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Kühe mit zwei Köppen / Urlaubssorgen / Dies und das

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Da tauchte also gestern und vorgestern über die Maßen radioaktiv verseuchtes Rindfleisch auf – und alle Welt scheint sich zu wundern. Die Viecher stammten aus der Nähe des Unglücksreaktors, so scheinbar das jetzt übliche Neusprech für Fukushima I, und gelangten ruckzuck in die Nahrungsmittelkette. Jetzt ist entsprechend in den Medien grosses Staunen angesagt: Nanu, wenn man verstrahltes Gras oben in eine Kuh reinsteckt, kommt kontaminiertes Fleisch raus? Wie kann das denn passieren? Dabei werden doch alle Kühe auf Verstrahlung gemessen… naja … zumindest aussen rum. Innen nicht so richtig. Man kann ja schliesslich vor dem Schlachten nicht in die Kuh reingucken, und wenn man sie einmal aufgeschnitten hat, muss man sie schon aufessen.
Nein, die Blauäugigkeit ist schon sehr beachtlich. Manchmal habe ich das Gefühl, dass 99.99% der Leute hier noch gar nicht begreifen, auf welche Spätfolgen man sich hier noch einlassen muss. Noch stehen radioaktiv belastete Nahrungsmittel am Anfang der Nahrungskette – man vermeidet einfach Grünzeug, Fleisch und Milchprodukte aus der Region. Aber das wird zunehmend schwerer – schon beim Joghurt weiss man nicht mehr, wo der herkommt, und bei Tiernahrungsmittel wird es ganz interessant. Wer kann schon sagen, welche Viecher womit gemästet wurden. Für eine Weile wird dann wohl Aussie-Beef herhalten müssen.

Im August steht – endlich – die übliche Woche Urlaub an. Und ich spiele mit dem Gedanken, während der Zeit irgendwo als Freiwilliger im Katastrophengebiet zu arbeiten. Das ist gar nicht so einfach, schliesslich schmollt meine Frau da zu recht: Immerhin gilt es auch, zwei Kinder zu bespassen. Mal sehen. Vielleicht lässt sich ja ein Kompromiss schliessen – zwei, drei Tage als Freiwilliger, der Rest Familienurlaub. Vorerst geht es jedenfalls morgen erstmal mit Familie für drei Tage nach Hamamatsu (liegt zwischen Tokyo und Nagoya) in ein Onsen. Das muss zur Entspannung und zum Akku aufladen erstmal reichen.

Für geringer werdende Blogeinträge muss ich auch gleich noch ein paar Ausreden bemühen: In den letzten Tagen habe ich endlich mein selbstgeschriebenes Bildarchivierungsprogramm fertiggeschrieben (Programm ist etwas zu viel gesagt – es ist eine Webapplikation, eine Art Flickr für den Hausgebrauch). Entsprechend galt es erstmal, mehrere tausend Bilder zu archivieren. Aber es erfüllt seinen Zweck: Ich tippe einfach „Fuji“ ein und schon erhalte ich alle Bilder des Fuji-san, die ich über die vielen Jahre so gemacht habe, schön aufgereiht. Sind doch schon 66 Bilder… immerhin.
Als ob das nicht reichen würde, bin ich nun auch noch „president“ (Geschäftsführer!?) einer Firma geworden. Einer Firma, die sich von meiner bisherigen Firma abgespalten hat. Nein, ich bin nicht der Inhaber, aber falls die Firma mal von jemandem übernommen werden sollte, wäre das… nun ja, vorteilhaft. Ansonsten ändert sich freilich nicht viel: Mehr Arbeit für das gleiche Geld :)

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tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

10 Kommentare

  1. Danke für den informativen Blogeintrag. Die Lernkurve wird auch in Japan sehr steil werden was die Kontamination v.Nahrungsmitteln anbetrifft. Die Menschen haben auch hier in Süddeutschland erst lernen müssen, was problematisch sein könnte und was nicht. 99,9% hört sich allerdings nicht nach dem Gipfel der Zivilisation an, wie Sie neulich schrieben. In D heisst das Technikfolgenabschätzung- wahrscheinlich sind wir in D durch die Anti-AKW und Friedensbewegung Bewegung politisch(!) stärker und früher (!) sensibilisiert gewesen. Nachdem sich in D die Diskussion um AKW beruhigt hat und der Ausstieg wohl feststeht asnn man zusammenfassen : Es war höchste Zeit für den Ausstieg. Wie sind die Äusserungen des Herrn Kan zu einem japanischen Verzicht (im longrun) auf Kernkraft aufgenommen worden? Gibt es eine national Diskussion?

  2. Hmm. das macht einem schon ein wenig angst. An welcher stelle wurde denn bemerkt, das es sich um radioaktiv verseuchtes Rindfleisch handelt? Ich meine, das schmeckt man doch nicht. Ich war irgendwie der Überzeugung, das die es hinbekommen, radioaktiv verseuchtes Lebensmittel „aus zu sortieren“. Aber vielleicht war ich da auch nur Gutgläubig… Ich meine, was soll ich als Tourist tun (fliege am 27.08 nach Tokyo)? Ich bin darauf angewiesen, das die lokale wo ich esse irgendwie auch darauf achten. Es ist natürlich meine Entscheidung das ich jetzt fliege, aber die wollen doch auch nicht ihre eigenen Landsleute vergiften?!

  3. Bei mir besteht das gleiche Problem wie bei Sascha. Ich werde ab August ein Jahr als Austauschstudentin in Tokyo verbringen und besonders meine Eltern sind besorgt um meine Gesundheit. Deshalb wollte ich fragen, ob die Lebensmittel im Supermarkt irgendwie gekennzeichnet sind, woher sie kommen wie es hier in Deutschland der Fall ist. Als EHEC ausgebrochen ist, habe ich größtenteils darauf geachtet, nichts aus Spanien (dies erwies sich ja dann als falsche Information) zu kaufen und im Supermarkt war/ist auch alles gekennzeichnet, wo die Produkte hergestellt werden oder wo Gemüse/Obst herkommen. Ist das in Japan auch der Fall?
    Ich glaube, bei den Restaurants muss man einfach darauf hoffen, dass die Köche verantwortungsbewusst mit dem Kauf von Lebensmittel umgehen.

    Ansonsten vielen Dank für die Blogeinträge. Sie sind immer nett zu lesen :)

  4. Und wir jammern hier über Zusatzstoffe in den Lebensmitteln. Natürlich ist das auch nicht ok. Aber etwas, was sich abstellen ließe, wenn Politik und Lebensmittelindustrie nur wollten. Aber die Verstrahlung der Nahrungsmittel in Japan ist nicht mal so eben schnell zu beseitigen. Umso wichtiger wäre daher eine Kennzeichnung, aus welchem Gebiet die Lebensmittel kommen. Die Gesundheit der Bevölkerung ist davon abhängig. Das sind wirklich Sorgen. Dagegen sind unsere Probleme hier in Deutschland doch geradezu ein Witz.

    Ich wünsche alles Gute. Und ein paar erholsame Tage für Sie und ihre Familie.

  5. Macht euch keine Sorgen, es besteht da keine Gefahr für die Bevölkerung. Natürlich wird alles kontrolliert und gegebebenfalls kontaminierte Produkte werden sofort aus dem Handel gezogen, umetikettiert, zu Tierfutter verarbeitet oder ins Meer gekippt. Da gibt es keine Unterschiede zwischen Deutschland und Japan.

  6. Vor kurzem im regionalen Informationsradio diesen Beitrag gehört:

    http://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio72006.html

    Tja, was soll man dazu sagen. Man macht sich auch hierzulande über das vermehrte Auftreten schwerer Erkrankungen so seine Gedanken. Ähnliches wird sich sicher auch in Japan entwickeln.

    Freiwilliger Katastrophenschutzeinsatz – sehr löblich. Meine Frau würde mir aber auch aufs Dach steigen, wenn ich möglichen gemeinsamen Urlaub dann – auch gut gemeint – anderweitig verbringen würde. Und von mir bekommst du kein Mitleid für deinen „Presidentenjob“ ;-)

  7. @dauni

    So nebenbei betrachten das nicht Alle als „Problem“ was bei uns los ist. Vorgestern hatte ich eine Diskussion über einen Apfel mit einer Arbeitskollegin. Kurz zusammengefasst: Ein Apfel lag bei mir schon über einen Monat und sah exakt genauso aus, wie an dem Tag an dem ich ihn gekauft habe. Ich habe ihn nicht gegessen sondern weggeschmissen, was bei meiner Kollegin auf Unverständnis stieß. Argument: Warum soll man einen „echten“ Apfel kaufen, der womöglich schlechter schmeckt, wesentlich mehr kostet und nur ein paar Tage hält, wenn man dagegen einen schönen, billigen Apfel der ewig hält haben kann?
    – nicht ganz unpragmatisch die Sichtweise…

  8. Irre ich mich, oder liegt der Grenzwert für belastetes Fleisch in Japan deutlich niedriger als in Deutschland, weswegen das Fleisch bei uns ohne größere Probleme in die Nahrungskette gelangen würde? Soweit ich gehört habe, ist das betreffende Fleisch 6-fach höher belastet, als der Normalwert. In Deutschland soll sogar das 10fache noch erlaubt sein.

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