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Geschichte schreiben lassen: Japan macht 15 Millionen USD locker für US-Universitäten

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Um die einzig wahre Geschichtsschreibung in puncto Japans Rolle im Zweiten Weltkrieg herrscht ja nun schon seit dem Tag, an dem der Krieg endete, Streit zwischen den betroffenen Staaten. Das ist nichts Neues und trotzdem ein immer wieder kehrendes Thema, auch auf diesem Blog. Der Streit um die Deutungshoheit wird dabei offensichtlich in jüngster Zeit mehr und mehr ausserhalb des ehemaligen Kriegsgebietes ausgetragen. Ein Beispiel dafür ist das Errichten von Gedenkstätten für die sogenannten „Trostfrauen“ in Glendale, Kalifornien und New Jersey durch koreanische Initiatoren. Japanfreundliche Gruppen hatten im vergangenen Jahr erfolglos dagegen vor US-Gerichten geklagt¹.
Vor allem die „Trostfrauenfrage“ zieht sich wie ein roter Faden durch Japans Aussenpolitik und Geschichtsauffassung. Während man vor allem in Korea und China darauf beharrt, dass es systematisch und von staatlicher Ebene organisierte Versklavung und Zwangsprostitution von Frauen in den von Japan besetzten Gebieten gab – und Japan sich dafür nicht angemessen entschuldigt, von Reparationsleistungen ganz zu schweigen, hat, debattiert man in Japan noch immer, dass das ganze eine gewaltige Lüge und viel zu sehr aufgebauscht sei. Schliesslich war Krieg, und sowas kommt eben vor im Krieg – nicht nur in Japan. Und von „systematisch“ und „Versklavung“ beziehungsweise „Zwangsprostitution“ könne sowieso keine Rede sein. Die Debatte wurde nun auch noch durch einen Vorfall im vergangenen Jahr befeuert: Dabei stellte sich wohl heraus, dass ein von der links-liberalen Asahi-Shimbun veröffentlichter Artikel des Journalisten Takashi Uemura, der zu dem Schluss kam, dass Japan durchaus in der Schuld steht, teilweise gefälschte Daten enthielt. Nein, wir reden nicht von einem Artikel, der in der vergangenen Woche erschien, sondern vor sage und schreibe 23 Jahren. Es begann eine sehr hässliche Hetzjagd auf Asahi Shimbun und den Journalisten, der an einer Universität als Dozent arbeitet.
Südkorea, aber auch China lassen seit etlichen Jahren nichts unversucht, die Problematik ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, und wie man am obigen Beispiel sieht, durch teils recht einfallsreiche Methoden (so darf man zu Recht fragen, was ein an die Trostfrauen in Ostasien erinnerndes Mahnmal eigentlich in der USA zu suchen hat). In Japan deutet man diese Aktionen verständlicherweise als Rufmord – und dem will man entgegentreten. Ebenfalls mit allen Mitteln. So staunten die Mitarbeiter des grossen US-Schulbuchverlages McGraw-Hill Education nicht schlecht, als im vergangenen Jahr plötzlich Vertreter der japanischen Botschaft in der Redaktion standen und forderten, dass der Verlag doch bitte seine Beschreibung über die Rolle Japans im 2. Weltkrieg umschreiben solle². McGraw-Hill Education dachte freilich nicht daran.
Nun wurde heute also bekannt, dass die japanische Regierung im laufenden Jahr 9 Universitäten in den USA mit 15 Millionen Dollar Forschungsgelder ausstatten möchte³. So etwas gab es seit 40 Jahren nicht mehr. Und nein, hier geht es nicht um die Erforschung von Einzellern, sondern um „korrekte“ historische Forschung. Prinzipiell kann man dagegen nichts einwenden, obwohl mir der Gedanke, dass die Regierung eines Landes Universitäten eines anderes Landes mit Geld beschenkt, damit diese die Geschichte ins rechte (ja, rechte!) Licht rücken, nicht sehr behagt. Zu den Begünstigten zählt auch das weltberühmte MIT. Aber was sollen Japans Rechte auch machen? China und Korea werden auf keinen Fall lockerlassen in ihren Bemühungen, Japans Geschichte in ihrem Sinne zu verbreiten. Wenn ich jedoch daran denke, dass ich für so etwas Steuer zahle, wird mir ganz blümerant.

¹ Siehe hier: LA Times: Federal judge upholds ‚comfort women‘ statue in Glendale park
² Siehe unter anderem NY Times: U.S. Textbook Skews History, Prime Minister of Japan Says
³ Japan Times: To counter China and South Korea, government to fund Japan studies at U.S. colleges

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

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