BlogMüll zum Müll: Teil II

Müll zum Müll: Teil II

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Da der vorherige Artikel zum einen mehr als unvollständig war (siehe Kommentare), zum anderen auch mehr offene Fragen liess, als ich gedacht hatte, noch ein Nachschlag zum Thema Müll in Japan.
Da die Müllentsorgung Sache der Kommunen ist, kann man leider keine vollständige Aussage für ganz Japan machen – viele Regelns sind wirklich nur lokal gültig.
Die Frage in den Kommentaren nach der Art und Weise, wie Verstösse geahndet werden, ist freilich besonders interessant. Dazu ein paar Anmerkungen:
– Der Müll wird an den festgelegten Tagen von der Müllabfuhr abgeholt. Da die nicht wissen, wann der Müll abgelegt wurde, gibt es in Sachen Zeiten keinerlei Beschwerden von deren Seite.
– Offiziell kontrolliert niemand, wann Müll entsorgt wird. Inoffiziell schon: der Vermieter und, in zahlreichen Gegenden, die 自治会 (jichikai) – eine Art lose Mieter/Bewohnerselbstverwaltung. Die, ohne besondere Rechte innezuhaben, aufpassen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Will heissen, fällt man dem Vermieter oder den Jichikai-Leuten auf, gibt es erstmal mündliche Verwarnungen – und später wahrscheinlich richtigen Ärger.
– In der Stadt, in der ich wohne, benutzte man bis 2005 schwarze Mülltüten. Danach wurde erlassen, dass man durchsichtige Mülltüten benutzen muss. Blau für brennbaren Müll, rot für nicht brennbaren. Diese Tüten kosten freilich Geld. Irgendwelche Tüten benutzen geht nicht.
Was passiert also, wenn man Müll in falschen Tüten oder den falschen Müll in richtigen Tüten entsorgt?
– Ich habe schon oft gehört, dass sich die Leute nicht scheuen, den Müll zu öffnen und nach Schriftstücken zu suchen. Entdecken sie einen Brief mit Adresse, wird der Müll der entsprechenden Wohnungsnummer vor die Tür gestellt. Entdecken sie nichts, wird er nicht abtransportiert. Das macht natürlich wenig Sinn, da der Entsorgende mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht seinen Müll zurückholt. Also verschwindet der Müll nach einer Woche oder so dann doch.
Wenn Japaner eine Idee übernehmen, dann richtig. Und wie schon in einem Kommentar angedeutet – man recycelt hier auch „Foodtrays“, also Plasteschalen, in denen Fleisch usw. verkauft wird. Die müssen beim Entsorgen blitzblank sein. Etiketten und Deckel müssen mit PET-Flaschen verschwinden (Etiketten haben dazu extra eine gepunktete Naht). Flaschen sollten ausgewaschen sein. Usw. Usf.
Nun, das Entfernen der Deckel zum Beispiel ist sinnvoll. Vielleicht auch noch das Entfernen der Etiketten. Das aber in der Tat PET-Flaschen nicht gequetscht werden dürfen, ist schlichtweg unbegreiflich. Schliesslich werden sie später sowieso gequetscht – und Müllautos müssen aufgrund des Platzbedarfs unzerknautschter Plastikflaschen wesentlich häufiger fahren.
Auch das exzessive Auswaschen gefällt mir persönlich nicht gerade: Die meisten scheinen zu vergessen, dass Wasser eine wichtige Ressource ist, die es zu schonen gilt. Auch in Japan. Ein besonders schönes Beispiel ist da folgendes:
Viele Leute waschen leere Speiseölflaschen mit Spülmittel aus. Damit ja kein Ölrückstand zurückbleibt. Ist natürlich sehr clever: Mehrere Liter Wasser + etwas Öl + viel Spülmittel zu verschwenden, um die (später sowieso spezialbehandelte und eingeschmolzene) Flasche sauberzumachen.
Nun, dieses Thema ist wahrscheinlich noch viele dutzend Beiträge wert, aber dies soll als vorläufiger Nachtrag reichen. Vielleicht können ja ebenfalls in Japan lebende Leser schildern, wie es ihren Kommunen aussieht.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Hört sich für mich so ähnlich an, wie in Good Old Germany. Wir haben hier ja auch mittlerweile zig Mülltonnen, die in einem genauen Winkel zu Straße aufgestellt werden müssen. Ab und an wird die Wertstofftonne kontrolliert und im Fall von Falschbefüllung mit einer Mahnung versehen. Was dann auch mal zu solchen Aktionen ((http://blog.signal77.de/wp/643_reisetasche) führt…

  2. Hi Tabibito,
    also Hyogo-ken, Tatsuno-shi, Shingu-cho:
    brennbarer Müll in Tüten die gekauft werden mussten. Seit Ende 2006 ist eine beliebige durchsichtige Tüte ok, seit dem darf auch mehr als „brennbar“ deklariert werden. Der Grund ist die neue Müllverbrennungsanlage mit besserem Rauchfilter ;-)
    Glas, Blech, Alu, Plastik, Tetrapack, Papier wurde abwechselnd alle 2-4 Wochen im Versamlungscenter der Wohnanlage eingesammelt. Achtung, Tetrapack, aufgeschnitten nach Vorschrift und PET-Flaschen minimalstverkleinert!
    Osaka-Kayashima:
    Brennbarer Müll in beliebiger durchsichtiger Tüte 3 Mal die Woche.
    der Rest 1-2 mal über den Monat verteilt. Kein Extra Tetrapack Sammlung und bei der PET war der Zustand (un- oder gepresst) egal.
    Brennbarer Müll mit zuviel Fremdanteil wurde auch mal Lange (2-3 Wochen) liegengelassen bis der Vermieter den Müll sortierte.
    Kanagawa-ken, Sagamihara-shi, Hashimoto:
    Brennbarer Müll in beliebiger durchsichtiger Tüte. Der Rest in Tüten oder zusammengebunden.
    PET wieder IMHO egal.

    Wie man sieht national gleich und alles ganz einfach! :D

    Das ist nur ein grober Überblick!
    Die jeweiligen A4-A3 grossen Müllpläne und Verpackungsvorschriften hier darzustellen würde den Rahmen mehr als sprengen ;-)

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