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Zum Thema Flüchtlinge

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Mit Erstaunen schaut nicht nur ganz Japan, sondern auch meine Wenigkeit auf das, was da gerade in Deutschland geschieht. Die Bilder der Flüchtlingstrecks, von Menschen, die an Bahnhöfen die Flüchtlinge begeistert begrüssen, Plakate, auf denen „Mama Merkel“ gebeten wird, sie aufzunehmen… ein Bild nach dem anderen rauscht durch die hiesigen Nachrichten und durch meinen Kopf. Hinzu kommen all die Reportagen aus Mazedonien, Serbien, Ungarn – alles Länder, die ich mehr oder weniger gut aus eigener Erfahrung kenne. Die Zahlen. 800,000 Flüchtlinge allein in Deutschland – in einem Jahr? Die Bilder der sogenannten Wutbürger, brennende Unterkünfte – aber das kannte ich ja bereits.
All das könnte jedoch ferner nicht sein. Vor sieben Jahren hatte ich der Thematik bereits den Artikel [zynismus]Japan von Flüchtlingswelle überrollt?[/zynismus] gewidmet, aber mal sehen, was sich in Sachen Statistik so seitdem ergeben hat:

Jahr 2010 2011 2012 2013 2014
Antragsteller 1,455 2,119 2,198 2,642 3,169
Davon genehmigt 26 7 5 3 6

Quelle: Japan Association for Refugees
Wie man sieht, ist Japan also nach wie vor voll beschäftigt mit der Aufnahme von Flüchtlingen. So sehr, dass in einigen Fällen 9 Jahre vergehen zwischen Antragstellung und Bescheid. Damit ist Japan allerdings nicht allein – in Südkorea sieht es nicht wesentlich anders aus, so man die eigenen Landsleute aus Nordkorea nicht berücksichtigt.
Die meisten Chancen auf Genehmigung des Antrags hatten übrigens Menschen aus Myanmar, aber da sich dort nunmehr der Wind gedreht hat, erhält kaum noch jemand Asyl. Nun könnte man meinen, dass das doch selbstverständlich wäre: Japan liegt schliesslich weit ab vom Schuss. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das gleiche lässt sich allerdings auch über Australien sagen — oder über Kanada, und dort gibt es wesentlich mehr Antragsteller. Und anerkannte Flüchtlinge. Aber so sehr Japan auch bei Touristen beliebt ist, und so sehr Japan sich auch um selbige bemüht — den Nimbus eines für Flüchtlinge nahezu vollkommen geschlossenen Landes lässt man sich nicht gerne nehmen. Ist ja auch klar. Die sprechen ja alle ausländisch, und das ist ja nun wirklich ein unlösbares Problem in Japan.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

14 Kommentare

  1. Ich bin weder Nazi noch ein Faschist, aber zynisch bin ich doch noch und sage warum. Die Meinung, dass allein daheim bleiben sollen ist in unseren Tagen nicht vorstellbar, dass Tausende nach UK versuchen zu kommen ist von einer Seite verständlich, jedoch kann ich nicht die Stellung der Regierung der BRD gut heißen
    Ich wohne in Tschechien und kann offen sagen, dass nur die wenigen 2000 – 3000 hier schon genügen – Flüchtlinge verstehen sehr wohl dass sie der tschechischen Sprache fast nicht mächtig werden und dass in Tschechien keine Moschees gibt

  2. Nur ein kleiner Einwurf: ausschlaggebend für die Beliebtheit eines Landes als Zielort für Flüchtlinge dürfte nicht die Entfernung sein, sondern das, was man allgmeien darüber zu wissen glaubt und vor allem das zu erwartende soziale Netz, das einen auffangen wird. Japan hat da ja praktisch nichts zu bieten.

  3. @Vladislav: Ich kann deine Haltung und deine Aussagen ehrlich gesagt überhaupt nicht verstehen. Es geht um humanitäre Hilfe für Kriegsflüchtlinge…was hat das mit Sprache und Moscheen zu tun ? …als erstes ist es eine Menschenpflicht zu helfen. Von daher verstehe ich auch die Haltung dazu in Japan nicht…aber traditionell waren die Japaner ja schon immer sehr nationalistisch eingestellt.
    Was ich mich noch frage, ist wie sich z.B. die japanischen Priester, sei es nun Shinto oder Buddhisten dazu stellen…äußern sich diese in der japanischen Öffentlichkeit zu dem Thema ? Wie stehen diese Religionen in Japan grundsätzlich zu dem Thema, oder mischen Sie sich nicht ein in die weltlichen Gegebenheiten ?

    • Ich fürchte du weisst wenig von fernöstlichen Religionen, wenn du glaubst, dass sich Mönche und Priester zu solchen Themen äussern (oder sich überhaupt äussern). Die funktionieren meist nicht nach moralischen Prinzipien à la „Liebe deinen Nächsten“, und nicht jeder buddhistische Mönch ist wie der Dalai Lama.
      Ich zumindest glaube, dass die Geistlichen in Japan so ziemlich dieselbe Meinung zu diesem Thema haben, wie alle anderen Japaner auch, nämlich keine, es betrifft sie ja nicht.

  4. Nun, wir werden sehen, was daraus wird.
    Immerhin, die derzeitige deutsche Regierung hat nun, wieder einmal, eine Chance zu zeigen, dass sie vernünftige Asyl- bzw. Integrationspolitik betreiben kann.
    Allein, glauben mag ich nicht daran. Mal abwarten, was passiert, wenn sich Staub und Euphorie gelegt hat.

    • Von Vernunft kann jetzt schon keine Rede mehr sein. In München hat man nun aufgegeben die Ankommenden alle zu registrieren. Hunderte Flüchtlinge versickern unerkannt im Lande. IS & Co. wird’s ggf. freuen. (Und dann darf man sich nicht wundern, wenn die USA verstärkt Deutschland überwacht aufgrund der hiesigen Unsicherheitsfaktoren)
      Wenn meine Infos stimmen, dann hält die Bundeskanzlerin aktuell auch wenig von Aufnahmeobergrenzen. Gleichzeitig verkündet Baden-Württemberg (ironischerweise von den Grünen mit Hilfe der SPD regiert) einen Aufnahmestopp, weil keine Unterbringungskapazitäten mehr gegeben sind.
      Der britische Politologe Anthony Glees hat schon recht. Deutschland benimmt sich aktuell wie ein Hippie-Staat.

  5. Glaubt eigendlich jemand das die ganzen Flüchtlinge ungeplant kommen ?
    Über mehrer Grenzen ?
    Und die Anzahl junger Männer prozentual.
    Und die werden garantiert nicht in der Villa Rothschild einziehen. Wieso komme ich jetzt auf die Villa Rothschild ?

  6. …das mit München war ein kurzzeitiges Kapazitätsproblem, wie bitte schön hält man x-tauschend Leute auf, das ist einfach unrealistisch.
    …die Amis überwachen sowieso jeden wann und wie sie wollen. Grade die Herren sollten sich an die eigene Nase fassen, hat doch Herr Bush damals den Golfkrieg angefangen und das Machtvakuum in der Ecke der Welt initiiert (was unter Politologen unstrittig ist)…heute ist nun zu verlauten, dass auch Obama 10.000 aufnehmen will, eine Lachplatte sondersgleichen…
    …grade die Briten müssen den Mund groß aufmachen…da braucht es erst einen toten Jungen am Strand, damit Herr Cameron nun auch vorprescht und sich an die Wähler erinnert und ein paar mehr Syrer abholen will.
    Ich sehe hier keinen Hippie-Staat sondern einen Staat der sich pragmatisch der nicht humanen Situation anpasst, wenn es um derart viele Menschen geht mit denen man umgehen muss. Dass es dann hier und da drunter und drüber geht ist auch normal. Wenn der IS irgendwelche Schläfer reinbringen will wird es so oder so tun…man kann nur nicht wegen eines theoretischen Schläfers 1000 andere in der Gosse stehen lassen.

  7. Nur weil die Regierungen anderer Staaten die Identitäten ihrer Nationen gezielt zerstören, muß Japan doch das nicht auch. Oder? 1944, 1945 und 1946/47 gab es Flüchtlinge. Menschen, die vor der anrückenden Front flohen oder die von den Machthabern bei Todesdrohung vertrieben wurden. Was jetzt kommt sind Leute, die ohne zu arbeiten besser leben wollen. Fast nur junge Männer im besten Soldatenalter.

    • Was ich an der Debatte um Flüchtlinge – auf beiden Seiten – vermisse, sind ernsthafte, belegbare Zahlen – und der Kontext. Sich einfach nur hinzustellen und zu behaupten „fast nur junge Männer“ hilft da nicht gerade. Das ist Polemik.
      Ich sehe da sehr viele Kinder, auch etliche Frauen und Alte unter den Flüchtlingen.
      Das sich eher junge Männer vor die Kameras stellen ist natürlich klar. Das hat kulturelle Gründe. Sicher, junge Männer werden wahrscheinlich die grösste Gruppe darstellen, obwohl ich den Wahrheitsgehalt der Worte „fast nur“ ohne belegbare Zahlen erstmal anzweifle.
      Aber – und das ist der Kontext: Dass die Familien in Syrien nicht Uropa nach Europa schicken, sondern den, der am meisten arbeiten kann, macht auch Sinn. Schliesslich braucht man Geld, viel Geld, um zu überleben bzw. nachzuziehen.
      Auch der Vergleich zwischen WK2 und Syrien hinkt, wohlgemerkt. Die Lage ist heuer dann doch etwas anderes. Wir können da gern über Eritrea ins Gespräch kommen. Aber nicht über Syrien. Es ist einfach nur menschlich, dass die Syrier da raus wollen. Und Angela Merkel zu kritisieren – obwohl ich das gern selbst mache – passt hier auch nicht. Sie nimmt lediglich das „C“ in „CDU“ ernst. Sagt ein Agnostiker, wohlgemerkt.

  8. Wir erfahren auch nur das was man uns Wissen lassen will, die wirklichen Hintergründe kann man nur erahnen.
    Aber das Thema bleibt traurig und spannend.
    Wiedersprüchliche Informationen.
    http://www.dailymail.co.uk/news/article-3234458/Two-100-Syrian-migrants-ISIS-fighters-PM-warned-Lebanese-minister-tells-Cameron-extremist-group-sending-jihadists-cover-attack-West.html
    http://m.tagesspiegel.de/politik/terrorverdacht-ohne-terroristen-bisher-keine-is-kaempfer-unter-fluechtlingen/12311188.html?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F
    und dann das:
    „Unterdessen haben Sicherheitsbehörden nach PNP-Informationen unter den Asylbewerbern bereits „29 erwiesene Syrien-Kämpfer“ identifiziert.“
    http://www.pnp.de/1802534?np_klassisch=1

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