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Die Lage wird unübersichtlich – Omikron hinterläßt immer mehr Spuren

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Allmählich wird es unübersichtlich. Die täglich gemeldeten Neuinfektionen für ganz Japan liegen nun bei über 70,000, und allein in Tokyo sind es mehr als 16,000. Die wahren Zahlen liegen völlig im Dunkeln, denn Arztpraxen sind hoffnungslos überfüllt, und viele, die sich testen lassen wollen, können sich nicht testen lassen. Und nicht nur das: Man darf davon ausgehen, dass sich eine große Zahl von Verdachtsfällen erst gar nicht testen lassen möchte, und das kann man den Menschen auch nicht verübeln. Wie auch anderswo nehmen auch in Japan Omikron-Infektionen offensichtlich einen weitaus leichteren Verlauf, und aus diesem Grund sowie der erwähnten Schwierigkeiten eines Arztbesuches sinkt das Bewusstsein rapide, etwas unternehmen zu müssen.

Hörte man bei den vorherigen Wellen nur hier und da von Fällen im Bekannten- oder Kollegenkreis, so hört man nun von Fällen aus allen Ecken und Enden. Besonders betroffen sind natürlich Kindergärten und Schulen, doch die werden dann nur teilweise geschlossen. Auch in zahlreichen Firmen hört man von Clustern, die dann ganze Abteilungen bzw. die ganze Firma lahmlegen.

Noch wurde der Ausnahmezustand (den man im vergangenen Jahr versprach, nicht mehr auszurufen), doch da die Auslastung der Intensivstationen nun den Grenzwert von 50% erreicht hat, wird nun doch wieder davon geredet. Ansonsten glänzt die Regierung durch absolute Untätigkeit. Die Boosterimpfungen gehen nur schleppend (und nur bei älteren Leuten) voran, bei Jüngeren sollen sie im März beginnen – man braucht allerdings keine Kristallkugel, um zu sehen, dass Omikron bis dahin schon längst „durch“ sein wird.

Problematisch wird es nun für die ganzen Mittelschüler, die in zwei Wochen ihre wichtigen Oberschulprüfungen haben werden. Die Oberschulen, die meisten zumindest, verlangen zum einen teilweise horrend hohe Prüfungsgebühren von umgerechnet mehreren hundert Euro – die sie laut Bekanntmachung nicht zurückerstatten, wenn ein Prüfling aus welchen Gründen auch immer nicht erscheinen kann. Doch nicht nur das: Momentan ist nicht geplant, Nachprüfungen anzusetzen. Wer sich also in den folgenden zwei Wochen mit Corona infiziert, hat einfach mal Pech gehabt und kann nicht teilnehmen. Dann heißt es ein Jahr aussetzen (das wird rōnin genannt – der Name für „herrenlose“ Samurai) und ist für Universitätsgänger durchaus eine Lösung, aber für 14-jährige ist das keine zufriedenstellende Lösung.

Immerhin kommt ein erster Lichtblick aus Okinawa: Dort begann nämlich die Omikronwelle, und dort ist sie seit ein paar Tagen konstant rückläufig – und damit möglicherweise ein Ausblick auf das, was in den folgenden zwei Wochen im Rest des Landes geschehen wird.

tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Omikron hat uns in der Schweiz fest im Griff. Auch wenn die Leute sehr selten in den Spital müssen, spüre ich ganz persönlich den Einfluss. Meetings werden abgesagt, Termine verschoben und ein Besuch beim Coiffeur ist auch nicht ganz einfach, da sehr viele nun infiziert oder quarantänebedingt zuhause sind. Bei über 40 000 offiziellen Fällen pro Tag (auch bei uns rechnet man mit einer Dunkelziffer die etwa 3 x so hoch ist) bei etwas über 8mio Einwohner dürfte es aber auch bei uns nicht mehr lange gehen, bis die Welle wieder abflacht. Wäre wirklich zu hoffen, dass dies die letzte Welle ist und wir danach wieder ein mehr oder weniger normales Leben leben dürften. Wünsche deiner Tochter viel Glück bei der Prüfung. Bleibt gesund :-)

  2. Also wenn ich in Japan leben würde und ein Kind hätte bei dem die Prüfungen bald stattfinden, dann würde ich meinem Kind knallhart zu „Hausarest“ verurteilen und mich und meine ganze Familie knallhart isolieren.

    Auf der anderen Seite ist es unglaublich das die Schulen keine Ausnahmen machen. Klar man kann nicht auf jeden Rücksicht nehmen, aber bei einer Pandemie müssen andere Regeln gelten.

    • Hallo,
      Hausarrest würde nur dann Sinn machen, wenn das Kind nicht zur Schule gehen dürfte, aber das würde wieder zu Fehlzeiten führen, die mit Sicherheit vor der Aufnahme in die Oberschule geprüft werden.
      Ansonsten werden die Mittelschüler so kurz vor der Prüfung ohnehin ausser Büffeln wenig machen.
      Das tückische, und zugleich auch erfreuliche an Omikron ist ja, das es oft einen leichten Verlauf, teilweise sogar komplett ohne Symptome hat, weswegen ja viele nicht mehr zum Arzt gehen, wenns im Hals kratzt.
      Ich verstehe nicht warum die Regierung hier untätig bleibt, denn wenn wirklich tausende Mittelschüler ein Ausfalljahr haben, wird das mit Sicherheit in Zukunft Schwierigkeiten geben.

      • Klar haben junge Leute gute Chancen das Virus zu überstehen, trotzdem sollte man es nicht riskieren sich mit dem Virus anzustecken, sonst gilt Isolation und ich glaube das sollte man nicht riskieren.

        Ich verstehe auch nicht warum die japanische Regierung nichts macht.

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