BlogWalfang einstellen? Aber warum denn nur?

Walfang einstellen? Aber warum denn nur?

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Am 31. März dieses Jahres verbot der UN-Gerichtshof Japan, weiterhin Wale zu fangen¹ – mit der Begründung, dass die Behauptung Japans, Wale aus rein wissenschaftlichen Zwecken zu fangen, nicht den Tatsachen entspricht. Ein Moratorium auf Walfang besteht ja bereits seit 1986, und Japan ist eigentlich daran gebunden, zumal das Land ja bereits 1951 und damit nur 5 Jahre nach Inkrafttreten das Internationale Übereinkommen zur Regelung des Walfangs unterschrieben hatte. Doch bekanntermassen betrieb man weiter Walfang – in antarktischen Gewässern sowie im Nordpazifik östlich der Kurilen. Internationale Proteste sowie skurrile Gerüchte wie die erst neulich in den sozialen Medien die Runde machende Meldung Japanese whaling crew ‚eaten alive by killer whales, 16 dead‘ hat japanische Politiker dabei bisher nicht die Bohne gekümmert.
Heute, am 17. September, hat Japan bei der Walfangkommissionssitzung in Slowenien erklärt, es werde alles in seiner Kraft stehende versuchen, um das Verbot aufheben zu lassen². Der japanische Vertreter zeigte sich dabei optimistisch, das Gericht überzeugen zu können, dass der Walfang tatsächlich aus wissenschaftlichen Gründen erfolgt – um die Population sowie den Einfluss der Meeressäuger auf das Ökosystem zu messen.
Aha. Es ist immer wieder amüsant, in japanischen Nachrichtensendern zu verfolgen, wie die Medien versuchen, dem Walfang eine gewisse Legitimität zuzusprechen. Das ist logisch betrachtet gar nicht so einfach, denn jedes Kind weiss, dass es in allen gut sortierten Supermärkten und Fischhändlern Walfleisch zu kaufen gibt.
Wahrscheinlich ist der Ansatz „Japan verbieten, Wale zu fangen“ einfach von Grund auf falsch, denn auf solche Verbote von ausserhalb hat man in Japan (aber nicht nur dort) schon seit jeher eher trotzig reagiert. Da wird der Imageschaden einfach billigend in Kauf genommen. Ich hielte da einen anderen Ansatz für richtiger: Japan den Verkauf und Verzehr von Walfleisch zu verbieten. Denn ohne den Verkauf von Walfleisch wären Japans Politiker ganz sicher nicht bereit, Unsummen in diese Art „Forschung“ zu investieren.

¹Siehe unter anderem hier (Englisch).
²Siehe unter anderem hier (Japanisch).

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tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

15 Kommentare

  1. Auch wenn ich Walfang nicht gutheiße, frage ich mich allerdings, wieso andere Fänge wie z.B. Thunfisch o.ä. nicht ähnlich in der Kritik stehen. Soweit ich weiß, sind diese Fische doch auch recht bedroht, oder nicht?
    Insbesondere bei Meeresbewohnern ist doch praktisch fast jeder Konsum extrem schädlich, oder nicht? Aquafarming ist ja auch keine Lösung, weil auch dort wieder als Nahrung andere Meeresbewohner genommen werden müssen.
    Aber ich verstehe Japan auch, dass sie auf trotzig schalten. Ich glaube kein Land will sich derart von anderen Ländern etwas sagen lassen. Deutschland ist da ja auch nicht anders.

    • Geschmacklich ist es wirklich nicht sonderlich umwerfend. Einmal aus reiner Neugier probiert, sonst nur noch aus reiner Höflichkeit gegessen. Ich würde es nicht vermissen, aber Geschmäcker sind ja nun bekanntlich verschieden.

  2. Ich kann leider keine Quelle nennen. Aber irgendwo habe ich gelesen, dass sich die Konserven mit Walfleisch in den Lagern angeblich dermaßen stapeln, dass auf Jahre hinaus kein Wal gefangen werden müsste, da der Absatz bereits sehr stark zurück gegangen ist und auch weiter fällt.
    Vielleicht weiß da jemand mehr.
    In meinem Bekanntenkreis kenne ich niemanden der regelmäßig Walfleisch isst. Probiert ja, aber das hat dann auch gereicht.
    Das ist natürlich nur ein sehr kleiner gesellschaftlicher Ausschnitt.
    Sieht das bei der älteren Generation evtl. noch anders aus?

  3. Warum, trotz „Schweinchen Babe“ immer noch Schweine geschlachtet werden dürfen, ist mir ein Rätsel. Schweine sind auch sehr intelligent und sozial. Allerdings werden Wale in der Zukunft in STAR TREK IV die Erde vor der Vernichtung retten. Aber vielleicht lief die Folge in Japan nicht.

      • Könnte auch sein, daß Schweine eine schlechtere „Presse“ haben. Daß es nicht so spendenwirksam ist, Schweine vor dem Schlachter zu retten. Aber Wale … aufregende Schnellbootstunts. Verwegene Kerle und Frauen, die todesmutig den Bug von Walfangschiffen kreuzen. Das ist doch was. Das ist Abenteuer. :)

  4. Welche Institution hätte die Macht Japan den ‚Verkauf und Verzehr‘ verbieten zu können?? In japanischen Haushalten wird sowieso kaum bzw. normalerweise kein Walfleisch gegessen.

    • Der Internationale Gerichtshof. Eigentlich ist es ganz logisch: Der IGH hebt das Verbot auf, knüpft aber Bedingungen (Forschung: ja. Verkauf: nein). Da Japan darauf beharrt, aus Forschungszwecken zu fangen, würde man das Gesicht verlieren, wenn man der Bedingung nicht zustimmt. Aus Trotz würde man wahrscheinlich eins, zwei Jahre weiter fangen, das ganze dann aber aus Unwirtschaftlichkeit einstellen.

      • Mit Verlaub, der IGH ist weder ein Exekutiv- noch ein Legislativorgan,er erlässt keine Regelungen und er kann nicht nach Gutdünken völkerrechtliche Verträge kippen und neue diktieren. Wenn Japan sich einem Fangverbot unterworfen haben sollte, muss es das von allein beachten. Hoheitlich durchsetzen kann das niemand und politisch ist es zu egal.

  5. Dieser ganze Walfang schreit nach Korruption. Niemand möchte es essen, niemand kann es wirklich verkaufen. Es scheint aber Personen/Firmen zu geben die sehr viel Geld damit verdienen. Reiner Nationalismus kann es IMHO auch nicht sein… der wird nur dazu benutzt das Geschäft aufrecht zu halten. Der Dumme schlussendlich (mal abgesehen von den Walen) ist der japanischen Steuerzahler.

  6. Nuja, schoen war’s zu sehen, wie der japanische Vertreter (salaryman oder Regierungsvertreter, das ist hier die Frage???) sich sehr mit den afrikanischen Delegationen beschaeftigt hat. Denn deren Zustimmung hiess es zu gewinnen. Es wuerde mich mal interessieren, wieviel Yen da fuer den Stimmenkauf geflossen sind!!

  7. Je länger ich in Japan lebe, desto wütender macht mich die Walfang-Geschichte. Auch ich kenne niemanden in meinem japanischen Bekanntenkreis, der tatsächlich sagt, dass er Walfleisch mag, – aber es wird ja trotzdem verkauft und in Izakayas angeboten. Ich glaube nicht, dass es tatsächlich jemand missen würde, aber in der Tat steckt da wohl entweder eine Trotzreaktion der Regierung oder aber Korruption dahinter…

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