BlogDas japanische Verteidigungsministerium - Nomen est omen?

Das japanische Verteidigungsministerium – Nomen est omen?

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In allen Nachrichten der Welt erschien es als kurze Schlagzeile – Japan hat wieder ein Verteidigungsministerium. Seit gestern, dem 9. Jan. 2007. Aus den Yahoo-Japan-Schlagzeilen war die Meldung aber nach eins, zwei Stunden wieder verschwunden. Wohl weil es keinen so richtig interessiert.
Laut Artikel 9 der Verfassung verpflichtete sich Nachkriegsjapan ja zum Pazifismus und hatte daher weder ein Verteidigungsministerium noch eine Armee.
Soviel zumindest zur sprachlichen Augenwischerei. Natürlich hatte Japan seit dem Korea-Krieg eine Armee, nur hiess die ebend anders. Und ist mit aktuell 240,000 Soldaten Selbstverteidigern bei rund 125 Mio Japanern eher klein (dafür aber gut ausgerüstet).
Man hatte natürlich auch einen stattlichen Behördenapparat dafür, genannt Bōeichō (Verteidigungsamt), der durchaus des öfteren in die
Schlagzeilen kam (siehe diesen früheren Beitrag).
Aufgrund der „veränderten Bedrohungslage“ (gemeint ist Nordkorea) arbeitete man nun aber doch darauf hin, das Amt zum Ministerium zu erheben. Vorteil: Der Minister kann sein eigenes Budget verwalten (für oben erwähnten Beitrag?) und Entscheidungen treffen. Der frischgebackene Verteidigungsminister Kyuma meinte dazu: „Mein Herz ist zu voll um Worte zu finden. Wir haben so lange darauf gewartet“. Aha.
Nun könnte man natürlich als Rufer in der Wüste aufschreien: Was kommt als nächstes? Änderung des Pazifismus-Artikel 9? Hoffentlich nicht. Und gottseidank gibt es da grossen Widerstand. Im Grossen und Ganzen wird es wohl eher schlichtweg eine Namensänderung sein. Da japanische Truppen bereits im Irak unterwegs waren, kann man sie auch gleich einem Ministerium unterstellen.
Der Premier Shinzō Abe verstärkt mit diesem Schritt sein Image des stillen Reformers. Farblos, aber durchaus aktiv. Und aussenpolitisch sogar ziemlich erfolgreich.
Selbstverteidigungsstreitkräfte
Flog mir mal in Zentraljapan über den Weg: Aufklärer der japanischen Marine
Das Wort des Tages ist nagelneu, unterscheidet sich aber kaum vom alten Namen: 防衛省 Bōeishō. bōei ist die Verteidigung, -shō bedeutet hier Ministerium.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

1 Kommentar

  1. Servus scheint wirklich keinen gross zu Interessieren nah, ja in Nord Korea wird es wohl angekommen sein und die Schmuckler im Japanischen Meer koennen nun eher mit Blauen Bohnen rechnen als mit Farbbomben und Boellern.

    Uebrigens ist mir in Chigasaki die Japanische Luftwaffe fast Taeglich uebers Haus geflogen. Leider etwas schnell als um solch ein tolles Bild zu machen. Hier in den Bergen sind es Pionier einheiten die ich hin und wieder mal sehe.
    Gruss E.

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