BlogTag der Einheit - aber bitte ohne Pöbel!

Tag der Einheit – aber bitte ohne Pöbel!

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In den vergangenen Jahren wurde es zu einer Tradition: Das Fest am Tag der deutschen Einheit, organisiert von der deutschen Botschaft in Tokyo – und zugänglich für jedermann! Ein echtes Fest quasi, so richtig mit Kindern (und dem einen oder anderen Angetütelten). Aber – ein neuer Botschafter ist im Land, und das haben die Deutschen in Japan nun davon. Zitat der Mitteilung der Botschaft in Tokyo:

Liebe Landsleute,
Sie warten möglicherweise an dieser Stelle auf die generelle Einladung zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober. Ich habe mich nach sorgfältiger Überlegung aber entschieden, zu der Einladungspraxis zurückzukehren, die vor meinem Vorgänger üblich war. Ich möchte nämlich gerne, dass wir noch mehr japanische Gäste erreichen als in der Vergangenheit.

Ich kann mir vorstellen und habe auch schon gehört, dass sich einige von Ihnen, die keine Einladung erhalten haben, darüber wundern oder auch ärgern. Das kann ich gut nachvollziehen. Ich bitte Sie dennoch um Verständnis für die Entscheidung, die Steuer- und Sponsorengelder, die wir für den Empfang zur Verfügung haben, im Sinne einer ausgewogenen Balance zwischen den verschiedenen Gästegruppen und vor allem auch zur Stärkung der deutsch-japanischen Begegnung noch zielgerichteter einzusetzen.

Nun gut. Leider habe ich es nie persönlich zu der Feier geschafft (dabei liegt mein Büro keine zwei Kilometer entfernt), aber vom Hörensagen her war die Veranstaltung wohl sehr beliebt und natürlich eine gute Gelegenheit, andere Leute kennenzulernen. Sowie mit den Kindern etwas deutsche Atmosphäre zu schnuppern. Ehrlich, das gibt’s! Jedes Mal, wenn ich im Goethe-Institut in Tokyo bin – so alle zwei, drei Jahre ein Mal – fühle ich mich wie in einer anderen Welt.
Die Begründung halte ich allerdings nicht für sehr gelungen: „Steuer- und Sponsorengelder …. im Sinne einer ausgewogenen Balance zwischen den verschiedenen Gästegruppen und vor allem auch zur Stärkung der deutsch-japanischen Begegnung … einzusetzen“. Ja, wer ist denn nun eingeladen?
Eigentlich ist es schade, denn gerade die öffentliche Veranstaltung hat, da bin ich mir absolut sicher, zur Stärkung der deutsch-japanischen Begegnung beigetragen. Feier in der Botschaft? Offen für alle? Weltoffener kann man sich kaum präsentieren.
Logischerweise ist bei der Mailingliste DinJ (Deutschsprachige in Japan) ein, wie sagt man so schön auf Neudeutsch: shitstorm losgetreten wurden. Die Wogen werden sich glätten, aber ein bisschen schade ist es schon.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

11 Kommentare

  1. Ja, habe mich auch schon gewundert, das nichts eingetroffen ist. Wie auch immer, mit dieser Form der Kommunikation haben sie sich ein Eigentor geschossen.
    Weitere Unterstuetzung in Form von Spenden fuer hilfsbeduerftige Deutsche an die Botschaft werde ich mir sehr genau ueberlegen.
    Nicht, dass ich an dieser Veranstaltung unbedingt teilnehmen will, aber die Art und Weise der Begruendung finde ich frech und unhoeflich. Derart sollte man sich eigentlich nicht im Ton vergreifen, erst recht nicht als Botschaft(er) an seine Mitbuerger.

    • Die Wortwahl war unpassend; gerade der 25. Jahrestag hätte eine besonders eindrucksvolle Partizipation „normaler“ Deutscher erfordert. Ich habe mich so über den Botschafter geärgert, dass ich geschrieben habe:
      An den deutschen Botschafter in Tokyo
      Dr. Hans Carl von Werthern
      aus Mainz, der Stadt, in der Sie auch einige Zeit gelebt haben, sende ich Ihnen Grüße zum Tag der Deutschen Einheit. Das Einheitsgedenken ist mir besonders wichtig, da ich als Studentin den Mauerbau in Berlin erlebt habe.
      Als regelmäßige Leserin der TABIBITO-Webseite, auf die Sie auch im Botschafts-Webauftritt hinweisen, war ich von der Überschrift „TAG DER EINHEIT – ABER BITTE OHNE PÖBEL!” irritiert. Gern hätte gewusst, was Sie anstelle der wohl früher üblichen, generellen Einladung an Deutsche in Japan gesetzt haben. Sektempfang für alte Honoratioren? Die vielen jungen Ostdeutschen hätten den japanischen Gästen wertvolle Einblicke geben können – so man sie eingeladen hätte.
      Im Zusammenhang mit dem Tag der Deutschen Einheit ist die Anrede “Liebe Landsleute …” für mich mit den Worten von Dietrich Genscher in der Prager Botschaft vor 25 Jahren verbunden, die dann im Jubel der DDR-Flüchtlinge unterging. Selbst nach vielen Wiederholungen im Radio und Fernsehen bin ich immer noch ergriffen. Es tut mir weh, dass Ihrer Anrede an die „lieben Landsleute” nun eine so kleinkarierte Rechtfertigung zur neuen Einladungspraxis folgt.
      Hochachtungsvoll
      秋子
      (2.10.2014 12:12 MESZ / Name und Adresse waren eingefügt)

  2. Nennt das ganze doch einfach deutsche Handelsvertretung, und macht die ganze Konsularabteilung dicht. Dann müsst Ihr Euch gar nicht mehr mit dem ganzen Pöbel abgeben.

  3. Ich finde es auch wirklich schade. Letztes Jahr war ich zum ersten Mal dort, und während es wirklich wirklich voll war, hat es absolut Spaß gemacht (und außerdem gab’s Käse! Und die Maus!).
    So richtig weltoffen war die Veranstaltung aber, wenn ich mich recht erinnere, eh nicht, es durften glaube ich nur Deutsche oder die Familien von Deutschen hinein.
    Ich weiß nicht wie es in anderen deutschen Botschaften auf der Welt am 3. Oktober aussieht, und irgendwie bezweifle ich, dass es überall so ein Fest gibt, wie wir hatten, aber beliebt macht sich der neue Botschafter so auf jeden Fall nicht.

  4. Meh. Die deutschen Botschafter in Japan kommen und gehen. Einfach 2 – 3 Jahre abwarten und es kommt eh der Naechste.
    Ich frage mich, wie viele Botschafter wir hier in den letzten zehn Jahren hatten? Naja, wahrscheinlich immer noch weniger als japanische PMs. :)
    Herrn von Werthern habe ich letztens gerade erst eine Rede ueber J-D. Freundschaft (etc.pp.) halten hoeren. Ich hatte aber stark den Eindruck, dass er nicht so ganz dabei war … vielleicht war er in Gedanken ja schon auf der naechsten Stufe der Diplomatenlaufbahn …
    Ich wuenschte mir, dass das Botschafteramt nicht nur Karrierestufe fuer Karrierediplomaten ist, sondern dass wir einen Botschafter bekommen, der Land und Leute versteht und sich interessiert und sich als Schirmherr der Deutschen hier versteht – und selbstredend mindestens 10 Jahre hierbleibt …

    • Naja, Botschafter Stanzel war 4 Jahre hier. Herr von Wertherns Lebenslauf passt eigentlich auch irgendwo (sagen wir mal so: Es hätte schlimmer sein können): Die Tatsache, dass er vorher 4 Jahre lang Gesandter an der Botschaft in Peking war dürfte aussenpolitisch sinnvoll sein. Es ist also nicht ganz so schlimm wie bei den Amerikanern, wo der Meistzahlende Botschafter wird.
      Ein ernstzunehmender Hintergrund in der Landesgeschichte/Sprache/Politik wäre aber in der Tat wünschenswert. Bei der Deutschen Botschaft in Guinea Bissau stelle ich mir das schwer vor, aber es sollte doch schon Japan-kompetente Diplomaten geben… hofft man.

  5. Es war ein sehr schönes Fest letztes Jahr. Als ob es nicht 364 weitere Gelegenheiten im Jahr gibt Japaner einzuladen. Mal was für die Deutschen im Lande zu machen ist doch auch was wert. Das machen übrigens die Schweizer und die Luxemburger auch.

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