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Freilufthaltung

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Das Bild, das sich mir gestern vor dem Bahnhof Tamachi (Yamanote-Linie, zwischen Tokyo und Shinagawa) bot, ist zu gut, um es in der eigenen Bildbibliothek zu verstecken. Seit geraumer Zeit, meiner Erinnerung nach seit ca. 1998, verbieten ja immer mehr Stadtteile beziehungsweise manchmal auch ganze Städte das Rauchen auf offener Straße. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern werden Raucher in Japan also nicht auf, sondern von der Straße geschickt. An einigen Ecken und Enden , wobei diese Ecken immer weniger werden, hat man gnädigerweise Aschenbecher aufgestellt und eine Linie drumherum gemalt: Dort, aber nur dort darf geraucht werden.

Schafherde (hinten) mit Hirte (Bildmitte)
Schafherde (hinten) mit Hirte (Bildmitte)

In Tamachi nun hat man eigens dazu Aufpasser, oder Hirtenhunde, oder Blockwarte oder wie man sie auch immer bezeichnen soll, eingesetzt: Rentner, die noch arbeiten wollen oder müssen. Auf dem Bild sieht man nur einen, aber es waren in Wirklichkeit zwei da – mit eigens zu diesem Zweck gefertigten Westen. Wenn nun ein Raucher mit einem Bein aus der Umfriedung ragt, bellt der Wachhund sofort los: Bitte bleiben Sie in der Umzäunung! Treten Sie zurück!
Als Raucher sehe ich das natürlich mit gemischten Gefühlen. Einerseits trauere ich der Zeit nach, als für Raucher „alles noch ganz einfach war“. Andererseits – man kann es den Kommunen nicht verübeln. Lieber Raucherreservate einführen als Zigarettenstummel an allen Ecken und Enden herumliegen sehen. Und ihre Wirkung verfehlen die Maßnahmen nicht: Man raucht in der Tat weniger (wobei ich dazu sagen muss, dass ich noch nie ein starker Raucher war…)

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

7 Kommentare

  1. Warst du nicht? ;-)
    Während meiner Ausbildung (1989-1992) gab es auf dem Gelände der Ausbildungsstätte und der Schule/Wohnheim Raucherinseln. Offensichtlich war die dahingeschiedene DDR bereits Vorreiter für derlei Reservate!

  2. Japan ist schon seltsam, dass rauchen wird von der Strasse nach innen gedrängt und bei uns in Europa von Innen auf die Strasse… Manchmal frag ich mich, was besser ist. Als Zigarren und Pfeifen Raucher mag ich es natürlich lieber im warmen :-)Aber die Angestellten in den Raucherlokalen können einem schon Leid tun!

  3. ich finde es ein bisschen schade, daß es in Japan imho eigentlich immer nur darum geht, daß es „sauber“ ist. Der Nichtraucherschutz spielt dabei kaum eine Rolle. Die Situation in Restaurants ist auf jeden Fall oft sehr gewöhnungsbedürftig (Abtrennung durch Schilder, als ob der Rauch dort stoppt). Sage ich als Gelegenheitsraucher.

    • Stimmt! Das ist in etwa so, als ob man an einem Schwimmbad an einer Ecke ein Schild aufstellt: „Bitte nur in diesen Teil des Pools pinkeln!“
      Aber ich glaube, diesbezüglich tut sich auch schon einiges – viele Restaurants (mehr aber noch Cafes) verfolgen die 分煙 (bun’en – Rauch-trennen)-Strategie, also Raucher sind auf einer extra-Etage/ in einem extra-Raum usw. Bei Kneipen gibt es das freilich noch gar nicht…

  4. Ich bin nichtraucher und sehe das alles mit gemischten Gefühlen. Zum einen ist es für mich angenehm, wenn ich überall hinlaufen kann ohne durch den blauen Dunst belästigt zu werden. Zum anderen stört es mich nicht, wenn die Leute so rauchen, dass es nicht direkt zu mir weht. So kann ich auch mal in der Pause bei rauchenden Kollegen stehen – dann halt nicht in Windrichtung.
    Bis jetzt fand ich die japanische Lösung für Bahnhöfe ganz schlau. Wenn wenig Leute da sind ist Rauchen OK, wenn viele dann hören die Raucher auf. Diese Raucherinseln finde ich nur für Orte denkbar, die quasi immer überlaufen sind. Aber braucht man da wirklich Aufpasser? Die Japaner habe ich jedenfalls nicht als kleine Anarchisten erlebt, sondern eher als sehr, sehr Regelkonforme Menschen.
    @Felix: Seit bei mir endlich die Restaurants und Kneipen rauchfrei sind gehe ich sogar auch mal (selten) in eins. Früher bin ich quasi nie ausgegangen, weil ich den Geruch in der Kleidung dann nicht ausgehalten habe. Warum gerade im kalten Deutschland die Raucher im Winter immer frieren sollen leuchtet mir nicht ein. Vielleicht eine versteckte Agenda der Regierung? Dabei verdient die doch so viel an den Steuern.

    • Der Geruch der Kleider stört mich auch extrem. Leider gibt es jetzt Raucherbereiche in Restaurants -> wenn die Mehrheit raucht, muss man dort rein und wird erst recht vergast.
      Ein allgemeines Verbot bis auf die eigenen 4 Wände wäre wünschenswert. :-)

  5. Naja, so gehört sich das ja auch! ^-^
    Ich hasse nichts mehr als rücksichtslose Raucher!
    Leider hat sich das in Japan ja noch nicht so durchgesetzt, dass man in Restaurants nicht mehr rauchen darf. Viele haben zwar Nichtraucher-Sitze, aber mir passiert es immer wieder, dass ich nach langer Wartezeit endlich mein Essen serviert bekomme und JUST in diesem Moment müssen die Herrschaften um mich heraum natürlich mit dem Rauchen anfangen. GROOOAAAR!!!

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