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Die Renten sind sicher – so sicher wie unsere Daten

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Geschichte hat die Angewohnheit, sich zu wiederholen. Und dieses Mal hoffe ich insgeheim, dass sie sich vielleicht wirklich wiederholt. Es geht um die 年金機構 – die japanische Rentenkasse. Vor ca. 8 Jahren stellte man plötzlich fest, dass die Daten von rund 50 Millionen Versicherten nicht auffindbar oder unvollständig sind. Eine Glanzleistung, bei rund 125 Millionen Einwohnern. Natürlich hatte das Konsequenzen, und die Schlamperei trug wesentlich dazu bei, dass die regierenden Liberaldemokraten unter Ministerpräsident Abe bei den folgenden Wahlen regelrecht verjagt wurden.
Aufgrund chronischer Unpässlichkeit der japanischen Opposition bzw. der kurzzeitig regierenden Demokraten sind also die Liberaldemokraten wieder an der Macht, und mit ihnen bekannterweise Ministerpräsident Abe. Und die Rentenkasse hat wieder einen Knaller gezündet: Konsterniert musste man feststellen, dass die persönlichen Daten von mindestens 1,25 Millionen Versicherten nach draussen gelangten. Und zwar höchstwahrscheinlich durch einen mit einem Virus infizierten Computer der Anstalt in Fukuoka. Und das ist womöglich nur die Spitze des Eisberges, denn der Chef der Rentenkasse musste heute bei einer Anhörung im Parlament zugeben, dass man das wahre Ausmass des Datenlecks noch nicht kennt.
Seit Bekanntwerden des Lecks hagelt es Anrufe bei der Behörde, denn Betrugsfälle haben sprunghaft zugenommen. Anrufer scheinen die Daten zu nutzen, um glaubwürdig als Vertreter der Rentenkasse aufzutreten und so nach noch vertraulicheren Informationen zu fragen. Diesbezüglich gab es diversen Quellen zufolge schon über 150,000 Anrufe – auch das ist kein Pappenstiel.
Überrascht? Sicherlich nicht. Diese Dinge passieren überall (und in Japan etwas häufiger, wie ich meine). Aber vielleicht werden die Liberaldemokraten bei der nächsten Wahl wieder abgestraft. Doch halt – es gibt ja immer noch keine nennenswerte Opposition. Was wird also dieses Mal passieren? Nichts!

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

5 Kommentare

  1. Gibt es in Japan wirklich so viel Betrug? Die Japaner sind ja fast überall als bescheiden, ehrlich und zuverlässig bekannt, da wundert es mich, dass so viele Anrufe von Betrügern kommen, um an das Geld zu kommen.

    • Yep, in Japan gibt es durchaus viel Betrug. Offensichtliche Straftaten gibt es in der Tat – gefühlt zumindest – weniger, aber Betrug ist auch hier ein sehr geliebtes und gepflegtes Hobby vieler Zeitgenossen.

  2. Warum muss ich jetzt an 宇宙人総理 denken?
    Natürlich wird nichts passieren. Wen sollen sie denn auch schon wählen? Die Opposition ist de-facto ausgeschaltet, die Presse handzahm und neue Gesichter sieht man eher selten. Zumal Neulinge eh kaum eine Chance bekommen.
    Offensichtlich muss es dem Durschnittsbürger erst wieder so richtig an den Kragen gehen, bevor etwas passiert.
    Huch, ist ja fast genauso wie in Deutschland.

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