BlogTown Hall Meeting der deutschen Botschaft: Denn man tau!

Town Hall Meeting der deutschen Botschaft: Denn man tau!

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Erst hörte man von der deutschen Botschaft gar nichts – obwohl ich mich extra vor Jahren in eine Notfallliste eingetragen hatte. Lediglich offizielle Statements waren über Umwege aus der Presse vernehmbar: Ihr Deutschen, verschwindet aus Tokyo. Dann erfuhr man nebenbei, dass die Botschaft sich nach Osaka verlegt hat.
Am 25. März, zwei Wochen nach dem Erdbeben, kam schliesslich ein Schreiben: Ein schieft eingescanntes Schriftstück. Vorgestern, also gute sechs Wochen nach dem Beben, nun ein zweites Schreiben: 5 Mal kam innerhalb von 8 Minuten das gleiche Schriftstück von der Botschaft an – alles an die gleiche Email-Adresse geschickt, wohlgemerkt. Das wäre in meiner Firma eigentlich schon ein Kündigungsgrund. Ein Doppelklick auf das PDF auf meinem Mac – und ich sehe gar nichts, ausser schwarzen Linien und der eingescannten Unterschrift. Herrlich. Das Problem kenne ich – und es lässt sich relativ einfach vermeiden. Nun gut, Adobe Illustrator gestartet, und dann konnte ich endlich den Inhalt lesen.
Der Botschafter lädt ein zu einem Town Hall Meeting – am Dienstag, den 10. Mai 2011 von 18.00-21.00 Uhr im Atrium der Botschaft. Ob die eigentliche Botschaft in Tokyo oder die provisorische Botschaft in Osaka gemeint ist, hält man nicht für erwähnenswert. Warum auch – sollen die Leute doch googeln. Im Schlepptau hat man wohl Experten für Kernenergie und es soll zu einer offenen Diskussionsrunde kommen, denn:

Mit Abklingen der akuten Gefährdung werden die Fragen zu unserem weiteren Verhalten jedoch immer komplexer.

Was auch immer das heissen mag. In der DinJ (Deutsche in Japan)-Gruppe auf Yahoo ruft schon der erste zum Boykott auf, aber das halte ich für falsch – wer hin kann, sollte hingehen. Ich habe auch grosse Lust, hinzugehen, sitze aber dummerweise just zu dieser Zeit im Flieger, und das ist schon wesentlich länger geplant als das Erdbeben.
Falls jemand hingeht, wäre ich an einem Bericht hoch interessiert.
Aber ich muss es noch mal hier loswerden: Das Krisenmanagement der deutschen Botschaft in Japan nach der Katastrophe halte ich nachwievor für höchst unprofessionell und sehr enttäuschend. Ich erwarte nicht viel von einer Botschaft – aber zumindest in Sachen Informationspolitik gibt es hier einen enormen Nachholbedarf, von Kleinigkeiten wie 5 mal an die gleiche Adresse gesendeten offiziellen Schreiben mal ganz abgesehen.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

19 Kommentare

  1. Ich werde Dir den Bericht nicht Liefer können. Habe weder Lust noch Zeit mir die Ausreden und Beschwichtigungen anzuhören, nach dem erboste Deutsche, die Leute von der Deutschen Botschaft Tokyo zusammengefaltet haben.

    Was weiter Schritte angeht, hier in Japan zu leben. Richte ich mich einzig danach was für meine Frau und ihre Familie hier das Beste ist.

    Meine Frau hat nicht die Deutsche Staatsbürgerschaft und das wiederum bedeute nichts anderes als Sie darf sich an die Japanischen Behörden halten und ich an die Deutschen.

    Nach dem Krisenmanagement bin ich mir nicht mal mehr sicher ob ich mir noch mal einen Deutschen Pass ausstellen lassen möchte.

  2. Deutschland ist auf dem Weg zum Failed State. Die Verwaltung, die an einem massiven Mangel von qualifiziertem Personal leidet, ist in erster Linie nur noch mit der Selbsterhaltung beschäftigt. Dieser Zustand ist von der Politik systematisch und gewollt herbeigeführt worden.

    Es ist also nicht weiter verwunderlich, daß auch in den Auslandsvertretungen nichts mehr sinnvoll funktioniert.

  3. imho hat diese Krise gezeigt, worauf man sich im Zweifelsfall verlassen kann: Auf sich selbst. Auf seine Familie. Und auf die Solidarität seines japanischen Umfeldes.

  4. Joe hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Erfahrungen, die ich mit der deutschen Botschaft so hatte haben mir grosse Teile meiner grauen Haare verpasst. Nun ja. Auf die „Kommunikation“ die da stattfinden soll kann ich auch verzichten. Da habe ich doch wirklich was besseres zu tun.

  5. Mal langsam, meine Herrschaften. Letzten Endes ist ja die Botschaft wohl keine Wohlfahrtsvereinigung. Und es ist allerhoechste Zeit dass so mancher sich darueber im Klaren ist dass er auf freiwilliger Basis sich im Ausland befinded und sich demzufolge besser damit abfinded eigene Initiativen bezueglich Notfallsituationen zu entwickeln.
    Bezueglich der „Flucht“ nach Osaka unserer Botschaft, na ja. Ich habe so den Eindruck dass die mehr wussten als generell bekannt war. Wenn man sich so betrachtet was TEPCO fuer einige lustige Vereinigung ist und was die so alles an den Mann brachten, au wei, da wird einem das Ausreissen nicht allzu schwer fallen. Bin fast der Meinung dass die Botschafts Herrschaften die Firma TEPCO und deren lustiges Fukushima Daiichi sehr genau kannten.

  6. Was habt ihr erwartet? Es ist die Deutsche Botschaft! Das is da auch nicht viel anders als in anderen deutschen Ämtern mit deutschen Beamten. Ich hatte zwar mit der Deutschen Botschaft in Japan bis auf zwei Emails nichts zu tun gehabt, aber die aktuelle Lage ist, wie ich finde, ein perfektes Beispiel für alle deutschen Ämter weltweit.

  7. @oel
    Ich glaube nicht, dass jemand erwartet, dass die Botschaft sich wie ein Wohlfahrtsverein benimmt. Andererseits ist es Aufgabe der Botschaft, die Interessen Deutschlands und seiner Bürger im Ausland zu vertreten. Dafür bezahlen die Bürger mit ihren Steuergeldern.
    Ich habe von der Botschaft keine Hilfe erwartet, weder finanziell noch organisatorisch (obwohl zahlreiche Botschaften anderer Länder genau dies getan haben) – wohl aber eine bessere und professionellere Informationspolitik.

    Das mit dem „auf freiwilliger Basis im Ausland befinden“ ist übrigens kein Argument bzw. ein ganz schlechtes. Die Opfer der letzten Zugunglücke in Deutschland sassen dann wohl auch „auf freiwilliger Basis“ in dem Zug und haben deshalb keinerlei Anspruch auf irgendwas!? Schliesslich hätten sie ja einen anderen Zug nehmen können, oder wie denkst Du Dir das?
    Nicht wenige Deutsche wurden auch von ihren Firmen und Universitäten nach Japan entsandt. Klar, sie hätten auch ablehnen können, aber wie gesagt: Sehr schlechtes Argument.

  8. Also ich bin auch auf der Krisenliste eingetragen, aber nie ne Mail bekommen. (Wohne in Kansai.)Hab das durch die Liste erfahren und dann auf der Homepage des Auswärtigen Amtes rumgesucht. Habe im April dann tatsächlich 2 Mails bekommen! Noch keine Einladung. Die Homepage der Botschaft wird alle paar Tage mal aktualisiert und es gibt da keinen Feed oder sowas. Also von wg der Info her find ich das schon eher bescheiden. Und ja ich will keine Hilfe, wüsste aber schon gerne, wo sich der Repräsentant meines Landes befindet. Lesenswert zu dem Thema find ich hierzu auch den Blog der deutschen Schule http://dsty-japan.blogspot.com/2011/04/schreiben-botschafter-dr-stanzel.html.

  9. Hmmm
    eigentlich wollte ich ja hier nicht mitschreiben sondern nur lesen, was ich seit einigen Wochen mache, aber jetzt bin ich doch etwas erstaunt
    Erst liest man hier von Panik und Sensationspresse der Deutschen, von Überreaktionen der deutschstämmigen Mitarbeiter mancher Firmen, die das Land verlassen haben,
    und macht sich mehr oder minder lustig über das Medieninteresse am Reaktorunglück in Japan.
    Und jetzt soll`s auf einmal die deutsche Botschaft richten?
    Ich gehe davon aus, dass alle Informationen genauso im Internet recherchierbar waren und sind, sofern man dazu gewillt ist.Und wer sich dafür entschlossen hat sein Leben im Ausland zu führen ( was ich auch demnächst mache) sollte sich auch darüber im Klaren werden, welchen Weg er schlussendlich bestreiten will, den eines Auswanderers mit allen Konsequenzen oder den eines „Teilzeit-Japaners, Amerikaners, Franzosen ect…“
    mit weiterhin deutschen Wurzeln und Windeln. In diesem Fall ist die Botschaft auch weiter der Ansprechpartner im Notfall.

  10. Gott sei Dank hat Edano ja die Infodefizite aus der deutschen Botschaft ausgeglichen. Und tut es nach wie vor. Wenn auch jetzt im Anzug statt im Info-Engel-Einteiler.

  11. @Saitama_Lilie Wenn du die Lilie bist, von der ich denke, dass du es bist (naemlich die aus Berlin), dann kann ich mur nur schlecht vorstellen, dass du graue Haare hast. Waere dann uebrigens auch toll, wenn du mir mal schreiben koenntest – da deine alte E-mail nach dem Spamkrams nicht mehr aktuell sein duerfte.

    @Topic Jetzt wo ich weiss, dass es so ein Meeting gibt, koennte ich unter Umstaenden sogar hingehen. Ich glaub’s aber noch nicht :)

  12. @brigit Passt doch zusammen. Berichterstattung aus Deutschland erst Fluchtwelle. Am 14. bzw. 15. Warnung aus Deutschland. „I have info’s directly from the German Engeneer’s who are in contact with Fukushima – they told me bring your wife out of Tokyo – now.“ Noch bevor auch nur ein Wort davon in den Medien auf Japanischer und Deutscher Seite kam und auch nicht von der Botschaft, dennoch Flucht der Botschaft. Medieninteresse Rückgang, Flüchtlinge inklusive Botschaft kommen zum Teil zurück. Wo ist das Problem?

    Die von uns wo jetzt noch hier in Japan sind habe ihre Entscheidung getroffen welches Leben sie führen, dessen kannst du dir sicher sein.

    Viel Glück und alles Gute für dein Leben im Ausland.

  13. Mal davon abgesehen, dass Deutschland kein failed state ist, sondern eher das Gegenteil, denke ich, dass es schlauer ist, sich mit der Botschaft in eine Diskussion einzulassen, die Schwächen aufzeigt anstatt rumzuprollen “ ich gebe meinen Pass ab „. Nicht hinzugehen zeigt Desinteresse und führt zu nichts. Klare Definition der Wünsche und Diskussion der realistischen Möglichkeiten.
    Wer mal im Ausland gelebt hat, kann beurteilen wie gut organisiert die deutschen Verwaltungen sind. Im groben Gegensatz zu vielen anderen Gesellschaften.
    Japan hatte einen schweren Schlag zu verkraften UND drei Reaktoren die zerstört sind. Also worst case. Darauf war _ganz offensichtlich _ weder Tepco, die jap.Regierung noch sonst jemand vorbereitet. Schon gar nicht eine Botschaft. Die haben wahrscheinlich alle TV geschaut und von dort ihre Infos bezogen. Mehr wird in einer solchen Situation nicht möglich sein.
    Nochmal, es wäre doch eine gute Idee nicht regelmässig sein Mutterland zu verunglimpfen, ob das nun Botschaften sind oder die Lufthansa. Hier könnte man durchaus von seinen Gastgebern lernen.

  14. @dentus was ich mit meinen Pass mache, und wem ich davon in Kenntnis setze ist einzig und alleine meine Entscheidung und wenn dir das nicht passt…

    Du kannst gerne hin gehen zur Deutschen Botschaft Tokyo und mit den Leuten dort reden. Ich hab keine Lust und keine Zeit!

    Das ein Regierung eines Landes in dem AKW’s stehen und AKW Betreiber auf einen Störfall nicht vorbereitet sind, ist schlicht weg nicht richtig woher stammt deine Information dazu, aus dem TV? Es gibt freilich Notfallpläne. Nur eben muss man die Situation entsprechend Beurteilen und handeln. Das eine Botschaft einzig und allein ihr Infos aus dem TV hat, wage ich zu bezweifeln.

    Regelmäßig sein Mutterland zu verunglimpfen… wie schreibst du doch gleich „eine Diskussion einzulassen, die Schwächen aufzeigt“.

  15. Ich denke über die Informationspolitik in den deutschen Medien wurde sich ja schon zu genüge beschwert – und die Art, wie die deutsche Botschaft sich verhalten hat, sei es Touristen oder Ansässigen gegenüber, war einfach nicht schön.
    Das hat mit Verunglimpfung nichts zu tun finde ich.
    Wenn man als Tourist nach dem Beben in Japan feststeckte, verzweifelt die Botschaft mehrmals kontaktierte mit dem Ersuch um Hilfe (in Form von Informationen und Empfehlungen wo man denn hingehen soll/kann, welche Möglichkeiten man bzgl. Aufenthaltsort oder Ausreise hat, etc.) und dann abgewiesen wird bzw. auch noch angemault wird, ist irgend etwas schief gelaufen.
    Ich hatte den Spaß letztes Jahr nach dem Vulkanausbruch auf Island schonmal- und auch da hat die deutsche Botschaft in meinen Augen „versagt“ und mich einfach ignoriert. Und das ohne großes Erdbeben und Katastrophe in Japan.
    Sieht man das Ganze im vergleich zu anderen Botschaften hoffe ich, dass die deutsche Botschaft in Tokyo (oder Osaka?) bald aus ihrem Winterschlaf erwacht..
    Ich betrachte es mit Sorge.
    Gerne würde ich zu dem Treffen gehen, aber noch ist unser dauerhafter Aufenthaltsort in Deutschland – und das Meeting ist vor unserem nächsten Aufenthalt. Vielleicht kann ich ja mein Männe dazu bewegen dort hin zu gehen..
    Falls jemand anderes das Meeting besucht und darüber im Nachhinein berichtet, würde ich mich über einen Link sehr freuen.

    Alles Liebe,
    Rose

  16. Weiss denn ob es irgendwo eine Zusammenfassung dieses Meetings gibt, da ich leider nicht daran teilnehmen konnte.
    Die Seite der dt. Botschaft zeigt ja nur irgendwelche Fotos…

  17. @ Bernd Ein Video ist seit kurzen verlinkt auf der Seite der Deutschen Botschaft Tokyo.
    Videoaufzeichnung der Veranstaltung Town-Hall-Meeting zur Krise: Dienstag, 10.05.2011, 18.00 – 21.15 Uhr, Atrium der Botschaft.
    Das Video geht über 2 Stunden und 42 Minuten deckt also das Meeting ab.

    Für alle die sich fragen… ja ich hab mir das Video angesehen und werde Anregungen zur Hilfe für im Norden Japans lebende Bevölkerung nachgehen.

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