BlogUnd weg war die Klimaanlage

Und weg war die Klimaanlage

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Alles begann mit einem kleinen, orangefarbenen Lämpchen, versehen mit der Aufschrift お手入れ oteire – Wartung. Zwei, drei Tage später kam gelegentlich nur noch heiße Luft aus der エアコン „eakon“ – von „AIR CONditiioner“ – die Ursache war schnell gefunden: Zwar funktionierte der Teil der Klimaanlage, der sich im Haus befindet – nicht aber das Teil außerhalb des Hauses. Mit ein paar Tricks lief die Anlage noch ein paar Tage, aber die Tage waren offensichtlich gezählt. Die Selbstdiagnose der Anlage gab bekannt: Der Kompressor ist im Eimer. Und der Austausch kostet bis zu 400 Euro. Die Klimaanlage ist für das Wohnzimmer zuständig und wurde vor 7 Jahren in großer Eile und mit schmalem Budget gekauft, und das schien sich nun zu rächen. Normalerweise halten Klimaanlagen etwas länger – eine andere Klimaanlage für eines der kleinen Zimmer verrichtet schon seit 16 Jahren ohne zu Murren ihren Dienst. 

Reparieren oder austauschen? Letztendlich entschieden wir uns für das Austauschen. Die neue Klimaanlage kostet zwar rund 2‘000 Euro, aber langfristig gesehen ist das gut investiertes Geld, da diese Anlagen deutlich weniger Strom verbrauchen – Klimaanlagen für größere Wohnungen haben eine Leistung von bis zu 7‘000 Watt und sind mit Abstand die größten Stromfresser im Haushalt. Egal ob Austausch oder Reparatur – man muss natürlich ein paar Tage warten, und das ist bei Tageshöchsttemperaturen bis 37 Grad bei 80% Luftfeuchtigkeit leichter gesagt als getan. Mit Horror denke ich da an 2018 zurück – es gab einen extrem heissen Juli, und die Klimaanlage im Büro gab ihren Geist auf. Aufgrund der extrem heissen Wetterlage waren wir nicht die einzigen und mussten so über zwei Wochen auf Erlösung warten. Und so viel sei gesagt – zwei Wochen in einem Büro mitten in Tokyo ohne Klimaanlage zu arbeiten ist gelinde gesagt eine Herausforderung. 

Der Kauf einer Klimaanlage bereitet jedes Mal ein bisschen Unbehagen, denn umweltfreundlich sind die Anlagen natürlich nicht, zumal sie auch einen Teufelskreislauf erzeugen: Klimaanlagen blasen im Sommer zwar kalte Luft in die Wohnung – dafür aber heiße Luft nach draußen. Je mehr Menschen in der Stadt als eine Klimaanlage benutzen, desto mehr wird die Stadt zur Hitzeinsel – und zwingt dementsprechend mehr Menschen dazu, die Klimaanlage anzuschalten. 

Kann man einen japanischen Sommer ohne Klimaanlage überleben? Gefühlt nein, aber es geht. Je mehr man jedoch in der Stadt lebt, umso schwieriger wird es. Außerdem hängt das davon ab, wo genau man wohnt. Lebt man unweit der Küste (auch mitten in Tokyo), herrscht eigentlich ständig Wind, den Rest kann man mit Ventilatoren regeln. Doch die meisten Wohnhäuser sind nicht wärmeisoliert – die Häuser heizen sich in der Sonne in Windeseile auf (und im Winter kühlen sie umgehend aus). Das ist durchaus gefährlich – man läuft Gefahr, nachts oder am frühen Morgen einen Hitzschlag zu erleiden, denn die Nachttemperaturen liegen im Hochsommer bei knapp 30 Grad, und diese Marke wird oft schon um 8 oder 9 Uhr morgens überschritten. 

Klimaanlagen wählt man in Japan nach Zimmergröße aus, und die wird in Japan in Tatamimatten ( jō) gemessen. Der häufigst Zimmertyp ist 6 jō, rund 10 Quadratmeter, und für diesen Typ gibt es entsprechend die meisten Anlagen. Beim Kauf ist Rechenkunst gefragt. Es gibt billige Anlagen für rund 400 Euro – die verbrauchen aber entsprechend mehr Strom und gehen natürlich oft schneller kaputt. Gute Anlagen kosten das doppelte bis dreifache, haben dann aber auch oft 10 Jahre Garantie, und mit ihnen spart man mitunter ein paar hundert Euro pro Jahr. 

Übrigens benötigen Klimaanlagen eine gesonderte Steckdose. Während die Standardsteckdose in Japan je nach Region zwischen 100 und 110 Volt liefert, brauchen Klimaanlagen eine 200-Volt-Steckdose. 

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Ich habe in Japan die Erfahrung gemacht dass in den Regionen auch unterschiedliche Stromstecker gibt. Zumindest 2 verschiedene habe ich in Erinnerung. Also immer gute Adapter mitnehmen.

  2. Ich meine mal gehört zu haben, dass die Geräte zudem auch ab und an gewartet/gereinigt werden sollen, weil sich womöglich im Gerät Schimmel bilden könnte, der dann im ganzen Zimmer verteilt wird. Weil das Problem Schimmel in meiner alten Bruchbude damals im Austauschjahr omnipräsent war, habe ich dann pflichtbewusst mal so ein Reinigungsspray gekauft, mit mit dem die Aircon dann sorgfältig durchgepustet wurde. Obs geholfen hat? Vermutlich eher nicht so sehr.

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