Blog20 Jahre Japan

20 Jahre Japan

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2. Mai 1996 - der Anfang
2. Mai 1996 – der Anfang
Da hätte ich doch beinahe ein weiteres Jubiläum vergessen: 20 Jahre Japan, zu begehen am 2. Mai 2016! Immer, wenn ich gefragt werde, wie lange ich eigentlich in Japan sei, ist die Frage nicht so einfach zu beantworten. Denn hergezogen bin ich zwar 2005, aber das ganze ging eigentlich schon 1996 los.
Damals hatte ich eine wilde Horde Japaner kennengelernt, und irgendwann beschlossen, dass es doch mal interessant wäre, seine Fühler in fernere Gefilde auszustrecken. Mit ungewisser Aufenthaltsdauer: Bis zu einem halben Jahr sollt doch drin sein, dachte ich mir mit meinem jugendlichen, 21-jährigen Leichtsinn so.
Gesagt, getan. In den Semesterferien ging ich, damals mangels Alternativen, auf Baustellen jobben, um ein paar Yen zusammenzukratzen. Interessanterweise war der damals billigste Flug einer mit Air India, mit kostenlos ausdehnbaren Stopovers in Mumbai und Delhi, und das liess ich mir natürlich nicht entgehen: Eine gute Woche Mumbai und ein Tag Delhi fielen so auch noch an. Dann ging es endlich nach Tokyo. Immerhin konnte ich ja schon die Hiragana vollständig und die Katakana stotternd lesen. Und wahrscheinlich so um die 50 Schriftzeichen, wenn es hochkommt.
Große Sprünge waren damals nicht möglich, das merkte ich ziemlich schnell. Tokyo, Izu, Nikko – das war es in etwa auch schon. Sowie ausgedehnte Spaziergänge durch Tokyo (von Nerima bis zum Meer usw). Die Idee, dort fast ein halbes Jahr zu bleiben, verwarf ich ziemlich schnell wieder als reichlich unvernünftig – hauptsächlich auch, weil ich meiner Gastgeberin und ihrer Familie nicht so lange auf die Nerven gehen wollte, und so wurde letztendlich gerade mal ein Monat daraus. Ohne Internet, ohne Telefon, ohne Computer… eigentlich eine sehr interessante Zeit.
Mit Air India nach Narita
Mit Air India nach Narita
In bleibender Erinnerung ist mir noch immer eine Taxifahrt: Nach einer Feier mit Freunden mit Omiya verpassten wir den letzten Zug und beschlossen so, ein Taxi zu nehmen. Meine Begleiterin war sturzbetrunken und unfähig zu reden. Der Taxifahrer wusste nicht, wo oben und unten ist (ich hatte natürlich keine Ahnung, dass das in Tokyo völlig normal ist), und konnte natürlich kein Wort Englisch. Und ich wusste nicht, was „links“ und „geradeaus“ auf Japanisch heisst, so dass ich ihn eine halbe Stunde lang mit „rechts!“, „nicht rechts!“ und wildem Gefuchtele durch die Gegend manövrierte. Immerhin: Wir kamen irgendwann an.
Was sich seitdem geändert hat, ist schwer zu sagen. Es ist definitiv leichter für Ausländer geworden. Und eine Lektion habe ich gelernt: Ohne Japanischkenntnisse ist dieses Land eigentlich nicht zu begreifen (das reichte dann auch als Motivation, danach jeden an der Uni angebotenen Japanischkurs mitzunehmen, obwohl das gar nicht zu meinem Lehrplan gehörte). Hin und wieder jedoch blitzen noch heute Erinnerungen auf: Besonders an Orte natürlich, die sich ins Gedächtnis eingeprägt hatten und heute völlig anders aussehen (Roppongi zum Beispiel, obwohl ich das damals schon nicht mochte).
Schade nur, dass ich damals der festen Überzeugung war, dass zu viel Fotografieren die eigentliche Reisefreude trübt. So entstanden in Indien gerade mal knappe 20 Bilder, und in Japan maximal ein 36-Aufnahmen-Film.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

17 Kommentare

  1. Glückwunsch zur 20!
    Oh, die alten Bilder würde ich gerne mal sehen! Es ist spannend wie Japan sich verändert hat…
    Ich war das erste Mal ja erst 2006 in Japan (oh.. 10 Jahre!) und ganz so anders als heute sah es da nicht aus…

  2. Danke danke. Mal sehen, ob ich die Photos in Deutschland rauskramen kann.
    Das mit den Veränderungen ist ja so eine Sache… das passiert so schleichend, dass man es kaum mitbekommt, dabei hat sich sicherlich so einiges verändert. 3% Mehrwertsteuer – ach, war das schön :)

  3. Wow, 20? 20!!!!! Gratuliere! ^____^
    Lustig, ich wollte ca. 1998 zum 1. Mal nach Japan, hat dann aber erst 2007 tatsächlich geklappt.
    Ich weiß, dass es einen großen Unterschied macht, ob man nur ein paar Jahre oder ein Jahrzehnt in Japan war, aber ich frag mich, ob es noch so einen großen Unterschied macht, wenn es dann mal 10, 20 oder 30 Jahre sind. :)
    Wahrscheinlich kann man das selbst gar nicht mehr so genau sagen.
    Gratuliere jedenfalls und ich frage mich gerade, wie ich mich wohl in Japan so ganz ohne Handy und Internet geschlagen hätte. ;)

  4. Herzlichen Glückwunsch! Je länger man in Japan lebt, desto mehr lernt man es zu schätzen. Ich merke auch immer, wenn ich heim reise, dass Japan doch recht angenehm ist.
    Was mich noch interessieren würde: Was war für dich das erstaunlichste, was du in der Zeit erlebt hast?
    Viele Grüße aus Tokio,
    Tessa

    • Naja, ich bin Geograph, da interessieren mich ehrlich gesagt Sachen, die andere weniger packend finden. Das erstaunlichste für mich damals war auf jeden Fall die komplizierte, aber wie geschmiert laufende Infrastruktur, mit mehreren Ebenen Strassen über- und untereinander, Züge, die durch Gebäude fahren usw.
      Das ganze wurde jedoch auch noch von einem richtigen Kulturschock überlagert, weil ich ja davor noch in Indien war und dort auch durch richtige Slums gelaufen bin. Da war ein Teil von mir noch immer in Indien, und das Gehirn hatte Mühe, die krassen Gegensätze zu verarbeiten.

  5. Herzlichen Glückwunsch zum 20 (!) – jährigen Jubiläum :) Da hat sich ja sicher so Einiges geändert; mich würde ja dein damaliger Film mit den Bildern interessieren ;)

  6. Jaja, die Zeit sie rennt …. oder so aehnlich war doch der Spruch.
    Bei mir ist es ein „Viertel Jahrhundert“ ….. und „man schlaegt sich weiter so durch.
    Geaendert, ja doch hat sich so vieles, nicht immer zum Positiven. Trotz allem … auch die naechsten 25 Jahre (so es denn klappt) wird Japan vorherrschend sein …. es gibt Schlimmeres und seit mehr als 5 Jahren ist das Leben wieder lebenswert! *_*

  7. Hallo! Ich stelle ja gerade fest? dass ich eigentlich nur 3 Jahre jünger bin und schon 1991 nach Deutschland kam. Seit diesen 25 Jahren habe ich etwas rumgezogen und schließlich in Tschechien gelandet. Während diesen viertel Jahrhundert hat sich so vieles in meinem leben geändert – ich spreche jetzt 5 Fremdsprachen und verstehe 2 weitere? Japanisch h zählt dabei nicht weil ich die 2 Alphabeten nur zur Hälfte kann und trotzdem bleit der Wunsch erhalten für eine geraume Zeit nach Japan zu kommen, den ich fühle mich richtig hingezogen, wahrscheinlich nicht weniger als die Liebe zu Österreich.
    Im Großen und Ganzen haben die Weltenbummler vieles gemeinsam oder eher gesagt ähnliche Geschichten, aber in verschiedenen Ländern der Welt.

  8. 20 Jahre… vergehen wie im Flug. gratulation du hast das geschaft was viele weebos von Träumen, in Japan leben und Famile dort Gründen. Ich kenne viele die daran gescheitert sind überhaupt eine existenz in japan aufzubauen, du jedoch hast alles richtig gemacht deshalb nochmal gratulation zu 20sten Jubileum und viel erfolg auf für die weiteren 20 Jahre

    • Danke. Und Du bist der zweite, der das Wort „weebo“ benutzt hat. Musste ich doch glatt erstmal nachschlagen.
      Allerdings gehörte ich noch nie zu der Kategorie – was wahrscheinlich von Vorteil ist, weil ich mir von Anfang an keine Illusionen gemacht habe.

      • das sollte meine aussage sein es reicht nicht nur japan zu mögen man muss auch was dafür tun die realisten habe eine chance die ganze Träumer scheitern of klägich weil sie sich nicht genug gedanke dazu gemacht haben
        P.S du bist kein weboo und das ist auch gut so :)

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