BlogSich im Grabe umdrehen...

Sich im Grabe umdrehen…

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… oder umgedreht werden. Nein, diese Redewendung kennt man in Japan nicht, denn hier wird seit langem nur feuerbestattet. Dies geschah bestimmt in weiser Voraussicht, dass es irgendwann mal furchtbar eng auf diesen Inseln werden könnte.
Das Bestattungsimperium Nichiryoku kam vor gar nicht allzu langer Zeit deshalb auf den Gedanken, aus der Platznot eine Tugend zu machen. Böse Zungen könnten freilich auch sagen, auf besonders raffinierte Art und Weise zur eigenen Kapitalmaximierung beizutragen. Denn in einigen Grabanlagen hat man eine Art Karussel eingebaut. Die Angehörigen bekommen dabei eine Chipkarte, die sie bei einem Besuch in der Anstalt mitbringen müssen. Die wird dann in einen Schlitz gesteckt, und eh man es sich versieht, wird die entsprechende Urne aus dem „Lager“ geholt und den Angehörigen präsentiert.
Mehr zum pfiffigen System gibt es direkt bei der Lagerverwaltungsfirma hier. Laut Japan Times vom heutigen Tage verspricht das System auch ein Exportschlager zu werden – man interessiert sich wohl vor allem im noch mehr von der Platznot gezeichneten Hongkong für das System.
Noch mal zur Erinnerung – einen schönen, faszinierenden Einblick in die Welt der japanischen Bestatter gibt es beim preisgekrönten Film Okuribito (Departures).
Ach ja – schön sind auch die Nachrichten auf Nichiryokus Webseite zu lesen. Beispiel:
(○○苑)芝生1㎡・1.5㎡はお陰様で完売となりました。…
Dank Ihnen (Dank Ihrer Kundentreue) haben wir alle 1-1,5 m² grossen Rasenstücke beim Friedhof soundso ausverkauft.
Tja, nichts zu danken. Wir geben uns Mühe.
Das Wort des Tages: 霊園 reien. Seele-Garten. Ein anderes Wort für Friedhof.

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tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

11 Kommentare

  1. Erinnert mich stark an diese Auto-Garagen in japanischen Städten. Oder sind das nur Vourteile aus westlichen Filmen (weiß nicht mehr, ob ich sie auch mal in einem östlichen Film gesehen habe).

    Habe da sowas im Kopf, wo sich die Autos auf einem Karussel drehen können und das eigene Gefährt dann an das Tor gedreht wird, wenn man kommt.

  2. Solche „Autokarusells“ bzw. Autopackstationen mit Robotern, welche die Autos aus den „Lücken“ holen gibt es sogar bereits in Deutschland.
    Ich weiß von mindestens einer unterirdischen in München.

  3. @Tabibito
    WOWEREIT!

    @Juergen
    schön gesagt!

    Ich sehe echt keinen Grund ca. 2 Kubickmeter Erde in Anspruch zu nehmen, nur damit edles Holz und eine Leiche den Würmern zum Speisen vorgelegt werden.
    Ab in den Fusions… ähh ich meine Heiz“reaktor“, so habe einige wenigstens noch per Heizwert was gutes getan. ;-)

    Wie war das noch, „DU wirst verbrannt und kommst in die Eieruhr damit du wenigstens einmal arbeitest!“

  4. Was wohl auch typisch japanisch ist: Den einzigen Japaner den ich während 3 Wochen Urlaub mit Sonnenbrille gesehen habe, kam von einem Friedhof. Ansonsten trägt trotz strahlender Sonne niemand eine entsprechende Brille.

    Und zu dem Karussell: Noch effizienter ist es, wenn nur die Plakette ausgetauscht wird ;-)

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