BlogInselreporter: Yakushima

Inselreporter: Yakushima

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Nach allen 47 Präfekturen bin ich nun also auf die vielen kleinen japanischen Inseln aus – der Stoff reicht dank der großen Anzahl auch locker bis ans Lebensende. Im letzten Sommer war es die Insel Sado – in diesem Jahr die Insel Yakushima, rund 60 km südlich von Kagoshima. Direkt kommt man dort von Tokyo nicht hin – am besten fliegt man nach Kagoshima und fährt von dort mit dem Boot weiter. Mit dem Schnellboot dauert das rund 2.5 Stunden.
Gesagt, getan. JAL jagte mir erstmal einen Schrecken ein, als sie bekanntgaben, dass der Flug eventuell nach Fukuoka umgeleitet – oder nach Tokyo zurückkehren muss. Der Grund: Nebel. Ist ja auch klar – der Flughafen befindet sich direkt am Kirishima-Bergmassiv, und Kirishima bedeutet „Nebelinsel“. Aus gutem Grund.
 

Ausblick vom Miyanoura-dake
 
Letztendlich lief aber doch alles wie geplant. 6:25 morgens Abflug in Tokyo/Haneda, punkt 13 Uhr Ankunft in Anbō auf Yakushima. Kurze Zeit später finde ich auch den vorbestellten Fahrradverleih. Eigentlich wollte ich mein eigenes Fahrrad schicken, aber das hätte mich über 10’000 Yen gekostet. Ein ähnliches Fahrrad, sogar in akzeptabler Größe, kann ich mir hier hindes für 4’000 Yen leihen. Und zwar für eine ganze Woche. Der einzige Haken: Vorder- und Hinterbremse sind andersrum.
Auf Yakushima regnet es oft, und das verdankt die Insel dem über 1’900 Meter aus dem Meer ragenden Gebirge. Rund 6’500 mm Regen im Jahr sind ordentlich – das ist die 12-fache Menge dessen, was in Berlin pro Jahr vom Himmel fällt. Gestern und heute schien jedoch die Sonne. Mein Herbergsvater ist rund 75 Jahre alt, war einst Taxifahrer in Kobe und hatte vor 5 Jahren eine schwere Gehirnoperation hinter sich. Und er bot mir an, mich morgens um 4 Uhr bis zur Inselmitte, zum Startpunkt der Strecke zum höchsten Gipfel zu fahren. Natürlich kostet das etwas, aber mit dem Taxi hätte es 3 Mal so viel gekostet. Und alle Achtung – mit seinem K-sha (Auto mit kleinem Motor) schneidet er die Kurven wie ein junger Gott. „Dauert über eine Stunde – Du kannst doch so lange etwas Schlaf nachholen“ meinte er noch, aber das war ausgeschlossen. Also unterhielten wir uns so lange.
 
Rehe auf Yakushima
Rehe auf Yakushima
 Einer der Startpunkte zum Aufstieg auf den 宮之浦岳 Miya-no-ura dake liegt auf fast 1’300 Meter Höhe. Der Berg selbst, nicht nur der höchste Berg von Yakushima, sondern von ganz Kyushu, ist 1’936 Meter hoch. „Der Aufstieg dauert 5 Stunden, der Abstieg 4. Ich bin dann gegen 16 Uhr wieder hier“ sagte mir der Schumacher von Yakushima noch, und ich zweifelte daran und sagte, dass es selbst mit viel Bummelei nicht so lange dauern wird. Und siehe da – um  9 Uhr morgens stand ich auf dem Gipfel. Dort also Reisbällchen gefrühstückt und fast eine Stunde die Aussicht genossen. Bis auf ein paar Minuten hatte ich den Gipfel ganz für mich allein. Auf- und Abstieg sind fast wie ein Spaziergang: Es geht durch moosbewachsene Japanische Zedern-Wälder, und überall sprudelt glasklares Wasser hervor. Unterwegs sieht man gelegentlich Rehe und Yakuzaru – die kleinere Inselvariante der japanischen Rotmakaken. Beide Arten haben ein gesundes Verhältnis zum Menschen hier: Sie bleiben auf Abstand, sind aber auch nicht scheu. Ganz klar: Hier wird weder gejagt noch verteilen die Besucher Futter.
 
 Steinformationen  in der Inselmitte
Steinformationen in der Inselmitte
Beim Abstieg lasse ich mir viel Zeit und steige zwischendurch noch auf den Kuromidake, ein 1’800 nochwas hoher Berg. Auch hier: Aussicht. Schumacher hat sogar Erbarmen mit mir und holt mich schon vor 3 Uhr ab, um mich dann – „das mache ich für umsonst und gern!“ – zum bekanntesten Wasserfall der Insel sowie zu einem Onsen zu fahren. Ob er nicht auch in die heisse Quelle gehen möchte, fragte ich ihn, aber er meinte nur „Nee, ist mir viel zu heiss“. Ich wusste schnell, was er meinte: 49 Grad sind in der Tat verdammt heiss.  Und so endete Tag 1 auf Yakushima. Und ich verdiene jetzt einen Durchhalteorden dafür, dass ich diesen Bericht noch gegen 21 Uhr in mein Handy hacke.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Kudos für’s Durchhalten!
    Würden Sie sagen, dass der Berg auch für Anfänger (wie mich) geeignet ist?
    Meine Frau hat mich erst letzte Woche am Matterhorn über etliche Wanderwege mittleren Schwierigkeitsgrades geschleift und mir auch schon angekündigt auch in Japan mit mir wandern zu wollen. Yakushima wäre ein mögliches Ziel, daher würde ich gerne wissen welche Strapazen da auf mich zukommen.

  2. Unterwegs gibt es etwa drei Stellen, an denen ein Seil ausliegt, dass man braucht, um über die Hürde zu kommen. Ansonsten ist die Route jedoch sehr einfach. Auf einer Skala von 5 der „ohne Hilfsmittel möglichen Bergwanderungen“ würde ich dem hier eine 3 geben. Und zwar nur deshalb, weil man für die Bewältigung von rund 1’000 Höhenmetern doch ein bisschen Kondition mitbringen sollte. Letztendlich hängt das jedoch vom Tempo ab. Die Strecke ist 16 km lang, und wenn man langsam läuft, sollte man rund 7 Stunden einplanen. Mit anderen Worten: Keine Sorge, Du schaffst das schon.

  3. In paar Tagen bin ich in Kagoshima, vielleicht wäre das ein gutes Ort für einen Day-trip. Weißt du vielleicht, in welchem Abständen die boote dorthin fahren und wann der letzte von der Insel wieder abfährt? Und was kostet der Spaß (sprich Transportkosten)

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