BlogSport frei!

Sport frei!

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Heute kam ich zum ersten Mal in den Genuß eines 運動会 – Sportfestes in einem japanischen Kindergarten. Diese Sportfeste finden in allen (soweit ich weiss) Kindergärten und Schulen in Japan ein Mal im Jahr statt und sind ein fester Bestandteil japanischen Familienlebens, da die Eltern auch mehr oder weniger stark eingebunden werden: Bereits vor einem Monat saß ich um Mitternacht mit meiner Frau zu Hause und zerpflückte rote Tüten, um Pompons für unsere Tochter herzustellen. Falls sich also jemand fragt, warum tabibito mal wieder den Blog schleifen lässt – er ist beim Pompon-Machen.

Nichts zu tun am Sonnabend? Geh' doch zum Sportfest!

Um 8:45 ging es los (Sonnabends, wohlgemerkt). 150 Kinder, mindestens zwei Mal so viele gähnende Erwachsene mit noch ein paar Dutzend kleineren und grösseren Kindern sowie rund 30 Betreuer und Helfer versammelten sich auf einem tristen, staubigen Schulhof. Nach kurzer Ansprache der Lagerleitung wurde erstmal zusammen zur japanischen Nationalhymne („Tonari no Totoro, Totoooooroooo ♪“) geturnt. Gefolgt vom Mickey-Mouse- und dann vom Pooh-der-Bär-Lied. Damit die lieben Kleinen auch wissen, was sie sich zu Weihnachten von den Eltern wünsche sollen, schliesslich liegen ja Disneyland und Disney-Store gleich um die Ecke.
Es folgten diverse Spielchen und Turnübungen und Tanzeinlagen der lieben Kleinen, mit mehr oder weniger grosser Einbeziehung der immernoch gähnenden Eltern. Darunter: Lustiges Tauziehen der Eltern. Dazu wurde den Vätern oder bei Abwesenheit selbiger den Müttern ein 鉢巻き Hachimaki (japanisches Stirnband) in der Farbe der jeweiligen Klasse ausgehändigt, und schon konnte es losgehen. Hinter mir: Jemand, der direkt aus einem Yakuza-Film entsprungen sein könnte, vor mir: eine junge Mutter in Stöckelschuhen.
Gegen 12 Uhr war alles zu Ende, aber die Erzieherin liess uns nur schweren Herzens ziehen. Nicht, weil sie uns und unseren Nachwuchs so mochte, sondern weil irgendjemand vergessen hat, sein Stirnband zurückzugeben. Alle Kinder bekamen noch schnell eine Medaille ausgehändigt (interessant, wie schnell die Stifte dabei verdrängen können, dass JEDES Kind eine Medaille bekam) und wurden nebst Eltern und Verwandten in die Wildnis entlassen. Das wars. Bis zum nächsten Jahr. Ihr dürft jetzt raten, wo ich jeden ersten oder zweiten Sonnabend im Oktober in den nächsten 18 Jahren verbringen werde: Genau, beim Sportfest. Vorausgesetzt natürlich, ich bin noch so lange in Japan.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

4 Kommentare

  1. Ooooh, genau das selbe habe ich gestern auch gemacht! x) Für mich wars auch das erste mal und auch ich habe beim Tauziehen mitgemacht! :/D *und gewonnen* Es war richtig toll! <3
    Ein Mittelschul-Sportfest hatte ich mir auch angesehen, aber das von Grundschulen ist viel Schnuckeliger!

  2. Ich durfte auch schon in den Genuß eines 運動会 kommen. Allerdings nicht für die lieben Kleinen, sondern eines für die Erwachsenen des Bezirks. Eine nette Idee der Bezirksleitung, um die nachbarschaftlichen Beziehung zu fördern bzw. pflegen. Ich wurde von meinem Freund dann auch gleich für das Rennen rekrutiert, welches wir auch prompt gewannen.
    Mit den neu gewonnenen Freunden aus der Nachbarschaft wurde dann auch sogleich ein bis Mitternacht währendes Saufgelage durchgeführt, sehr zum Leid meiner Leber.

  3. Haha, schoen! Der jaehrliche Kindergarten-Undokai von unserem Kleinen ist naechste Woche. Ich freu mich schon. Bin natuerlich schon seit Jahren fest fuers Tauziehen vorgemerkt, obwohl schon manchmal Gemaule kommt, das die andere Gruppe ja dann gar nicht erst antreten muss. Diesmal haben sie sich einen Sumoonkel als Verstaerkung angeheuert. Mal sehen…

  4. „… Vorausgesetzt natürlich, ich bin noch so lange in Japan.“
    Hab ich hier was verpasst / überlesen (ich gebe zu das ich die letzten Artikel noch nicht alle gelesen habe) oder war das bzgl. des Sportfestes ironisch gemeint?

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