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Japan schließt sich in Sachen Ukraine dem Westen an | Meinung zum Thema

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Die japanische Regierung hat sich angesichts des Einmarsches Russlands in der Ukraine in seiner Position dem Westen angeschlossen – das ist keine große Überraschung, aber es wird wohl eine Weile dauern, bis ernsthafte Maßnahmen beschlossen werden. Laut Premierminister Kishida wird dies auf alle Fälle Sanktionen beinhalten. Wirtschaftlich wird dies freilich auch auf Japan einen spürbaren Einfluss haben, wobei Russland gegenüber Japan einen deutlichen Exportüberschuss aufweist – 2020 importierte Japan Rohstoffe und Waren im Wert von umgerechnet 9 Milliarden Euro (hauptsächlich Erdgas, Kohle, Erdöl, Palladium und Meeresprodukte), während es nur Waren im Wert von 5 Milliarden Euro nach Russland exportierte – hauptsächlich Autos, Maschinen, Autoersatzteile und dergleichen1. Ein umfassendes Embargo wird demzufolge Russland stärker treffen, verliert es doch einen wichtigen Abnehmer seiner Rohstoffe, aber es wird auch Japan vor große Probleme, vor allem im Energiesektor, stellen.

Bevor ich 2005 permanent nach Japan zog, war ich ausgiebig in Osteuropa unterwegs – auch in der Ukraine, und zwar (unter anderem) in Kiew, Odessa, der Krim, Lviv und Dnipro (Dnepropetrowsk). Schon damals war die Zweiteilung des Landes sehr deutlich – im Osten und Süden ging es eher russisch zu, die Hauptstadt war kosmopolitisch, und der Westen stark nationalistisch geprägt. Obwohl sich die ukrainische und die russische Sprache zweifelsohne sehr ähneln, wurde mir damals schon dringend angeraten, im Westen der Ukraine auf gar keinen Fall Russisch zu sprechen, da mich das in ernsthafte Bedrängnis bringen könnte. Russisch in Kiew oder Dnipro oder auf der Krim zu sprechen war überhaupt kein Problem.

Natürlich habe ich damals meine eigene kleine Seite über die Ukraine erstellt (siehe hier), und sie beginnt mit der Einleitung:

Україна (Ukraine) bedeutet soviel wie „Grenzland“. Und der Titel der Nationalhymne lautet „Die Ukraine ist NOCH nicht gestorben“ – das klingt nicht unbedingt vielversprechend. Doch die Ukraine ist mehr als ein „Grenzland“ Russlands – auch wenn man das bei einem Besuch in der Ostukraine denken könnte.

Leider stehen diese Zeilen nun in einem düsteren Kontext. Eigentlich bin ich sehr russlandfreundlich gesinnt, aber die Invasion Russlands ist einfach inakzeptabel und wird keine Sieger hervorbringen. Und sie birgt Gefahren, die äußerst beunruhigend sind – Cyberangriffe Russlands auf wichtige Internetsysteme zum Beispiel. Oder wer sagt denn, dass Putin es bei der Ukraine belassen wird – schliesslich gibt es eine ähnliche Gefahrenlage westlich der Ukraine, mit der Republik Moldau und Transnistrien (wo ja schon nach einem kurzen Bürgerkrieg seit den 1990ern russische Truppen stationiert sind). Von einer offenen Konfrontation mit dem Westen, sei es gewollt oder ungewollt, ganz abgesehen.

Die Welt, inklusive Russland, hat eigentlich ganz andere Probleme – Corona zum Beispiel, oder die globale Erwärmung. Da ist ein offener Krieg zwischen zwei so großen Ländern das allerletzte, was die Menschheit jetzt braucht. Aber wer erklärt das Putin?

  1. siehe hier
tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

3 Kommentare

  1. Auch ohne Kriege gibt es viel Leid auf der Erde.
    Sanktionen scheinen keinen Eindruck zu machen. Da wird ein Plan abgearbeitet.
    Die Ungewissheit was noch kommen wird macht Sorgen.

  2. „Die Ukraine ist noch nicht gestorben.“? „Keine Sieger“? Muhahahaha! Anbei die neue ukrainische Nationalhymne. So ab Mitte naechster Woche. ;-)

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