ChubuGifuGifu - Kormoranfischer und ein Burgberg

Gifu – Kormoranfischer und ein Burgberg

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Lage von Gifu
Region: 中部 Chūbu
Präfektur: 岐阜 Gifu

岐阜 Gifu

3 von 5 Sternen: Kann man sehen, muss man aber nicht

Name:

Gifu – so lautet auch der Name der Präfektur. Der Name ist eine Zusammensetzung von „Gi“ im Namen des Berges „Gizan“ und „fu“ im Geburtsort von Konfuzius (Qufu in China). Der Name wurde vom berühmten Oda Nobunaga ausgewählt.

Lage:

Die Stadt Gifu liegt im Süden der gleichnamigen Präfektur und fast genau 30 km nordwestlich von Nagoya. Direkt im Stadtgebiet geht die Ebene in steiles Bergland über.

Ansehen:

Die Burg von Gifu. Das Kormoranfischerviertel am Fluss Nagaragawa nebst Museum und schöner Uferpromenade.

Blick auf das Stadtzentrum von Gifu
Blick auf das Stadtzentrum von Gifu

Beschreibung

Das Stadtgebiet von Gifu erstreckt sich über 200 Quadratkilometer, auf denen rund 400’000 Einwohner leben. Diese arbeiten jedoch teilweise in der nahegelegenen Millionenstadt Nagoya und pendeln dorthin zur Arbeit. Mit dem Namen Gifu verbinden die meisten jedoch weniger die Stadt als die Präfektur – eine der 6 (von 47) Präfekturen, die keine Meeresküste aufweisen.

Obwohl die Stadt Gifu heute weder für Besucher noch für Japaner eine Stadt ist, die es unbedingt zu besuchen gilt, spielte sie in der Geschichte eine ziemlich wichtige Rolle. Bis ins 16. Jahrhundert unter mehreren Namen bekannt – darunter 稲葉山 Inabayama – liegt Gifu an einer strategisch wichtigen Stelle – und zwar im Mittelpunkt der Insel Honshu und am Schnittpunkt wichtiger Handelswege. Sie lag im Zentrum der alten Provinz Mino und wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts zu einem Schauspiel wichtiger Machtkämpfe. Der Daimyo Oda Nobunaga, den in Japan jedes Kind kennt, war ein wichtiger Wegbereiter der Vereinigung des gesamten Landes (die Vereinigung konnte er selbst aufgrund eines Verrats nicht selbst vollenden – die Lorbeeren heimste Tokugawa Ieyasu ein) und schlug in Inabayama eine wichtige Schlacht. Hernach errichtete er hier eine prächtige Residenz und nannte den Ort in Gifu um.

Mitten durch das Stadtgebiet fliesst der 長良川 Nagara-gawa – ein 166 Kilometer langer Fluss, der aus den Bergen kommend Richtung Süden fliesst und schliesslich in die Ise-Bucht mündet. 1939 wurde der Lauf des Flusses im Stadtgebiet von Gifu geändert, um einige der Flussauen nutzbar zu machen. Der Fluss ist heute vor allem für eine alte Tradition bekannt – der Kormoranfischerei.

鵜飼 [ukai] Kormoranfischerei

Im Stadtgebiet von Gifu betreibt man auch heute noch Kormoranfischerei, wenngleich im kleineren Stil und hauptsächlich aus touristischen Gründen. Die Kormoranfischerei findet hauptsächlich am 長良川 Nagara-gawa Fluss statt, man fängt in erster Linie einen Ayu genannten, kleineren Wanderfisch. Die Kormoranfischerei gibt es schon sehr lange und das Prinzip ist einfach. Mittels einer Schnur um den Hals können die Kormorane die ersten Fische, die sie fangen, nicht herunterschlucken — man entnimmt ihnen den Fisch aus dem Kropf. Erst nach einer Weile wird das Band entfernt, so dass die Vögel die Beute behalten können.

Zur Kormoranfischerei benutzt man vorzugsweise Meereskormorane, da Flusskormorane kleiner – und etwas cleverer – sind. Die Vögel werden gefangen, wenn sie rund ein Jahr alt sind. Nach rund zwei Jahren Training können sie für die Jagd verwendet werden. Die Tiere werden bis zu 35 Jahre alt. Beim Training gibt es einiges zu beachten: Wenn man von einem Kormoran gebissen wird, hilft kein Schimpfen oder gar eine Bestrafung – die Tiere gehorchen danach ihren Besitzern sonst überhaupt nicht. Und die Kormorane hassen glitzernde Sachen – Ringe, Uhren und dergleichen machen die Vögel nervös. Einen Namen gibt man den Kormoranen nicht — stattdessen werden sie nummeriert und nach Altersgruppen unterschieden.

Junger Kormoran beim Training
Junger Kormoran beim Training

Kinkazan & Gifu-jō

Direkt am Nagaragawa thront eine kleine, aber feine Burg über dem Fluss (und dem Großteil der Stadt). Die Burg steht auf dem Gipfel des schroffen, 329 m hohen 金華山 Kinkazan (in etwa: Goldprachtberg). Der besteht hauptsächlich aus Hornstein, einem sehr witterungsbeständigen Material, und deshalb erhebt sich dieser Berg auch nach hunderten Millionen Jahren noch immer über der nur 10 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Ebene im Süden. Der Kinkazan ist der „Stadtberg“ und beliebtes Ausflugsziel der Bewohner von Gifu, mit einer fantastischen Aussicht (bei gutem Wetter kann man problemlos bis Nagoya und zur Ise-Bucht schauen) bei Tag und einer grandiosen Nachtkulisse mit einem riesigen Lichtermeer im Süden.

Die Burg Gifu auf dem Kinkazan
Die Burg Gifu auf dem Kinkazan

Die Burg trägt den Namen 岐阜城 Gifu-jō, begann ihre Geschichte aber unter dem Namen Inabayama, und das bereits im Jahr 1201. Obwohl die Burg im Jahr 1601 stillgelegt und zum grossen Teil abgetragen wurde, um in unmittelbarer Nähe eine neue Burg zu errichten, zählt Gifu-jō den 100 berühmtesten Burgen Japans. Erst 1910 wurde der Hauptbau neu errichtet, brannte aber 1943 völlig nieder. Die jetzige Struktur stammt aus dem Jahr 1956, soll aber nicht allzu viel mit dem Original gemein haben.

Die Geschichte der Burg ist eng mit dem Namensgeber der Stadt, 織田信長 Oda Nobunaga, verbunden. Dessen Namen kennt in Japan jedes Kind – der Daimyō lebte im 16. Jahrhundert und gilt als der erste der drei Reichseiniger. Während seiner Lebenszeit war das Archipel unter zahlreichen, mehr oder weniger stark zerstrittenen Clans aufgeteilt und der Kaiser weitestgehend machtlos. Durch militärisches Geschick gelang es Oda, fast ganz Zentraljapan zu einigen, bis er beim berühmten 本能寺の変 Honnōji-no-hen (Honnō-Tempel-Zwischenfall) von seinem eigenen General zum rituellen Selbstmord getrieben wurde. Der General Akechi Mitsuhide, so beschreiben es zumindest historische Quellen, wurde von Oda mehrfach erniedrigt und hegte somit einen persönlichen Groll, was ihn dazu veranlasste, den Tempel in Kyoto, in dem Oda nächtigte, mit seinen Truppen anzugreifen. Die Reichseinigung musste Oda somit einem anderen ehemaligen Untergebenen, Toyotomi Hideyoshi, überlassen – mehr dazu siehe unter Geschichte Japans.

Der Nachbau der Burg Gifu von Nahem
Der Nachbau der Burg Gifu von Nahem

Oda Nobunaga war nicht nur ein brillanter Feldherr, sondern auch in anderen Bereichen sehr einfallsreich und aktiv. So sorgte er dafür, dass die Stände getrennt wohnen, so dass der jeweilige Stand (Bauern, Händler, Soldaten, Handwerker) gesondert gefördert werden konnte. Er schuf quasi das Prinzip der „Burgunterstadt (城下町)“, das sich selbst heute noch im Stadtbild vieler japanischer Städte widerspiegelt. Waren vorher spezielle, schwer erhältliche Genehmigungen erforderlich, um Handel treiben zu dürfen, erlaubte er jedermann, Handel zu treiben, was zu einer wirtschaftlichen Belebung der Gegend führte.

Unterhalb der Burg, gibt es einen netten Park – passenderweise 岐阜公園 Gifu-Kōen (Gifu-Park) genannt, an dem sich auch das städtische Gesichtsmuseum anschliesst, und das ist aufgrund der historischen Bedeutung der Stadt durchaus sehenswert. Wer den steilen Kinkazan nicht hochlaufen möchte, kann vom Park aus mit der Seilbahn bis nach oben fahren. Die Hin- und Rückfahrt kostet pro Erwachsenen 1’100 Yen; Kinder (unter 12 Jahren) zahlen die Hälfte. Die Bahn gibt es schon seit den 1950ern und legt auf knapp 600 Meter Länge 255 Höhenmeter zurück – der Berg ist also wirklich ziemlich steil. Gleich neben der Gipfelstation gibt es ein Tonkatsu-Restaurant und ein Eichhörnchenpark für die lieben Kleinen. Von der Station ist der Weg zur Burg ein sehr netter Spaziergang auf dem Bergkamm – dafür braucht man keine 10 Minuten. Von der Burg selbst (Eintritt: 200 yen) hat man einen fantastischen Ausblick auf Gifu, Nagoya sowie die Bergwelt im Norden.

Während es rund um den Kinkazan, von den Besucherhorden einmal abgesehen, eher gemächlich zugeht, tobt in der Innenstadt in der Nähe des Bahnhofs natürlich das Leben – im Stadtviertel 柳ヶ瀬 Yanagase gibt es unzählige Geschäfte und Restaurants, sowie den für japanische Verhältnisse relativ grossen Innenstadtplatz 金公園 Kogane-Park. Das Stadtzentrum sticht aber letztendlich nicht besonders hervor – wenn man andere japanische Innenstädte in der Provinz gesehen hat, kann man das Zentrum von Gifu gern links liegen lassen.

Umgebung

Liegt nicht mehr im Stadtgebiet von Gifu, aber nur gute 25 Kilometer Luftlinie entfernt, auf halbem Weg zum Biwa-See: 関ヶ原 Sekigahara. Der kleine Ort war im Jahr 1600 Schauplatz einer erbitterten Schlacht zwischen der Armee des Ostens Japans und der des Westens. Tokugawa Ieyasu (Osten), der mit dem Sieg über den Toyotomi-Clan und deren Verbündete (Westen) den Beginn der Edo-Zeit einläutete, erlangte so die Herrschaft über praktisch ganz Japan und sollte drei Jahre später Edo, das heutige Tokyo, zum Regierungssitz machen. Die Schlacht muss recht chaotisch verlaufen sein, denn hier kämpften nicht zwei geschlossene Armeen, sondern viele Clans und Gruppen, die teilweise kurz vor und zum Teil sogar während der Schlacht die Seiten wechseln. Auf beiden Seiten kämpften geschätzt jeweils über 80,000 Menschen – für damalige Verhältnisse also eine ziemlich grosse Schlacht, erst recht, wenn man bedenkt, dass damals in Japan nur zwischen 10 und 20 Millionen Menschen lebten. Über die genauen Verluste gibt es keine belastbaren Zahlen, aber diverse Schätzungen gehen davon aus, dass allein von der Westarmee über 30’000 Menschen starben.

Gedenkstein der entscheidenden Schlacht in Sekigahara
Gedenkstein der entscheidenden Schlacht in Sekigahara

Das ehemalige Schlachtfeld besteht heute hauptsächlich aus Ackerland. Die Hauptgedenkstätte der Schlacht – wohl der Ort, von dem Tokugawa Ieyasu anfangs die Truppen befehligt – ist eher unprätentiös (siehe Foto oben), weshalb Sekigahara mehr etwas für Geschichtsfans ist.

Anreise

Gifu liegt an der wichtigen 東海道本線 Tōkaidō-Haupttrasse, einer wichtigen Bahnstrecke von JR, was bedeutet, dass der Railpass benutzt werden kann. Mit einem normalen Expresszug braucht man auf dieser Strecke nur 19 Minuten bis Nagoya, die einfache Fahrt kostet 470 yen. Auf der gleichen Strecke kann man, in die andere Richtung, bis nach Kyoto und dann weiter nach Osaka und Kobe fahren. Der einfache Zug braucht knapp 2 Stunden und kostet 1’980 yen — allerdings muss man meistens zwei Mal umsteigen (in Ōgaki und Maibara). Die Fahrt ist landschaftlich besonders schön, da man erst durch ein enges Tal inmitten hoher, im Winter in der Regel schneebedeckter Berge fährt, gefolgt von der Fahrt entlang des Biwa-Sees, dem mit Abstand grössten Sees Japans.

Hida-Express von Gifu nach Takayama
Hida-Express von Gifu nach Takayama

Von Gifu kommt man auch gut mit dem Zug nach Takayama, ebenfalls in der Präfektur Gifu. Auf der JR Takayama-Linie fahren Bummelzüge (fast 4 Stunden, 2’640 yen) sowie Expresszüge (Hida-Express, rund 2 Stunden, 5’030 yen). Die Strecke ist ebenfalls absolut empfehlenswert, da landwirtschaftlich sehr schön. Der Express fährt sogar weiter bis Toyama am Japanischen Meer.

Übernachtung

Direkt am Fluss, auf der gegenüberliegenden Seite des Kinkazan und der Burg, steht das altehrwürdige 鵜匠の家 すぎ山 (Ushō-no-ie Sugiyama). Ushō ist der „Kormoranmeister“ — man kann also den Namen mit „Sugiyama – Haus des Kormoranmeisters“ nennen. Das Hotel befindet sich direkt im alten Viertel der Kormoranfischer, und mit etwas Glück kann man beobachten, wie die Fischer an der Promenade vor dem Hotel ihre Tiere abrichten. Mit den Kormoranen fängt man 鮎 Ayu, ein stintartiger Fisch, der in Japan als Delikatesse gilt. Wie es sich für eine solche Herberge gehört, wird hier auch auf Wunsch Essen serviert, und das Sugiyama ist so gut, dass es sogar Hoflieferant des Kaiserlichen Hofes ist.

Für eine Übernachtung sollte man pro Person ab 12’000 yen einplanen – während der Hochsaison das Doppelte. Wer dort zu Abend essen möchte, sollte lange im Voraus reservieren, da das Essen dort berühmt und deshalb oft ausgebucht ist.

Das Hotel ist traditionell japanisch eingerichtet, und als Hotelgast kann man die heißen Quellen („onsen“) des Hotels nutzen. Mehr zum Hotel siehe hoteleigene Webseite: www.gifu-sugiyama.com.

Das Hotel Usho-no-ie Sugiyama in Gifu
Das Hotel Usho-no-ie Sugiyama in Gifu

Zu allgemeinen Übernachtungstipps siehe Übernachtungstipps Japan.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

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