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Ein Held verlässt den Ring: Asashōryū wirft den Obi hin

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Einer der beiden Yokozuna (Grossmeister im Sūmo) hat nun die Schnauze voll und wirft das Handtuch – Dolgorsürengiin Dagvadorj, besser bekannt als 朝青龍 (Asashōryū) verlässt nach 9 Jahren in der obersten Liga den Ring und kommt damit dem allmächtigen Sumoverband zuvor. Schon seit Tagen hatten sich Medien und Sumoverband auf den 29-jährigen Mongolen eingeschossen. Asashōryū hatte mehrere Jahre lang das Sumogeschehen dominiert – so war er unter anderem der Erste, der alle sechs Wettkämpfe eines Jahres gewann.
Asashōryū war schon seit geraumer Zeit für, nun ja, derberes Verhalten bei Trinkgelagen bekannt. Vor ein paar Tagen gab es einen neuen Skandal – er hatte mutmasslich einen Clubbesitzer geschlagen. Der zog zwar eine Anzeige zurück, doch der Sumoverband schaukelte sich mehr und mehr daran hoch – schliesslich fiel sogar der Begriff Entlassung. Würde er jedoch entlassen werden, hätte Asashōryū keinen Anspruch auf seine „Ringerrente“, und so kam er heute der Entscheidung zuvor und zog sich zurück. Wahrscheinlich in Bälde sogar aus Japan, denn er hat nicht, wie viele andere Sumōringer aus dem Ausland, die japanische Staatsangehörigkeit angenommen und muss daher früher oder später das Land verlassen.
Schade. Asashōryū hat sehr, sehr viele Fans in Japan. Das liegt nicht nur an seiner Kampfkunst, sondern auch an seiner Gestik vor den Kämpfen, getreu dem Motto „Dich mach ich doch locker fertig!“ Ich habe mich bei seinen Kämpfen fast jedes Mal aufs neue gefragt, woher er immer die Kraft gegen Ende der Kämpfe nimmt: Urplötzlich hebt er sein nicht selten um die 200 kg schweres Gegenüber hoch und trägt oder wirft ihn aus dem Ring. Hier eine Zusammenfassung seiner Kämpfe des Sommertourniers 2009:

Ein Bekannter, Besitzer einer Bar in Naha (Okinawa), hatte mir erzählt, dass er ein paar Tage vor Weihnachten letzten Jahres mit Asashōryū und ein paar anderen Leuten in einer Bar auf Okinawa war, wo sich der Mongole aus Spass mit einigen GI’s anlegte – die wussten nämlich nicht, wen sie vor sich hatten. Schon damals hatte er wohl kräftig gegen den Sumoverband gewettert.
Eins ist sicher – Sumo wird durch seinen Rücktritt nicht unbedingt spannender.
Das Wort des Tages: 引退 intai. Der Rücktritt.

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tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Ja wirklich schade und das mit dem Sumoverband ist auch irgendwie nicht 100% koscher IMHO.
    Er ist ja nicht der erste der von dort Stress bekommt.

    Aber ist wohl wie mit Fifa, DFB, F1-Verband und was sie nicht noch alles sind. :-/

  2. Oho das ist mir im Eispalast Berlin ja völlig entgangen. Wirklich schade, das nimmt doch ein wenig Spannung aus den Wettkämpfen. Obwohl zugegeben ich Hakuoo -fan bin!

  3. Ich hab mir ja 2007 in Tokyo Sumo angeschaut. Warum ich einen Ehrenplatz genau in der Mitte in einer art Loge, also beste Sicht, bekommen habe, naja vielleicht weil es sonst voll war :-). Schön fand ich, dass die Sumoringer, zumindest die untere Klasse mitten in der Menschenmenge zu Fuß ankamen, z.T. direkt vom Einkauf mit den typischen weißen Plastiktüten der Convenience, aber halt mit gemachter Frisur und einem „Bademantel“. Hab schöne Fotos davon :-) Lustig fand ich auch, das selbst hier in den Pausen „Hello Kitty“ Werbebanner über den Ring getragen wurden.

  4. Schade um so einen Kampfkünstler. Aber sportliche Erfolge und Entgleisungen im Zivilleben sind zwei verschiedene Paar Schuhe und so muss auch ein Sportheld einsehen, dass es für ihn Konsequenzen gibt. Über das Verhalten des Verbandes kann diskutiert werden, aber ich finde es gerercht.

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