BlogIkebo und Voice fonts - der neue Trend

Ikebo und Voice fonts – der neue Trend

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Japanische Maschinen sind gesprächig – das war eigentlich schon immer. Fahrstühle, Rolltreppen, Getränkeautomaten, Luftbefeuchter, Autos, Türen — alles quasselt und säuselt vor sich hin – beinahe so wie „Per Anhalter durch die Galaxis“. Und man lässt sich da so einiges einfallen – auf Bahnsteigen zum Beispiel, wo (in einigen jedenfalls) eine weibliche Stimme stets die eine und eine männliche stets die andere Richtung ansagt. Oder Getränkeautomaten, die im feinsten Tsugaru-Dialekt losplappern – eine Mundart, die wirklich nur dort Geborene beherrschen.

Der Trend geht heute dabei in jüngster Zeit zum „ikebo“, eine Verballhornung von „IKEru“ (attraktiv, ansprechend) und „BOisu“ vom Englischen „Voice“). Besonders beliebt sind da zum Beispiel Sprecher diverser Animefiguren. Man kann sich dabei für manche Geräte die gesprochenen Sätze als Datensatz herunterladen und dabei entscheiden, von wem die Stimme stammen soll. Außerdem kann man (mitunter) den Ton bestimmen – das Gerät spricht dann nicht mehr neutral, zum Beispiel „Bitte das Gerät aufladen“ sondern eben „Du solltest mich vielleicht demnächst mal wieder aufladen!“. Das dürfte wohl für verschiedene Zielgruppen sehr interessant sein.

Hier gibt es übrigens seit einiger Zeit ein ganz bemerkenswertes Unternehmen – CoeFont, gegründet von zwei 19-jährigen Studenten der Tōdai (Tokyo University, die renommierteste Universität Japans mit den härtesten Aufnahmeprüfungen). Diese erstellen mit Hilfe von AI ein „Voice Font“ – man muss dazu zahlreiche Wörter und Sätze vorlesen, und danach erstellt das Programm ein persönliches Stimmprofil, mit dem man dann, ohne selbst sprechen zu müssen, alles in der eigenen Stimme vorlesen lassen kann. Die Genauigkeit ist sehr beeindruckend, und nicht nur dass – so etwas kostete früher ein Vermögen, doch mit CoeFont kann man das Online und ab einem monatlichen Beitrag von 500 Yen (4 Euro) machen. Das ist auch aus medizinischer Sicht interessant – Menschen, die aufgrund von Kehlkopfkrebs und anderen Krankheiten nach der notwendigen OP ihre Stimme verlieren, können vorher ein VoiceFont erstellen und so mittels Computer weiterhin in ihrer eigenen Stimme reden. Mehr dazu erfährt man unter https://coefont.cloud – allerdings wird das ganze momentan nur auf Japanisch angeboten.

tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Hallo,
    ich muss gestehen das mir sprechende Geräte meistens auf die Nerven gehen, egal in welcher Sprache oder Dialekt. Ich stelle mir gerade eine Toilette vor die in mädchenhafter Anime Stimme, nach meinen Wünschen bezüglich der Spülung fragt…… .
    Dieses Vorlese und Stimmerkennungsprogramm ist sicher ne tolle Sache, nicht mehr per Hand schreiben hatte ich mal mit dem Handy versucht, mit eher mäßigem Erfolg. Und als Stimme für Leute die nicht mehr sprechen können, ist es sicher auch eine tolle Sache.

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