BlogChongryun + Mindan = T'ongil???

Chongryun + Mindan = T'ongil???

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Nein, dass ist kein Japanisch, sondern Koreanisch. Aber es geht auch hier um Japan. Wie jedermann weiss, ist Korea seit 1948 getrennt in Nord- und Südkorea. Wahrscheinlich weniger bekannt ist die Tatsache, dass schon seit langer Zeit viele hunderttausend Koreaner in Japan leben. Koreaner sind sehr patriotisch und haben einen grossen Gemeinschaftssinn. Kein Wunder, dass sie einen sehr starken Verband bildeten. Aus politischen Gründeten spaltete sich dieser aber vor rund 50 Jahren auf in den chongryun (Kurzname, auf japanisch/koreanisch 朝聯), den Verband der (Nord)koreaner, welcher auch Nordkorea propagiert und unterstützt, sowie dem mindan (ebenfalls kurz, auf Jap/Kor: 民団) – ‚Volksgruppe‘ – ein Verein, der Südkorea nahe steht.
Die Vereine sind prinzipiell eine logische Konsequenz, denn Koreaner werden oftmals zweitklassig behandelt – egal, ob sie seit Generationen hier leben oder nicht. Nun ja, dass ist kein rein japanisches Problem. Beide Vereine zählen zusammen rund eine halbe Million Mitglieder. Eine echte Macht also. Doch die ideologischen Hürden waren zu gross – zwischen den Verbänden herrscht(e) seit einem halben Jahrhundert Eiszeit.
Gestern nun trafen sich die Vorsitzenden beider Verbände und beschlossen, aufeinanderzuzugehen. Eine kleine Revolution, aber auch wiederum ein logischer Schritt wenn man die politische Tauzeit zwischen Nord- und Südkorea betrachtet.
Geht das gut? Heute kam eine Meldung vom mindan in der Präfektur Nagano – man wolle den Zusammenschluss nicht, schliesslich verletze Nordkorea nachwievor massiv die Menschenrechte. Und der Hauptverband des mindan hat bereits angekündigt, nordkoreanische Flüchtlinge nicht mehr zu unterstützen. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie es mit Nordkorea weitergeht… alles wird sich jedoch schnell auch in Japan wiederspiegeln.

Blick von Südkorea nach Nordkorea (andere Seite des Flusses). Das Foto habe ich 1999 gemacht. Damals war die Grenze 100% dicht. Jetzt rollen sogar LKW’s und Züge über die Grenze. Was würde ich für diese Zugfahrt geben!
Das Wort des Tages: 統一 (jap: tōitsu, koreanisch t’ongil, siehe Titel). Heisst „Vereinigung“ bzw. im politischen Sinne auch „Wiedervereinigung“.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Ich bin zwar nicht wirklich informiert ?ber die situation und m?chte deswegen keinen wirklich stellungsbezogenen kommentar hinterlassen

    will aber sagen das ich es auch gut finde das du auch so etwas in deinen blog schreibst :)

    wobei eine frage stellt sich mir werden etwa Koreaner wirklich so schlecht in Japan behandelt also wie muss man sich das vorstellen „entsch?rfter“ als z.b die vorkommende ablehnug von „schwarzen“ in amerika?

    (nein ich will damit nicht sagen das in amerika alle amerikaner schwarze hassen)

    mfg Daniel

  2. So schlimm ist es nicht in Japan. Aber ein unterschwelliger Rassismus ist durchaus spürbar. Das hängt allerdings auch stark vom Umfeld ab (wie überall). In meiner Firma arbeitet auch ein Koreaner, der nebst Familie in dritter Generation in Japan lebt. Und deshalb kaum Koreanisch spricht. Er hat definitiv kein Problem in der Firma – ich muss aber anmerken, dass wir eine sehr internationale Firma sind.
    Man muss auch bedenken, dass man Koreaner und Japaner nur schwer (bzw. oft gar nicht) auseinanderhalten kann – erst recht, wenn es Japaner sind, die schon lange in Japan leben.

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