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Verhalten & Etikette

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郷に入っては郷に従え(gō ni itte ha gō ni shitagae)

When in Rome do as the Romans do…Andere Länder andere Sitten – und an die hat man sich gefälligst zu halten. Ein Leitsatz gerade für Traveller, an den sich leider nicht jeder hält. Natürlich sind sich auch Japaner der Tatsache bewusst, dass der vor ihnen stehende gaijin 外人 (japanisch für Ausländer) nicht vollständig mit den japanischen Gepflogenheiten vertraut sein dürfte. Daher gibt es eine gewisse Toleranz. Die Toleranzgrenze aber ist zum einen von Mensch zu Mensch unterschiedlich, zum anderen sollte man sie nicht überstrapazieren.
Ostasien und Europa sind ziemlich verschieden. Das merkt man auch in Japan. Um die gängigen Fettnäpfchen zu vermeiden, hier ein paar Tipps:

Inhaltsverzeichnis

和 – „Wa“: Harmonie

In Japan hat die Harmonie eine enorm wichtige Bedeutung. Und die gilt es zu wahren. Wenn es einmal Probleme geben sollte, so macht es keinen Sinn, laut zu werden oder wild herumzugestikulieren (so oft in Japan von Ausländern gesehen)!

  • Nach aussen werden stets Harmonie und Einigkeit gezeigt, selbst wenn beides nicht vorhanden sein sollte. Diese Regel wird auch Ausländern gegenüber nicht gebrochen. Ein Gesichtsverlust, also jemanden blossstellen, sollte unbedingt vermieden werden.
  • Arbeit und Leben in Gruppen ist allgegenwärtig. Individualismus – das sogenannte gaden insui – Umleiten von Wasser auf das eigene Reisfeld – ist verpönt. Dies verdeutlichen auch Sprichwörter wie deru kui wa utareru 出る杭は打たれる – herausstehende Nägel müssen eingeschlagen werden. Allerdings: Diese Dinge unterliegen gerade einer sichtbaren Veränderung; Individualismus setzt sich mehr und mehr durch.

Ja oder Nein?

Ziemlich bekannt ist das Gerücht, dass Japaner nicht nein sagen können. Das ist so nicht richtig. Auch in Japan gibt es ein „Nein“, nur wird dies manchmal völlig anders ausgedrückt. Auch hier geht es um die Wahrung der Harmonie:

  • Um die Harmonie zu wahren, spielen honne 本音 (zu deutsch etwa der eigentliche Ton) und tatemae 建前 (Prinzip) eine wesentliche Rolle. So gibt es in Japan selten ein „Nein“ zu hören, dafür aber zwei Arten von „Ja“, die oftmals nicht unterscheidbar sind: Das Honne-„Ja“ ist echt gemeint und entspricht einer tatsächlichen Zustimmung. Das tatemae-„Ja“ ist hingegen nicht die wahre Meinung oder Absicht. Aufgrund dessen kursiert fälschlicherweise die Meinung, Japaner seien falsch. Doch war das „ja“, dass man eben gehört hat, echt oder unecht? In vielen Fällen erkennt man das anhand der Situation, dem Gesichtsausdruck oder der Art und Weise, wie es gesagt wird.
  • Meiner Meinung nach löst sich dieses Problem nahezu in Luft auf, wenn man nicht auf Japanisch spricht, da die ganzen üblichen Höflichkeitsfloskeln und Umschreibungen der japanischen Sprache nicht ins Deutsche oder Englische übertragen werden können.

以心伝心 – „ishin denshin“: Wortlose Kommunikation

Gerade bei älteren Ehepaaren kann man das oft beobachten – wortlose Kommunikation. Oft gilt: Manches bleibt besser ungesagt.

  • „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ – ein bekanntes Sprichwort. Gerade bei heiklen Themen lieber nicht penetrant nachbohren oder drängeln – Manchmal versteht man auch so. Viele Japaner, die ich kennengelernt habe, sind wahre Meister der wortlosen Kommunikation. Sehr beneidenswert.

ダメ – „dame“: Tabus

„Dame“ (die zweite Silbe ist zu betonen!) bedeutet als Ausruf soviel wie „So geht das aber nicht!“ Wenn man in Japan ist, so ist es nicht gerade unwahrscheinlich, dass man in japanischen Restaurants landet oder eingeladen wird. Dabei gilt es, folgende Dinge unbedingt zu beachten:

  • Niemals die Stäbchen im Reis steckenlassen! Das ist Teil einer Beerdigungszeremonie und höchst unangebracht. Gilt auch für Korea und China.
  • Niemals mit Stäbchen etwas nehmen, was ein anderer in den Stäbchen hält! Auch das erinnert an eine Beerdigungszeremonie.
  • Nie laut die Nase schnauben! Nicht erschrecken, wenn Japaner die Nase hochziehen. Kein Taschentuch anbieten!
  • Es wird kein Trinkgeld gegeben. Wenn, führt das zu grosser Verwirrung und wird nicht akzeptiert.
  • Man giesst sich nicht selbst ein. Das gilt als unhöflich ←gerade junge Japaner sehen das aber nicht mehr so eng.
  • Keine Soyasauce in den Reis giessen – zumindest nicht in Restaurants oder wenn man eingeladen wurde.
  • So vorhanden, Stäbchen auf den Hashioki ablegen (eine Art Stäbchenhalter).
  • Trinken gehen beinhaltet gleichzeitig essen. In japanischen Trinkhallen ist es zudem Pflicht, mindestens ein Essen zu bestellen.
  • Bei einem Besuch zu Hause: Schuhe aus! Und – für die Toilette gibt es Extra-Hausschuhe. Wenn man fertig ist, diese wieder ausziehen.
  • Geschenke werden normalerweise nicht sofort geöffnet! Deshalb nicht wundern, wenn man etwas schenkt, der Erhaltende das aber zur Seite legt ohne es zu öffnen.
  • Japanisch steckt voller Floskeln, für die wir keine Übersetzung haben. Die zählen aber zum guten Ton und sollten, so man länger in Japan weilt oder geschäftlich unterwegs ist, unbedingt eingeprägt werden – Beispiel: otsukare sama deshita お疲れさまでした – wörtlich etwa „Oh sie Erschöpfter“ – wird benutzt, wenn der Andere gerade von der Arbeit kommt oder mit einer Arbeit fertig geworden ist.
  • Ungeduld ist keine Tugend und sollte deshalb auch tunlichst vermieden werden.

Bitte beachten: Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig und gibt nur einen kleinen Einblick! Vor allem Geschäftsreisende haben sehr, sehr viel zu beachten. Zahlreiche Verhandlungen sind aufgrund von Form- und Verhaltensfehlern gescheitert, was mehr als geschäftsschädigend ist. Wer Interesse an einem Seminar zu diesem Thema hat, bitte hier melden.

In Japan gibt es allerhand zu beachten – jede Kultur hat ihre eigenen Sitten. Hier wird geklärt, was es mit dem Gerücht auf sich hat, Japaner sagen niemals ’nein‘. Und warum man seine Stäbchen niemals im Reis stecken lassen sollte.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

3 Kommentare

  1. hi,
    ich finde das Buch : „Iwanowski’s Reisegast in Japan“ hat eine sehr ausführliche beschreibung was man tun darf, und was nicht.
    einiges wurde hier auch schon genannt.

  2. Hallo,
    bezüglich kein Trinkgeld hat mir meine japanisch Lehrerin jüngst erklärt das es zwar verpöhnt ist Trinkgeld zu geben, und das immer abgelehnt wird, allerdings währe es nicht unüblich, sie sagte das in Bezug auf Taxifahrer, ich weiß daher nicht ob es allgemein gültig ist, das man sagen könne, ich brauche das Wechselgeld nicht, das wird zwar, je nach Firmenpolitik, auch u.U. abgehnt, kann aber wohl auch angenommen werden, und brüskiert niemanden. Ist zwar für mich reine Haarspalterei, aber das währe ja nix neues.

    • Das wäre mir zwar neu, aber ich habe ich es auch noch nicht (oder schon lange nicht mehr) versucht… Der einzige Fall, in dem es angebracht ist, wäre, wenn man sich zum Beispiel ein Taxi für ein paar Stunden/einen Tag mietet und am Ende etwas drauflegt. Das wird dann auf keinen Fall abgelehnt. In der Stadt eher unbrauchbar, auf dem Land aber durchaus üblich/praktisch.

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