Nara? Nein. Kamakura? Nein. Alles falsch. Hin und wieder irren da die Reiseführer, denn nicht selten wird der 17 Meter hohe 大仏 daibutsu (grosser Buddha) in Nara als höchste Statue ausgewiesen, oder manchmal auch der „nur“ 11.4 m grosse Daibutsu von Kamakura. Selbst viele Japaner halten eine der beiden Statuen für die grösste Buddhastatue des Landes, wobei man hier vorsichtigerweise ein „historisch“ einschieben sollte.
Spektakulär sind die Statuen auf jeden Fall, erst recht, wenn man das Alter bedenkt. Die schwarze Statue im Tempel Tōdaiji wurde schliesslich in der Mitte des 8. Jahrhunderts errichtet, und die Tempelhalle selbst, in der die Statue steht, ist einfach nur beeindruckend — die Halle gilt immerhin als grösstes historisches Bauwerk aus Holz. Die Statue selbst heisst übrigens offiziell Tōdaiji Rushana Butsuzō.
Nach Nara schaffen es nicht alle Japan-Besucher, dafür aber in der Regel nach Kamakura, denn das ist von Tokyo aus hervorragend in einer Tagestour zu erreichen. Die dortige Statue wurde in der Kamakura-Zeit, also rund um das 13. Jahrhundert, gebaut und besteht aus Bronze. Genau wie der große Buddha in Nara stand auch diese Statue einst in einer großen Halle – doch die hielt diversen Starkwinden, Tsunamis und Erdbeben nicht stand, so dass man die Statue letztendlich im Freien stehen ließ. Der Clou: Die Statue ist begehbar, man kann hier nach ein paar Stufen aus dem Rücken schauen.


Was die Größe anbelangt, ist der Daibutsu in Nara jedoch gerade mal auf Rang 16 in Japan – und der Daibutsu von Kamakura auf Rang 24. Denn die grösste Buddha-Statue steht in der Gemeinde Ushiku in der Präfektur Ibaraki, berüchtigt für sein „Ausländergefängnis“, und ist genau 100 Meter gross. Touristen zieht die Statue dennoch kaum an, denn sie wurde erst 1993 errichtet und ist damit alles andere als historisch. Auch die Nummer 2, 41 Meter gross, ist „jung“ und stammt aus dem Jahr 1995.
Am Nokogiriyama in der Präfektur Chiba, und damit in etwa genauso weit von Tokyo entfernt wie Kamakura, steht die Nummer 3: Der 31 Meter hohe „Nihonji-Daibutsu“. Der ist zwar auch viel jünger als seine oben genannten Kollegen, denn er wurde erst 1783 in den Felsen gehauen, aber das kann man auch noch als „historisch“ durchgehen lassen. Zumal seine Geschichte interessant ist: Die Tempelanlage „Nihon-ji“ (quasi „Japan-Tempel“) war nämlich einst sehr bedeutsam, doch die Bedeutung schwand im Laufe der Jahrhunderte, und der ursprünglich 38 Meter hohe Buddha verwitterte, da er schon immer im Freien stand und aus dem relativ anfälligen Boso-Stein gehauen wurde.
1966 beschloss man, die Statue wieder herzurichten – indem man quasi den Kern als Grundlage für die jetzige Statue nutzte. Dabei verlor die Statue zwar 7 Meter Höhe, doch das Ergebnis ist dennoch imposant. Der einzige Makel ist da nur noch die Jahreszahl, denn das Entstehungsjahr wird nun häufig mit „1966“ angegeben, was nicht ganz der Wahrheit entspricht.
Buddha hin oder her — ein Ausflug zum Nihonji und dem Nokogiriyama kann ich jedem nur wärmstens empfehlen, vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Mehr dazu siehe hier.
Ich habe das Gefühl, ich war schon bei 20 verschiedenen „größten Buddhas Japans“. ;)
Meist gibt es da ja einen kleinen Zusatz „höchste Buddha-Staute in einem Gebäude“, „größter Buddha mit nur einem Ohr“ oder wie auch immer, aber das „Kleingedruckte“ übersieht man gern.
Ich hab damals auch oft geschrieben, dass ich gerade bei Japans größter Buddha / Kannon / etc. Statue war. Nach dem 4. Mal kam es mir aber dann doch etwas seltsam vor. ;)