BlogKindergeld für alle und freie Oberstufe

Kindergeld für alle und freie Oberstufe

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Die meisten, die es betrifft – in Japan lebende Ausländer mit Kindern – werden es schon wissen, aber ich poste trotzdem mal darüber: Scheinbar haben es die Sozialdemokraten ganz eilig mit dem Einlösen ihrer Wahlversprechen – das könnte durchaus mit gar entsetzlichen Umfragewerten in Japan zu tun haben. So wurden nun zwei Sachen in Windeseile durch’s Parlament geboxt:

Kindergeld

Bislang erhielten Familien für ihre Kinder 10,000 Yen für die ersten beiden Lebensjahre und danach 5,000 Yen bis zum 12. Lebensjahr. Vorausgesetzt, die Familie verdient nicht mehr als 5 bis 6 Millionen Yen pro Jahr (abhängig von der Anzahl der Kinder).
Das Wahlversprechen war, dass alle Familien nun Kindergeld bekommen sollen – und zwar 26,000 Yen, unabhängig vom Einkommen und bis zum 15. Lebensjahr. Dies wird nun (stufenweise) erhöht – in diesem Jahr auf 13,000 Yen und für alle. Die Anträge sollen bereits im April / Mai rausgehen und das erste Geld bereits Ende Juni ausgezahlt werden.

Kostenlose Oberstufe (15-18 Jahre)

Die Oberstufe soll kostenlos werden. Nun gibt es in Japan öffentliche und private Oberstufen – letztere bieten oft ein höheres Niveau, kosten aber dementsprechend auch mehr. Zumindest die öffentlichen Schulen sollen nun ganz kostenlos werden. Aber – und hier wird es interessant: Auch private Schulen (und internationale Schulen!) sollen 120,000 bis 240,000 Yen pro Jahr und Schüler (abhängig vom Einkommen der Eltern) erhalten können – dies könnte dann quasi in Form verkürzter Gebühren an die Eltern weitergegeben werden.
Ein Streitpunkt waren dabei ausländische Schulen – sollen zum Beispiel pro-nordkoreanische Oberschulen in Japan auch kostenlos werden? Letzten Endes sagt die Regierung: „Ja, aber erst nach Überprüfung durch eine dritte Instanz“ (vorher wurde die Regierung vom UN-Kommissariat für Menschenrechte dafür gerügt, jene Schulen ausschliessen zu wollen).

Werden die beiden Massnahmen etwas bewirken – vor allem im Hinblick auf die katastrophal niedrige Geburtenrate? Es wird nicht reichen. Mit Geld allein wird man das meiner Meinung nach nicht hinbiegen können – was wirklich fehlt ist eine Atmosphäre, die es Müttern ermöglicht, arbeiten zu können so sie es wünschen – das beinhaltet die Möglichkeit, Kinder in – bezahlbaren – Kitas unterbringen zu können.
Was die kostenlose Oberstufe anbelangt – schon jetzt besuchen ca. 96% der japanischen Kinder die Oberschule, von daher wird die zweite Massnahme sicherlich einigen Eltern helfen, aber den Kohl wird es wohl nicht fett machen.
Das Wort des Tages: 子供手当 kodomo teate. Kindergeld.

tabibito
tabibitohttps://www.tabibito.de/japan/
Tabibito (旅人・たびびと) ist japanisch und steht für "Reisender". Dahinter versteckt sich Matthias Reich - ein notorischer Reisender, der verschiedene Gegenden seine Heimat nennt. Der Reisende ist seit 1996 hin und wieder und seit 2005 permanent in Japan, wo er noch immer wohnt. Wer mehr von und über Tabibito lesen möchte, dem sei Tabibitos Japan-Blog empfohlen.

6 Kommentare

  1. Nun ja misserable Umfragewerte sollten doch keine Regierung stören (siehe Merkel und Co.)

    @Martin
    Wer soll Bankenrettung, Steuergeschenk et.pp. finanzieren?
    Da finde ich es doch besser das Japan „für die Zukunft“ Schulden macht.
    Statt „den Bonzen“ weiter das Geld in den Rachen zu werfen.

    Ok ICH hätte das Kindergeld Einkommensabhängig gelassen.
    Aber ev. wird auf diese Weise ja auch verhindert das ganze wieder mit unnötiger Bürokratie nochmal extra teuer zu machen.
    (Wie es ja auch gerne in Deutschland gemacht wird.
    Massnahme kostet 10Mio. einrichten der Verwaltung 20Mio. oder ähnlich)
    Und da die DPJ ja auch den Kampf gegen die Bürokratie auf die Fahne sich gesteckt hat…

  2. es hat mich etwas überrascht, dass die Privatoberschulen auch etwas bekommen…
    und ich fände es auch besser, wenn sie das ‚abhängig vom Einkommen der Eltern‘ gelassen hätten…
    das alles gilt also nicht nur für Leute mit japanischer Staatsbürgerschaft?
    auf jeden Fall vielen Dank für die Information~

  3. Ich denke auch, daß solche Maßnahmen nicht viel bewirken werden – und wenn, dann sollte man die komplette Kinderbetreuung und Erziehung finanzieren, also auch kostenlose Kitas.

    Ansonsten halte ich es für genauso wichtig, ein kinder- und familienfreundliches Gesellschaftsklima zu schaffen. Nicht die Menschen sind kinderfeindlich, sondern die Wirtschaft, gerade im Hinblick auf die Arbeitgeber: Die Leute sollen ruhig Kinder bekommen, aber bitte schön nicht meine AnnehmerInnen – so mein Eindruck. Andererseits (nur) als Konsumenten sind alle – also auch Kinder und deren Eltern – willkommen…das kann doch auf Dauer nicht gut gehen, oder!?

  4. @Jiujin
    Wieso war es denn so ueberrraschend das „private“ Schulen auch gesponsort werden? Die Regierung hat doch gar keine andere Wahl!
    Man stelle sich vor, dir oeffentlichen Schulen muessten auf einmal mit einem gigantischen Ansturm von neuen Schuelern fertigwerden, die sich sonst auf Mama’s und Papa’s Geldboerse verlassen konnten. Leider ist in dem Getuemmel untergegangen, das es 2 Sorten von privaten Schulen gibt: 1. Die Topschulen mit hohem Niveau, die dann auch dementsprechend kosten. 2. Die Doedelschulen, die den ganzen Ramsch aufnehmen muessen, der es in keiner Schule durch die Aufnahmepruefung geschafft hat (ja, es ist durchaus ueblich und auch noetig, gleich bei mehreren Schulen einen Aufnahmetest durchzuziehen. Waehrend dieser Zeit sind die Kinder praktisch „unantastbar“). Nun gut, fuer diese „Deppen“ muessen Mami und Papi natuerlich ganz besonders tief in die Tasche greifen, was ihnen aber aufgrund der neuen Unterstuetzung nun nicht mehr ganz so schwerfallen wird……

  5. Persönlich finde ich die Bereitstellung von Förderleistungen vorteilhafter als die Ausgabe von Finanzmitteln an die Eltern. Bei uns hat die Kindergelderhöhung gleich die Erhöhung der Betreuungsgebühren für den Kindergarten aufgefressen. Also warum nicht gleich das Geld an die Betreuungseinrichtungen ausreichen und nicht den Umweg über die Eltern gehen? Ist sicher auch vom Verwaltungsaufwand günstiger. Gleiches gilt auch für die Schulen. Es ist bedauerlich, dass es immer noch Bedarf für private Schulen gibt, weil die öffentlichen Schulen die notwendige Förderung der Kinder nicht leisten können.

    Tja, die Umfragewerte tun ihr übriges. Allerdings dachte ich, die japanische Politik wäre da nicht so populistisch ausgerichtet wie die Westeuropäische.

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