BlogKostbare Stempelmarken

Kostbare Stempelmarken

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20'000 Yen (150-Euro)-Steuermarke
20’000 Yen (150-Euro)-Steuermarke

Die Fisküsse (ich erfinde einfach mal die Pluralform) dieser Welt wissen schon, wie sie an ihr Geld kommen: In Japan zum Beispiel mittels sogenannter 収入印紙 shūnyū inshi – in Österreich unter dem Namen „Stempelmarke“ bekannt. In Deutschland gab es diese Marken früher wohl auch, aber das scheint vorbei zu sein. In Japan gibt es diese Marken schon immer, und sie werden vielfältig eingesetzt. Möchte man zum Beispiel einen neuen Pass beantragen, kann es sein, dass man – je nachdem, wo man wohnt – die Gebühr mittels Stempelmarken entrichten muss: Man muss die Marken dann andererorts kaufen und beim Amt abgeben. Noch wichtiger sind die Marken bei Verträgen in Japan. Bei Verträgen mit kleineren Beiträgen, also ein paar tausend Yen (*zig Euro), benutzt man 200-Yen-Marken, die auf den Vertrag oder die Quittung geklebt werden. Geht es um zig Millionen Yen, also ein paar hunderttausend Euro, wird es schon teurer – dann muss man eine 20,000-Yen-Stempelmarke draufkleben (siehe Photo) oder noch  mehr. Letzte Woche musste ich mir so eine Marke zulegen (nein, bestimmt nicht zum Sammeln), und es ist schon seltsam: Man legt 20,000 Yen, also rund 150 Euro, auf den Tisch – und bekommt eine kleine, ganz normal aussehende Briefmarke. Und das beste daran: Man weiss noch nicht mal, wofür man das eigentlich braucht. Ja wofür eigentlich? Man bezahlt doch schon Mehrwertsteuer und diverse andere Steuern!
Diese Marken gibt es in zahlreichen Varianten: Für die Rentenkasse, Krankenkasse, Einkommenssteuer, für Gebühren der jeweiligen Präfektur und so weiter und so fort. Die gebräuchlichsten sind jedoch die oben genannten Marken für Einkommen bzw. Erträge. Nennen wir sie deshalb mal Ertragssteuermarken. Von denen gibt es geschlagene 31 Arten: Die kleinste (im Sinne von Betrag) ist einen ganzen Yen wert (also weniger als einen Cent), die teuerste hingegen 100,000 Yen, also rund 700 Euro. Für ein kleines Fetzchen Papier. Mit UV-Wasserzeichen wohlgemerkt. Kaufen kann man diese Marken unter anderem bei der Post, so man denn eine braucht. Und: Auf diese Marken wird keine Mehrwertsteuer erhoben. Immerhin.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

7 Kommentare

    • Einkommenssteuern werden natürlich anders abgezogen. Diese Marken hier sind eine Art Gebühr für Verträge, aber wie gesagt, warum genau diese Steuer nun besteht und was damit gemacht wird, weiss ich auch nicht so genau.

  1. Danke für die unbekannte Facette der japanischen Bürokratie.
    Auf der Zweitschrift meiner Heiratsurkunde aus dem Jahr 1966 befindet eine sogn. „Gebührenmarke der Gemeinden und Gemeindeverbände“ im Wert von 50 Pfennig. Sie zeigt ein holzschnittartiges Portrait des Freiherrn vom Stein. Danach habe ich in Deutschland keine Dokumente mehr mit solchen Marken gesehen.
    Eine interessante Form der Geldbewegung, finde ich, und ziemlich altmodisch.
    Es wäre ja zu einfach, statt Stempelmarken zu kaufen die anfallenden Gebühren online zu überweisen. Gibt es in Japan einen Schwarzmarkt mit geklauten oder gar gefälschten Stempelmarken?
    Jedenfalls birgt dieses Marken-System ein großes Einsparpotential in der Verwaltung. Aber wahrscheinlich profitieren zu viele von der beschriebenen Situation, so dass die Abschaffung auf Widerstand stieße.
    28.2.2014 – 17:55 MEZ

  2. Schön, dass Du noch mitliest :)
    Ob es einen Schwarzmarkt mit diesen Marken gibt, weiss ich nicht. Es gibt allerdings die „Kinken“-Shops, in denen man diese Marken sowie unbenutzte Fahrkarten, Gutscheine und so weiter zu Geld machen kann – und dort wohl auch kaufen kann. Der Preisunterschied ist allerdings winzig und lohnt nicht, das Risiko einzugehen. Würde mich nicht wundern, wenn es auch Fälschungen gibt. Ich weiss nur, dass die Marken ein besonderes Muster zeigen, wenn man sie unter Schwarzlicht hält.

    • Es gab tatsaechlich Faelschungen, genau wie von Postwertzeichen. Die Faelschungen kamen – wie sollte es anders sein – aus China… Die neueren Ausgaben der Stempelmarken und auch die neue Dauermarkenserie, die seit 2014 ausgegeben wird, haben zusaetzliche Sicherungen gegen Faelschungen – analog zu den gegenwaertig umlaufenden Banknoten.

  3. Mich erinnert das ein wenig an die Wertstoffmarken, die man zum Entsorgen von Sperr- oder Elektromüll kaufen muss.
    So eine musste ich mir bei meinem Umzug letztes Jahr besorgen. Das ging zum Glück ganz leicht in einem Kiosk um die Ecke. Bei der Entsorgung musste die dann abgegeben werden. Die 20€ extra für Abholung in der Wohnung musste ich aber bar bezahlen. Der Sinn erschloss sich mir nicht. xD

    • Müllmarken gibt es hier auch — obwohl das eher Aufkleber sind, auf die man dann seinen Namen und eine Nummer schreibt, die man vorher vom Rathaus in einem „persönlichen Telefonat“ erhält. Braucht man zum Glück nur für Sperrmüll.

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