BlogGefahren aus dem Westen -- heute: Gelber Sand

Gefahren aus dem Westen — heute: Gelber Sand

-

Japan ist nicht nur permanent von Vulkanausbrüchen, Erdbeben und Tsunamis bedroht, sondern auch noch von ein paar anderen Sachen — nordkoreanischen Raketen zum Beispiel. Heute testete Nordkorea mal wieder eine ballistische Rakete, die direkt auf die Nordinsel Hokkaido zuflog und dort den J-Alert auslöste: Die Einwohner wurden kurzzeitig gebeten, sich in Sicherheit zu bringen. Und dann wäre da auch noch die Gefahr durch sa — wörtlich „Gelber Sand“, auf Englisch gern als „Asian Dust“ bezeichnet. Wolken gelben Sandes ziehen vor allem im Frühjahr, durchaus aber auch in anderen Jahreszeiten, von Zentralasien bis nach Nordamerika. Logischerweise gilt dabei, dass die Partikel häufiger und größer sind, je näher man an der Quelle des Gelben Sandes ist. Den Ursprung hat selbiger in den Steppen und Wüsten Kasachstans, der Mongolei und der Inneren Mongolei (sprich dem Norden von Zentralchina), und es gibt Befürchtungen, dass dieser Gelbe Sand mit zunehmender Erderwärmung immer stärker werden wird.

In Ostchina äußern sich die Wolken darin, dass die Luft sehr diesig und stark von Feinstoffen belastet wird. In Zentralchina kommt es dabei gelegentlich, so auch gestern, zu schweren Sandstürmen mit nahezu null Sicht. So viel kommt in Japan meistens nicht an, doch der Gelbe Sand ist trotzdem spürbar – die Luft wird in der Tat schlechter, und einer leichter Film feinen Staubs legt sich auf alles. Besonders gut ist das natürlich auf dunkleren Autos erkennbar. Das geschah in Japan zum letzten Mal vor zwei Jahren – und jetzt geschieht es wieder. Das Meteorologische Amt Japans widmet dem Gelben Sand sogar eine eigene Prognoseseite1:

Prognose der Sandzufuhr aus Richtung China
Prognose der Sandzufuhr aus Richtung China

Als Faustregel gilt, dass Gelber Sand dann relevant für die Bevölkerung wird, wenn die durch den Sand verursachte Sichtweite unter 5 Kilometer liegt, und das war heute in Tokyo der Fall. Gesunden Menschen macht der Sand in der Konzentration, wie er in Japan gemessen wird, normalerweise nichts aus – doch die Zusammensetzung des „Sandes“ ist nicht ohne: Das Substrat besteht nämlich nur zu knapp einem Drittel aus Quarzen – es enthält auch bis zu 7% Aluminium, um die 10% Kalzium, etwas Eisen, Pestizide, Schwefel, Asche, Kohlenmonoxide, Chrom, Kupfer, Blei, Arsen, Viren (!), Antibiotika und so weiter — das meiste davon ist also menschengemacht. Dieser echte Giftcocktail sorgt bei nicht wenigen Leuten für allergische Reaktionen – so sind zum Beispiel vor allem Menschen mit Metallallergie und Atemwegsvorerkrankungen gut daran beraten, sich auf die eine oder andere Art zu schützen – durch Kleidung, Masken, möglichst kurzen Aufenthalten im Freien etc. Das gilt natürlich nicht nur für Japaner, sondern auch für Japanbesucher – ist der Himmel halbwegs klar aber sehr trüb, dann könnte dies auf Gelben Sand hinweisen und damit ein Problem für Asthmatiker oder Allergiker werden.

Beim Gelben Sand kann man übrigens nicht ganz so einfach davon ausgehen, dass die Wirkung mit zunehmender Entfernung vom Herd abnimmt – denn je weiter die Entfernung, desto kleiner werden die Partikel. Und es sind gerade die ganz feinen Partikel, die weit in die Lungen vordringen und dort Schaden anrichten können.

  1. siehe hier
tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Interessant war heute morgen waehrend des „JAlerts“ die Empfehlung, sich in stabilen Gebaeuden oder in Kellern in Sicherheit zu bringen… ;-) Mehr Realsatire geht kaum… ;-)
    Als Steuerzahler wuesste ich uebrigens ganz gern, zu welchem Zweck man denn die US-Luftabwehrsystems vom Typ „Patriot“ fuer teures Geld angeschafft hat… :-/

  2. Hallo,

    danke für den Hinweis. Ich bin gerade auf Rundreise in Tokyo/Kyoto und habe trotz Maske überraschend heftige Heuschnupfenanfälle – kann natürlich sein dass der gelbe Sand das verstärkt. So viele verärgerte Blicke wie durch die plötzlichen Niesanfälle habe ich schon lange nicht mehr auf mich gezogen in menschenleere Ecken oder auf Toiletten flüchten ist leider nicht immer möglich…

    VG
    Daniela

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Soziale Medien

0FollowerFolgen
0FollowerFolgen
0AbonnentenAbonnieren

Neueste Beiträge

Heimlich, still und leise… stumme Aushöhlung der Privatsphäre?

Es war schon ein dreistes Stück: Vor ein paar Tagen spazierte ein Mann in eine Goldausstellung des Edelkaufhauses Takashimaya...

Politiker der Woche | Akebono verstirbt in Tokyo

Der -- hier unregelmäßig -- vergebene Preis des Politikers der Woche geht an den Präfekturgouverneur von Shizuoka, der Präfektur...

TV-Tipp: Potsunto Ikken’ya

Ein Leser schrieb mich neulich an und bemerkte, dass es schön wäre, mal den einen oder anderen Fernsehtipp auf...

Puberulasäure und ein paar mysteriöse Todesfälle

Nahrungsergänzungsmittel, auf japanisch gern kurz サプリsapuri (Verballhornung des englischen Begriffs suppliments) genannt, sind ein großes Ding in Japan --...

Und wieder 5 Jahre warten — Verkehrssünden in Japan

Es war an einem hektischen Tag im November 2019 -- mit dem Auto fuhr ich die Route, die ich...

Mehr als 700 Grad und noch immer keine Kirschblüten

Das mit den Kirschblüten ist schon eine interessante Wissenschaft: Alljährlich veröffentlichen Wetterdienste Karten und Vorhersagen der "Kirschblütenfront", anhand derer...

Must read

Die 10 beliebtesten Reiseziele in Japan

Im Mai 2017 erfolgte auf dem Japan-Blog dieser Webseite...

Auch lesenswertRELATED
Recommended to you

%d