BlogFigurbewusste Alkoholiker

Figurbewusste Alkoholiker

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Es ist schon mitunter pervers, was man in Japan mit Bier oder solchem, welches letzterem angelehnt sein soll, anstellt. Nicht nur, dass man aufgrund eines absurden Steuersystems und des eigenen Geizes nahezu gezwungen wird, auf, ich sage mal Plörre, umzusteigen (echtes Bier kostet im Supermarkt über 2 Euro, die billigere Variante, 発泡酒 (Happō-shu), hingegen nur fast die Hälfte) – nein, da treibt man noch bunteres Spiel mit dem Gerstensaft (bei beisagter Plörre oftmals sogar eher ein Bohnensaft): Erst wirft man ein „Bier“ namens „Strong“ mit 7% auf den Markt. „Ja, wie denn, ist doch wie Maibock!“ mag der Kenner und Alkoholgourmet jetzt einwerfen. Richtig! Dröhnt wahrscheinlich genauso, nur eben ohne Geschmack. Kalorienreduziertes Bier gibt es in Japan auch – aber das gibt es ja woanders auch. Was liegt da also näher, als sich in Japan dem Markt der kalorienzählenden, figurbewussten Hobbyalkoholiker anzunähern? Asahi hat’s probiert:


Asahi Strong Off
Trara! „Strong Off“ ist da. Mit 7% Alkohol und 60% weniger Kohlenhydrat! Hurra! Endlich mit einem Riesenschädel aufwachen und NICHT auf das Frühstücksnattō verzichten müssen. Was habe ich darauf gewartet! So wissen wor jetzt wenigstens auch, wie wir durch die Wirtschaftsflaute kommen.
Das ist übrigens kein Nischenprodukt – die Werbung dafür läuft auf Hochtouren und ich habe das Gebräu schon in den Händen vieler Leute gesehen.
Übrigens: Japanische Bierwerbung (sehr, sehr häufig) hat immer eins gemein: Das glucksende Geräusch im Kehlkopf und das „Ahhhhh“ danach. Es ist schon recht penetrant. Meine arme Frau hatte deshalb während der Schwangerschaft und Stillzeit Höllenqualen durchlitten… „Trink doch ’ne Fanta“ hatte ich ihr dann mal gesagt. Kam irgendwie nicht gut an. Komisch.
Das Bier reiht sich in einen Trend ein: Laut dieses Artikels werden japanische Frauen immer dünner – während westliche Frauen immer dicker werden – wenn sie älter werden. Der Grund sind laut des Artikels nicht etwa Männer, sondern die kritischen Geschlechtsgenossinnen. Ein harter Wettkampf!
Das Wort des Tages: 糖質 tōshitsu – „Zucker – Substanz“. Kohlenhydrate.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

10 Kommentare

  1. Soweit ich weiß (was nichts heißen soll), macht Bier nicht dick. Das Essen drum herum ist der Fehler! Bier macht hungrig, zumindest Appetit. Und dann Futterluke auf und immer rein damit.

    Ich nehme an, deine Frau mag auch Bier. Vielleicht wäre einfach Werbung wegschalt im Gegensatz zu alkoholfreiem Bier eine Alternative gewesen ;-))?

    Tja, und das mit dem Wettkampf unter Frauen ist wohl überall so. Ich muss aber auch zugeben, dass schon früher keine – ich sag mal wohlbeleibte Ostasiatin gesehen habe. Dachte eher das liegt an der Veranlagung bzw. der Ernährung als an einem Wettkampf unter den Frauen.

  2. Wie gut, dass ich Bier überhaupt nicht mag. Werde ich in Japan nichts vermissen (genauso wenig wie leiden), wenn ich mal da bin.

    Apropos Frauen, gibt es eigentlich ein japanisches Wort für „Zicke“?

  3. @Terry
    Ich weiß nicht woher du deine Information hast, aber ich kannte mal einen (Ex-)Alkoholiger, der hat sich ausschließlich von Bier ernährt.

    Ansonsten hab ich vor ein paar Tagen neidisch auf Japan geschaut, was es dort an Sortenvielfalt gibt. Wenn ich da an die ganzen KitKat- (Erdbeere,…), Pringles- (German Sausage,…) und Fanta-Sorten (Mellon,…) denke, frage ich mich, warum es das in Deutschland nicht gibt? Sind deutsche Verbraucher weniger experimentierfreudig?

  4. Der Unterschied in der Besteuerung von „echtem“ Bier und den sogenannten (DaiNi/DaiSan) Derivatbieren ist uebrigens in den letzten Jahren geschrumpft.

  5. @Terry
    ähhh Bier war von Mönchen als Nahrungsersatz für die (christliche) Fastenzeit „erfunden“ worden, weil essen böse und trinken ok war.

    Der Begriff „flüssig Brot“ kommt nicht von ungefähr. :)

    Also echtes Japanisches Bier gibt es schon leckeres.
    Zu den restlichen Fakes.. nun Ja es gibt ja Leute die nennen auch Grölsch und Heineken „Bier“ ;)

    Gestern ein Bier mit Kirschsirup gemischt beim „Bikuri Donki“ probiert… war ein „Sakura“-Special.
    Ok einmal reichte!

  6. Japanische Frauen werden immer duenner? Naja, zumindest die ueber 30jaehrigen. Darunter werden sie immer „draller“, Makku sei Dank.
    Das kalorienreduzierte Starkbier macht total Sinn. Wenn der gestresste Salariman sich nach der Arbeit die Birne zuzieht um seine ach so elenden Arbeitsumstaende zu ertragen, warum sollte sich dann seine Zuhause wartende Frau nicht auch mit kalorienreduziertem Starkbier zudroehnen, um ihren Goettergatten eher ertragen zu koennen?

  7. O.K. – die guten Mönche haben das Bier zwar nicht erfunden aber weiterentwickelt, um gut gelaunt die Fastenzeit zu überstehen. Ergo muss das Gesöff doch nahrhaft sein. Ich denke ein starkes Bier (0,5 l) kann es auf 500 kcal bringen. Bei einem Tagesbedarf von ca. 2.000 kcal für Frauen und ca. 2.500 kcal für Männer sind fünf Bier schon eine menge Wert.

    Aber: „Zwischenzeitlich wurde in Studien belegt, dass das Körpergewicht durch mäßigen Biergenuss theoretisch vermindert werden kann. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man nicht mehr als gewöhnlich isst. Darüber hinaus wurden auch günstige Wirkungen auf den Fett- und Zuckerstoffwechsel, die Blutgerinnung und die Blutdruckregulation festgestellt. So nehmen zum Beispiel die arteriosklerosefördernden Cholesterinanteile (LDL) im Blut ab, während die schützend wirkenden Cholesterinanteile (HDL) zunehmen.“ (Guckst du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Bier#Gesundheit_und_Risiken) Vor langer Zeit, Tabibito wird es bestätigen können, war ich dem Genuss des Hopfensaftes sehr zugeneigt, ohne irgendwelche Gewichtsprobleme bekommen zu haben. Es gilt wie immer: die Dosis macht das Gift respektive Gewichtsfalle. Und der Bierhunger bei entsprechendem Konsum tut sein übriges.

    Genug der Oberlehrerhaftigkeit. Prost!

  8. Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch für die Seite und den Blog. Vor Jahren hatte ich ein Lesezeichen gesetzt (anlässlich einer Reise auf dem Japanischen Rhein hatte ich den entsprechenden Artikel gefunden); vor kurzem habe ich die Seite wieder entdeckt und erfreue mich an ihr.

    Den japanischen Biermarkt finde ich auch aus ökonomischer Sicht sehr interessant. Anders als in Deutschland, wo wir ja (trotz Konzentrationsbewegungen in den letzten Jahren) eine heterogene Bierlandschaft haben, gibt es in Japan im Wesentlichen drei große Anbieter (Kirin, Asahi und Sapporo – Yebisu und Suntory sind dagegen weniger bedeutend), die alle über ähnliche Marktanteile verfügen, die über die Jahre nicht stark schwanken. Auch sind die Firmenstruktur und die Kostensituation wohl ähnlich; schließlich handelt es sich um ein „homogenes Massenprodukt“. Es sind also alle Voraussetzungen für ein „wettbewerbsloses Oligopol“ unter den drei großen Brauereigruppen gegeben. In der Tat gibt es auch kaum Preiswettbewerb zwischen den Anbietern; also alles, wie es im ökonomischen Lehrbuch steht (glaube ich jedenfalls, bin selbst höchstens Hobbyökonom).
    Anders als im Lehrbuch ist jedoch seit Jahren ein heftiger Innovationswettbewerb zu beobachten. Jedes Mal, wenn ich nach Japan Reise, gibt es ein neues Produkt: sei es eine neue Dosengröße (nach 335 und 500 ml auch 1000 und 2000ml, sowie 250 und – mein Favorit – 175ml), sei es „Winter Beer“ oder Ladies‘ Beer. Jetzt auch noch „Strong Off“!

    Beste Grüße und 乾杯、
    Mametaro

  9. Ach komm, so übel isses nicht. ich hab sogar schon 2x eins getrunken. :D
    Hier stimmt wenigstens das Preis-/Alkoholverhältins für ein Malzmischgetränk.
    Aber es stimmt schon, es ist eben kein Bier (aus der sicht eines Deutschen) und lecker besaufen kann teuer werden.

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