BlogWeihnachten beim Zoll

Weihnachten beim Zoll

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Vor dem deutschen Zoll hat es mir schon immer gegraust. Scheinbar wurde und wird dort mit dem Knobelbecher entschieden, was dort mit den eingehenden Paketen geschieht. Dieses Jahr zum Beispiel hat man sich wieder was Hübsches einfallen lassen: Wir haben just ein fettes Weihnachtspaket nach Deutschland geschickt – darin allerlei Geschenke für die Familie und Freunde. Alles zusammen ist einfach um ein Vielfaches günstiger, denn so haben wir für die über 8 Kilo „nur“ rund 100 Euro Porto bezahlt. Im Paket natürlich zahlreiche schön verpackte Geschenke unterschiedlichster Grössen.
Manchmal hat man Glück – dann wird das Paket einfach zugestellt. Manchmal hat man weniger Glück – die Sachen kommen zwar an, aber man fragt besser nicht nach dem Zustand. Manchmal jedoch darf dann der Beschickte in Deutschland zum Zollamt traben, so geschehen auch dieses Jahr: Dort durfte dann mein Vater im Beisein der Zollbeamten (beinahe alle) Weihnachtsgeschenke schon mal vorher auspacken. Eine romantischere Bescherung kann man sich doch kaum vorstellen, oder!? Immerhin liess man ihn dann nach geschehener Bescherung ohne Extrazahlungen ziehen lassen.
Da hatte er dann noch Glück im Unglück. Ich kann mich noch an ein Mal erinnern, als ich weniger Glück hatte: Jemand hatte mir zu meinen Studentenzeiten mal zu Weihnachten einen kompletten Pullover handgestrickt. Der Pullover war auch das einzige im ganzen Paket – und der Wert (der Wolle) war damals mit 80 Mark deklariert. Das Geschenk war – unnötig zu sagen – eine Überraschung. Genauso überraschend war dementsprechend der Anruf vom Zollamt: Es gäbe da ein Paket für mich, dass ich mir abholen kann – nach Zahlung von 60 Mark Lösegeld. Das war viel Geld zu meinen Studizeiten – und ich wusste noch nicht mal, warum ich löhnen sollte. Als ich den Absender sah, blieb mir freilich nichts anderes übrig als zu zahlen. Ich fragte beim Zollamt nach, warum denn Zoll fällig sei. Man verwies mich jedoch zum Hauptzollamt in Frankfurt/Main – schliesslich hätten die die Ware verzollt. Das Argument, dass doch in Deutschland meines Erachtens die Zollsätze landesweit einheitlich sind, half nicht. Nach einer guten Stunde in der Telefonwarteschleife des Hauptzollamtes in Frankfurt gab ich entnervt auf – damals kosteten Ferngespräche schliesslich auch noch ziemlich viel Geld.
Verständlicherweise kennen sich nur die Wenigsten mit den Zollregelungen aus und tappen so regelmässig in die Falle. Das mit der einen Stange Zigarette und dem maximal 1 l Alkohol kennen die meisten, mehr aber auch nicht:
1) Sendungen von privat aus dem Ausland (nicht-EU) nach privat in Deutschland sind nur dann steuerfrei, wenn der Warenwert einzelner Waren im Paket den Gegenwert von 45 Euro nicht übersteigt. Will heissen, zwei Sachen im Wert von jeweils 40 und 30 Euro schicken geht in Ordnung – schickt man aber eine Sache, die 70 Euro kostet, wird Zoll fällig. Es geht hier um „teilbare“ Ware: Kostet eines der Inhalte mehr als 45 Euro und ist nicht teilbar, wird es teuer. Mehr dazu siehe bei Zoll Online hier (kurz) und hier (länger, Stichwort Internethandel).
2) Sachen schicken, die nach Medizin aussehen (auch wenn es nur Halsbonbons sind – auch schon erlebt) kann für den Empfänger teuer werden – wenn der Zoll entscheidet, dass der Inhalt vom Labor analysiert werden muss. Das kann teuer werden und die Kosten trägt der Empfänger.
3) Vorsicht beim Ausfüllen der Zollerklärung: Die muss auf deutsch oder englisch geschrieben werden und sollte halbwegs ausführlich sein. Achtung bei der Deklarierung der Werte – siehe oben.
In Japan scheint man im Allgemeinen kulanter zu sein: Eingeführt (und wenn ich mich recht erinnere geschickt) werden können Dinge im Wert von JPY 200’000, also knapp 2’000 Euro. Einzelne Waren im Paket können bis 10’000 Yen wert sein – also fast 100 Euro (Umtauschkurs vom 6. Dez 2010 – 1 Euro = 110 Yen).
Dies nur als kleine Einführung. Man kann aus der Materie bestimmt eine richtig grosse, lange Seite machen…
Das Wort des Tages: 郵送 yūsō. Mit der Post verschicken. Senden.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Ich bin im Nachhinein aus mehreren Gründen wirklich froh, dass ich die Ausbildung beim Zoll damals nicht bekommen habe. Ich musste auch mal im Zollamt Krefeld ein Paket (immerhin 15 Minuten Autobahnfahrt) einer chinesischen Brieffreundin abholen. Die hatte mir Krimskrams im Warenwert von vielleicht 7 Euro geschickt. Der Beamte ging netterweise auch davon aus, dass es den Freibetrag nicht überschreitet und so konnte ich mich wieder auf den Weg machen.

  2. Das Thema Zoll ist in der Tat vielschichtig und obskur. Wer hätte da nicht schon Erfahrung mit gemacht, insbesondere bei engeren Kontakten in das „nicht EU-Ausland“.
    Und man glaube ja nicht, das der Zoll einer – sagen wir mal „norddeutschen Millionenstadt mit dem zweitgrößten europäischen Seehafen“ – weniger provinziell und scheinbar personell derart überbesetzt sei, dass nicht auch hier Geschenksendungen der Verwandschaft aus Japan von 4 Zollbeamten gleichzeitg begutachtet werden. Fuenf (5 !!) Kinderbücher könnten ja ein Zollvergehen darstellen, wo man für seine weitere Karriereleiter wertvolle Erfahrung bei der Dingbarmachung des Delinqenten sammeln könnte! Grandiose Gelegenheit!
    So geschehen vor gerade mal 3 Wochen — Warenwert rd. 4100 Yen, Verwaltungsauwand in Deutschland zur Abfertigung des Paketes mindest das Zehnfache des Warenwertes.
    Da fragt man sich dann schon, ob da wirklich nur der Knobelbecher entscheidet oder nicht auch der nach tagesabhängiger Stimmungslage der Teammitglieder mehr oder weniger ausgeprägte Drang zur Schikane eine Rolle spielt. Auch angeschlangene Egos kann man natürlich hier mal schnell stabilisieren, indem man mal zu verstehen gibt, über was für sagenhafte Möglichkieten der Problemerschaffung man verfügt.
    Zugegeben — leicht verschärfte Darstellung eines wohl leider alltäglichen Vorganges, aber dennoch fragwürdig, oder?
    Zumal man sich schon die Frage der Verhältnismäßigkeit stellen sollte, denn es müßte doch wohl möglich sein, betroffene Sendungen mit weniger Aufwand zu überprüfen. Die Technik dazu gibt es doch, und dazu müßen dann Betroffene Empfänger nicht einen Tag „Zollurlaub“ nehmen, denn „kundenfreundlich“ sind die Arbeitszeiten des Zoll keineswegs.
    Und wie schon von Tabibito gesagt – sieht oder kennt man den Absender, läßt man die Sendung keinesfalls zurückgehen … koste es, was es wolle ;-)

  3. Schämt ihr euch nicht, in Zeiten des allgegenwärtigen Terrors Pakete mit fragwürdigem Inhalt nach Deutschland zu verschicken? Wahrscheinlich noch mit seltsamen Schriftzeichen drauf, die eh kein Mensch lesen kann und auch „Vorsicht Bombe“ heißen könnten! Da ist es doch klar, wenn die deutschen Beamten beim Zoll extra vorsichtig sind!

    Spaß beiseite, der Zoll kann schon echt ätzend sein. Habe zwar noch nie was damit zutun gehabt, da ich aber auch ins Ausland will und wohl mehrere Pakete mit dort gekauften Waren mit heim nehmen will, komme ich um den Zoll nicht rum. Wie bei deutschen Behörden üblich ist das meiste Schikane. Wie beim BAFÖG, das mal wieder nicht gewährt wird, weil von den seit 10 Jahren arbeitslosen Eltern die Einkommensbescheinigung für einen Monat fehlt… (nur ein Beispiel aus dem Bekanntenkreis)

  4. Ja, ja, der liebe Zoll. Bei denen war ich früher auch Dauergast. Jedes Mal mit langer Autofahrt dorthin, versteht sich.
    Was komm ich auch auf die dumme Idee, Freunde im Ausland zu haben, mit denen ich Päckchen hin- und herschicke, oder auf japanische Musik zu stehen, die ich im Internet bestellen muss? Ts. -.-,

    Komischerweise sind meine Riesenpakete aus Japan, in denen ich meinen eigenen Kram aus dem ganzen Jahr heimgeschickt habe, problemlos durchgerutscht, dabei waren die alle schwer und mit viel Inhalt. Hm, wohl doch Willkür?

    Jedenfalls danke für die Infos, das mit den einzelnen Warenwerten wusste ich noch nicht – aber die vom Zoll scheinen das auch nicht zu wissen, oder nutzen die Unwissenheit der Empfänger schamlos aus.

  5. muss da auch mal meinen Senf dazugeben..
    Das mit den 45 € stimmt nicht so ganz, denn der Gesammtwert des Paketes darf diese Grenze nicht überschreiten.
    siehe:http://www.zoll.de/c0_reise_und_post/b0_postverkehr/a0_einfuhr/b0_gestbefrsend/a0_privatsendung/index.html
    Private Postsendung meint die gesammte Sendung- also ein Paket = 45€.
    Hab da leider schon ein paar Erfahrungen mit dem Zoll gesammelt, die ich so schnell nicht wiederholen möchte.
    Übrigens gilt die 45€ Regel nicht, wenn man ein Paket an sich selbst schickt. Ich wurde damit ordentlich zur Kasse gebeten. :)
    Interessant ist es – vor allem bei Geschenken – deren Warenwert angeben zu müssen. Oh, und von der Strafgebühr die bei Überschreitung des Satzes fällig wird garnicht zu sprechen.
    Ich bin mal gespannt, ob da dieses Jahr noch etwas aufgrund von Weihnachtspaketen aus Japan auf mich zukommt..

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