BlogThe Cove - und keinen interessiert's?

The Cove – und keinen interessiert's?

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Dreckige Delphinkiller – diesen Kommentar hatte mir vor Jahren mal ein vorausschauender, wenn auch wortkarger Leser meiner Japan-Seiten ins Gästebuch geschrieben, immerhin versehen mit „freundlichen Grüssen aus Berlin“. Rund zwei Jahre später dann gewinnt ein Film über genau solche Gestalten den Oscar als besten Dokumentarfilm. Eine Filmkritik kann ich dabei leider nicht liefern – mangels Gelegenheit, das Objekt des Anstosses in Japan zu sehen.
Vorurteil hin oder her – japanische Medien und viele Japaner schlechthin sind unheimlich daran interessiert, welchen Eindruck man im Ausland über Japan hat. Wobei viele das ganze auch durchaus selbstkritisch angehen. Eines jedoch kann man hier nicht verknusen: Wenn ein dahergelaufener Ausländer einen kritischen Film über Japan dreht. Auf diese Art und Weise wurde auch schon vor zwei Jahren der kritische Film Yasukuni abgewürgt, der es aus Angst der Kinobesitzer, Randale unter rechten Gruppierungen zu schüren, schliesslich in kein Kino mit mehr als 20 Sitzplätzen schaffte (behaupte ich jetzt mal – jedenfalls hat ihn keine einzige Kinokette ins Programm genommen, und unabhängige Kinos gibt es nur selten).
„The Cove“ handelt ja von einer alten Tradition im Fischerstädtchen Taiji (Präfektur Wakayama, südlich von Ōsaka), bei der gute tausend Delphine in einer Bucht zusammengetrieben und getötet werden. Diese Tradition hält, obwohl die Tiere nachweislich stark schwermetallbelastet sind, an, und das Fleisch wird gegessen. Der Film wurde teilweise mit versteckten Kameras gedreht und erzählt aus der Perspektive von Tierschützern.
So ganz liess sich der Film freilich nicht verstecken – auch hier war er nach der Oscarverleihung eine Randnotiz in den Nachrichten wert. Und: Momentan spaltet der Film die Nation – und zwar in Einheimische und Zugereiste. Mehr und mehr Ausländer nehmen sich des Themas an und versuchen, auf den Film aufmerksam zu machen. Wird das Erfolg haben? Wohl kaum.
Ohne den Film bewerten zu wollen – das kann ich, wie eingangs beschrieben nicht – gibt es hier ein paar klitzekleine Probleme:
– Die meisten Japaner wussten bis dato nicht, dass überhaupt Delphine getötet und gegessen werden in Japan. Taiji und noch eine handvoll anderer Gemeinden sind nicht gerade sehr repräsentativ für das Land, wenngleich auch ein Beleg dafür, dass in Japan alles, was mit dem Rücken nach oben im Meer schwimmt, als jagd- und damit essbar gilt.
– Die Tatsache, dass eine Handvoll Ausländer mit versteckten Kameras den Fischern von Taiji bei ihrer Arbeit zuschaut, sorgt eher für Kopfschütteln – wer wagt sich da wohl, den ersten Stein zu werfen?
– Die Tierliebe manifestiert sich in Japan anders (oder … tut sie das überhaupt!?), und das ist teilweise sogar in der Religion begründet. Die Idee, dass ein Tier Symbolcharakter besitzt und dermassen verehrt wird, dass sich unzählige Teenager damit die eigenen Wände zupflastern, ist den Leuten hier völlig fremd. Und ich gebe es zu: Mir ist die Idee auch fremd – schon seit langem, nicht erst seit Japan. Wieviel Geld wurde wohl bisher dafür aufgewendet, den Grossen Panda zu schützen – hauptsächlich aufgrund seines Kuschelfaktors – während alltäglich Arten wie der Gemeine Rotbauchpfeifdrüsling, der Gefleckte Steppenelch oder die Brünftige Heckenhornisse vor die Hunde gehen – und dies ausser einer Handvoll örtlicher Bauern und Biologen niemanden interessiert?
Mit den Walen ist dies nicht anders – alle mögen die Wale und schwärmen davon, wie intelligent die Tiere sind – aber nur wenige haben wirklich eine Ahnung über aktuelle Bestandszahlen oder warum Pferde- und Schweinefleisch in Ordnung ist, Walfleisch aber nicht. Bewohner von Nationen wie dem lebertrantraumatisierten Deutschland können da schnell mit dem Finger auf ferne Länder zeigen (ohne zu ahnen, dass Japaner zum Beispiel schockiert sind, wenn sie hören, dass in Deutschland die putzigen Kaninchen einfach so auf dem Teller landen).
Einen Effekt könnte der Film jedoch haben: Womöglich wird die Tradition in Taiji bald beendet, zumindest wird darüber nachgedacht. Dass der Film jedoch ausserhalb von Taiji jemals wirklich von sich Reden machen wird, darf bezweifelt werden: So funktioniert Japan nicht.
Das Wort des Tages: イルカ iruka – der Delphin. Interessant sind hier die Schriftzeichen (wobei man jedoch fast nur Katakana verwendet): 海豚 – „Meer“ und „Schwein“. Dies sagt möglicherweise schon etwas darüber aus, auf welche Art und Weise die Tiere früher in Japan betrachtet wurden.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

26 Kommentare

  1. Ich finde deine kritische Sichtweise auf die Deutschen am Ende durchaus gut und v.a. finde ich es schön, dass du betonst, dass unsere Einstellung hier auch nicht die absolute Wahrheit darstellen muss. Das ist eine Sache, die ich oft zu betonen versuche, über die sich aber anscheinend nur wenige Menschen Gedanken machen.

    Allerdings passt der Satz nicht:
    „warum Pferde- und Schweinefleisch in Ordnung ist, Walfleisch aber nicht“

    Es ist in Deutschland so, dass viele Menschen Pferdefleisch ablehnen, weil sie ein Pferd eben als schönes Tier empfinden und nicht als Speißetier. Das Schwein hingegen sind sie gewohnt und essen es gerne. Ich gehe da eher mit der Einstellung hin: Wenn es nicht bedroht ist, kann man es doch ruhig essen. Wobei ich da aus moralischen Gründen dann auch wieder eine Präferenz zu Wild hege, weil Wild wenigstens einige Jahre ein schönes Leben führen kann und nicht eingesperrt ist. Ganz umsetzen kann ich die Präferenz leider nicht.

    In Bezug auf dein tolles Beispiel mit dem Koala, kann ich nur einen ehemaligen Biologielehrer zitieren: „Tiere sind nicht süß, Tiere sind [Instinkwesen]! “ (an das letzte Wort erinnere ich mich nicht mehr genau, es hatte aber was mit dem Handeln nach Instinkt zu tun).

    Ich bin der Ansicht, dass wir, anstatt auf Japan zu zeigen, lieber mal bei uns für Tierschutz sorgen sollten. Immerhin dem Wolf geht es ja wieder ein kleines bisschen besser )soweit ich das mitgekriegt habe), nur will den keiner haben ;)

  2. Einerseits hast du recht, jedes Lebenwesen ist ein wertvolles Leben, egal ob es eine Hornisse oder ein Wal ist.

    Beeinflusst durch Flipper, die Delfintheratpie und die Wissenschaft sind für die meisten Menschen Delfine einfach zu liebenswert um gegessen zu werden. Zudem sind die Bilder, die man von der Delfinschlacht zu sehen bekommt schlichtweg grausam. Es ist nicht mit einem Schuss in den Kopf erledigt.
    Man sieht, wie die Tiere zusammengetrieben werden, Babys, Mütter, ganze Schulen, und dann einfach erschlagen und erstochen, bis das Wasser sich in der Bucht rot färbt.

    Defline gehören ja nicht zur Hauptnahrung der Japaner, das macht es etwa so schlimm wie das Abschlachten von Babyrobben durch Pelzjäger.
    Es handelt sich um ein Luxusproblem und nicht um die Existenzgrundlage eines Volkes.

  3. hallo tabibito,
    auch auf die gefahr hin, mich unbeliebt oder so zu machen. ich finde man muss den delfinfang von verschiedenen seiten betrachten. sicher, für uns westler ist es eine komische sache. wir kennen halt flipper und der ist ja so süß und was fällt den japanern ein, ständig so viele von seinen brüdern und schwestern aus dem wasser zu ziehen. genauso wie wir das verspeisen von hunden als wenig appetitlich erachten.
    aber wie du schon sagst, in japan pikiert man sich über unseren köstlichen hoppelbraten.

    aber wer beschwert sich über fischfang, schlachthäuser, etc? ich meine, immerhin haben die delfine einen natürlichen lebensraum und werden nicht in massentierhaltung in winzigen becken gehalten.
    und ob man nun einen kutter mit fischen voll macht oder delfine fängt. tut mir leid, aber ich sehe das nicht sonderlich eng.

    so viel nun zu dem thema.

    was mich allerdings wundert, bzw was mir aufgefallen ist: du hast nichts über den heiligen hirsch (?) erwähnt, den man mit einer armbrust erlegt hat. genaue informationen dazu habe ich auch nicht. habe es nur mal beiläuffig in irgendeinem rss feed einer mir entfallenen nachrichtenagentur gelesen.

    kein vorwurf, aber ich hätte damit gerechnet, von dir etwas dazu zu lesen ;)

    so long,
    jörg.

  4. Das mit dem Panda sehe ich anders.
    Dass die Rettung bedrohter Tierarten höchst subjektiv ist und nach Niedlichkeits- und Bekanntheitskriterien erfolgt, ist eine traurige Tatsache. Aber besser, nur der Panda wird geschützt, als dass gar kein Tierschutz betrieben wird, nur weil er einigen Arten gegenüber ungerecht ist.
    Außerdem spenden viele Menschen an Organisationen wie den WWF, der das Geld für verschiedene Rettungsaktionen einsetzt. Dass dann mit einem Panda geworben wird, um das öffentliche Interesse zu erhöhen, kann ich verschmerzen.

    Für viel schlimmer halte ich in diesem Zusammenhang die Haltung der japanischen Walfänger. Die Bedrohung der Wale ist eine international bekannte Tatsache, vor der in Japan vielen Menschen die Augen verschließen. Durch den Verkauf von Walfleisch in manchen Restaurants wird zwanghaft versucht, eine Tradition aufrecht zu erhalten, die unter den wenigsten Japanern überhaupt noch Anklang findet.

    Die Tötung und der Verzehr der Delfine ist außerdem nicht nur schlimm, weil er ein (aus meiner Sicht) absolut unzeitgemäßer Brauch ist, sondern weil die Menschen in Taiji aus Traditionalismus (oder Unwissen?) stark quecksilberhaltiges, furchtbar ungesundes Fleisch zu sich nehmen.

    Ich erwarte nicht, dass in Japan bei jeder neu erschienenen Dokumentation zurückgerudert und sich tausendfach entschuldigt wird, aber über einen öffentlichen, sachlichen Diskurs würde ich mich schon freuen.
    Und zwar ohne, dass Japan sich dauerhaft düpiert fühlt, nur weil die Dokumentation aus dem Ausland kommt.

  5. Was mir an dieser „Dokumentation“ als erstes sauer aufgestossen ist: Der Film wurde zu einem guten Teil ueberhaupt nicht in Japan gedreht und es wurde, sogar fuer interessierte Laien ersichtlich, nicht an gerenderten Effekten gespart.
    Wer einigermassen Japanisch versteht, komt schnell dahinter, das in den „authentischen“ Behoerdengaengen garnicht ueber Delfine, sondern ueber Wale geredet wird, dieses aber durch geschickte Gespraechsfuehrung und bedachte Schnitte kaum auffaellt. Googelt selber mal nach, ihr werdet erstaunt sein! typisch Amerika: Es laueft im Kino als Doku, dann muss es auch wahr sein……

  6. Tabibito hat das sehr schön geschrieben, wir (der Westen) haben keine Probleme Tiere in Massentierhaltung zu halten und zu töten.
    Hauptsache wir müssen es nicht sehen.
    Sobald etwas niedlich und kuschelig ist kommt natürlich der mitleidfaktor auf.

    Bei „The Cove“ schliesse ich mich Coolios Kritik an. Der Film ist im besten Falle fragwürdig als Dokumentation, IMHO fällt es eher unter Propaganda.
    Und der Oskar hat nichts mit Qualität zu tun oder mit einem Gütezeichen das dies eine gute Dokumentation ist.

    Wale wurden vom Westen fast ausgerottet um als Ölquelle zu dienen, nicht als Nahrung!

    Delphine wurden/werden in Unmengen in westlichen Tunfischfängern getötet um die Versorgung von Dosentunfisch für (meist) den Westen zu sorgen.

    Büffel wurden ausgerottet um
    a) die Indianer auszuhungern
    b) den Vormarsch des „weissen Mannes“ in den Westen mit Fleisch zu versorgen.

    Der „weisse Mann“ darf anscheinend alles mit Tieren tun…
    alle anderen sind Schlächter oder primitive Ungläubige.

    Scheinheiligkeit ist ein sehr sanftes Ruhekissen für den Westen.

  7. PS:
    Ich vergaß, jetzt ist natürlich Japan’s Sushi schuld an der Bedrohung des Tunfisch, lt. Spiegel und Co..

    Kommt es bekannt vor?

    Rassismus kommt in vielen Farben.

  8. Ich habe damals Yasukuni in einem kleinen Kino in Shibuya gesehen. Es gab, wenn ich mich richtig erinnere ein / zwei Dutzend Kinos im ganzen Land, die den Film gezeigt haben.

    Interessant aber, dass dir die nicht vorhandene Empathie mit Tieren auch aufgefallen ist. Ich glaube, so ziemlich alle Deutschen,die mal in Japan in einem Tierpark waren, stimmen da mit mir ueberein, dass die Rechte von Tieren hier nichts gelten.
    Was die Delphinjagd in Taiji angeht, enthalte ich mich mal eines Kommentars, da ich nichts Gutes zu sagen haette.

    @Michael Sorry, aber das ist Unsinn. Selbstverstaendlich ist „Japan“ Schuld an der Bedrohung einiger Thunfischarten, da brauchst du dir nur die Verbrauchsmengen anschauen. Irgendwer muss den Fisch natuerlich auch fangen und da haben die Europaer so einige Leichen im Keller, aber der Bedarf, speziell nach bedrohtem Atlantik-Thunfisch kommt v.a. aus Japan.

  9. PPS
    Juergen von der Lippe zum Thema
    (ab 2min20 wirds interessant)

    ;)

    Frage:
    Was waere wenn es Flipper nie gegeben haette?
    Oder Spielberg haette Flipper anstelle Jaws gedreht?

    Fische finden Delphine sicher nicht suess und niedlich! ;)

  10. Ach Leute! „Fehlende Empathie mit Tieren“ ist nicht drin, zumindest nicht mit Tieren die „kawaii“ sind. Ein Blick in die Regale eines ganz normalen Supermarktes in Tokyo offenbart ein groesseres Sortiment an Produkten fuer den lieben Wuffi oder die liebe Muschi, als fuer das gemeine, japanische Hauskind! Ich wuerde hier eher von einem „gestoerten“ Verhaeltnis zu Tieren reden.
    Die Chinesen sind da viel offener und sehen sich vor allem an der ersten Stelle der Nahrungskette. Bei denen kommt ALLES in die Pfanne, bzw. in diverse Medikamente, ob gefaehrdet oder sonstwas……

  11. Habe den Film gesehen und fand ihn ok. Das abschlachten von Delphinen in einer Bucht ist nicht gerade eine schöne Sache und sollte meiner Meinung nach verboten werden, genau so wie das halten von Hühnern, Schweine und Rindern unter bestialischen Bedingungen (siehe den Film „Food inc.“). An den lebendigen Delphinen für SeaWorld und Co. verdienen sich die Fischer übrigens dumm und dämlich.. wozu also noch dieses Blutbad??

    Was immer wieder auffällt ist die Unfähigkeit der Japaner, Kritik von aussen anzunehmen. In Japan möchte fast niemand dieses Fleisch essen und doch wird die Jagd als überlebend Japans hinauf stilisiert (ein gross teil des Fleisches wird zu Hundefutter verarbeitet).
    Meine Frau und ich sind daher zum Schluss gekommen, dass da vermutlich Unmengen an Geld (Subventionen) fliessen muss. Ohne Beweise zu haben gehen wir daher davon aus, dass der wahre Grund für den Walfang vor allem im Zusammenhang mit Korruption zu suchen ist…

  12. @Lori
    Ich finde keinen deutschen Tierpark atraktiver.

    Hingegen japanische Aquarien die ich sah (Shizuoka, Osaka) fand ich sehr positiv und auch sehr edukativ.

    Zu den veröffentlichten Fangzahlen zum Tunfisch… westliche Quellen vermute ich mal?
    Wer füllt dann die Millionen Tunfischdosen die ihren Weg in die USA und Europa und auf Pizzen und Subway Sandwichs finden?

    Ich will „Japan“ nicht in Schutz nehmen, aber man sollte doch auch immer sehen wer da mit dem Finger zeigt.

  13. @Michael

    Es geht hier eben um Details. Es gibt gefaehrdete Thunfischarten und solche, die es nicht sind. Der in Japan beliebte Honmaguro ist eine gefaehrdete Art.

    Aber ich will mich da nicht ueber Details streiten. Nur den Rassismus Vorwurf fand ich schon etwas daneben.

    Achso, warst du schonmal in einem japanischen Tierpark? :)

    @Coolio Stimmt, Hunde und Katzen sind Ausnahmen. Sind, wie du ja auch gesagt hast, eben „kawaii“. Naja und Mama braucht halt auch einen Liebesersatz, wenn Papa ungefaehr einmal die Woche vor 11 nach Hause kommt.

    @Felix Naja mit der Korruptionskeule wuerde ich ein wenig vorsichtig sein. Aber dass im japanischen Agrar- und Fischereisektor immer auch kraeftig Nationalismus mitschwingt, ist glaube ich nicht zu verhehlen. Daher wohl auch die Duennfelligkeit bei auslaendischer Kritik.

  14. Ich habe geglaubt das Wörter japanischen Ursprungs in Kanji und Hiragana geschrieben werden, und aus dem Ausland übernommene Wörter, bzw. ausländische Bezeichnungen in Katakana. 
    Ist イルカ nicht japanischen Ursprungs? Auf Wadoku.de habe ich übrigens nur いるか und 海豚 gefunden.

  15. @Enrico
    Aus einer einzelnen Person zu schliessen, dass Japan so funktioniert, halte ich für gewagt :-) Natürlich gibt es auch solche Leute, aber sie sind bei weitem in der Minderheit. Davon mal abgesehen war es bestimmt nicht der Film, welcher den Fischer „bekehrt“ hat.

    @Kurt
    Tier- und Pflanzennamen werden im Japanischen sehr oft mit Katakana geschrieben (auch wenn sie japanischen Ursprungs sind). Sehr bekannte Tiere (Schwein, Huhn, Wal, einige Fischsorten usw) werden nachwievor mit Schriftzeichen geschrieben, aber イルカ gehört bereits zu denen, die kaum mit Schriftzeichen geschrieben werden – es würde mich nicht wundern, wenn einige Japaner nicht einmal aus dem Stand wissen, welche Schriftzeichen dafür benutzt werden müssen.
    Ach ja – Restaurants sind da Ausnahmen, da benutzt man fast immer die Schriftzeichen, so vorhanden.

  16. Japan funktioniert nach dem Prinzip einer macht es vor die anderen irgend wann nach.

    Richtig der Fischer hat das schon vor dem erscheinen des Films gemacht. Dazu braucht es bei ihm keinen Film der hatte das ja live und in Farbe. Um Leute wach zu bekommen braucht es schon einen Film, wie man sieht es funktioniert es. Vor dem Film hat kaum einer drüber gesprochen…

  17. @Enrico

    Gott (oder von mir aus auch Buddha) sei Dank funktioniert Japan nicht so schwarz/weiss wie du es beschreibst.

    Und das der Fischer seinen Job an den Nagel gehaengt hat, wird auch garantiert garnichts damit zu tun haben, das die Touristen fuer’s Anschauen der letzten paar Wale und Delphine nunmal deutlich mehr bezahlen, als die Hundefutterindustrie zuvor fuer die abgeschlachteten Delfine.

    Ist ueberdies ein sehr geschaeftiges Kerlchen der „Ex-Fischer“ und bietet nebenbei auch noch Hochseeangeltouren an. Na hoffentlich hat da nicht mal einer einen Honmaguro an der Leine…….

  18. In dem Blogeintrag werden imho ein paar Dinge vermischt.

    Zum einen der Schutz von bedrohten Arten:
    – welche Tiere niedlich und welche hübsch und welche essbar sind („In China essen sie Hunde“) variiert von Land zu Land. Das sind kulturelle Gegebenheiten, bei denen man sich von seinem persönlichen Empfinden lösen muss

    – Die Definition von bedrohten Tierarten ist aber universell. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn Japan die Jagd von bedrohten Tierarten erlaubt.
    [Selbstverständlich gibt es auch Walarten, gefährdet, aber nicht extrem gefährdet sind, aber die Unterscheidung bei der Jagd dürfte in der Praxis wohl nichttrivial sein. Die Bestände scheinen jedenfalls nicht so hoch zu sein, daß Fangquoten zugelassen werden]
    Ich habe ebenso kein Verständnis dafür, wenn sich Japan vehement gegen internationale Fangquoten von Thunfisch widersetzt. Bzw. überhaupt widersetzt sich Japan so ziemlich fast jeder Fangquote, trotz der vehementen Überfischung.
    Mein Unverständnis bezieht sich allerdings nicht auf Japan allein, sondern auch z.B. auf Norwegen/Walfang, das Jagend von Krokodilen in Afrika aufgrund der Haut oder die Jagd auf Elefanten aufgrund des Elfenbein – absolut analoge Zusammenhänge.

    Deswegen ist es aber ein großer Unterschied, ob Schweine- oder Pferdefleisch von domestizierten Tierarten gegessen wird, oder eben von Walen, die auf der roten Liste sind.

    – das selektive Vorgehen beim Artenschutz ist sicherlich kritikwürdig. Aber das stellt nicht den existierenden Artenschutz für bedrohte Tierarten generell in Frage.

    – wenn Tiere beim Töten in einer nicht adäquaten Weise behandelt werden, dann ist es legitim das universal zu kritisieren, insbesondere auch in Japan, _auch wenn_ das Land, aus dem ich komme, sich in anderen Bereichen (Stichwort Massentierhaltung) nicht mit Ruhm bekleckert. Wenn es in „meinem“ Land Defizite gibt, bedeutet daß nicht, daß ich auf kritikwürdige Zustände in anderen Ländern nicht hinweisen darf.

    Abgesehen davon ist es eine anklagende, emotionale, nicht-sachliche, amerikanische Dokumentation.
    Solcher Kritik wird leider in Japan, nicht immer, aber sehr oft, genauso emotional und nicht-sachlich begegnet.

  19. Da hatte ich aber mit einer kontroverseren Diskussion gerechnet. Deine Neutralität in diesem Beitrag wird sich für viele nicht ubedingt nachvollziehbar sein.

    Aber recht so. Täglich (in Worten: t ä g l i c h) sterben Tier- und Pflanzenarten aus. Meistens werden nur Säugetriere von der Masse wahrgenommen. Wen interessiert schon irgendein Insekt. Oder gar vielleicht ein „Unkraut“. Lächelnde Meeressäuger oder putzige Knuddelbärchen machen sich da viel besser.
    Jedoch: das rechtfertigt meines Erachtens nicht die Mewthodiken, welche in dem hier besagten Film dargestellt werden. Wenn man denn für eine kleine Elite kulturelle Werte schützen oder erhalten möchte, sollte man doch eventuell nach Alternativen suchen. Eine Grundversorgung der Bevölkerung kann und soll dadurch jedenfalls nicht gewährleistet werden. Das die meisten Delfine als Tierfutter enden, kann ich mir in diesem Zusammenhang nicht wirklich vorstellen. Gibt es da eine Quelle für?

    Aufgrund der Emotionalität, welche insbesonder hinter den Machern des Films steckt, kann es sich nicht um eine neutrale Dokumentation handeln. Die Macher des Films nehmen von Anfang an eine bestimmte Position zu den Handlungen ein. Dieser Meinung kann man sich anschließen oder eben nicht.

    Über die Haltungsmethoden mögen wir uns derzeit noch aufregen. Bislang hungern nur eine Millarde Menschen. Es werden aber immer mehr. Die Ressourcen zur Nahrungsgewinnung immer kleiner und ich bin gespannt, wie die Nahrungsmittelproduktion in zwanzig oder fünfzig Jahren aussehen wird. Wenn es ihn dann noch gibt, gehört vielleicht der Delfin ganz selbstrverständlich zu den Grundnahrungsmitteln.

  20. Ich muss umij voll und ganz recht geben. Kulturelle Eigenheiten sind zu respektieren, welche Tierarten auf dem Speiseteller landen oder nicht ist keine moralische sondern eine kulturelle Frage. Doch wo Tierarten in ihrem Bestand gefährdet sind, oder kurz vor der Ausrottung stehen, kann dies nicht mehr gelten.

    Keine Kultur hat das recht eine Tierart auszurotten, nur weil deren Verzehr/Gebrauch in ihrer Kultur verankert ist. Zumal mit der Ausrottung genau diese Traditionen unweigerlich ihr Ende finden würden. Umso unverständlicher für mich die Verhaltensweise Japans beim Gelbflossenthunfisch. Eine sehr kurzfristige Handlungsweise die sich sehr schnell rächen könnte.

    Das hat nichts mit kultureller Ignoranz oder Bevormundung zu tun, sondern ist einfach der gesunde Menschenverstand, der leider nur zu oft ignoriert wird.

  21. @umij, Heydal (bzw. alle)

    Versteht mich nicht falsch – ich bin auch strikt gegen die Jagd auf bedrohte Tierarten – und die Nachricht, dass Japan heute wieder erfolgreich Fangquoten für gewisse Hai- und Thunfischarten bei der CITES-Konferenz abgewehrt hat, ist bedrückend.
    Jedoch sollte man vorsichtig mit Aussagen wie „Wale sind vom Aussterben bedroht“ sein und zumindest hinterfragen dürfen: Die Aussage als solche ist nämlich eine unzulässige Verallgemeinerung und schlichtweg polarisierend. Es gibt dutzende Walarten, und von denen sind wirklich viele vom Aussterben bedroht. Und wenn so weitergemacht wird, bald alle. Aber es gibt eben auch Ausnahmen.
    Warum die japanische Regierung jedoch auf Teufel komm raus versucht, Walfleisch in der Bevölkerung wieder populär zu machen, kann ich mir nur mit Trotz erklären. Wenn kein Markt da ist und es von überall Kritik hagelt, muss man nicht unbedingt künstlich einen Markt dafür aufbauen. Aber da schwenke ich auch schon wieder um zu einer westlichen Denkweise.

  22. Was mir in dem Zusammenhang heute in der Zeitung auffiel: Man sieht eigentlich immer, dass die Nationen, die kein Interesse an bestimmten Produkten haben, mit dem Finger auf andere zeigen.

    So wollten Europa und die USA zahlreiche Verbote im Bezug auf Fischfang, was von Japan abgelehnt wurde. Der weitere Schutz des Eisbären hingegen (Verbot von Fellhandel glaube ich) wurde von der EU gestoppt.

    Übrigens ging es dort wohl auch um den erwähnten Blauflossenthunfisch (ich kenne mich da ja nicht aus). Wenn Europa allerdings ein komplettes Verbot durchsetzen will, kann man sehr wohl über die Esskultur argumentieren, wenn Japan das ablehnt. Ich weiß nicht, ob man über die Anträge debattieren konnte, aber eine Beschränkung auf bestimmte Mengen wäre vielleicht sinnvoller gewesen.

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