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Stell Dir vor es ist Schlußverkauf und keiner kann hingehen

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Es ist schon eine mißliche Lage, in der sich Japan zur Zeit befindet: Der Japanische Yen fällt so stark wie schon seit 24 Jahren nicht mehr, und es ist noch kein Ende in Sicht. Besonders im Augenmerk hat man dabei den US-Dollar, an der man sich am meisten orientiert. Bezahlte man Anfang des Jahres noch 110 Yen für einen Dollar, so sind es heute bereits 144 Yen. Doch es ist nicht nur der Greenback – schaut man sich die Entwicklung des Umtauschkurses in den vergangenen 12 Monaten zu anderen Währungen an, so sieht es dort nicht viel besser aus:

Land Währung Veränderung
VR China CNY ▼21.36%
Südkorea KRW ▼10.35%
Taiwan TWD ▼17.11%
Hongkong HKD ▼29.43%
Thailand THB ▼17.48%
Vietnam VND ▼26.67%
USA USD ▼30.71%
Australien AUD ▼19.44%
Neuseeland NZD ▼11.19%
EU EUR ▼10.57%
Schweiz CHF ▼23.59%
Philippinen PHP ▼14.75%

Doch während bei einer solch rapiden Entwicklung – dies ist immerhin die stärkste Abwertung des Japanischen Yen seit der großen Abwertung im Jahr 1979 – normalerweise interveniert wird, geschieht in Japan nichts. Politiker äußern sich besorgt, ebenso die Wirtschaftsexperten, doch die BoJ (Bank of Japan) erklärt nicht sich, sondern das Finanzministerium für zuständig, doch dort rührt sich quasi nichts.

Japan verfolgt seit vielen Jahren in Sachen Geldpolitik eine YCC-Strategie – das steht für Yield Curve Control, einer Kontrolle der Zinskurve. Laut diesem Artikel bei Reuters1 hat diese Strategie den folgenden Vorteil:

Die Idee hinter YCC ist, dass sich kurz- und langfristige Zinssätze nicht zu sehr annähern sollten – die Zinskurve also nicht zu sehr abflacht. Denn das würde den Banken schaden. Sie gehen kurzfristige Verbindlichkeiten ein und legen das geliehene Geld längerfristig an.

Damit soll bewirkt werden, dass Banken auch in Zeiten der Rezession Investitionen tätigen – und in einer Rezession befindet sich Japan schon seit langem. Laut des gleichen Artikels erwägte wohl sogar die amerikanische Fed im Jahr 2020 angesichts der coronabedingten Rezession, die gleiche Strategie zu verfolgen. Doch nun wird die Frage, ob ein Festhalten an dieser Politik angesichts des Verfalls des Yen wirklich noch haltbar ist, immer akuter.

Die momentane Lage führt zu merkwürdigen Phänomen in Japan. So sind zum Beispiel gebrauchte iPhones aus den vergangenen Jahren teurer als neue iPhones, denn selbst mit dem teureren Preis sind sie noch immer wesentlich billiger als in anderen Ländern.

Doch um auf die Überschrift zurückzukommen – die Länder an der Spitze der obigen Tabelle stellen die meisten Touristen, die normalerweise in Scharen nach Japan reisen. Und der billige Yen ist für ausländische Besucher natürlich mehr als willkommen. Doch genau da liegt der Hund begraben, denn noch immer verschliesst sich das Land der breiten Masse der Besucher. Sicher, seit gestern dürfen 50,000 statt der bisherigen 20,000 Ausländer pro Tag in Japan einreisen. Und man ist auch nicht mehr auf einen negativen PCR-Test, erstellt 72 Stunden vor Abreise und verbunden mit zahlreichen bürokratischen Unannehmlichkeiten, angewiesen, so man nachweisen kann, dass man 3 Mal gegen COVID geimpft ist. Doch die Regeln darüber, wo und wie und bei wem man die Reise nach Japan buchen muss, sind noch immer zu unübersichtlich – selbst wenn man das herausgefunden hat, wird es vielen dann zu teuer. Mit anderen Worten: Japan ist für ausländische Besucher so günstig wie schon lange nicht mehr. Doch nur wenige haben wirklich etwas davon.

  1. siehe hier
tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

4 Kommentare

  1. Es ist frustierend was gerade abläuft. Wenn man nach einem Flug nach Japan sucht, scheint es erst einmal eine Odyssee zu werden, wenn der Flug einen einigermaßen akzeptablen Preis hat. Da fragt man sich, was hat das mit Energiesparen zu tun, wenn es 2 Stopps mit Umwegen bis Tokyo gibt. Immerhin habe ich viele Hotels gefunden, die vorher gar nicht zu finden waren, weil sie wahrscheinlich immer ausgebucht waren.
    Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgeben noch einmal Japan zu besuchen.
    Reisen ist momentan ein Luxusproblem angesichts der Preise im Supermarkt, die bei jedem Einkauf das Portmonee schneller leeren.
    Wenn ich an die Menschen in der Ukraine denke, sind unsere Probleme klein.

    • Das ist in der Tat ein Luxusproblem.

      Was die Flugpreise anbelangt — wie die letzten zwei, drei Male auch fliege ich im Oktober über Doha und der Preis ging noch… halbwegs. Mag aber auch daran liegen, dass ich schon vor ein paar Monaten gebucht habe.

      Was die Preise anbelangt, so ziehen die hier in Japan auch spürbar an. Das ist seltsam. denn ich bin ja hier seit 1996 unterwegs, und bisher blieben fast alle Preise soweit gleich, von der Mehrwertsteuer mal abgesehen.

  2. … mir fällte dazu ein, in den 70er Jahren hatte VW eine Studie in Auftrag gegeben, das Wachstum zu prognostizieren. Sozusagen ein Blick in die Zukunft des Wachstum wirtschaftlich abzuschätzen. Der Name war, „Die Grenzen des Wachstums“. Von einigen Updates abgesehen, habe wir schon Global das Jahr 2020 überschritte. Wenn ich mir derzeit die Lage in der Welt ansehe, haben die Mitarbeiter des „Club of Rome“ vielleicht gar nicht einmal so falsch gelegen.

    • Das ist gut möglich – für Japan sowieso mit all seinen demographischen Problemen. Jetzt wo all die verschiedenen Abhängigkeiten und Schwachpunkte offensichtlich werden, findet vielleicht sogar ein Umdenken statt in Richtung Entschleunigung und nachhaltigeres Wachstum. Das wäre schön, aber wahrscheinlicher ist leider der Trend hin zu bewaffneten Konflikten. Es wird wohl vorerst unruhig bleiben, leider.

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