BlogEs rumort unter dem Fujisan und vor der Küste...

Es rumort unter dem Fujisan und vor der Küste – seismische Aktivitäten mehren sich

-

Vor rund einer Woche, in der Nacht vom 2. zum 3. Dezember, wurden viele Bewohner von Tokyo und der umliegenden Gegend gleich zwei Mal geweckt – kurz nach 2 Uhr nachts durch zwei Beben der japanischen Stärke 3 und 4 (höchste Stufe: 7) und dann noch ein Mal kurz nach halb sieben mit einem Beben mit einer schwachen 5. Alle drei Erdbeben hatten ihr Epizentrum in der Region der 5 Seen des Fujisan (Fuji Goko). Das stärkste Beben hatte eine 4.9 auf der Richterskala, das Epizentrum lag jeweils in rund 20 Kilometer Tiefe.

Erdbeben am Fuji am 3. Dezember 2021
Erdbeben am Fuji am 3. Dezember 2021. Quelle: Meteorologisches Amt

Stärkere Erdbeben direkt am Fujisan sind relativ selten und lassen deshalb Geologen aufhorchen, denn das könnte zweierlei bedeuten:

  1. Ein Ausbruch des Fujisan

Den letzten schweren Ausbruch gab es im Jahr 1707 – damals wurde Edo (das heutige Tokyo) mit einer zentimeterdicken Ascheschicht bedeckt. Dass der markante Stratovulkan alles andere als dormant ist, ist hinlänglich bekannt, und ein schwerer Ausbruch kann katastrophale Folgen haben. So veränderte der Fuji-san bei einem Ausbruch im Jahr 864 u.Z. die komplette Landschaft nördlich des Vulkans – die 5 Seen, wie man sie heute kennt, entstanden erst zu jener Zeit. Da ein Ausbruch für die Hauptstadtregion große Konsequenzen haben könnte, wurde erst vor ein paar Wochen eine Neuausgabe der „Hazard Map“ erstellt – zum ersten Mal seit 17 Jahren.

Neuausgabe der Katastrophenschutzkarte des Fuji-san. Links die alte, rechts die neue Fassung.
Neuausgabe der Katastrophenschutzkarte des Fuji-san. Links die alte, rechts die neue Fassung. Quelle: Siehe hier.

Die Karte beschäftigt sich vor allem damit, wo überall Lava fließen könnte, denn diese Gegenden müssen im Fall der Fälle umgehend evakuiert werden. Auch die Simulation des Ascheregens wurde überarbeitet – in Tokyo könnten demzufolge je nach Stadtgebiet zwischen 1 und 30 cm Asche niedergehen. Das klingt zwar erstmal nicht nach sehr viel, aber schon ein paar wenige Zentimeter würden reichen, den Verkehr komplett lahmzulegen.

Es droht jedoch noch eine andere Gefahr, und die würde alles in den Schatten stellen:

2. Nankai-Erdbeben

Parallel zur japanischen Ostküste verläuft der sogenannte 南海トラフ Nankai-Graben – hier grenzen zwei Platten aneinander, und die Gegend ist seismisch sehr aktiv. Ein schweres Erdbeben entlang dieser Plattengrenze kann genau so stark sein wie das, das 2011 den Nordosten von Japan verwüstete, doch während die Katastrophe vor 10 Jahren nur dünn besiedeltes Gebiet traf, würde ein Nankai-Beben einen starken Tsunami verursachen, der die halbe japanische Ostküste verwüsten würde – von Kyushu über Shikoku und Nagoya bis nach Tokyo. Das letzte schwere Erdbeben (Stärke 8.7) gab es hier 1707 – und der Ausbruch des Fujisan im selben Jahr wird nicht als Zufall, sondern als Folge betrachtet.

Die Behörden bereiten sich seit Jahrzehnten auf ein Nankai-Beben vor, doch das ist aufgrund der extrem dichten Besiedlung der Ostküste nur bis zu einem gewissen Grad möglich. Die wirtschaftlichen Folgen kann man sich nur schwer ausmalen, denn die Region von Osaka bis Tokyo ist die wirtschaftliche Achse Japans, und eine Überflutung der Küstenregion würde umgehend Wirtschaft und Verkehr lahmlegen – von möglichen Todesopfern ganz zu schweigen. Hier kann man nur hoffen, dass das ganze nicht bald, sondern erst in ferner Zukunft geschehen wird.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

2 Kommentare

  1. Früher habe ich mich immer gefragt, wie die Menschen mit dem Wissen leben können, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das befürchtete Szenario eintritt. Und tatsächlich frage ich mich das bis zu einem gewissen Grad immer noch. Natürlich weiß ich, dass man Metropolregionen wie Osaka, Tokyo und Nagoya nicht einfach umsiedeln kann. Und vermutlich fehlt für dieses Gedankenspiel ohnehin der Platz. Ich hoffe natürlich auch, dass Japan ein großes Nankai-Erdbeben so lange wie möglich erspart bleibt.

  2. Vielleicht sollte ich aufgrund dieser Informationen meinen nächsten Japanurlaub, der mittlerweile mehrmals auf nächstes Jahr verschoben werden musste, absagen. Ich möchte nämlich sehr, sehr gerne wieder mal hin. Als ich das erste Mal genauso unbedingt hin wollte, wäre mein Flug am 14.03.2011 gegangen…

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Soziale Medien

0FollowerFolgen
0FollowerFolgen
0AbonnentenAbonnieren

Neueste Beiträge

Geht der vielgerühmte japanische Kundenservice vor die Hunde?

Die meisten Japanbesucher sind meistens von der gleichen Sache begeistert -- dem berühmten Kundenservice. Stets lächelnd, reißen sich die...

Heimlich, still und leise… stumme Aushöhlung der Privatsphäre?

Es war schon ein dreistes Stück: Vor ein paar Tagen spazierte ein Mann in eine Goldausstellung des Edelkaufhauses Takashimaya...

Politiker der Woche | Akebono verstirbt in Tokyo

Der -- hier unregelmäßig -- vergebene Preis des Politikers der Woche geht an den Präfekturgouverneur von Shizuoka, der Präfektur...

TV-Tipp: Potsunto Ikken’ya

Ein Leser schrieb mich neulich an und bemerkte, dass es schön wäre, mal den einen oder anderen Fernsehtipp auf...

Puberulasäure und ein paar mysteriöse Todesfälle

Nahrungsergänzungsmittel, auf japanisch gern kurz サプリsapuri (Verballhornung des englischen Begriffs suppliments) genannt, sind ein großes Ding in Japan --...

Und wieder 5 Jahre warten — Verkehrssünden in Japan

Es war an einem hektischen Tag im November 2019 -- mit dem Auto fuhr ich die Route, die ich...

Must read

Die 10 beliebtesten Reiseziele in Japan

Im Mai 2017 erfolgte auf dem Japan-Blog dieser Webseite...

Auch lesenswertRELATED
Recommended to you

%d