BlogIT-Spass in Japan - heute: Email-Adressen

IT-Spass in Japan – heute: Email-Adressen

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Die ganze Welt hält sich beim Einrichten und Verwalten von Email-Adressen an den dafür vorgesehenen Standard RFC 5322. Die ganze Welt? Aber nicht doch. Ein kleines Land am Rande des Pazifiks pfeift auf die Regeln. Wie schwer kann das denn mit den Email-Adressen sein, mag da der Laie denken, aber das Regelwerk ist (meines Erachtens unnötig) kompliziert. Da ist es gut zu wissen, dass es ein paar feste Regeln gibt. So wird im RFC 5322 und seinen Vorgängern festgeschrieben, dass der lokale Teile (also der Teil vor dem @-Zeichen) nicht mit einem Punkt beginnen oder enden darf. Ebenso ausgeschlossen sind zwei Punkte hintereinander.
Das mit den Punkten ist sowieso eine heikle Angewohnheit: Hat man eine Gmail-Adresse, werden Punkte im lokalen Bereich quasi ignoriert. Wer max.mustermann@gmail.com registriert hat, kann auch über maxmustermann@gmail.com angeschrieben werden. Bei Google Apps, genauer gesagt der Gmail-App, bei der man seine eigene Domain mit Gmail einrichten kann, ist dies jedoch nicht der Fall – maxmustermann@meine-domain.de wird nicht empfangen, so lange die Adresse nicht explizit eingerichtet ist.
Aber ich schweife ab. Gelegentlich meldet sich bei uns ein neuer Kunde an – mit Email-Adressen wie

was..weissich..0815@docomo.ne.jp

oder

ich-bin-neu-hier.@ezweb.ne.jp

Das System schaut sich die Email-Adresse an, und wie es gute Systeme nun mal tun, merkt es umgehend, dass die Email-Adresse nicht dem Standard entspricht. Ergo geht es (meist folgerichtig) davon aus, dass sich der hastige oder mit dem Keyboard noch nicht so vertraute Bug-Initiator User bei der Eingabe geirrt hat. Oder die Email-Adresse geht durch, aber der Server sendet letztendlich nicht, da die Adresse verkehrt aussieht. Danach gibt es natürlich prompt Beschwerden — wo denn die Bestätigungsemail bleibt, warum wir nicht antworten und so weiter und so fort.
Des Rätsels Lösung – Docomo und au, zwei der 3 grössten Mobilfunkbetreiber Japans – pfeifen ganz einfach auf den international anerkannten Standard und genehmigen die Einrichtung von Adressen, die gegen die Regeln verstossen. Immerhin gibt man einen Warnhinweis heraus, der darauf hinweist, dass es Probleme mit der Adresse geben könnte. Ich bin mir ganz sicher, dass sich alle Kunden ganz genau den Hinweis durchlesen und danach wohl überlegt die richtige Entscheidung treffen. Selten so gelacht. Die ganze Geschichte beweist mal wieder zwei Dinge:
1. Japan ist Galapagos, und den Status geniesst man.
2. IT in Japan ist nachwievor einfach nur ein Alptraum.
Ich würde mich ja gern irren, aber das ist schlicht das Fazit nach 10 Jahren IT in Japan.

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tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

17 Kommentare

  1. Wenn es nur bei den Emails so wäre. Wer einen Password Manager oder andere automatische Formfiller verwendet, läuft auf japanischen Webseiten gegen eine Wand. Es funktioniert zur Hälfte, gar nicht oder aber die Felder werden völlig verkehrt herum ausgefüllt. Standards? Das einzige was Standard ist, sind die eingeklebten Grafiken, von denen sich Text nicht kopieren lässt und daher auch von den Suchmaschinen nicht erkannt wird. Aufbau einer typischen japanischen Website? Layout mit Bildern und Text(!) im Bildbearbeitungsprogramm erstellen und 1:1 als Grafik auf eine HTML Seite klatschen. Dies dürfte einerseits an dem niedrigen technologischen Niveau (ja ja, man höre und staune) liegen, andererseits an zahlreichen „Black Companies“ (ブラック企業) die möglichst billig produzieren. Die Salesabteilung nimmt selbst unmögliche Projekte an die sich finanziell nicht lohnen, und die zuunterst in der Hierarchie (Zeitarbeiter, einfache Salaryman) dürfen den Mist den die Vorgesetzten anstellten für einen Schundlohn und unbezahlte Überstunden ausbaden.
    Toll ist auch, dass Emails aus dem bösen Ausland auf japanischen Handys gar nicht ankommen, da diese von den Mobilfunkbetreibern automatisch blockiert werden (muss erst freigeschaltet werden). Bei einer so maroden Infrastruktur bleiben den Firmen wohl nur solche extreme „Sicherheitsmassnahmen“. Der Knüller sind Webseiten die nach Mitternacht schliessen und erst morgens um 6 Uhr wieder öffnen. Ja richtig, Dienst nicht verfügbar kommen Sie morgen wieder *türklapp*
    Technologisches Niveau vieler Webseiten und Dienste? Ich würde sagen 1997-2000.
    Einloggen im Online Banking oder im Emailkonto ist mehr oder weniger dasselbe, ID und Passwort genügen. Nur mit dem Unterschied, dass das Email Passwort vielerorts 100 Zeichen lang sein kann während im Online Banking meist nicht mehr als 12 Zeichen erlaubt sind :-/
    Immerhin haben sich in letzter Zeit mehr und mehr Banken dazu bequemt, temporäre Passwörter als zusätzliche Sicherheitsstufe einzuführen (Passwortkarten, Passwortgenerator). Man muss dies aber speziell beantragen.
    Wenn ich Japaner auf die niedrigen Sicherheitsstandards im Internet anspreche, kommt nicht selten die Antwort, Japan sei schliesslich ein sicheres Land, da passiere schon nichts…soviel zum Thema Galapagos.

  2. Ja, die unübersetzbaren, da noch nichtmal von Hand ins Clipboard kopierbaren Texte als Grafik treiben mich auch in den Wahnsinn. Dabei sind die nichtmal nur für uns Ausländer ein Problem, sondern widersprechen auch jeglichem Grundsatz der Barrierefreiheit.
    Ihr beide sprecht allerdings „nur“ von der IT. Stellt euch mal vor was erst im Maschinenbau so abgeht…
    Nach wie vor wundere ich mich, ob ich die 6 Jahre im falschen Japan von den beiden war. Oder wo kommen die ganzen hochwertigen Produkte her, die wir so kennen?
    Ich kann mir schlect vorstellen, daß Weltmarken wie Toyota, Sony, etc. auch so arbeiten. Obwohl doch, kann ich mir eigentlich gut vorstellen…

    • Ich weiss nicht, ob ich wirklich wissen will, was im Maschinenbau abgeht… aber immerhin scheint der Maschinenbau bessere Resultate zu erzielen, denn IT sieht nicht nur schlecht aus — es ist auch wirklich, sichtbar, schlecht.

    • Wie wahr, wie wahr. Nicht nur in der IT Branche sondern auch am Bau sind die Japaner gar nicht so genau wie man immer meint.
      Ich will euch gar nicht aufzaehlen wieviele Maengel mir an unserem Haus schon aufgefallen sind, geschweige denn wieviele Ecken und Kanten grundlos total undurchdacht gebaut sind.
      Ich frage mich auch immer wieder wieso die achso schlauen Japaner es immer noch nicht schaffen eine richtige Isolierung einzubauen und man im Sommer halb an der Hitze verreckt waehrend man im Winter im Schlaf zu einem Eiszapfen erstarrt wenn die Heizung nicht durchgehend laeuft.
      LG Rin

  3. Ich habe mal eine Firma aus Gunma beauftragt unsere Firmenwebsite zu bauen. War wirklich deutlich billiger als in Deutschland. Meine guidance war im wesentlichen: mach es so wie der japanische Salary man es mag, ist ja schließlich unsere Zielgruppe. Die Marketing Abteilung in der Zentrale in D wollte das Teil erst nicht freigeben und ich musst wider besseres Wissen dafür argumentieren, weil es hier der Standard ist…

    • Ja, das haben wir auch schon erlebt. Da baut man eine nagelneue, state of the art-Webseite, und dann stellt man fest, dass es den Kunden in Japan ziemlich egal ist. Andererseits sträubt sich noch immer etwas in mir dagegen, sich dem hiesigen Standard anzupassen.

  4. Wäre ich Dozent für Webtechnologien würde ich mir ein paar japanische Seiten schnappen und diese präsentieren, mit der ganz klaren Botschaft: So nicht!
    Schlicht nur unheimlich, was sich so im japanischen Teil des Netzes tummelt.

  5. Auch im Netz gilt scheinbar ‚Andere Länder Andere Sitten‘. Und wem das nicht gefällt sollte besser wieder zurück in die Heimat :)

  6. Ich habe mir mal etwas auf japanischer Seiten finden wollen, aber das ist nicht wegen der Sprache schwer, eher wegen der Grafik Darstellung des Inhaltes, die E-Mails in der beschrieben Varianten habe ich ich auch schon im japanischen Netz gesehen
    Wie ich zu sagen pflege: Osten ist eine sehr heitele Sache. Und was kann noch oestlicher sein als Japan.

  7. Was mich an den Seiten auch immer ein bisschen nervt, ist wenn zwar ein-zwei Seiten für „Touristen“ netterweise ins englische übersetzt wurden, so wesentliche Dinge aber wie Reservierungsformulare (falls überhaupt vorhanden) dann doch nur im schönsten Japanisch dastehen.
    Und ich meine nicht mal die kleinen Restaurants in die sich gefühlt eh nie ein ausländischer Touri verirren würde, sondern die „Touristen-Hotspots“, die auch in Reiseführern empfohlen werden…
    LG,
    Viola

  8. Falsch getippt. Am schlimmsten sind übrigens die Japan Freaks die sich über alles beschweren aber Japan nicht den Rücken kehren können.

  9. Ja, das passt so mit den Emails. So kann ich z.B. meine Frau nicht von meinem Google-Mail Account erreichen, sie umgekehrt aber schon. Das hat zwar nix mit der eigentlichen Email-Adresse zu tun, geht mir aber langsam echt auf den Keks.

    • Hast Du bei Google Mail mal versucht, den Teil vor dem @-Zeichen in Anführungszeichen zu setzen? Quasi: „was..weissich..0815″@docomo.ne.jp. Das soll angeblich funktionieren.

      • … das dürfte nicht nur auf den verwendeten Mailclient ankommen, sondern auch an den Relays/Servern, ob deren Filter diese Schreibweise zulassen. Auch falls Du am Client damit durchkommst, könnte es am nächsten Server schon wieder ganz anders aussehen, aber einen Versuch ist es sicher wert.

      • Das habe ich noch nicht probiert. Danke für den Tipp.
        Interessant auch, Emails meiner Frau, gesendet von ihrem japanischen Yahoo Account, verschwinden manchmal einfach im Nirvana, ohne Fehler-Protokoll oder sonst etwas.

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