Marshrutkas ins Zentrum durch. Wahrhaftig eine sehr sch�ne Stadt. Und viele polnische Touristengruppen. Nicht nur das unmittelbare Zentrum, sondern auch der nahegelegene Friedhof sind sehr beeindruckend. Und das soll das gleiche Land sein wie Dnepropetrowsk? Es f�llt schwer, das zu glauben. Alles ist irgendwie anders. Die meisten alten H�user im Zentrum sind auch gut in Schuss - da kann sich manch deutsche Innenstadt eine Scheibe abschneiben.

Eine Gruppe kleiner Engel in Lviv
Eine Gruppe kleiner Engel in Lviv

Carpe diem - das tun wir auch und laufen und staunen den ganzen Tag. Und trotzdem kann man nicht alles erfassen, zumal wir aufgrund des sch�nen Wetters nicht in die Museen gehen. Abends gehen wir in ein Fischrestaurant. Ein Kaviarbrot mit echtem Kaviar f�r 1.50 Euro - soviel Luxus muss sein. Die Fischgerichte selbst sind auch nicht so schlecht. Gegen acht wollen wir uns mit unserem Gastgeber vor der Oper treffen, was jedoch nicht klappt. Wir laufen durch das abendliche Lwow, aber der Weg zur Wohnung ist doch etwas weit, und es kommt keine Marshrutka mehr. Wir zeigen einem Taxifahrer, wo wir hinwollen, doch der missversteht uns - dreht die Karte mehrfach und zeigt sich ratlos. F�nf Minuten dauert das ganze und ist etwas seltsam. Was macht der denn da? Er fragt uns schliesslich, wie wir dorthin zu kommen gedenken. "Na mit ihrem Taxi!". Schallendes Gel�chter. wahrscheinlich dachte er, dass wir laufen wollen!?

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Tag 11: L'viv?Ushgorod

Da es Sonntag ist, f�hrt nur ein einziger Zug am Tag nach Ushgorod an der slowakischen Grenze, und der startet �blerweise morgens kurz nach sieben. Beim Einsteigen wieder Passkontrolle. Sie nehmen es ganz genau und wollen auch unser Visum sehen. Und finden das armenische Visum - "Schau mal, die reisen mit dem armenischen Visum durch die Ukraine!". Ich helfe ein bisschen nach und zeige ihnen das ukrainische. Kann doch nicht so schwer sein... Im Abteil - ein P�rchen. Die Frau erkl�rt uns, sie seien m�de und m�chten deshalb schlafen. Kein Problem! Aber - sie will beide untere Betten! Was soll das denn - wo sollen wir sitzen? Kurzer Disput mit dem Schaffner, und wir bekommen ein anderes Abteil mit einem freundlichen Mann darin zugewiesen.

Mit dem Zug durch die Waldkarpathen
Mit dem Zug durch die Waldkarpathen

Die Fahrt durch die Waldkarpaten ist ein Genuss - viel Gr�n, saftige Felder, alte D�rfer, auf den Gipfeln sogar hier und da noch ein Schneerest. Dann wieder ins Flachland - ins absolut flache Land. In Tschop an der ungarischen Grenze halten wir lange, also steigen wir aus und laufen umher. Ein verlassener Ort am Ende der Welt - denkt man, wenn man dort aussteigt. Ein Ukrainer - er ist etwas merkw�rdig, aber dann doch sehr nett - unterh�lt uns eine halbe Stunde lang.

Gegen drei Uhr Ankunft im sonnigen, heissen Ushgorod. Erster Eindruck - sehr viele arme Menschen und viele Zigeuner. Wir kaufen einen Stadtplan und laufen ins Zentrum. Endlich finden wir ein Hotel - aber: Voll. Die Rezeptionistin telephoniert f�r uns herum und findet auch ein anderes Hotel. Etwas ausserhalb auf einem Berg, aber sehr neu, mit grossem Zimmer und Bad, Klimaanlage, K�hlschrank, Fernseher usw. usf. Und billiger als die in Odessa oder Jalta.

Nachmittags Stadtrundgang - eine kleine, aber wirklich feine Stadt mit wiederum ganz anderer Atmosph�re als Lwow und all die anderen St�dte. Geschafft von der Zugfahrt und all dem Gelaufe wollen wir im Hotelrestaurant essen - was ich sonst vermeide. Das sollten wir aber nicht bereuen - das beste Essen, das wir in der Ukraine hatten. Auch im Restaurant - deutsche Gesch�ftsleute.

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Tag 12: Ushgorod?Kosice (Slowakei)

Nach gem�chlichem Anfang geht es zur Post, dann zur Grenze, die nur etwa 4 km von uns entfernt liegt. Dort warten viele Autos. Es gibt zahlreiche Geb�ude und Posten, so dass wir nicht genau wissen, wo wir anfangen sollen. Posten Nr.1 gibt uns einen Talon, den wir hier und da abstempeln lassen m�ssen. Da wir kein Auto haben, kommen wir schnell voran. Der Zoll interessiert sich nicht f�r uns. Ein Mann hinter uns reicht seinen Pass dem Beamten - im Pass einige Geldscheine, die schnell und geschickt eingesteckt werden. Das brauchen wir nicht...wir kommen schnell durch und schon sind wir auf der slowakischen Seite. Wir drehen uns noch einmal um, aber von Ushgorod sieht man gar nichts, da es im Tal liegt.

Auch die Slowaken lassen nicht lange warten - sie sind sogar ziemlich nett und albern herum. In weniger als einer halben Stunde war die Sache erledigt. Wir tauschen die verbliebenen Griwna in slowakisches Geld und laufen los, denn bis auf ein kleines, nahes Dorf gibt es nichts. Wir wollen trampen, aber es kommt einfach niemand die Schnellstrasse entlang. Fast eine Stunde sp�ter landen wir an einer Bushaltestelle in einem gr�sseren Dorf, und von dort fahren sogar Busse durch bis nach Kosice.

Ushgorod - angenehme Kleinstadt, in der es sich aushalten l�sst
Ushgorod - angenehme Kleinstadt, in der es sich aushalten l�sst

F�r gute drei Euro pro Person kommen wir bis nach Kosice - was gute zweieinhalb Stunden dauerte. Wir sind v�llig hungrig und essen etwas im Bahnhofsrestaurant. Vor dem Bahnhof pr�geln sich zwei �ltere M�nner - daneben eine zeternde Frau und rundherum pfeifende und johlende Menschen. Ein seltsamer Empfang.

Im Gegensatz zur Ukraine gibt es hier eine Stadtinformation und Zimmervermittlung. Man vermittelt uns ein Zimmer in Bahnhofsn�he - das Zimmer kostet 22 Euro und ist okay. Dort unterhalte ich mich kurz mit der Besitzerin und merke, dass mein Sprachprozessor langsam kaputt geht. Ich mixe die wenigen W�rter Tschechisch, Polnisch und das bisschen Ukrainisch, das ich zuvor aufgeschnappt habe, mit Russisch. Sie fragt mich, welche Sprache ich da eigentlich spreche - ich kann ihr keine kurze Antwort geben. Immerhin fragt sie, ob ich aus Polen sei... Unser Nachbar macht mir nachts eine mehr als eindeutige Offerte und damit ein bisschen Angst - ich sollte sp�ter wohl besser meine Zimmert�r sorgf�ltig abschliessen.

Die Stadt ist schlichtweg sch�n - mit einem Wasserkanal in der Mitte, interessanten Wasserspielen, die nach der Musik tanzen und bunt angeleuchtet werden, einem unterirdischen Museum usw. - ein echtes Highlight. Ein Komliment dem B�rgermeister - zumindest das Zentrum (den Rest weiss ich nicht) ist geschmackvoll restauriert worden. Dumm nur, dass es Montag ist und an dem Tag alle Sehensw�rdigkeiten geschlossen haben.

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Tag 13: Kosice?Olomouc

Olomouc hat ein paar sch�ne Strassen
Olomouc hat ein paar sch�ne Strassen
Mit einem sehr bequemen Schnellzug geht es an der Hohen Tatra vorbei nach Olomouc in Osttschechien. Der Zug kostet aber auch gleich satte 19 Euro - eine grosse Umstellung nach der Ukraine. Auch ?Olomouc ist w�rmstens zu empfehlen. Wir steigen im Hotel Palace ab - mehr ein Kasino als ein Hotel. Das Doppelzimmer mit Toilette auf dem Flur kostet 21 Euro und ist f�r den Preis okay. Die junge Rezeptionistin spricht Deutsch und freut sich scheinbar dar�ber, mal Deutsch sprechen zu k�nnen. Sie ist mit Begeisterung bei der Sache. Einen sprachlichen Fehler leistet sie sich, aber den konnte und wollte ich nicht korrigieren: Als wir das Hotel zu einem Stadtrundgang verliessen, rief sie uns hinterher "Bis dann!" Warum auch nicht.

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Tag 14: Olomouc?Liberec

Klar k�nnte man von Olomouc nach Hause durchfahren, aber warum hetzen. Also auf nach ?Liberec. Nur wenige Kilometer von Deutschland und Polen entfernt, wird es zunehmend deutscher hier. Aber auch hier ist das Stadtzentrum, vor allem das Rathaus und der Markt, sehr sch�n geworden. Wenn man billig �bernachten will, kann man das im Unihotel unweit des Marktes tun. Die Zimmer sind schlicht aber sauber und in Ordnung, das ganze kostet 16 Euro.

 

Tag 15: Liberec?Halle/Saale

Leider schon der letzte Tag. Wir fahren nach Zittau und erkundigen uns dort nach einer Weiterfahrt. "Nur" f�nf Mal umsteigen, und schon sind wir im 300 km entfernten Halle. Immerhin ist der Preis eine �berraschung - mit dem Sachsen-Ticket zu zweit gerade mal 21 Euro.

Abschliessend gesagt eine sehr sch�ne Tour. Es wundert mich, dass so wenige Touristen in die Ukraine fahren. Viele Vorurteile sind schlichtweg falsch bzw. vieles hat sich, wenn man mal �ltere Reiseberichte bedenkt, scheinbar sehr verbessert. Unterk�nfte sind erschwinglich geworden, Bahnreisen ist ziemlich sicher usw.usf. Auch wenn Lwow und Jalta usw. sehr sch�n sind - von der Atmosph�re her hat es mir in Odessa am besten gefallen.

 

 

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