KantoTokyo-toMiyakejima - die explosive Vulkaninsel

Miyakejima – die explosive Vulkaninsel

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Präfektur: 東京 Tōkyō

三宅島 Miyakejima

4 von 5 Sternen: Sehr sehenswert

Name:

Im Namen stecken die Schriftzeichen (mi, auch san) – bedeutet „3“ und (yake, taku) – das bedeutet „Haus“. Zur Namensentstehung gibt es mehrere Theorien. Eine besagt, dass hier ein gewisser Tajihi-no-Miyakemaro, ein Adliger aus dem 8. Jahrhundert gestrandet war. Eine andere Theorie bezieht sich auf die vielen Schreine auf der Insel – die ursprünglichen Schriftzeichen wären dann 宮家 (Miyake – Schreinhaus). Eine weitere Theorie, und die klingt am plausibelsten, nimmt Bezug auf die vielen Vulkanausbrüche – 御焼け miyake würde dann „verbrannt“ bedeuten. -jima bedeutet einfach nur „Insel“.

Lage:

Miyakejima liegt auf halbem Weg zwischen Tokyo und Hachijōjima – das Stadtzentrum liegt 175 Kilometer weiter nördlich, Hachijōjima rund 110 Kilometer südlich. Miyakejima liegt in der Mitte der Izu-Inselkette – diese sind Teil einer Vulkankette in der Philippinensee, ein Teil des Pazifischen Ozeans. Die nächstgelegene, bewohnte Insel ist Mikurajima südlich von Miyakejima.

Ansehen:

Die Sieben-Inseln-Aussichtsplattform – die bei gutem Wetter hält, was sie verspricht. Das Lavafeld von Ako, das unter anderem eine Grundschule verwüstet hat. Die wilde Küste im Nordosten. Den Tairo-See nebst Naturzentrum.

Miyakejima – Beschreibung

Miyakejima liegt in der Mitte der langgezogenen Izu-Inselkette und ist vor allem für eines bekannt: Den alles dominierenden Vulkan Oyama. Die Insel hat einen Durchmesser von rund 8 Kilometern und ist gut 55 Quadratkilometer gross sowie fast kreisrund, mit dem Krater genau in der Mitte. Dabei ist noch nicht mal der gesamte Vulkan zu sehen, denn der Meeresboden ist hier rund 300 bis 400 Meter tief. Damit ist der Vulkan über 1’000 Meter hoch.

Die Insel gehört wie die anderen Izu-Inseln auch zur Präfektur Tokyo und ist von der Verwaltungseinheit her ein Dorf („-mura“) – logischerweise 三宅島村 Miyakejima-mura genannt. Heute leben auf der Insel gut 2’200 Menschen, Tendenz fallend. Das Dorf besteht aus 5 Ortsteilen, die früher einmal eigenständige Dörfer waren. Die vulkanischen Aktivitäten sorgen ganz offensichtlich für Probleme – im Jahr 2000 wurde die gesamte Inselbevölkerung evakuiert – teilweise auf die Nachbarinseln, teilweise in die Hauptstadt – und allein dadurch verlor die Insel ein Viertel der Bevölkerung.

Heute ist die Insel vor allem für Ornithologen und für Meeresfreunde interessant – auf der Insel gibt es ungewöhnlich viele Vogelarten, darunter die hier アカコッコ Akakokko genannte Izu-Drossel, und in der Inselnähe tauchen regelmässig Delfinschulen auf, weshalb Dolphin-watching zu den Einnahmequellen der Bewohner gehört.

Luftaufnahme von Miyakejima, im Hintergrund Mikurajima - das Foto entstand ca. 2008
Luftaufnahme von Miyakejima, im Hintergrund Mikurajima – das Foto entstand ca. 2008
... und Miyakejima mit dem imposanten Krater in 2022
… und Miyakejima mit dem imposanten Krater in 2022

Die Insel liegt auf einer der Flugrouten von Tokyo nach Okinawa – wer auf dem Weg nach Okinawa ist, kann bei gutem Wetter rechterhand den Fuji-san und linkerhand die Insel Miyakejima sehen. Auch bei Flügen von Südkyushu und Shikoku kommt man – mitunter – an der Insel vorbei.

Japanischer Name Lesung Bevölkerung 2006 Bevölkerung vor der Evakuierung 2000
阿古 Ako 1,016 1,255
坪田 Tsubota 724 1,104
神着 Kamitsuki 645 803
伊豆 Izu 343 438
伊ヶ谷 Ichigaya 182 255
Summe 2,910 3,855

Kurze Geschichte

Ausgrabungen zufolge ist die Insel spätestens seit der Jōmon-Zeit (8000 – 300 v.u.Z.) besiedelt, aber aufgrund der Grösse und der Lage erlangte Miyakejima nie grosse Bedeutung. Während der Edo-Zeit wurde die Insel direkt verwaltet (diese Gebiete wurden 天領 tenryō genannt), und gelangte dann nach Ende der Edozeit beim Wechsel vom Han- zum Präfekturensystem zur Präfektur Shizuoka, bis es 1878 zusammen mit den anderen Izu-Inseln der Verwaltung von Tokyo zugeordnet wurde. Wahrscheinlich aufgrund des Vulkans rankten sich um die Insel zahlreiche Mythen und Göttersagen. Laut einer Auflistung von Schreinen aus dem 10. Jahrhundert befanden sich damals auf den Izu-Inseln insgesamt 24 Schreine – und die Hälfte von denen befanden sich auf Miyakejima.

Während der Edo-Zeit wurde die Insel als Verbannungsort benutzt. Unter den innerhalb von 200 Jahren hierher verbannten rund 1’000 Verurteilten befanden sich nicht nur gewöhnliche Verbrecher, sondern auch in Ungnade gefallene Künstler und Oppositionelle, die auf der Insel einzigarte Fußabdrücke hinterliessen.

Die Rolle der Insel sollte sich auch mit der Industrialisierung und Militarisierung des Landes nicht ändern – nennenswerte Industrie siedelte sich nie an, so dass vor allem Landwirtschaft, darunter vor allem Fischerei, betrieben wurde. Immerhin wurde 1966 ein Flughafen auf der Insel eröffnet – dieser ist auch heute noch in Betrieb und sorgt dafür, dass Miyakejima der Hauptstadt ein gutes Stück näher gerückt ist. Ein Grund für die geringe Entwicklung der Insel liegt in der Gefährlichkeit der Lage begründet – siehe weiter unten.

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雄山 Oyama

Seit Anbeginn der Aufzeichnungen spielt der Vulkan im Zentrum der Insel die Hauptrolle. In den vergangenen 500 Jahren brach der Vulkan 13 mal aus – im Schnitt also alle 40 Jahre. In der jüngeren Vergangenheit hat sich der Abstand jedoch auf rund 20 Jahre reduziert – die letzten großen Eruptionen gab es 1940, 1962, 1983 und im Jahr 2000. Bei dem Vulkan handelt es sich um einen basaltischen Schichtvulkan, dessen Krater immer wieder neu geformt wurde. Der alte Krater hat einen Durchmesser von 3,5 Kilometern, aber vor rund 3000 Jahren entstand in dessen Mitte ein neuer Krater mit rund 1,6 Kilometer Durchmesser. Die höchste Erhebung dieses Kraters war bzw. ist der Oyama – der war bei der letzten genauen Messung 814 Meter hoch.

Näher kommt man dem Oyama heute nicht: Speergebiet
Näher kommt man dem Oyama heute nicht: Speergebiet
In der Nähe des Kraters sieht es streckenweise aus wie auf dem Mond
In der Nähe des Kraters sieht es streckenweise aus wie auf dem Mond

Der letzte grosse Ausbruch im Jahr 2000 kündigte sich Ende Juni mit zahlreichen Schwarmbeben an, wobei das Muster dem des grossen Ausbruchs von 1983 sehr ähnelte, weshalb entsprechende Vorsichtsmassnahmen getroffen werden konnten (bereits beim Ausbruch von 1983 gab es dank des Katastrophenschutzes keinerlei Verletzte oder gar Todesopfer zu beklagen). Am 10. August 2000 kam es zu Magma-Dampfexplosionen – vulkanische Bomben und pyroklastische Ströme gingen im Norden nieder, im Süden kam es zu Schlammlawinen. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Die Eruptionen gingen weiter und Asche ging selbst auf der gut 100 Kilometer entfernten Insel Hachijōjima nieder. Ausserdem konnte man im ebenfalls gut 100 Kilometer entfernten Grossraum Tokyo die emittierten vulkanischen Gase riechen. Der Vulkan stiess in den ersten Wochen geschätzte 11 Kubikkilometer vulkanisches Material aus. Während der Eruptionen sackte die innere Caldera zusammen und stürzte bis zu 500 Meter in die Tiefe. Der hernach neu gebildete Krater ist an seiner höchsten Stelle nur noch 775 Meter hoch und wird nachwievor als Oyama bezeichnet, obwohl sich die Landschaft auf dem Gipfel natürlich extrem verändert hat.

Blick vom 7-Insel-Aussichtspunkt gen Meer

Die Eruptionen liessen irgendwann nach, aber es waren letztendlich die Schwefelgase, die die Inselverwaltung sowie die Verwaltung von Tokyo dazu bewogen, die Insel komplett zu evakuieren. Pro Tag wurden bis zu 50,000 Tonnen Schwefelgase ausgestossen – diese Menge gilt weltweit als einzigartig. Die Menge ging nur langsam zurück – 2004 waren es immer noch rund 10,000 Tonnen pro Tag. Die Inselbevölkerung durfte schrittweise erst ab Anfang 2005 zurück – nach über 4.5 Jahren.

Auf die im Jahr 2000 neu gebildete Caldera (siehe Foto links oben) darf man auch über 20 Jahre nach der Eruption nicht rauf – die ganze Umgebung ist Sperrgebiet, und da hier noch immer mehrere Tonnen giftigen Vulkangases pro Tag aus dem Boden steigen, ist man gut darin beraten, sich vom Krater fernzuhalten. Der alte Krater rund um den neuen Krater wird 桑の木平カルデラ Kuwanokitaira-Caldera genannt, und der höchste Punkt dieses Kraters ist der 二男山 Ninan’yama, der „Zweimännerberg“. Auf dessen Gipfel befindet sich die 七島展望台 Shichitō Tenbōdai – die „7-Insel-Aussichtsplattform“, da man bei gutem Wetter von dort bis zu sieben der Izu-Inseln sehen kann.

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阿古 Ako

Ako ist das größte Dorf auf der Insel und liegt im Südwesten von Miyakejima – genau dort, wo die Bedingungen für einen Hafen am besten sind. Der Ort hat rund 1,000 Einwohner – Tendenz abnehmend. Da die meisten Besucher der Insel mit dem Boot eintreffen, findet man hier auch so etwas wie eine Fremdenverkehrsindustrie mit ein paar wenigen Restaurants, Führern und öffentlichen wie privaten Anlagen zum Thema Natur. Für Taucher zum Beispiel ist die Gegend interessant, da es vor der Küste dieses Teils der Insel Steinkorallen gibt – die Insel markiert die nördliche Grenze des Verbreitungsgebiets dieser Korallen. Der Ort ist zudem ein absolutes Paradies für jeden auch nur leicht an Geologie begeisterten Besucher. Japan hat ein reiches Spektrum geologischer Besonderheiten, und Miyakejima gehört unbestritten zu den spektakulärsten Landschaften. Die Natur offenbart hier allerdings auch ihre – aus menschlicher Sicht betrachtet – Schattenseite. Ein schwerer Vulkanausbruch im Jahr 1983 verschlang weite Teile des Ortes, und alle Bewohner mussten ab dem Jahr 2000 für fast fünf Jahre die Insel verlassen – siehe oben.

Von der Eruption von 1983 ist auch Jahrzehnte später sehr genau zu erkennen, was geschah. Ein riesiges Feld scharfkantiger Vulkanschlacke ergoss sich von einem der zahlreichen parasitären Krater bis zum Meer, und die Natur erobert sich dieses Gebiet erst langsam wieder zurück. Direkt an der Küste entstand quasi über Nacht der 新鼻新山 Nippana Shinzan – der „Neue-Nase-Neuberg“ – eine neue Landzunge, an deren Abbruch man sehr deutlich die verschiedenen Lagen vulkanischen Gesteins erkennen kann.

Das Lavafeld von 1983 bei Ako
Das Lavafeld von 1983 bei Ako
Der Lehrpfad - darunter standen mal über 400 Häuser
Der Lehrpfad – darunter standen mal über 400 Häuser

Es gibt kaum einen Ort in Japan, an denen man eindrucksvoller die Macht eines Vulkans erleben kann. In Ako, etwas abseits vom heutigen Ortszentrum und an der Inselringstrasse gelegen, gibt es den 火山体験遊歩道 Kazan Taiken Yūhodō – den „Vulkanerlebnisspazierweg“ – ein Holzsteg, der durch ein grosses Lavafeld von 1983 führt. Die Eruption begann am 3. Oktober 1983 damit, dass sich etwas unterhalb des Gipfels eine rund 4.5 Kilometer lange Erdspalte auftat, aus der erstmal dünnflüssige Lava sowie Feuerfontänen heraustraten. Mehrere Magmaströme entstanden, von denen einer sich mit rund 17 Kilometer pro Stunde auf den Ort Ako zubewegte. Die Lava wurde am Fusse des Berges immer langsamer. Trotzdem war es nicht möglich, die über 1’000 Grad heisse Masse aufzuhalten. Die Lava machte erst an einer Grundschule, kurz vor der Küste halt. Noch einen Tag zuvor wurde dort das Grundschulsportfest, eine regelrechte Tradition in Japan, bei der auch alle Eltern teilnehmen, statt. Die Gesteinsmasse drang bis in den zweiten Stock des dreigeschossigen Baus vor, so dass man jetzt noch die Schulruine gut sehen kann. Rund 430 der circa 500 Häuser von Ako wurde vom Lavastrom begraben – in der Ortschaft ist die Decke bis zu 10 m dick.

Die Ruine der Grundschule bleibt weiterhin bestehen, um eindrucksvoll zu erklären, welche Gefahr von Vulkanen ausgeht. Eine ähnliche Grundschulruine gibt es auch auf der Shimabara-Halbinsel in Nagasaki.

Die ehemalige Grundschule von Ako

Die Lava erreichte fast das Dach der Schule

Selbst zweihundert Tage nach der Eruption hatte die Lavamasse im Inneren noch eine Temperatur von rund 500 Grad – es dauert sehr lange, bis die Masse abkühlt. An der Oberfläche verbleibt sehr scharfkantige Zackenlava, auch Brockenlava beziehungsweise in der Geologie Aʻā-Lava genannt (das bedeutet „Autsch!“ auf hawaianisch, und man muss nur mal barfuss auf die Lava treten, um zu verstehen, was gemeint ist). Die scharfkantige Lava ist in der Tat gefährlich – man ist gut beraten, auf dem gepflegten Holzsteig zu bleiben. Diese Gesteinsform deutet darauf hin, dass die Lava hochviskos, sprich sehr dickflüssig war, was auch die geringe Geschwindigkeit erklärt. Die dünnflüssigere Pāhoehoe-Lava hinterlässt glattes Gestein, und das kann man oberhalb der Ortschaft sehen, wenn man ein bisschen läuft. Bei der Eruption von 1983 wurden rund 47 Millionen Kubikmeter Gesteinsmasse ausgestossen. Der Naturlehrpfad entlang der Schule erklärt auf etlichen Schautafeln diverse vulkanische Phänomene und ist deshalb hochinteressant. Interessant zu sehen ist, wie sich die Natur langsam ihren Platz zurückerobert. Hier und dort blitzen grüne Inseln aus dem schwarzen Basaltfeld – vor allem der Japanische Staudenknöterich schafft es hier, mit seinen meterlangen Wurzeln den nahrhaften Boden unterhalb der Lavadecke zu erreichen, so dass er auch hier gedeihen kann.

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大路池 Tairoike

Wer auf eine topographische Karte der Insel schaut (siehe auch Karte oben), bemerkt zwei kraterförmige Depressionen im Süden der Insel. Hier befinden sich ein paar kleinere Seen – der grösste davon ist der Tairoike. Der See hat einen Umfang von gerade mal gut 2 Kilometern und ist Teil eines Vogelschutzgebietes. Im See wurde eine nur hier vorkommende Algenart entdeckt, aber der starke Ascheregen nach dem Ausbruch von 1983 sorgte dafür, dass die Alge so gut wie ausgestorben ist.

Obwohl der See mit seiner runden Form und den steilen Wänden wie ein Krater aussieht, ist dies eigentlich kein Krater. Vor mehr als zweitausend Jahren floss hier Lava den Berg herunter Richtung Meer. Beim heutigen See drang die Lava in den Grundwasserleiter vor, was zu einer gewaltigen Dampfexplosion (genannt phreatomagmatische Explosion) führte. So entstand der heutige See, und er gehört mit dem Alter von mehr als 2000 Jahren, in der Geologie ist das lediglich ein Augenblick, zu den ältesten sichtbaren Landschaftsformen der Insel Miyakejima.

Der See und die nähere Umgebung sind heute Vogelschutzgebiet. Hier kommt unter anderem die Izu-Drossel vor, und der hat man auch ein Besucherzentrum gewidmet – das アカコッコ館 Akakokko-kan Naturzentrum, wo man etwas über die Natur der Umgebung erfahren kann.

Am Westufer des Sees steht die 迷子椎 Maigo-Jii, die „Scheinkastanie der sich Verlaufenden“. Der Baum hat einen Stammumfang von 7,5 Metern und eine Höhe von 15 Metern. Seit Jahrhunderten hat der Baum eine religiöse Bedeutung für die Inselbewohner, gilt er doch als Wohnsitz des Gottes, der die Vulkanausbrüche („das Feuer“) herbeiführt. Sobald sich der Berg regte oder irgend etwas auf einen neuen Ausbruch hindeutete, betete man, womöglich an diesem Baum, damit sich das Unheil in Grenzen hält. Das „der sich Verlaufenden“ im Namen spielt darauf an, dass der Baum inmitten der dichten Vegetation der Umgebung lange Zeit der höchste Baum war – erblickte man ihn, wusste man, wo man ist. Das kann man heute nicht mehr sagen, da die Bäume in der Umgebung längst eine ähnliche Grösse erreicht haben.

Der Tairoike auf Miyakejima
Der Tairoike auf Miyakejima
Die gewaltige Scheinkastanie - ein heiliger Baum auf der Insel
Die gewaltige Scheinkastanie – ein heiliger Baum auf der Insel

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椎取 Shiitori

Der Nordosten der Insel gehört zur Gemeinde Kamitsuki und ist sehr dünn besiedelt – aber die Küste ist hier spektakulär. Hier befindet sich der 椎取神社 Shiitori-Schrein. In Japan existiert eine mehr als eintausend Jahre alte Liste aller Schreine (Anmerkung: Schreine sind shintoistisch, Tempel sind buddhistisch) – die 延喜式神名帳 Engishiki Jinmyōchō. Diese Liste enthielt insgesamt 2,861 Schreine – und 12 von denen befanden sich auf dieser kleinen Insel fern ab von allem. Einer dieser 12 Schreine ist der Shiitori-Schrein. Leider fiel dieser Schrein vollständig einer Schlammlawine zum Opfer, die während des Vulkanausbruchs im Jahr 2000 den Berg herunterrollte. Was man heute sieht, ist eine Art Provisorium. Aufgrund der vulkanischen Gase, die nach 2000 die Insel bedrohten, sind fast alle Bäume in der Gegend des Schreins abgestorben, doch 20 Jahre später ist das kaum noch zu erkennen.

Rund einen Kilometer vom Schrein entfernt, auf halbem Wege Richtung Inselmitte, gibt es einen weiteren interessanten Aussichtspunkt – den 火の山峠 Hinoyama-Tōge (Feuerbergpass). Von dort kann man auf einen Teil der Küste und das Meer schauen – dabei fällt vor allem ein kleiner, schwarzer Berg auf: Das ist der Hyōtan’yama – der „Flaschenkürbisberg“. Die Kraterform ist unverkennbar – das ist ein parasitärer Krater, der bei einer starken Eruption im Jahr 1940 entstand. Bemerkenswert ist die Geschwindigkeit. Vorher gab es hier eine kleine, windgeschützte Bucht, in der oftmals Schiffe ankerten, doch es dauerte keine 22 Stunden, bis die Bucht zugeschüttet wurde und ein neuer, kleiner Berg entstand.

Der provisorische Shiitori-Schrein im Nordosten von Miyakejima
Der provisorische Shiitori-Schrein im Nordosten von Miyakejima
Blick von der Feuerberg-Aussichtsplattform auf den Flaschenkürbisberg
Blick von der Feuerberg-Aussichtsplattform auf den Flaschenkürbisberg

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Umgebung

Rund 22 Kilometer südlich von Miyakejima liegt die 御蔵島 Mikurajima – eine weitere Vulkaninsel. Mit 20 Quadratkilometern ist diese ebenfalls fast runde Insel nur ein gutes Drittel so gross wie Miyakejima. Der höchste Berg heisst hier genau so wie der höchste Berg von Miyakejima: 雄山 Oyama, und er ist fast genauso hoch: 851 Meter. Natürlich handelt es sich auch hier um einen Vulkan – der allerdings seit mindestens 5000 Jahren erloschen ist.

Das Terrain der Insel ist eher unwirtlich – wie eine schwarze Wand erhebt sich die Insel aus dem Meer, so dass nur Platz für einen winzigen Hafen ist, und der kann oftmals aufgrund der nicht selten unruhigen See nicht angelaufen werden. Deshalb leben auf der Insel auch nur gut 300 Menschen, die hauptsächlich von der Fischerei und der Landwirtschaft leben – und vom Ökotourismus, denn in der Inselnähe halten sich gern Delfine auf.

Wasserfälle auf der Insel Mikurajima
Wasserfälle auf der Insel Mikurajima

Rund 10 Kilometer westlich von Ako ragen seltsame Felsen aus dem Meer – dies sind die 大野原島 Ōnohara-jima (-jima = Insel(n)). Diese Schären bestehen aus 10 winzigen bis kleinen Inselchen, von denen jedoch nur drei wirklich sichtbar sind. Die Gesamtfläche ist gerade mal 0.02 Quadratkilometer, aber der höchste Felsen ist immerhin 114 m gross. Die Inselchen sind natürlich unbewohnt – zumindest von Menschen, denn hier brüten viele geschützte Vogelarten. Früher gab es dort auch einmal Robben. In der Umgebung der Insel bewegt sich auch eine Delfinschule, die wohl von der Insel Mikurajima hierher gekommen ist.

Ōnohara-Inseln bei Miyakejima
Ōnohara-Inseln bei Miyakejima

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Anreise

Es gibt drei Möglichkeiten, nach Miyakejima zu gelangen: Mit dem Flugzeug, dem Hubschrauber oder dem Schiff. Die Schiffe fahren vom 竹芝埠頭 Takeshiba-Futō (Takeshita-Pier) ab – der befindet sich mitten in Tokyo und ist sehr leicht erreichbar – mit der Yurikamome-Linie von Shimbashi aus (an der Yamanote-Linie). Von hier verkehren die Fähren der 東海汽船 Tōkai-Kisen. Jede Nacht um 22:30 fährt das Boot von Tokyo ab und kommt am nächsten Morgen zur unchristlichen Zeit von 5:00 morgens in Miyakejima an. Danach fährt das Schiff weiter über Mikurajima bis nach Hachijōjima. Auf dem Weg zurück legt das Boot 13:45 in Miyakejima an – um 19:50 ist man dann zurück in Tokyo.

Die Tachibana-maru verkehrt täglich zwischen Tokyo und Miyakejima
Die Tachibana-maru verkehrt täglich zwischen Tokyo und Miyakejima
Klasse Standardpreis
2等 (2. Klasse) ¥6,450
特2等 (2. Klasse Extra) ¥9,680
1等 (1. Klasse) ¥12,900
特1等 (1. Klasse Extra) ¥15,480
特等 (Sonderklasse) ¥18,060

Auf der Fähre gibt es fünf verschiedene Klassen – da ist für jeden Geldbeutel etwas dabei, denn die günstigste Klasse ist wirklich sehr günstig, zumal man bedenken muss, dass man zumindest bei der Hinfahrt quasi eine Übernachtung spart, wobei das Ticket in etwa so viel kostet wie ein normales Businesshotel.

Die billigste Klasse besteht aus einem kleinen, aber sehr sauberen „Verschlag“ mit Fussbodenmatten und kleinen Trennwänden im Kopfbereich. Sollte die Fähre halbwegs ausgebucht werden, wird es eng – ein Liegeplatz ist nicht einmal einen Meter breit. Die nächsthöhere Klasse besteht bereits aus kleinen Kojen, und die teuerste, die Sonderklasse, aus kleinen Zimmern mit zwei richtigen Betten. Wie es sich für eine Sonderklasse gehört.

Die zweite Klasse mit 10 Schlafplätzen pro Koje

Die Fähre kann insgesamt 596 Passagiere beherbergen. Es gibt zwei geräumige Decks, eines überdacht und eins unter freiem Himmel, sowie ein Restaurant und dergleichen. Auf dem Weg nach Tokyo hält die Fähre nirgendwo; auf dem Weg nach Hachijojima hält die Fähre, so Bedarf besteht und das Wetter nicht zu schlecht ist, auf der Insel Mikurajima. Die Strecke zwischen Mikurajima und Tokyo kann man problemlos an Deck verbringen, denn es gibt viel zu sehen – erst fährt man an Kawasaki, Yokohama und Yokosuka vorbei quer durch die Bucht von Tokyo; danach fährt man an den ganzen Izu-Inseln vorbei.

Mehr Informationen zur Fähre gibt es bei www.tokaikisen.co.jp/. Dort kann man auch online reservieren – so man des Japanischen mächtig ist.


Man kann auch mit dem Flugzeug nach Miyakejima fliegen – allerdings sind Inselflughafen, Entfernung und Bedarf nicht gross genug, um „normale“ Flugzeuge fliegen zu lassen. Stattdessen wird Miyakejima, wie auch die anderen Inseln zwischen Miyakejima und der Izu-Halbinsel, von dem wenig bekannten Flughafen Chōfu mitten in Tokyo angeflogen. Die Fluglinie NCA (New Central Airservice) fliegt zwei bis drei Mal pro Tag, die Dauer beträgt rund 50 Minuten. Der Spass ist nicht ganz billig – der einfache FLug kostet 17,500 yen, der Hin- und Rückflug kostet 31,900 yen (beziehungsweise einfach nur das Doppelte, wenn Saison ist). Mehr Infos gibt es auf der Webseite der Airline: central-air.co.jp.


Als Alternative gibt es noch den sogenannten 東京愛らんどシャトル Tokyo Island Shuttle (island ist hier ein Wortspiel – man schreibt das „Ai“ in „airando“ mit dem Schriftzeichen für „Liebe“ – eine Hubschrauberlinie, bei der der Helikopter von Aogashima rund 70 km südlich von Hachijojima alle bewohnten Inseln bis hin zur am Eingang zur Bucht von Tokyo gelegenen Insel Toshima abklappert. Der einfache Flug von Hachijojima bis Mikurajima kostet 14,950 yen (rund 30 Minuten), der nach 利島 Toshima im Norden 15,400 yen. Der Hubschrauber fliegt jeweils nur ein Mal am Tag und ist anfälliger gegenüber schlechtem Wetter – sobald es diesig wird, fallen die Flüge aus. Flugzeiten, Preise und dergleichen kann man hier einsehen.

Island-Hubschrauber der TAL-Linie
Island-Hubschrauber der TAL-Linie

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Übernachtung

Luxushotels gibt es weniger auf Miyakejima – dazu ist die Insel nicht beliebt genug bei den üblichen Touristen. Aber es gibt hier und da einige Pensionen. Dazu zählt die 民宿姉妹 Minshuku Shimai. Minshuku ist eine traditionelle Herberge, „shimai“ bedeutet „Schwestern“. Warum die Herberge „Schwestern“ heisst, wird nicht wirklich ersichtlich. Sie wird von einem älteren Japaner und seiner Frau, einer Koreanerin, betrieben. Beide sind sehr, sehr freundlich. Die Herberge befindet sich im Ortsteil Tsubota, etwas nördlich vom Flughafen. Eine Übernachtung mit Abendessen und Frühstück kostet um die 7’700 Yen. Zum Abendessen Appetit mitbringen – es wird ordentlich aufgetischt. Und zwar traditionelle japanische und koreanische Hausmannskost (besonders die „Chijimi“ waren außergewöhnlich gut). Am besten telefonisch reservieren: Telefon: 04994-8-5655 (Mobil: 090‐7266‐3327). Der Betreiber vermietet übrigens auch gern ein Auto – und fährt auch bis zum Hafen auf der anderen Seite der Insel, um Gäste abzuholen. Das Gebäude und die Zimmer sind etwas älter, aber die Atmosphäre und die Herzlichkeit der Betreiber sollte man sich nicht entgehen lassen.

Achtung: Hier wird ordentlich aufgetischt. Minshuku Shimai
Achtung: Hier wird ordentlich aufgetischt. Minshuku Shimai

Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.

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tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

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