BlogTell me why..... I don't like Fridays!

Tell me why….. I don't like Fridays!

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Bei den Boomtown Rats und den meisten Europäern und Amerikanern sind es die Montage, die den Leuten die Laune vermiesen. Bei mir sind es, seit ich in Japan arbeite, die Freitage. Woran das liegt? An der hiesigen Arbeitsmoral. Laut meiner Erfahrungen sieht es so aus: In Deutschland hasst man zwar Montage, aber nach den ersten Stunden der neuen Woche fuchst man sich irgendwie rein in die Arbeit und legt sich so richtig ins Zeug. Ziel ist schliesslich der Freitag, und bis zum Freitag Nachmittag legt sich zum Schluss allmählich die Arbeitslaune. Man denkt ans Wochenende, und das beginnt am Freitag mit dem Feierabend – welcher früher oder später beginnt.
In meinen ersten beiden Jahren an der Uni hatte ich damals gelegentlich in den Ferien auf der Baustelle gejobt. Viel bessere Arbeit gab es nicht, und so schlecht war es auch nicht. Ein Mal war ich bei einer Dachdeckerbrigade, die da jede Woche aus Erfurt nach, ich glaube es war Nauen, anreiste. Die machten es so: Montag morgen um 10 beginnen, am Montag dann 8 Stunden und Dienstag bis Donnerstag jeden Tag fast 11 Stunden arbeiten: 40 Stunden geschafft, Freitag morgen ging es dann nach Hause. Hinzu kam, dass das eine sehr gute Truppe war, mit denen es wirklich Spass machte.
Ich schweife ab. Japan: Die Stimmung am Montag? Träge. Man schleicht sich so durch den Arbeitsalltag und die ohnehin schon niedrige Effizienz, nur mühselig durch sinnlose Überstunden ausgeglichen, sinkt zunehmend. Bis Freitag: Auf ein Mal beginnen alle zu rotieren. Fast alle Vertreter, die bei uns ungefragt an der Bürotür klopfen, kommen am Freitag. Am Freitag bekommen wir auch den Grossteil der ungewünschten Anrufe von irgendwelchen dubiosen Firmen, die uns irgendwas andrehen wollen.
Plötzlich scheinen alle zu merken, dass man in der Woche noch nichts geschafft hat, und das muss alles am Freitag aufgeholt werden. Und so hagelt es plötzlich am Freitag nachmittag und abend Anrufe und Emails – natürlich alle furchtbar dringend. Und so beginnt ein Teufelskreislauf: Alle wollen sich vor dem Wochenende ihrer liegengebliebenen Arbeit entledigen. Sind Dritte dabei beteiligt, werden also die Wünsche und Befehle noch schnell vor ultimo rausgesendet. Ist der Dritte noch auf Arbeit (und das ist wahrscheinlich), will der sich natürlich auch schnell dieser neu hinzugekommenen Arbeit entledigen und „macht das schnell noch“ – und schickt eine Email mit Vollzugsmeldung zurück. Natürlich muss das Getane noch schnell kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden. Usw.
Anfangs hatte ich mich dabei zum Beispiel gewundert, warum unsere Leute vom Verkauf plötzlich am Freitag abend so viele Firmen anrufen. Ich vermutete dabei schon eine ausgeklügelte Strategie – ich konnte mir dabei jedoch partout nicht vorstellen, dass ein cold call (ich glaube, auf Deutsch heisst das Kaltaquise!?) am Freitag nachmittag in Deutschland hohe Aussicht auf Erfolg hat. Irgendwann stellte ich unsere Leute vom Verkauf auch zur Rede: Warum Freitag abend? Antwort: ein gekonntes „Ööhhh….“. Klasse.
Und so vergeht ein Freitag nach dem Anderen. Sowohl mein Chef als auch ich haben schon mehrfach unseren Angestellten geradezu befohlen, rechtzeitig zu gehen – zwecklos.
Morgen soll mir das aber alles egal sein: Da gehe ich nach der Arbeit zu einer „German Metal Party“. Und die beginnt erst um 23:45.
Das Wort des Tages: 至急 shikyū – „dringend“. Steht oft in der Betreffzeile von Emails am Freitag abend.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. „German Metal Party“…klingt ja lustig…

    …vor ein paar Jahren habe ich auf Urlaub in Japan in Shinjuku in einer Rockbar den Sänger und Gitarristen von der deutschen Speed Metal Legende „Helloween“ getroffen. Ziemlich heruntergekommen der Junge, versuchte bei ner Japanerin zu landen, hat aber irgendwie nicht funktioniert ;-)

    Jedenfalls scheint deutscher Metal immer noch angesagt zu sein dort…

  2. Naja ich gebe zu das ich die Freitagseinstellung besonders bei Behörden in Deutschland hassen gelernt habe.
    Sachen die am Freitag mit dem Kommentar „Wie heute noch? Ist doch Freitag!“ in die Ablage wanderten und oft dann auch Montags nicht dann sofort bearbeitet wurden.

    AAAAABER das „Wochen“ Verhalten in Japan ist mir auch mit einem Stirnrunzeln negativ aufgefallen. Die Steigerung davon ist das Januar bis März versucht wird das herauszureißen was man seit April nur Yukuri erledigt hat.

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