BlogUnd wo bitte schön sind die Kirschen?

Und wo bitte schön sind die Kirschen?

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Anfang April und es ist mal wieder soweit: Plötzlich ist alles rosa und weiss. Die Kirschbäume blühen. Und wie – man sieht den Himmel kaum vor Kirschblüten. Zeit, Kind und Kegel oder zur Not auch die Arbeitskollegen zusammenzupacken und in die Parks zu ziehen, zusammen mit Millionen anderer. Hanami ist angesagt – das japanische Kirschblütenfest (hana bedeutet Blüte, mi = sehen). Und wenn es nur zwei Bäume sind – darunter werden die Decken ausgebreitet und dann wird gegrillt, oder auch nicht, und gegessen bis der Arzt kommt und … getrunken bis selbiger wieder geht. Jedes Jahr kommt es dabei zu tödlichen Intoxikationen, aber daran wollen wir jetzt nicht denken. Der deutsche Beobachter fühlt sich jedenfalls oft an Himmelfahrt erinnert – bloss ebend mit schmucken Blüten als Dreingabe.
Man kann es allerdings auch verstehen: Hanami ist eine jahreszeitlich wirklich sehr günstige Zeit – die grosse Kälte ist endlich vorbei, und bald kommt die Regenzeit und danach eine alles erdrückende Hitze. Jedes Jahr kann man das gleiche Spektakel auch am Bildschirm verfolgen: Meteorologen ergänzen die üblichen, meistens erstaunlich unpräzisen Vorhersagen mit neuesten Informationen von der Kirschblütenfront, also wann und wo die Kirschen blühen. Dieses Jahr begann es in Tokyo am 25. März, relativ früh. Letztes Jahr lag die Vorhersage übrigens um 4 Tage daneben, was einen Aufschrei verursachte.
Als Pragmatiker, Genussmensch und von botanischen Kenntnissen ziemlich unbelasteter Stadtmensch der ich bin, dachte ich bei meinem ersten Hanami vor 10 Jahren „Toll! Noch ein paar Monate, dann gibt’s lecker Kirschen!“ Pustekuchen. Die tollen Blüten stammen meisten von Arten wie Prunus x yedoensis (Yedo bzw. Edo ist der alte Name von Tokyo) und anderen, die keine essbaren Kirschen hervorbringen. Kirschen gibt’s dann von woanders, einzeln abgepackt und für 600 Yen pro 10 Stück. Schade eigentlich.

Hanami vor meinem Haus – weit muss ich jedenfalls nicht laufen (heute aufgenommen)
Das Wort des Tages – wie kann es anders sein – ist 桜 (sakura), das japanische Wort für Kirsche. Die essbare Kirsche als solche heisst jedoch さくらんぼう (sakuranbō) – in etwa „Kind der Kirsche“.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

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