BlogEnde einer Ära?

Ende einer Ära?

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In Japan gibt es zwei grosse Tageszeitungen auf Englisch: Die Japan Times und die Daily Yomiuri. Ich will ja nicht unken, und für einen Nachruf ist es sicher zu früh, aber ich werde das Gefühl nicht los, das Erstere langsam dem Ende entgegenstrebt.
Schon Anfang letzten Jahres hatte ich von halbwegs sicheren Quellen erfahren, dass das Blatt zu kämpfen hat: Grund waren stark zurückgehende Werbeeinnahmen. Trotzdem wurde mit viel Trara ein recht unscheinbares, neues Design eingeführt. Kurze Zeit später stieg der Preis pro Ausgabe von 150 auf 180 Yen (also € 1.50). Das ist recht viel – so weit ich weiss, kostet die Daily Yomiuri nur 120 Yen.
Diese Woche wurde es richtig offensichtlich: Aus dem Blatt ist ein Blättchen geworden. Viele Feuilletons fehlen plötzlich – vor allem von wichtigen Blättern aus dem Ausland entliehene, und selbst meine hochgeschätzten Dilbert-Comics sind verschwunden.
Ich will es ja nicht herbeireden, aber es wäre schon schade, wenn dieses immerhin schon 103 Jahre alte Blatt verschwände. In Japan ist Platz genug für zwei bedeutende Tageszeitschriften auf Englisch (wobei gerade die Daily Yomiuri auch bei Japanern recht beliebt ist).
Links:
Japan Times Online (Englisch)
Daily Yomiuri Online (Englisch)
Das Wort des Tages: 命がけ inochi gake – „Leben – kämpfen um“ – eine verzweifelte Situation, ums Leben ringen.

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tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

9 Kommentare

  1. Ich empfehle die Gründung einer Genossenschaft, welche die Zeitung dann fortführt. Hat in der BRD mit einer überregionalen Tageszeitung ebenfalls funktioniert. Die Genossen sind übrigens die Macher der Zeitung, so dass auch kein anderer Verlag oder sonstige Geschäftetreiber Einfluss auf die Zeitung ausüben können. Vielleicht gibt es derartige Möglichkeiten in Japan auch?

  2. Wow das ist schon etwas überraschend von der Entwicklung.
    Ich habe die Online-Version der Japan Times im Abo und finde es schön die Headlines am Morgen im Mailfach zu finden.
    Ich bin leider ein Mensch der Morgens keine Zeit hat um eine richtige Zeitung zu lesen.
    Hatte mich immer gewundert das dieses Online Angebot kostenfrei ist und gedacht das es daran liegt das sie genug mit der Papierausgabe verdienen.
    Es ist immer gut 2 Quellen für „News“ zu haben, wenn eine von 2 englischsprachigen hier in Japan wegfallt ist das allgemein schlecht

  3. So schlecht ist die Lage nicht – es gibt ja noch die wenigen Seiten des Asahi Shimbun auf Englisch als Beigabe zur International Herald Tribune.

    Die Japan Times ist nach meinem Eindruck (als sehr gelegentlicher Leser) ein buntes Sammelsurium von Agenturmeldungen, Artikeln aus anderen Zeitungen und vielen Artikeln, die schlicht „unter Niveau“ sind. Gregory Clarks „Antiforeigner discrimination is a right for Japanese people“ (das ist in der Tat die Überschrift!) ist das jüngste Beispiel. Die nötige Kritik dazu bei debito.org.

  4. @Terry
    Das wäre natürlich schön, aber kann ich mir in Japan nur schwer vorstellen.

    @Jakub
    PSP, Wii, Super Mario!

    @Thomas
    Ich finde das schlimm genug. Vor 10 Jahren gab es schliesslich mindestens 4 englische Tageszeitungen.
    Mit dem Sammelsurium hast Du natürlich recht. Mit der Berufung auf Debito Arudo wäre ich allerdings vorsichtig: Er hatte mal bei uns einen Artikel verfasst ( http://www.eltnews.com/features/guide/universities/ ) und wenn ich da zum Beispiel seine Zusammenfassung am Ende lese, weiss ich auch nicht mehr weiter…

  5. Ach der Debito, da kann ich nur den Kopf schütteln… Der tönt jedesmal als wäre er früher grauenhaft unter die Räder gekommen. Mit Japan nicht so Vertraute bekommen regelrecht den Eindruck, man werde permanent und vorsätzlich diskriminiert und am liebsten aus dem Land gewünscht (was dann zu besorgten Fragen aus der Heimat führt).
    Dass man sich für seine Rechte wehren soll, keine Frage. Aber seine Vorgehensweise halte ich für sehr fragwürdig. Wenn sich ein Japaner bei uns so aufführen würde, da möchte ich mal sehen wieviele Stunden es geht bis ihm die Bude angezündet wird (oder noch schlimmeres).

  6. @ディーン
    Das wundert mich, denn diese Praxis wurde vor ca. zwei Jahren verboten. Seitdem sind auch die meisten Vertreter verschwunden – bei uns war seitdem auch kein einziger mehr.

  7. @tabibito
    Hat mich auch verwundert, ob die Konkurrenz da nicht heftig Einspruch erhebt.
    Die Kollegin hat sich jedenfalls nicht beschwert :-)

  8. Ich will hier nicht Werbung machen, aber eines hat mich dann doch verblüfft. Eine Kollegin hatte vor 2 Wochen nen Zeitungsvertreter in der Tür gehabt, einen von der Sorte die man schnell wieder loshaben will. Aufdringlich wie sie sind, konnte er ihr dann ein 3 Monate-Abo der Yomiuri verkaufen für nicht ganz 10’000 Yen. Ganz schön happig fand ich, das ist über 100 Yen pro Zeitung. Und jetzt kommt’s, der Grund nämlich wieso sie das Abo unterschrieb waren die daran geknüpften Promotionsgeschenke.
    Kaum unterschrieben erhielt sie in die Haustür geliefert: 24 Dosen Suntory Bier (8.4 Liter), 2 Flaschen Waschmittel von Matsuzakaya (1 Liter) inkl. 12 Nachfüllpackungen (5.4 Liter), 6 kg Reis, mehrere Liter Speiseöl plus ein über 200 Seiten starker Hochglanz-Geschenkkatalog woraus sie sich aus ca. 600 Markenartikeln(!) einen auswählen darf (Artikelwert geschätzte 30-50 Euro). Alles zusammen grob geschätzt 20’000 Yen wert. Ach ja, die Zeitung bekommt sie ja auch noch.
    Wenn die derart aggressiv werben, hat die Konkurrenz überhaupt noch eine Chance? Und soll mir jetzt keiner sagen, er hätte kürzlich nen Zeitungsvertreter zum Teufel gejagt…

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