BlogFlugzeug in Not / Brände wie im Mittelalter

Flugzeug in Not / Brände wie im Mittelalter

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Heute in Maihama: Meine Tochter sagt zur mir: Schau mal, ein Flugzeug! Nichts besonderes – Flieger zum Flughafen Haneda fliegen relativ nah an uns vorbei, wenn sie einfliegen (ca. eins alle zwei Minuten, aber wir hören sie gerade eben so noch nicht). Ich schaue nach oben: Das Flugzeug fliegt relativ tief, man hört es sogar. Und es ist ungewöhnlich bunt – es ist weder JAL noch ANA, obwohl fast alle Flieger nach Haneda zu einer der beiden Fluggesellschaften gehören. Wenige Minuten später – wieder ein Flugzeuggeräusch. Ich sage zu meiner Tochter: Da, noch ein Flugzeug! Es war das gleiche wie davor. Nanu? Abends Nachrichten angeschaltet: Notlandung auf dem Flughafen Haneda – die Maschine der kleinen Airline Skynet Asia kam aus Miyazaki und konnte eines der Fahrwerke nicht ausfahren. Deshalb flog die Maschine aus Sicherheitsgründen erstmal die Tanks leer – und landete schliesslich völlig unbeschadet, denn das Fahrwerk konnten die Piloten doch noch manuell in Position bringen. Wie sagt man so schön: Keine Angst, oben geblieben ist bisher noch keiner!

Am vergangenen Mittwoch (13. Januar) gab es einen Grossbrand in 別府 Beppu, einem bekannten Erholungsort an der Ostküste der Insel Kyūshū. Das Feuer brach in einem kleinen Wohnhaus aus – nachts gegen 10 Uhr – doch aufgrund starken Windes stand in wenigen Minuten das halbe Wonhnviertel in Flammen. Auf ca. 2’500 m² brannten 27 Hauseinheiten vollständig ab. Zwei Menschen starben in den Flammen. Es dauerte mehr als 5 Stunden, den Brand zu löschen.
Das erinnert an regelmässig auftretende Feuerwalzen in deutschen (und allen anderen) Städten im Mittelalter, bei denen halbe Städte in riesigen Bränden untergingen.
„Ist die Feuerwehr in Japan so schlecht oder hatten die nicht genug Wasser?“ mag jetzt der Eine oder Andere denken. Aber ein kurzes Nachrechnen erklärt alles: 27 Häuser auf 2’500 m² – das sind ca. 92 m² pro Haus (also 9.2 m mal 10 Meter) – vorausgesetzt, es gibt zwischen den Häusern keinen Abstand (und keine Strassen, Parkplätze usw). Und das ist gar nicht mal so weit hergeholt: Gerade zwischen alten Häusern, aber durchaus auch bei neuen (in Stadtzentren) ist der Abstand zwischen den Häusern minimal. In meiner Wohnung zu Studentenzeiten in Japan musste ich, auf dem Mini-Balkon stehend, nur die Hand ausstrecken, um das nächste Haus zu berühren. Und das war noch nicht alles: Der Gang zu den einzelnen Wohnungen (der ja in Japan meist aussen ist) führte direkt auf mein Appartment zu: Die Leute im Nachbarhaus liefen also genau auf mich (in der Wohnung sitzend) zu, bevor sie ca. 2 m von mir entfernt in ihre Wohnung abbogen.
In Beppu sah es derweilen so aus:

So gesehen eigentlich erstaunlich, dass nicht mehr passiert ist.
Das Wort des Tages: 火災 Feuer-Unglück. Die Brandkatastrophe.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

8 Kommentare

  1. Sieht auch sehr nach Holzbau aus. Das würde natürlich prima zündeln. Ist denn der Innenausbau der japanischen Häuser nicht auch recht feuerfreundlich gestaltet?

    Das abbrennen halber Städte konnte mein Heimmatdorf auch Ende des 18. Jh. verfolgen. Nette Brandstifterstorie mit blutigem Ende.

  2. @Jutta
    Na, ob die Leute so arm sind, sei dahingestellt. Die meisten besitzen (bzw. besassen) ihr eigenes Haus relativ zentrumsnah, und das ist schon was in Japan

    @Terry
    Ja, ich sage nur Kerosinheizer auf Reisstrohmatten in Holzhäusern! Freundlicher geht’s nicht…

  3. Bevor die Nase wieder hoch getragen wird und es heisst „baut ordentlich (deutsch)“, wieviel Braende gab es im letzten Dezember in D? Allein in NRW waren es erschreckent viele (IIRC >> 12) mit noch erschreckend mehr Toten und die Haeuser waren auch meist danach Totalverlust. :(
    (via keitai)

  4. Andererseits sind die Japaner in der Situation, dass die Häuser auch Erdbeebensicher sein müssen, und da hat das flexieble Holz sicherlich Vorteile.

  5. Ich war in Beppu 2006 für 5 Tage… die schönsten 5 Tage die ich jemals hatte. Die kleine Stadt ist modern aber im altmodischen Stil eingerichtet, mit vielen traditionellen Bauten, kleinen Gassen, Tempeln und unzähligen heißen Quellen. Dazu direkt am Meer gelegen. Köstliches Essen, wundervolle Teehäuser… ein Traum. Der Gedanke, dass der Ort nun nicht mehr derselbe ist… ich muss wohl wieder hin und es selbst sehen…

  6. @Jakub
    Also ich hatte eben nochmal in meinen alten Fotos von 2007 nachgekramt und war zu dem umgekehrten Schluss gekommen. Was mich beeindruckt hat, war der viele Müll am Strand, ein abgebranntes Haus hatte ich damals auch gesehen, aber wahrscheinlich war ich im falschen Stadtteil unterwegs (und vor allem bei Regen) so dass ich mich am nächsten Tag spontan untschlossen hatte zum Mt. Asu weiterzufahren. Aber Beppu hat wirklich die schönsten Gullideckel (http://lainegreenway.com/blog/wp-content/gallery/beppu/sdim3067.jpg
    )!

  7. Ich hatte damals direkt am Hauptbahnhof in einem Gästehaus gewohnt, nur 3 Minuten zu Fuss entfernt. Ebenfalls in Laufreichweite befindet sich der „Beppu-Tower“ und da ist auch der Strand nicht weit entfernt… Läuft man in die andere Richtung kommt man in das von mir genannte Viertel. Da stehen viele kleine Villen und Häuschen mit wundervollen Gärten, abends sieht man ältere Damen in Kimonos zu den Teehäusern wandern oder auch einfach nur in den Privatgärten treffen… ich war damals hin und weg – aber zugegeben hatte ich damals auch eine „rosarote Brille“ was mit ein Grund für die schönen Erinnerungen sein mag ;-)

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